Mal ein bisschen was interdiszplinäres.
Christoph Hochhäusler, einer der aktuell "wichtigsten" deutschen Filmemacher, hat sich kürzlich zum Thema Filmkritik geäußert. Mir gefällt das gut und es ist, wie ich finde, auch gut auf die Restaurantkritik übertragbar. Nicht zuletzt, weil Spitzenküche und Filmemachen ähnlich anstrengend, aufreibend und wenig lukrativ sind, um nicht zu sagen: tendenziell ruinös.
Man setze wahlweise die Worte Restaurants, Gerichte und Köche ein und schon hat man eine gute Beschreibung dessen, was Restaurantkritik oft fehlt bzw. wie sie sein sollte. Anders als die Filmemacher sehen die Köche das zumeist leider anders, wie mir scheint.
Christoph Hochäusler:
"Ich habe die Sehnsucht nach einer anderen Filmkritik. Diese Sehnsucht wird nicht erfüllt. Ich sehe drei grosse Defizite der deutschen Filmkritik: 99 Prozent besteht aus Service, aus falscher Gnade und aus Impressionismus. Was meine ich mit Service? Zwei Daumen hoch, Sternchen, im weitesten Sinne jede Art von Eventberichterstattung und Infohäppchen, die sich auf die Frage zuspitzen: Soll ich in den Film gehen, oder nicht? Diese Art von Service verachte ich. Sie hat nichts mit Kino und Filmkritik zu tun.
Was die falsche Gnade angeht: Ich habe mich vor einiger Zeit mit dem Filmkritiker Tobias Kniebe (Süddeutsche Zeitung) unterhalten. Der meinte: "Wir dürfen alle nicht schreiben, was wir denken, sonst gäbe es den deutschen Film nicht mehr." Diese falsche Gnade haben wir Filmemacher nicht verdient. Wenn wir uninteressante Filme machen, dann schreibt nicht darüber. Ich finde ganz wichtig, dass Kritiker aus Passion schreiben. Die kann im Verriss wie im Lob stecken, aber wenn man sie nicht hat, muss man nicht schreiben. Und dann muss man sich eben auch freikämpfen in diesem Medienzusammenhang und sagen: "Über den Film kann ich nicht schreiben" oder: "Ich muss einen Verriss schreiben." Diese falsche Gnade hat auch deshalb keiner verdient, weil das Filmemachen zu anstrengend ist, um dann gesagt zu bekommen: "Ja, für 'nen deutschen Film ganz gut."
Der dritte Punkt, der Impressionismus, ist etwas komplizierter. Mein Eindruck ist, dass die besseren Leute zu sehr aus einer persönlichen Impression heraus schreiben. Das heisst, sie reflektieren über die Sandalen im Sand und wie es ihnen geht an diesem Tag und darüber, dass sie von einer Szene persönlich ganz betroffen sind und so weiter. Ihren Eindruck malen sie unter Umständen sprachlich brillant in schillernden Farben aus. Was ich daran schwierig finde, ist, dass daraus kein Zusammenhang entsteht und keine Herausforderung. Meine Idee von Filmkritik wäre aber Herausforderung. Herausforderung in alle Richtungen: An den Leser, an den Filmemacher, aber eben auch an andere Kritiker. Es müsste darum gehen, zu versuchen, grössere Perspektiven herzustellen, die dann auch ins Gesellschaftliche gehen. (...)"
--
In diesem Sinne
Grüße
b.
Christoph Hochhäusler, einer der aktuell "wichtigsten" deutschen Filmemacher, hat sich kürzlich zum Thema Filmkritik geäußert. Mir gefällt das gut und es ist, wie ich finde, auch gut auf die Restaurantkritik übertragbar. Nicht zuletzt, weil Spitzenküche und Filmemachen ähnlich anstrengend, aufreibend und wenig lukrativ sind, um nicht zu sagen: tendenziell ruinös.
Man setze wahlweise die Worte Restaurants, Gerichte und Köche ein und schon hat man eine gute Beschreibung dessen, was Restaurantkritik oft fehlt bzw. wie sie sein sollte. Anders als die Filmemacher sehen die Köche das zumeist leider anders, wie mir scheint.
Christoph Hochäusler:
"Ich habe die Sehnsucht nach einer anderen Filmkritik. Diese Sehnsucht wird nicht erfüllt. Ich sehe drei grosse Defizite der deutschen Filmkritik: 99 Prozent besteht aus Service, aus falscher Gnade und aus Impressionismus. Was meine ich mit Service? Zwei Daumen hoch, Sternchen, im weitesten Sinne jede Art von Eventberichterstattung und Infohäppchen, die sich auf die Frage zuspitzen: Soll ich in den Film gehen, oder nicht? Diese Art von Service verachte ich. Sie hat nichts mit Kino und Filmkritik zu tun.
Was die falsche Gnade angeht: Ich habe mich vor einiger Zeit mit dem Filmkritiker Tobias Kniebe (Süddeutsche Zeitung) unterhalten. Der meinte: "Wir dürfen alle nicht schreiben, was wir denken, sonst gäbe es den deutschen Film nicht mehr." Diese falsche Gnade haben wir Filmemacher nicht verdient. Wenn wir uninteressante Filme machen, dann schreibt nicht darüber. Ich finde ganz wichtig, dass Kritiker aus Passion schreiben. Die kann im Verriss wie im Lob stecken, aber wenn man sie nicht hat, muss man nicht schreiben. Und dann muss man sich eben auch freikämpfen in diesem Medienzusammenhang und sagen: "Über den Film kann ich nicht schreiben" oder: "Ich muss einen Verriss schreiben." Diese falsche Gnade hat auch deshalb keiner verdient, weil das Filmemachen zu anstrengend ist, um dann gesagt zu bekommen: "Ja, für 'nen deutschen Film ganz gut."
Der dritte Punkt, der Impressionismus, ist etwas komplizierter. Mein Eindruck ist, dass die besseren Leute zu sehr aus einer persönlichen Impression heraus schreiben. Das heisst, sie reflektieren über die Sandalen im Sand und wie es ihnen geht an diesem Tag und darüber, dass sie von einer Szene persönlich ganz betroffen sind und so weiter. Ihren Eindruck malen sie unter Umständen sprachlich brillant in schillernden Farben aus. Was ich daran schwierig finde, ist, dass daraus kein Zusammenhang entsteht und keine Herausforderung. Meine Idee von Filmkritik wäre aber Herausforderung. Herausforderung in alle Richtungen: An den Leser, an den Filmemacher, aber eben auch an andere Kritiker. Es müsste darum gehen, zu versuchen, grössere Perspektiven herzustellen, die dann auch ins Gesellschaftliche gehen. (...)"
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In diesem Sinne
Grüße
b.
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