Letztes Wochenende (9-11.10) durfte ich auf Einladung eines Freundes aus der Weinbranche in Helsinki verbringen – mein erstes Mal in Finnland. Kulinarisch gesehen war mir nicht all zu viel über dieses Land bekannt (Wein-technisch an sich noch viel weniger) – für mich sind solche Gelegenheiten immer Chancen, unvoreingenommen in die Kulinarik eines Landes einzutauchen. Nach dem ich anfangs mit dem finnischen Nachtleben vertraut gemacht worden bin, durfte ich am zweiten Tag meines Kurzaufenthaltes gemeinsam mit meinen Gastgebern den Kauppatori – den offenen Markt an der Esplanade zur Baltischen See vis à vis vom Sitz des finnischen Präsidenten durchstöbern. Die Lebensmittel verkaufenden Stände waren dominiert von Pilzen, Beeren, Fischen aller Art aus den Gewässern zwischen Finnland und Schweden, verschiedenen Fleischsorten wie Elch und Rentier von frisch bis geräuchert, gebeitzt. Der einzige mir bekannte Koch aus Finnland – Hans Välimäki – hat sein Lokal wie die meisten in Helsinki Sonntags geschlossen und so war nach einem ausgiebigen Sauna-Gang “Homecooking” angesagt.
„Gefüttert“ mit diesen leckeren Impressionen trat ich am Folgetag meine Heimreise an und war motiviert am selben Mittag in Salzburg's Ikarus-Restaurant die Küche des oben genannten Finnischen Kulinarik-Botschafters zu erleben. Hans Välimäki ist Finnlands einziger 2* Koch und mit seinem Restaurant „Chez Dominique“ einer DER Vertreter der neuen „Nordic Cuisine“.
Välimäki präsentiert sich im Hangar 7 mit einem gestandenen 10-Gang Menü zum Ikarus-Fixpreis von € 140,--. Dem eigentlichen Menü werden sechs Kleinigkeiten in Form von Snacks und Amuse Bouches vorangestellt. Diese überrollen den Gast ein klein wenig zu Beginn: Zeitgleich kommen ein gut gemachter „Steinpilz-Pizza“ Chip mit mit einem Garnelen-Cracker, der sich ein wenig wie ein „Krabben-Chip“ isst, dito in der Konsistenz ein Cracker aus (krosser) Schweinehaut, der von einer Trüffelmayonnaise überlagert wird. Hinzu kommt eine Finnische Fischsuppe mit Pastinaken-Granité, als Hingucker am Tisch ein aufgespießter, rosaroter Zuckerwattebausch, in dessem inneren sich ein Stück Rentier-Blutwurst verbirgt, welches ob der über proportionierten Zuckerwatte leider an Aussagekraft verliert sowie unmerkbar später serviert eine schöne Assemblage von jungen Gemüsen und Sprossen.
Schon der erste Gang ist ein Denkanstoß an die Geographie des Landes: Välmäki's „Borschtsch“ erinnert, dass die Russische Grenze nicht Weit und Helsinki mit dem Venedig des Nordens – St. Petersburg – per Schnellzug in etwas mehr als 3 Stunden erreichbar ist. Auf dem Teller ist ein quadratisches Rote Beete Gelee mit seitlichen Rote Beete Tupfern, falschen Spaghetti aus Smetana (Sauerrahm, das selbe Wort findet sowohl im Finnischen als auch Russischen Verwendung) sowie nebst klein geschnittener, pochierter roter Beete Lammfleischwürfel, Klee und echter Kaviar. Die Interpretation ist lauwarm und zeigt, wie sich das Geschmacksbild einer Suppe durchaus gelungen texturell in feste Komponenten transferieren lässt. Das Gericht erinnert an eine frühere Interpretation des russischen Küchen Enfant Terrible Anatoly Komm. Es folgt ein gelungener nächster Akt aus Gänsestopfleber mit Steinpilzen und Apfel. Die Leber ist als Mousse zubereitet und wird meiner Steinpilz-Essenz angegossen. Dazu hauchdünn aufgeschnittene Steinpilz-Scheiben sowie gegrillter Steinpilz und ein Granité von Granny Smith. Die Süße und Säure dieses Gerichtes sind sehr schön ausbalanciert und ermöglichen der Leber trotz der erdigen Verbindung zu den Pilzen eine gewisse Herausstellung mit gefühlter Leichtigkeit am Gaumen. Dieser Tenor wird fortgeführt mit „ERDE“, einem gekonnten Zusammenspiel aus Kartoffeln in Püree-Form sowie einem gestockten Wachteleigelb mit Trüffel sowie in Trüffelsaft getränktes Saaristolaisleipä, ein typisch Nordfinnisches Dunkelbrot mit leicht süßlichem Einschlag. Bei Langostions mit Blumenkohl erlebe ich nun das Meeresgetier mit sensationellem Eigengeschmack, das um die Langostinos kunstvoll drappierte Kartoffelstroh vermag weder texturell noch geschmacklich zu akzentuieren – ganz im Gegensatz zum Blumenkohl-Prüee, welches die 2. Komponente des Gerichtes bildet. Nun folgt mein Menü-Matchwinner: Heilbutt, Austern und Kräuter: Ein saftiges Stück vom Fisch wird begleitet von einer in hauchdünnen Apfel gewickelte Auster, Austernblatt, Austernchips mit Nori, Austernpulver sowie einer Air. Kaum zu Glauben wie der Apfel als recht unscheinbare Komponente den Geschmack der Auster plastisch streckt. Als Zwischengericht vor dem Hauptgang wird Sauerklee und Sanddorn gereicht: Nein, keine Sorbets sondern – wie schon öfters in diesem Mahl – Granités. Nicht nur optisch sind Orange und Grün ein Genuss, sondern auch geschmacklich. Der Klee erinnert ein wenig an Sauerampfer, jedoch gedämpft durch einen geringfügig zu hohen Zuckeranteil. Hingegen punktet der Sanddorn mit seiner Appetit-anregenden Säure bei gleichzeitig charakteristischer Honig-ähnlicher Süße. Hierzu komme ich unaufgefordert in den Genuss einer Mayday-Bar-Kreation: Ein Kiwi-Ingwer Mojito wurde als interessante Begleitung gereicht. Taube VOL 9.5 titelt der nächste Gang. Välimäki hat bei der Organisation seiner Kreationen offenbar einen pragmatischen Zugang, Nokia hat da ausgedehntere Produktbezeichnungen. Auf dem Teller befindet sich die fein gegarte Taube, welche geschmacklich an Étouffé erinnert. In Begleitung dazu Puffreis und Reis-Cracker sowie eine eher Aussage-schwache Vanillebohnencreme und gute Pistaziencreme. Neben dem Bruststück gefällt ein kleiner Strudel gefüllt mit einer gut gewürzten Innereien-Farce sowie geschmorte Perlzwiebeln. Die Überleitung zum Süßen geschieht mit Lingoberries mit Milch. Ein optisch an Burrata erinnerndes „Päckchen“ einer leich gesüßten Milchmousse mit Vanille überzogen von Milchhaut und wird mit leicht herber Lingoberrie-Sauce (Preiselbeere) nappiert. Das Hauptdessert besteht aus Lakritze-Baisers sowie Creme, darauf zum einen ein Sorbet und zum anderen eine mit Gelee überzogene Mousse von Moltebeeren. Dieses arktische, hellorange Moor-Gewächs erinnert optisch an eine überdimensionierte Himbeere mit großer Segmentierung. An diese Optik ist auch der besprochene Teil des Dessert angelehnt. Geschmacklich wird ein angenehmer Kontrast erzeugt. Last but not least eine Kombination namens Schokolade und Grüner Tee KALT-WARM: Ein Matcha-Sorbet trohnt auf einer Schokoladencreme, dazu eine Grüntee-Creme mit Himbeeren, sowie in einer separaten Schüssel gereicht ein warmer Schokoladenkuchen der bei Tisch mit einer Schoko-Karamellsauce überzogen wird. Zwar ist alles handwerklich und geschmacklich einwandfrei produziert, jedoch erschließt sich mir der Zusammenhang der einzelnen Komponenten nicht wirklich.
Bleibt als Fazit zu reüssieren:
Välimäki kocht französisch, mit Nordischen Zutaten. Viele Hauptkomponenten stechen auf den Tellern durch ihren prägnanten Eigengeschmack heraus, nicht immer gelingt das Zusammenspiel mit den Aromen der „Beilagen“ einwandfrei, nichts desto trotz eine schöne Erfahrung für den Esser. Ich bin überzeugt, dass der zur Zeit in vielen Küchen gern gesehene Finne in Zukunft noch mehr Konzentration in seine Kreationen packen wird und ohne Zweifel ein interessanter Vertreter der nordischen Zunft ist.
Somit konnte ich gestärkt meinen Finnland-Akt abschließen und den Nachhauseweg antreten.
Foto-Galerie
„Gefüttert“ mit diesen leckeren Impressionen trat ich am Folgetag meine Heimreise an und war motiviert am selben Mittag in Salzburg's Ikarus-Restaurant die Küche des oben genannten Finnischen Kulinarik-Botschafters zu erleben. Hans Välimäki ist Finnlands einziger 2* Koch und mit seinem Restaurant „Chez Dominique“ einer DER Vertreter der neuen „Nordic Cuisine“.
Välimäki präsentiert sich im Hangar 7 mit einem gestandenen 10-Gang Menü zum Ikarus-Fixpreis von € 140,--. Dem eigentlichen Menü werden sechs Kleinigkeiten in Form von Snacks und Amuse Bouches vorangestellt. Diese überrollen den Gast ein klein wenig zu Beginn: Zeitgleich kommen ein gut gemachter „Steinpilz-Pizza“ Chip mit mit einem Garnelen-Cracker, der sich ein wenig wie ein „Krabben-Chip“ isst, dito in der Konsistenz ein Cracker aus (krosser) Schweinehaut, der von einer Trüffelmayonnaise überlagert wird. Hinzu kommt eine Finnische Fischsuppe mit Pastinaken-Granité, als Hingucker am Tisch ein aufgespießter, rosaroter Zuckerwattebausch, in dessem inneren sich ein Stück Rentier-Blutwurst verbirgt, welches ob der über proportionierten Zuckerwatte leider an Aussagekraft verliert sowie unmerkbar später serviert eine schöne Assemblage von jungen Gemüsen und Sprossen.
Schon der erste Gang ist ein Denkanstoß an die Geographie des Landes: Välmäki's „Borschtsch“ erinnert, dass die Russische Grenze nicht Weit und Helsinki mit dem Venedig des Nordens – St. Petersburg – per Schnellzug in etwas mehr als 3 Stunden erreichbar ist. Auf dem Teller ist ein quadratisches Rote Beete Gelee mit seitlichen Rote Beete Tupfern, falschen Spaghetti aus Smetana (Sauerrahm, das selbe Wort findet sowohl im Finnischen als auch Russischen Verwendung) sowie nebst klein geschnittener, pochierter roter Beete Lammfleischwürfel, Klee und echter Kaviar. Die Interpretation ist lauwarm und zeigt, wie sich das Geschmacksbild einer Suppe durchaus gelungen texturell in feste Komponenten transferieren lässt. Das Gericht erinnert an eine frühere Interpretation des russischen Küchen Enfant Terrible Anatoly Komm. Es folgt ein gelungener nächster Akt aus Gänsestopfleber mit Steinpilzen und Apfel. Die Leber ist als Mousse zubereitet und wird meiner Steinpilz-Essenz angegossen. Dazu hauchdünn aufgeschnittene Steinpilz-Scheiben sowie gegrillter Steinpilz und ein Granité von Granny Smith. Die Süße und Säure dieses Gerichtes sind sehr schön ausbalanciert und ermöglichen der Leber trotz der erdigen Verbindung zu den Pilzen eine gewisse Herausstellung mit gefühlter Leichtigkeit am Gaumen. Dieser Tenor wird fortgeführt mit „ERDE“, einem gekonnten Zusammenspiel aus Kartoffeln in Püree-Form sowie einem gestockten Wachteleigelb mit Trüffel sowie in Trüffelsaft getränktes Saaristolaisleipä, ein typisch Nordfinnisches Dunkelbrot mit leicht süßlichem Einschlag. Bei Langostions mit Blumenkohl erlebe ich nun das Meeresgetier mit sensationellem Eigengeschmack, das um die Langostinos kunstvoll drappierte Kartoffelstroh vermag weder texturell noch geschmacklich zu akzentuieren – ganz im Gegensatz zum Blumenkohl-Prüee, welches die 2. Komponente des Gerichtes bildet. Nun folgt mein Menü-Matchwinner: Heilbutt, Austern und Kräuter: Ein saftiges Stück vom Fisch wird begleitet von einer in hauchdünnen Apfel gewickelte Auster, Austernblatt, Austernchips mit Nori, Austernpulver sowie einer Air. Kaum zu Glauben wie der Apfel als recht unscheinbare Komponente den Geschmack der Auster plastisch streckt. Als Zwischengericht vor dem Hauptgang wird Sauerklee und Sanddorn gereicht: Nein, keine Sorbets sondern – wie schon öfters in diesem Mahl – Granités. Nicht nur optisch sind Orange und Grün ein Genuss, sondern auch geschmacklich. Der Klee erinnert ein wenig an Sauerampfer, jedoch gedämpft durch einen geringfügig zu hohen Zuckeranteil. Hingegen punktet der Sanddorn mit seiner Appetit-anregenden Säure bei gleichzeitig charakteristischer Honig-ähnlicher Süße. Hierzu komme ich unaufgefordert in den Genuss einer Mayday-Bar-Kreation: Ein Kiwi-Ingwer Mojito wurde als interessante Begleitung gereicht. Taube VOL 9.5 titelt der nächste Gang. Välimäki hat bei der Organisation seiner Kreationen offenbar einen pragmatischen Zugang, Nokia hat da ausgedehntere Produktbezeichnungen. Auf dem Teller befindet sich die fein gegarte Taube, welche geschmacklich an Étouffé erinnert. In Begleitung dazu Puffreis und Reis-Cracker sowie eine eher Aussage-schwache Vanillebohnencreme und gute Pistaziencreme. Neben dem Bruststück gefällt ein kleiner Strudel gefüllt mit einer gut gewürzten Innereien-Farce sowie geschmorte Perlzwiebeln. Die Überleitung zum Süßen geschieht mit Lingoberries mit Milch. Ein optisch an Burrata erinnerndes „Päckchen“ einer leich gesüßten Milchmousse mit Vanille überzogen von Milchhaut und wird mit leicht herber Lingoberrie-Sauce (Preiselbeere) nappiert. Das Hauptdessert besteht aus Lakritze-Baisers sowie Creme, darauf zum einen ein Sorbet und zum anderen eine mit Gelee überzogene Mousse von Moltebeeren. Dieses arktische, hellorange Moor-Gewächs erinnert optisch an eine überdimensionierte Himbeere mit großer Segmentierung. An diese Optik ist auch der besprochene Teil des Dessert angelehnt. Geschmacklich wird ein angenehmer Kontrast erzeugt. Last but not least eine Kombination namens Schokolade und Grüner Tee KALT-WARM: Ein Matcha-Sorbet trohnt auf einer Schokoladencreme, dazu eine Grüntee-Creme mit Himbeeren, sowie in einer separaten Schüssel gereicht ein warmer Schokoladenkuchen der bei Tisch mit einer Schoko-Karamellsauce überzogen wird. Zwar ist alles handwerklich und geschmacklich einwandfrei produziert, jedoch erschließt sich mir der Zusammenhang der einzelnen Komponenten nicht wirklich.
Bleibt als Fazit zu reüssieren:
Välimäki kocht französisch, mit Nordischen Zutaten. Viele Hauptkomponenten stechen auf den Tellern durch ihren prägnanten Eigengeschmack heraus, nicht immer gelingt das Zusammenspiel mit den Aromen der „Beilagen“ einwandfrei, nichts desto trotz eine schöne Erfahrung für den Esser. Ich bin überzeugt, dass der zur Zeit in vielen Küchen gern gesehene Finne in Zukunft noch mehr Konzentration in seine Kreationen packen wird und ohne Zweifel ein interessanter Vertreter der nordischen Zunft ist.
Somit konnte ich gestärkt meinen Finnland-Akt abschließen und den Nachhauseweg antreten.
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