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belanglos, die Zweite

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  • belanglos, die Zweite

    Werte Forumianer,
    auch auf die Gefahr hin, ordentlich abgewatscht zu werden - z.B. (in alphabethischer Reihenfolge) von brigante, dem das politisch Korrekte zumindest in der Kritik ein Gräuel ist, oder von mohnkalb (aber "Quatsch" muß wieder dabeisein, sonnst giltet's nicht), oder von sorisos Axiom: belanglos = belanglos, da macht keiner was dran, oder auch von Tofu, der, persönlich angesprochen, vielleicht mal wieder reagiert - will ich doch zu dem immer wieder in Berichten auftauchenden Wort "belanglos" einige Anmerkungen machen. Natürlich gibt es im kulinarischen Bereich eine Vielzahl, geradezu eine Überfülle von Gerichten, die vollkommen belanglos sind. Aber um nochmals sorisos Etymologie zu bemühen: belanglos = nicht erwähnenswert; und daran versuche ich mich zu halten.

    Hier geht es allerdings um den Einsatz dieser Vokabel, die, im schlimmsten Falle, etwas von einem Totschlagargument, das gar nicht weiter erklärt werden muß, hat, in der Hochküche. Auf der einen Seite die Köche, die sich genau - und gelegentlich monatelang - bestimmte Kombinationen überlegen, auf der anderen Seite der Gast, der, aus welcher Laune auch heraus, eine Belanglosigkeit zu erleben glaubt.
    Ich nenne zwei Beispiele, die in den letzten zwei/drei Wochen hier zu lesen waren.

    Da ist k. mit einer Gruppe Essinteressierter in einem Pariser Drei-Sterne-Lokal. Der Koch hat in den letzten dreißig Jahren insgesamt weit über einhundert Mich.Sterne eingefahren. Hier bleibt nichts dem Zufall überlassen, alle Zutaten sind von ausgesuchter Qualität. Vielleicht war man auch ein wenig enttäuscht, daß die Amügös hier nicht als Endloskaskade interpretiert werden, jedenfalls waren sie belanglos. Vielleicht war es aber auch so, daß der Gästeschar entgangen ist, daß sie gerade die beste Selleriesuppe ihres Lebens serviert bekam. Und daß die beigelegten Kräuter nicht zufällig so ausgewählt waren. Und was hatte es schließlich mit dem nachfolgenden Ziegenkäse auf sich?

    Dann sitzt da m bei M&M, die ebenfalls seit dreißig Jahren in äußerster Gewissenhaftigkeit arbeiten, mit einem auffälligen Streben zum harmonischen Miteinander der Zutaten. Nie würden die beiden etwas servieren, was sie nicht selbst mit größtem Genuß verzehren würden ( wie oft habe ich mich in Lokalen gefragt, ob der Koch seine optischen Wunderwerke tatsächlich denn auch selbst essen wolle). Auch m ist voll des Lobes über M&M, nicht ohne jedoch auch etwas Belangloses entdeckt zu haben. (ich fand übrigens den inkriminierten Panna-Cotta-Taler beim Lesen der Gangbeschreibung sinnvoll, eigentlich schon fast notwendig)

    MkG
    schlaraffenland

    PS: zu den bei M&M immer wieder à part gereichten Zutaten fällt mir noch ein:
    Gesellige Runde, es gibt Bohnen; einer legt eine Bohne an den Tellerrand, was das sei? Bonaparte, also Bohn a part
    Allgemeines Kichern über den gar so köstlichen Spaß
    Ein Nachahmer allerdings scheiterte: es gab Erbsen, was die eine am Tellerrand zu bedeuten habe. Achselzucken.Ganz einfach: Napoleon

  • #2
    Lieber Schlaraffe,

    ich darf noch einen meiner "Favoriten" hinzufügen:
    Etwas "kommt daher". Ein absolutes MUST offenbar in der Menuebeschreibungslyrik.
    Am allerliebsten natürlich "kommt xyz belanglos daher"
    Sollte ich mich mal wieder für einen Bericht der inzwischen seltenen Restaurantbesuche motivieren, werde ich natürlich gewissenhaft davon Gebrauch machen.

    So, jetzt schnell nachhause und einen Rotwein aufmachen (ehe er selbst daherkommt)...

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    • #3
      Zitat von Schlaraffenland
      Auch m ist voll des Lobes über M&M, nicht ohne jedoch auch etwas Belangloses entdeckt zu haben. (ich fand übrigens den inkriminierten Panna-Cotta-Taler beim Lesen der Gangbeschreibung sinnvoll, eigentlich schon fast notwendig)
      Na ja, lieber Schlaraffe, ich weiß ja nicht, was Sie tatsächlich umtreibt. Aber Sie werden doch nicht ernsthaft ein Plädoyer dafür halten wollen, dass es in der Sternegastronomie per se nichts Belangloses gibt! Doch, es gibt auf den Tellern dieser Welt jede Menge Unerhebliches und Unbedeutendes! Und ich erstarre nicht ehrfürchtig vor jedem Klecks, nur weil ich unterstellen muss, dass sich der geniale Sternekoch dabei schon etwas gedacht hat.

      Der besagte Satz in meinem Moissonnier-Bericht lautete:"...sowie ein ausgestochener Panna Cotta-Taler, der durch die Pinienkerne und das Pesto etwas Biss und Geschmack bekommt. Ich hätte die eher belanglose „gekochte Milch“ nicht vermisst, wenn sie nicht dabei gewesen wäre, aber gestört hat sie auch nicht."

      Ich finde gekochte Sahne an sich immer belanglos; erst durch Hinzufügen von z.B. Früchten und/oder Saucen wird daraus ein passables Dessert. Menchon hat versucht, die nicht gewürzte Panna Cotta mit Pinienkernen und Pesto aufzupeppen. In Ordnung! Aber belanglos bleibt die pure gekochte Milch trotzdem! Und nichts anderes habe ich geschrieben.

      Im Übrigen sollten wir uns davor hüten, in diesem Forum verbale Schranken aufzubauen und damit selbst nur leicht kritische Bemerkungen zu unterbinden.

      Aber wahrscheinlich habe ich Sie nur falsch verstanden, lieber Schlaraffe, da wir Sie doch eigentlich nicht als so arg lammfromm kennen und schätzen.

      Schönen Gruß, Merlan

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      • #4
        Ich finde es gut, dass wir mal über Floskeln sprechen. Ich finde sie hier im Forum nicht so häufig, wie in den Beschreibungen der Guides. Natürlich oritentiert man sich auch etwas an deren Sprache. Aber das Ziel, Floskeln möglichst zu vermeiden, sie nur zu verwenden, wenn einem gar nichts anderes einfällt, ist ungefähr ein genauso großes, wie ein sternewürdiges Menü zu kreieren, finde ich jedenfalls.

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        • #5
          "Im Übrigen sollten wir uns davor hüten, in diesem Forum verbale Schranken aufzubauen und damit selbst nur leicht kritische Bemerkungen zu unterbinden."

          Da haben Sie, lieber merlan, unbedingt recht.
          Hätte ich diesen Gang für Sie (und hoffentlich auch für Ihre reizende Begleitung) gekocht, wäre es mir überhaupt nicht schwergefallen zu akzeptieren, daß Sie meine gekochte Milch, hätte ich sie nicht serviert, auch nicht vermißt hätten. Hätten Sie meine gekochte Milch als eher belanglos bezeichnet, hätte mich das etwas verwundert.
          Aber nun noch kurz meine Phantasien zu diesem Gang:
          Das Kalbfleisch einmal gegrillt mit Röstaromen, einmal geschmort, dazu Wurzeln und diese tolle Minzsauce. A part ein Blätterteig-Pastetchen, das ich in enger Partnerschaft zum Gegrillten sehe und diese weiche, geschmeidige Panna Cotta zum butterzart Geschmortem. Das Spiel kann beginnen. Doch lieber den Blätterteig zum Geschmorten? Welchen Wein gab's eigentlich dazu? Und da ist ja noch die Assoziation Kalb/Milch, die Menchon in dieses Gericht miteinfließen läßt. Allerdings wird dieses Thema auch schon in den frühen Büchern des AT unterschiedlich behandelt. Bekommt der Herr von Abraham und Sara noch Milch und Butter zum Kalb serviert (1.Mos 18), heißt es bei 2.Mos 23,19 man möge das Böcklein nicht in der Milch seiner Mutter anrichten. Wurde vielleicht die Milch bei Abrahams als belanglos empfunden?
          Grüße
          schlaraffenland

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          • #6
            Zitat von Schlaraffenland
            Wurde vielleicht die Milch bei Abrahams als belanglos empfunden?
            Weil die Milch bei Abrahams auch à part serviert werden sollte ? Oder geht es bei Gott und Menchon mehr ums Großeganze des Tellers ? Sind Abrahams einen Umweg oder gar eine Reise wert ?
            Danke, you made my day (Floskel!), wie man so schön sagt !

            MkG, S.


            P.S. Die biblische Darstellung eines anderen Menues inklusive Weinreise findet man ja in der Santa Maria delle Grazie.
            Zuletzt geändert von Sphérico; 31.10.2014, 17:04.

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            • #7
              Zitat:

              Ja, leider war es so, werter Brigante. Es hat "nach nichts" geschmeckt - ich wollte es nicht so drastisch formulieren und habe auch lange überlegt, ob ich überhaupt eine Kritik schreiben sollte. Gerade bei der Sauce zum Seeteufel habe ich noch einmal gezielt nachgefragt und war mehr als nur erstaunt, dass es eine Basilikumcrème sein sollte! Insgesamt habe ich die Raffinesse vermisst, die ich bisher immer im Moissonnier geschätzt habe. Und das ist auch vielleicht der Grund, warum ich Ihre Frage nach der Zusammensetzung des "Süßholz-Zitronengras" (dessen Geschmack ich gar nicht erwähnt habe, aber es hätte auch in diese Reihung gepasst) erst gar nicht beantworten kann.

              Ein kleines Rätsel: Wann war das?? Ich denke, klare Worte sind immer angezeigt.
              Zuletzt geändert von HeikeMünchen; 02.11.2014, 20:01. Grund: Zitat aus Versehen doppelt kopiert

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              • #8
                Zitat von HeikeMünchen
                Ich denke, klare Worte sind immer angezeigt.
                So sehe ich das auch, werte Heike, und "belanglos" kann durchaus ein solch klares Wort sein, wenn ein ausdrücklich annoncierter Bestandteil eines Gerichtes für einen selbst nicht erwähnenswert, also ohne Belang ist.

                Schönen Gruß, Merlan

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                • #9
                  Zitat von merlan
                  So sehe ich das auch, werte Heike, und "belanglos" kann durchaus ein solch klares Wort sein, wenn ein ausdrücklich annoncierter Bestandteil eines Gerichtes für einen selbst nicht erwähnenswert, also ohne Belang ist.

                  Schönen Gruß, Merlan
                  Im Gegensatz zu zB trocken, zäh oder versalzen sollte bei "belanglos" die Qualifikation "für mich" dazugehören. Wie sie es ja jetzt auch selber schreiben.

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                  • #10
                    Wie steht es heute so schön in der FAS: " Ohne Sugo blieben Spaghetti gekochtes Brot ohne Belang." Geht also auch ohne "für mich", werter glauer!

                    Was hatte ich geschrieben? "Ich hätte die eher belanglose „gekochte Milch“ nicht vermisst."

                    Sind gekochte Milch oder auch gekochte Sahne nicht per se ohne Belang? Auch ohne ein "für mich"? Leben bekommt die Panna cotta doch erst durch eine Sauce, ein Kräuter oder eine Würzung eingehaucht, oder?

                    Sei´s drum, Wortklauberei, mehr nicht!

                    Schönen Gruß, Merlan

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                    • #11
                      Zitat von merlan
                      Leben bekommt die Panna cotta doch erst durch eine Sauce, ein Kräuter oder eine Würzung eingehaucht, oder?
                      Sei´s drum, Wortklauberei, mehr nicht!

                      Vielleicht ja auch nicht. Aber das -und auch die Feinheiten der Wortwahl- versteht halt nicht jeder.

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                      • #12
                        Zitat von Schlaraffenland
                        Werte Forumianer,
                        auch auf die Gefahr hin, ordentlich abgewatscht zu werden - z.B. (in alphabethischer Reihenfolge) von brigante, dem das politisch Korrekte zumindest in der Kritik ein Gräuel ist, oder von mohnkalb (aber "Quatsch" muß wieder dabeisein, sonnst giltet's nicht), oder von sorisos Axiom: belanglos = belanglos, da macht keiner was dran, oder auch von Tofu, der, persönlich angesprochen, vielleicht mal wieder reagiert - will ich doch zu dem immer wieder in Berichten auftauchenden Wort "belanglos" einige Anmerkungen machen.

                        Natürlich gibt es im kulinarischen Bereich eine Vielzahl, geradezu eine Überfülle von Gerichten, die vollkommen belanglos sind. Aber um nochmals sorisos Etymologie zu bemühen: belanglos = nicht erwähnenswert; und daran versuche ich mich zu halten.
                        MkG schlaraffenland
                        Hallo Schlaraffenland,
                        da bin ich aber fast sprachlos...

                        Offensichtlich müssen hier meine alten und relativ wenigen Restaurant-Kritiken großen Eindruck hinterlassen haben.
                        Hatte ich denn auch in "belanglos die Erste" die Ehre der Erwähnung?
                        Beste Grüße
                        Soriso

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                        • #13
                          "Die Ehre der Erwähnung", werter soriso, stimmt so nicht ganz; es handelt sich vielmehr um ein Zitat. Nur hieß der thread, den ich jetzt nach gut drei Jahren nochmals aufgewärmt habe, anders.

                          Vielleicht lesen Sie ja nochmals # 17
                          (aber daß es mir gelungen sein sollte, Sie "fast sprachlos" zu machen, das kann ich beim besten Willen nicht glauben)

                          @ all: bitte, die Argumente nur so austauschen, wie es auch in geselliger Runde in meiner Stammkneipe am Wirtshaustisch möglich wäre. Das heißt: da darf kräftig und pointiert ausgeteilt (bzw eingesteckt) werden, gegiftelt wird nicht. (und gefloskelt erst recht nicht).

                          Nun aber nochmals inhaltlich zurück zur gekochten Milch. Die Lactose bleibt jetzt mal weg, aber um die Galactose sollten wir uns Gedanken machen. Stimmt das wirklich, dass der Galactose eine gewisse leberschützende Wirkung zukommt? Dann könnte man nämlich der Panna c. bei einem weinseligen Mahl schon beinahe einen antidotalen Charakter ...
                          Vielleicht wissen die ja in Haawärd mehr darüber.
                          Gruß
                          s.

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                          • #14
                            Nach dem 14,5er Rioja von eben mach´ ich mir jetzt sofort ´ne Panna cotta! Pur!

                            Schönen Gruß und alles ist gut!
                            Merlan

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                            • #15
                              be*lang*los
                              Wortart: Adjektiv
                              Häufigkeit: xx...


                              Bedeutung:

                              ohne Belang (1); unwichtig
                              Beispiel
                              eine belanglose Bemerkung


                              Synonyme

                              bedeutungslos, nebensächlich, nicht erwähnenswert, ohne Belang, unbedeutend, unerheblich, uninteressant, unwesentlich, unwichtig; (bildungssprachlich) irrelevant, marginal, trivial


                              So spricht der Duden, der - man glaubt es kaum - auch in Zeiten des Internets keinesfalls belanglos geworden ist und gar dieses doch nicht erwähnenswerte Adjektiv erläutert.

                              Sind Restaurant-Beschriebe voll mit 'belanglosen Plattitüden' [sic]? Liest man die Profi-Schreiber - immer wieder die sich gleichenden Formulierungen und Paraphrasierungen, anhand derer man einen Gault Millau auch im Dunkeln von einem Dollase und diesen auch in einem Gewittersturm von Siebeck unterscheiden kann.

                              Und die Laienschreiber: Nun, die greifen zu den Worten, derer sie gerade habhaft werden, ob nun trivial, unbedeutend oder gar unwesentlich. Wie auch k., wenn ihm unerheblicherweise nur irrelevantes einfällt.

                              Dennoch ein Plädoyer nicht für die Belanglosigkeit der Wortwahl, sondern für den Begriff belanglos: Oder wie sonst wirkt die Werbepause in einem spannenden Film, wie sonst ist ein ausführlicher Kommentar zum aktuellen Wetter beim ersten Date, wie sonst schmeckt das Tiefkühl-Dorschfilet neben den von passepartout zubereiteten Stücken vom Wolfsbarsch, wie sonst ...?

                              Und manchmal, bestimmt nicht oft, doch manchmal kann auch die mit der Erfahrung von weit über 100 Sternen zubereiteten Küchengrüsse neben der Besten Selleriesuppe und des faszinierenden Tomatenganges von ganz Paris einfach belanglos wirken. Einfach so. Ganz subjektiv. Bessere Wortvorschläge willkommen.


                              ;-)

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