Ab und zu sogar zweimal am Tag, gelegentlich an mehreren Tagen hintereinander; ich bin immer wieder erstaunt, wenn man mir von solchen Erlebnissen berichtet. Nein, da kann ich, in Ehren ergraut, nicht mithalten. Aber auch in früheren Jahren wäre ich nie im Stande gewesen, solche Leistungen -und dies Wort ist mit Bedacht gewählt- zu vollbringen. Im Gegenteil, je eindrucksvoller ein Erlebnis für mich war, desto länger geriet die Zeit, die ich zu meiner körperlichen, vor allem jedoch geistigen Erholung benötigte. Und ich übertreibe nicht, wenn ich sage, daß es gelegenlich sogar mehrere Monate waren, die von mir, sozusagen als postexzessive Karenz, eingehalten wurden.
Ich war vielleicht acht Jahre alt, als ich mir auf dem Cannstatter Volksfest das erste Mal eine Fahrt mit der Berg- und Talbahn zugetraut hatte. Es war ein riesiges, metallenes - die Teufelskutsche hatte noch Holzschienen - Gestänge von enormer Höhe, ehrlich und ohne Schnickschnack wie Loopings oder Wasserdurchquerungen. Vor der Kasse hatte sich eine Schlange gebildet, und schon hier begann es, das leicht mulmige Gefühl. Dann hatte ich die Karte gekauft, sie war nicht billig, mit demselben Geld hätte ich viermal mit dem elektrischen Ringelspiel (Cortina Bob, Round Up) fahren können. Allmählich bewegte sich die Schlange weiter in Richtung Aus -und Einstieg; vier Personen hatten in diesen Kärrele Platz. Dann waren nur noch etwa zehn Leute vor mir und ich konnte genau beobachten, wie die Ankommenden ausstiegen und wieder vier Neue den Platz einnahmen, ein Metallbügel wurde eingerastet, das Wägelchen stand zur Abfahrt bereit. Meine Spannung hatte nun deutlich zugenommen, die Hände waren feucht geworden, es war aber nicht unangenehm.
Jetzt war es soweit, wir waren an der Reihe, neben mir der damalige beste Freund. Aber noch standen zwei Wagen vor uns, die dann etwa im Minutentakt losfuhren. Dann wurden wir vorgeschoben an die Stelle, wo das Zahnrad greift und mit einem Ruck ging's los. Nun war es zu spät, die bis dahin noch theoretische Möglichkeit, von der Fahrt zurückzutreten, vorbei. Aber ich wollte ja auch gar nicht umkehren, dieses Hochschleppen zum Scheitelpunkt der Anlage, was für eine Aufwühlung, freudige Erregung, keine Ablenkung mehr, der Blick über den Rummelplatz allenfalls noch schemenhaft, das Vorspiel kaum zu ertragen, das erlösende Fest mag beginnen.
Wir waren oben, eine kleine zarte Welle, die die Fahrt etwas beschleunigte, dann der erste Absturz, kann das gutgehen, kein Juchzen oder Armehochwerfen, und schon ist man wieder oben, der zweite Absturz wartet. Es dauert ja kaum eine Minute, dann steigt man wieder aus, die Aufregung ebbt etwas ab, ein Glücksgefühl breitet sich aus. Und wie der da nach der zweiten Bergabfahrt in die Steilwandkurve gegangen ist ... Fahren wir nochmal? fragt mein Freund, Huck Finn hätte im Vergleich zu ihm bei den Hymnusknaben mitgesungen, mit grinsend-verschlagenem Gesicht. Nein, und ich schüttele nur den Kopf, nicht nochmal. Nie hätte ich es erklären können, weshalb nicht; aber ein tiefes Gefühl muß mir wohl gesagt haben, daß das gerade Erlebte so nicht zu wiederholen ist, die ganzen Aufregungen und Empfindungen wären anders gewesen, die Einmaligkeit dieses Erlebnisses wäre verwässert worden.
Es ist schon eine gewisse Zeit her, da gab es hier im Forum einen Bericht, mit ehrlicher, also nicht sich selbst-auslöschender Tinte geschrieben, von einem Teilnehmer, der sich zunächst das Horrornym Stachel-oder Stechrochen zugelegt hatte (A:Ich kannte übrigens den berümten Maurice Lafontaine schon, als er noch Moritz Wasserstrahl hieß. B: dann kenn' ich ihn noch länger; damals hieß er Moische Pischer) über seine Besuche bei H. Wohlfahrt. Er war tatsächlich an zwei Tagen nacheinander in den Schwarzwaldstuben eingekehrt. Aber diese ganzen wundervollen Erlebnisse, die Anreise, die Vorfreude, das Sichzurechtmachen, der Empfang, das Platznehmen, jaja, Champagner, dann dieser große Augenblick, wo man die Karte aufschlägt ... das kann man doch am nächsten Tag auch nicht nur annähernd so empfinden.
Oder, für mich womöglich noch schlimmer, mittags beim Zwei- und am Abend beim Dreisterner.
Oder an drei aufeinanderfolgenden Abenden Erfort, Bau und Thieltges.
Verstehen Sie mich nicht falsch, das soll vollkommen wertfrei sein, aber ich kann da nicht mithalten. Drei, vielleicht vier Großgelage im Jahr, mehr vermag ich nicht zu verkraften. Manchmal merke ich sogar, daß ich nach einer grandiosen Orgie in einem der weltbesten Restaurants mehrere Jahre keinerlei Druck empfinde, dorten, wie es im bayrischen Schwäbisch heißt, nochmals einzukehren.
Aber nun zurück zu meiner Eingangsfrage: Wie oft mögen/können/wollen Sie innerhalb eines gewissen Zeitraumes die Hochküche genießen?
MkG
schlaraffenland
Ich war vielleicht acht Jahre alt, als ich mir auf dem Cannstatter Volksfest das erste Mal eine Fahrt mit der Berg- und Talbahn zugetraut hatte. Es war ein riesiges, metallenes - die Teufelskutsche hatte noch Holzschienen - Gestänge von enormer Höhe, ehrlich und ohne Schnickschnack wie Loopings oder Wasserdurchquerungen. Vor der Kasse hatte sich eine Schlange gebildet, und schon hier begann es, das leicht mulmige Gefühl. Dann hatte ich die Karte gekauft, sie war nicht billig, mit demselben Geld hätte ich viermal mit dem elektrischen Ringelspiel (Cortina Bob, Round Up) fahren können. Allmählich bewegte sich die Schlange weiter in Richtung Aus -und Einstieg; vier Personen hatten in diesen Kärrele Platz. Dann waren nur noch etwa zehn Leute vor mir und ich konnte genau beobachten, wie die Ankommenden ausstiegen und wieder vier Neue den Platz einnahmen, ein Metallbügel wurde eingerastet, das Wägelchen stand zur Abfahrt bereit. Meine Spannung hatte nun deutlich zugenommen, die Hände waren feucht geworden, es war aber nicht unangenehm.
Jetzt war es soweit, wir waren an der Reihe, neben mir der damalige beste Freund. Aber noch standen zwei Wagen vor uns, die dann etwa im Minutentakt losfuhren. Dann wurden wir vorgeschoben an die Stelle, wo das Zahnrad greift und mit einem Ruck ging's los. Nun war es zu spät, die bis dahin noch theoretische Möglichkeit, von der Fahrt zurückzutreten, vorbei. Aber ich wollte ja auch gar nicht umkehren, dieses Hochschleppen zum Scheitelpunkt der Anlage, was für eine Aufwühlung, freudige Erregung, keine Ablenkung mehr, der Blick über den Rummelplatz allenfalls noch schemenhaft, das Vorspiel kaum zu ertragen, das erlösende Fest mag beginnen.
Wir waren oben, eine kleine zarte Welle, die die Fahrt etwas beschleunigte, dann der erste Absturz, kann das gutgehen, kein Juchzen oder Armehochwerfen, und schon ist man wieder oben, der zweite Absturz wartet. Es dauert ja kaum eine Minute, dann steigt man wieder aus, die Aufregung ebbt etwas ab, ein Glücksgefühl breitet sich aus. Und wie der da nach der zweiten Bergabfahrt in die Steilwandkurve gegangen ist ... Fahren wir nochmal? fragt mein Freund, Huck Finn hätte im Vergleich zu ihm bei den Hymnusknaben mitgesungen, mit grinsend-verschlagenem Gesicht. Nein, und ich schüttele nur den Kopf, nicht nochmal. Nie hätte ich es erklären können, weshalb nicht; aber ein tiefes Gefühl muß mir wohl gesagt haben, daß das gerade Erlebte so nicht zu wiederholen ist, die ganzen Aufregungen und Empfindungen wären anders gewesen, die Einmaligkeit dieses Erlebnisses wäre verwässert worden.
Es ist schon eine gewisse Zeit her, da gab es hier im Forum einen Bericht, mit ehrlicher, also nicht sich selbst-auslöschender Tinte geschrieben, von einem Teilnehmer, der sich zunächst das Horrornym Stachel-oder Stechrochen zugelegt hatte (A:Ich kannte übrigens den berümten Maurice Lafontaine schon, als er noch Moritz Wasserstrahl hieß. B: dann kenn' ich ihn noch länger; damals hieß er Moische Pischer) über seine Besuche bei H. Wohlfahrt. Er war tatsächlich an zwei Tagen nacheinander in den Schwarzwaldstuben eingekehrt. Aber diese ganzen wundervollen Erlebnisse, die Anreise, die Vorfreude, das Sichzurechtmachen, der Empfang, das Platznehmen, jaja, Champagner, dann dieser große Augenblick, wo man die Karte aufschlägt ... das kann man doch am nächsten Tag auch nicht nur annähernd so empfinden.
Oder, für mich womöglich noch schlimmer, mittags beim Zwei- und am Abend beim Dreisterner.
Oder an drei aufeinanderfolgenden Abenden Erfort, Bau und Thieltges.
Verstehen Sie mich nicht falsch, das soll vollkommen wertfrei sein, aber ich kann da nicht mithalten. Drei, vielleicht vier Großgelage im Jahr, mehr vermag ich nicht zu verkraften. Manchmal merke ich sogar, daß ich nach einer grandiosen Orgie in einem der weltbesten Restaurants mehrere Jahre keinerlei Druck empfinde, dorten, wie es im bayrischen Schwäbisch heißt, nochmals einzukehren.
Aber nun zurück zu meiner Eingangsfrage: Wie oft mögen/können/wollen Sie innerhalb eines gewissen Zeitraumes die Hochküche genießen?
MkG
schlaraffenland
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