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Über Geld spricht man nicht

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  • Über Geld spricht man nicht

    Kurz nach der Währung II, es gibt keine Lire mehr. Hafenkneipe in Savona, alles aus dem Meer. Der Wirt, ein grobschlächtiger Patron mit Haaren wie Einstein und Augenbrauen wie Weigl, empfielt uns ein Menü mit Fritto Misto als Hauptgericht, einen trockenen Weißen, Dessert, etwas Schnaps, kein Wort über die Preise. Das Essen ist gut. Il conto p.f. und ohne irgendwie irgendetwas zu addieren brüllt er mit einer Stimme - vergleichsweise hätte man Herrn Stentor einen verminderten Stimmdruck attestieren müssen - nur: 75, also Euro, für uns beide.
    Südlich von Bari, wieder eine Slow-Food-Empfehlung, diesmal sind wir zu dritt und es wird noch weniger gesprochen. Weißwein, wir nicken, auch roher Fisch, wir nicken wieder, vorher Sekt, si, zum Dessert Moscato, si, Limoncello, si. Dann eine nicht enden wollende Speisefolge, roh sind Garnelen und Seeigel, der Wein überaus bescheiden, sowohl Süßwein als auch Limoncello bleiben zur freien Verfügung auf dem Tisch, zahlen, 100.

    Das sind die Geschichten, an die man sich ewig erinnert und die man zu gerne erzählt. Weniger gerne erzählt man, wie man mal für irgendeine Geringfügigkeit, einen Änderungswunsch, ein zusätzliches Glas etc. eine Heidensumme zu bezahlen hatte. Das beginnt beim Vortrunk, wir haben da einen Champagner mit einem Schuß Schnickschnack Sirup, was soll, fragt man sich beim Bezahlen, daran 26 Stutz wert gewesen sein. Womöglich war dies ja auch mit ein Grund, weshalb Herr Merlan weiland eine Aperokarte gefordert hatte. Oder, sie erinnern sich, da hatte man jemandem noch einen Schnaps empfohlen, irgendeine eher seltene Beere, aber bei den dann geforderten 80 € fürs Gläschen setzte beim Gast eine kaum zu verbergende Schnappatmung ein.

    Um wieder meine südostasiatischen Schoten hervorzukramen, in Japan wäre das undenkbar. Bei jeder Tischreservierung wird der Menüpreis schriftlich bestätigt, wählt man im Restaurant aus, wiederholt der Kellner nochmals die Bestellung und den entsprechenden Preis. Aperokarte gibt es keine, aber der Ober zählt die drei oder vier Getränke auf, natürlich mit Nennung des Preises.
    Als ich vor kurzem in Paris einen Tisch reserviert habe, nannte die Dame am Telefon nochmals alle Daten einschließlich des vereinbarten Menüpreises.
    Das war sehr angenehm.

    Mir wäre es lieber, wenn in den Lokalen hierzulande die auf einen zukommenden Kosten ebenfalls und immer klar vermittelt würden. Fällt dem Ober ein Zacken aus dem Gesicht, wenn er sagen muß: und der Maury zur Schokolade liegt bei 8 fünfzig
    Wirte, auf so eine pseudomediterrane Nonchalance verzicht ich gerne; vielmehr drückt ein unvermutetes und gefühltes Zuviel meine Stimmung erheblich, so daß der womöglich bis dahin sehr gute Gesamteindruck empfindlich Schaden leidet.
    Gruß
    s.

  • #2
    Woher kommt jetzt das so plötzlich?
    Neu ist das alles ja nun nicht!

    Fragende Grüße
    Besseresser

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    • #3
      Neu, lieber besseresser, ist das überhaupt nicht; und dennoch passiert es ständig, daß einem etwas angeboten wird, man jedoch erst im nachhinein mit mehr oder weniger großer Verblüffung die Zeche bekommt.
      Und woher das plötzlich, fragen Sie; darf ich mich zitieren:

      "Als ich vor kurzem in Paris einen Tisch reserviert habe, nannte die Dame am Telefon nochmals alle Daten einschließlich des vereinbarten Menüpreises.
      Das war sehr angenehm."

      Ich beschreibe für Sie diese Situation gerne noch etwas ausführlicher:
      Ich hatte in einem sündteuren Lokal versucht, via internet zu buchen. Täglich, so heißt es dort, gibt es für noch Zögernde einen Tisch, zum Mittagessen, der jedoch nur online gebucht werden könne. Es gab reichlich auszufüllen, allein, irgendetwas hatte nicht geklappt. Also rief ich nach einigen Tagen an, schilderte mit meinem Schulfranzösisch die Situation, doch, so die freundliche Dame, ich könne auch telefonisch buchen, ich hatte, vorsichtshalber, drei Termine zur Auswahl, egal, so Madame, wann immer ich kommen wolle. Und plötzlich war ich mir unsicher geworden, hatte sie verstanden, daß ich auf dieses Schnäpchenmenü aus war. Und obwohl ich, selbst auf französisch, nicht aufs Maul gefallen bin, kam ich nun doch - was, wenn wir dann Platz genommen haben und uns die Karte gereicht wird, Monsieur, wir aben ein Menü für 360, eines für 420 und eines, allerdings mit achzehn Gängen (charmantes Lächeln) für 480 Öro - ein wenig ins Stottern. Aber die Erlösung kam rasch; ich rekapituliere, so Madame, ein Tisch, Mittagessen, am ..., drei Personen, das Menü für 110 €,

      Antwortende Grüße aus dem Schlaraffenland

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      • #4
        Ich kann Sie durchaus verstehen, lieber Schlaraffe. Eine ähnliche und recht amüsante Diskussion führten ja Trois Etoiles und Johannes King über Facebook.

        Ich habe, wie Sie, auch besonders in Paris immer gute Erfahrungen gemacht. Ich frage auch sonst einfach nach bzw. wenn ich den Preis des Getränks nicht abschätzen kann, wähle ich einfach eine Alternative. Wo haben Sie denn diese ungute Erfahrungen gemacht, lieber Schlaraffe?

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        • #5
          Oft ist das Menü halt auch der mit geringer/keiner Marge kalkulierte "Köder", gut verdient wird dann an Wein, Getränken und Extras. Dennoch - Transparenz wäre angebracht, und sie lohnt sich auch (wer kommt schon wieder, wenn er grummelnd deutlich mehr als erwartet zahlt.. wer wird ein solches Restaurant noch empfehlen...)

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          • #6
            Genau, lieber Küchenreise, und wenn dann der Service merkt, dass man da nicht mit macht, wird man vom Sommelier den ganzen Abend ignoriert und darf nicht mit diesen oft sehr bodenständigen, bescheidenen Personen fachsimpeln. Dann muss man sich mit seiner Begleitung unterhalten. Schrecklich! :-)

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            • #7
              Das ist auch der Grund warum ich in Restaurants eigentlich grundsätzlich auf einen Aperitif verzichte. Manchmal ist es schade, im Aqua hatten sie mal am Nebentisch einen Blanc de Noir Champagner aus Petit Meunier angeboten der mich auch interessiert hätte. Nach dem Preis zu fragen habe ich mich nicht getraut und ihn blind zu bestellen kam für mich auch nicht in Frage.
              Gibt es eine Aperitifkarte weiche ich von meinen Grundsätzen auch ab. Wenn mich das Produkt interessiert und das Preis Leistungsverhältnis stimmt dann bestelle ich auch mal einen Dom Perignon.

              Gruß
              Jürgen

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              • #8
                Die Apéritif- bzw. Digestif-Karte ist m.E. für alle Seiten nur positiv, da sie unangenehme Situationen vermeidet. Der Service will nicht sagen: "Achtung, der 2002er Salon Champagner kostet 100 Euro das Glas", da dies manchen Gästen völlig egal ist und sie sich beleidigt fühlen, dass man ihre Finanzkraft in Zweifel zieht. Gäste trauen sich nicht, zu fragen, da sie als knauserig durchgehen könnten. Dabei ist doch das allerwichtigste beim Besuch eines gehobenen Restaurants, dass man sich wohl fühlt und unangenehmene Situationen nach Möglichkeit vermeidet. Für mich persönlich ist die Sache aber ganz einfach: bei der Frage nach einem Apéritif frage ich immer, was es gibt. Das ist in ca. 95% der Fälle (Sternerestaurants, andere nicht) irgendeine Grande Marque (Veuve, Moet, Laurent Perrier, usw.), die mich eh nicht interessiert. Und Digestifs interessieren mich erst recht nicht.

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                • #9
                  Zitat von rocco
                  Dabei ist doch das allerwichtigste beim Besuch eines gehobenen Restaurants, dass man sich wohl fühlt und unangenehmene Situationen nach Möglichkeit vermeidet.
                  Volle Zustimmung. Die Aperitif und Digestif Karte schafft hier Transparenz. Ein teures Aperitif mit dem Unmut eines Gastes erkauft wäre auf jeden Fall zu kurz gedacht.
                  Ich kann aber ebenso damit leben, wenn der Service beim Aufzählen des Aperitif den Preis mit benennt - wenn es zu den Menüs noch Extras gibt ist das ja auch des öfteren der Fall (so zumindest gefühlt schon oft erlebt).

                  Habe beim Bestellen auch ohne Preise aber noch nie böse Überraschungen erlebt - auch wenn ich mich oft genug dabei ertappe, dass ich dann am Ende schon kontrolliere, was dafür berechnet wurde.

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                  • #10
                    Transparenz der Kosten ist schon schön. Unangenehmer als Intransparenz finde ich allerdings Situationen, in denen ich das Gefühl habe, jetzt will man mir ein Extra verkaufen. Während bereits vom Sommelier meine Weinflasche für den ersten Gang geöffnet wird, tritt der Restaurantleiter an den Tisch und fragt: "Für Sie noch einen zweiten Aperitif?" etc.

                    Zitat von Jürgen3D
                    Das ist auch der Grund warum ich in Restaurants eigentlich grundsätzlich auf einen Aperitif verzichte. Manchmal ist es schade, im Aqua hatten sie mal am Nebentisch einen Blanc de Noir Champagner aus Petit Meunier angeboten der mich auch interessiert hätte. Nach dem Preis zu fragen habe ich mich nicht getraut und ihn blind zu bestellen kam für mich auch nicht in Frage.
                    Gibt es eine Aperitifkarte weiche ich von meinen Grundsätzen auch ab. Wenn mich das Produkt interessiert und das Preis Leistungsverhältnis stimmt dann bestelle ich auch mal einen Dom Perignon.
                    @Jürgen: Verstehe ich Sie richtig, Sie trinken in der Regel keinen Aperitif, weil Sie sich nicht trauen nach dem Preis zu fragen?

                    Zitat von rocco
                    Für mich persönlich ist die Sache aber ganz einfach: bei der Frage nach einem Apéritif frage ich immer, was es gibt. Das ist in ca. 95% der Fälle (Sternerestaurants, andere nicht) irgendeine Grande Marque (Veuve, Moet, Laurent Perrier, usw.), die mich eh nicht interessiert.
                    @rocco: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie oft keinen Aperitif trinken, weil Ihnen die "üblichen Verdächtigen" zu langweilig sind?

                    Mein Erstaunen kommt aus folgender Ecke: Ein Glas Champagner zum Einstieg, dazu die ersten Häppchen... das ist für mich der Sehnsuchtsmoment im Menü. Es prickelt auf der Zunge, der Geist belebt sich und man kann sich so schön auf alles freuen, was noch folgt. Da ist mir eher zweitrangig, welchen Schampus ich da im Glas habe.

                    Grüße, mk

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                    • #11
                      Zitat von Mohnkalb
                      Da ist mir eher zweitrangig, welchen Schampus ich da im Glas habe.
                      Eben.
                      Und ich kann Rocco gut verstehen wenn ihm bei Häppchen mit Veuve oder Moet die Sehnsucht auf das Folgende wie ein misslungenes Soufflee zusammenfällt. Die einzige Sehnsucht die da geweckt wird ist die auf das heimische Sofa und was anständiges aus dem Keller.

                      Mir persönlich macht es ja Spass nach dem Preis zu fragen. Und eigentlich steigt man damit im Ansehen des Personals eher. Die wissen ja auch dass nicht fragen meist auf nicht trauen beruht.

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                      • #12
                        Zitat von glauer
                        Und ich kann Rocco gut verstehen wenn ihm bei Häppchen mit Veuve oder Moet die Sehnsucht auf das Folgende wie ein misslungenes Soufflee zusammenfällt.
                        Das ist ganz schön klagen auf hohem, um nicht zu sagen, elitärem Niveau!

                        Zitat von glauer
                        Mir persönlich macht es ja Spass nach dem Preis zu fragen. Und eigentlich steigt man damit im Ansehen des Personals eher. Die wissen ja auch dass nicht fragen meist auf nicht trauen beruht.
                        Wenn dem so ist, dann ist das doch einmal eine Ansage! Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie man denn der beidseitigen Sprachlosigkeit begegnen soll. Sie haben recht, werter glauer, einfach fragen!

                        Schönen Gruß, Merlan

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                        • #13
                          Zitat von merlan
                          Das ist ganz schön klagen auf hohem, um nicht zu sagen, elitärem Niveau!
                          Nicht wirklich. Die Basisware der grossen Häuser hat sich zwar eher gebessert in den letzten Jahren, aber so richtig toll ist das alles nicht. Und dafür dann einfach zu teuer. (Und mir vor allem immer mit zu viel Dosage). Es gibt für den halben Preis einfach schon deutlich besseres mit Bubbles, steht halt nicht Champagner drauf. Und zum gleichen Tarif gibt es Schampus der einen so erfreut wie ein Sterneessen.

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                          • #14
                            Zitat von merlan
                            Wenn dem so ist, dann ist das doch einmal eine Ansage! Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie man denn der beidseitigen Sprachlosigkeit begegnen soll. Sie haben recht, werter glauer, einfach fragen!
                            Ich sage bei Nichtgefallen des Angebots mit einem freundlichen Lächeln: "Ich glaube dann fangen wir direkt mit dem Weisswein an". Und zur Not erkläre ich auch warum. Hat bisher immer ohne rote Karte funktioniert.

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                            • #15
                              Schlaraffenland hat in seinem Eröffnungs-Posting bereits sein eigenes Fazit geliefert, das wir doch nach dieser schönen Diskussion als Aufruf an unsere Restaurateure senden können:

                              Zitat von Schlaraffenland
                              Mir wäre es lieber, wenn in den Lokalen hierzulande die auf einen zukommenden Kosten ebenfalls und immer klar vermittelt würden. Fällt dem Ober ein Zacken aus dem Gesicht, wenn er sagen muß: und der Maury zur Schokolade liegt bei 8 fünfzig.
                              Also, geschätzte Restaurantleiter, ab jetzt mündliche Angebote nur noch mit klarer Preisansage!

                              Schönen Gruß, Merlan

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