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Äbtestube in Bad Ragaz

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  • Äbtestube in Bad Ragaz

    Hier unser Bericht über das Gourmetrestaurant 'Äbtestube' (1 Stern / 17 Punkte). Die Bilder sind auf gourmoer.ch zu finden.


    Was vor zehn Jahren noch eine Seltenheit war, ist heutzutage selbstverständlich. Die Rede ist von Hotelrestaurants welche auch Feinschmecker glücklich machen. Und so leistet sich das imposante Hotel “Grand Resort Bad Ragaz” (zum Bericht), ganze acht Restaurants, darunter auch ein Gourmetlokal. Hier in der ‘Äbtestube’ geniessen die Gäste klassische Gerichte in einem stimmungsvollen Ambiente. Unter den Geniessern sind nicht nur Hotelgäste sondern auch Gourmets die sich eine Übernachtung im Grand Resort nicht leisten können – oder wollen.

    Den Apéro genossen wir in der kleinen Küche. Ein spannendes Erlebnis, welches man den Gästen gegen Voranmeldung, gerne erfüllt. Es ist sogar möglich den ganzen Abend im Herzen der ‘Äbtestube’ zu verbringen und dabei Roland Schmids vierköpfigem Team bei der Arbeit zuzuschauen. Speziell dafür steht in der Küchenmitte ein hoher, weiss gedeckter Zweiertisch bereit – wobei die beiden Barhöcker für ein dreistündiges Essen einen etwas unbequem Eindruck machen. Von hier aus beobachtet man zum Beispiel wie die Köche mit Lineal und grüner Kräutersauce Dekorationen auf die Teller zeichnen oder wie grosse Fleischstücke tranchiert werden.

    Das Team arbeitet konzentriert. Hier und da gibt es eine kurze Anweisung des Chefs. Roland Schmid ist seit neun Jahren für das Gourmetrestaurant verantwortlich. Dabei hat er, verglichen mit anderen Küchenchefs, vorzügliche Arbeitszeiten, denn die ‘Äbtestube’ empfängt lediglich an fünf Abenden in der Woche Gäste.

    Um an der kulinarischen Spitze eines der besten 5 Sterne-Hotels Europas zu stehen, braucht es einiges an Talent. Das holte sich Schmid nach seiner erfolgreichen Kochlehre in diversen Restaurants im In- und Ausland. Bevor er nach Bad Ragaz wechselte, kochte der sehr sympatische Rheintaler mehrere Jahre im Hotel “Alpenhof” in Zermatt. In der schönen Walliser Gemeinde erkochte er sich stolze 17 Gault Millau Punkte sowie einen Michelin Stern. Die Punkte konnte er beim Wechsel nach Bad Ragaz “mitnehmen”, auf den Stern musste er sich bis zum letzten Oktober gedulden.

    Schmid ist keiner der Köche die nur am Pass stehen und Kommandos geben. Auch wegen der abwechslungsreichen à la carte Auswahl packt er jeden Abend mit an. So bereitet er zum Beispiel vor unseren Augen ein kleines Stück Thunfisch zu. Dieses schneidet er gekonnt in zwei Hälften und serviert es uns Augenblicke später an unserem Küchentisch. Der “Gruss aus der Küche” bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

    Zweierlei von der geräucherten Forelle aus dem Weisstannental, Rucola-Piniensalat, Curryöl / Gänseleber-Praline im Himbeer-Mandelmantel auf Kefensalat und Sauerrahm / Sashimi von weissem “MSC” Thunfisch, Asiagemüse, Korianderöl

    Alle drei Häppchen haben uns begeistert und konnten dank klaren und intensiven Aromen brillieren. Das Highlight war das soeben frisch zubereitete Sashimi vom weissen Thunfisch, mit dem knackigen Asiagemüse an leichter Sojasauce – genial. Bei der Forelle hat uns das harmonische Zusammenspiel mit den Pinienkernen sehr gut gefallen. Auch für das Gänseleber-Praline gab es gedanklich Applaus, auch wenn wir den angekündigten Himbeergoût etwas vermissten.

    Obwohl wir dem konzentrierten Treiben in der Küche gerne zuschauten, waren wir froh, als wir nach diesen Häppchen den doch recht warmen Raum wieder verlassen durften. Wir wurden in das kleine Restaurant geführt und machten es uns, mit Blick auf das knisternde Feuer im Chminée, gemütlich. Hier in der ‘Äbtestube’ hat es Platz für 30 Gäste. Da die Tische in drei leicht voneinander abgetrennten Bereichen stehen, ist es recht ruhig.

    Wir erhielten die grossformatige Speisekarte gereicht und entschieden uns für das 6 Gängemenü, mit der Bitte, den Hauptgang bestehend aus Rindsfilet durch das Bisonfilet Gericht aus dem à la carte Angebot, auszutauschen. Wir waren zwar überzeugt, dass Chef Schmid gute Rindfleisch-Lieferanten hat, doch wir wollten unbedingt einmal sein bekanntes Bisonfleisch aus Kanada geniessen. Michael Boog, Sommelier und Chef de Service, kam diesem Wunsch nach kurzem Zögern gerne nach. Boog ist ein sehr guter Gastgeber und besticht, neben seinen etwas zu theatralisch agierenden Servicemitarbeitern, mit seiner Natürlichkeit und dem grossen önologischen Fachwissen. So stellte er uns mit Leichtigkeit eine passende Weinbegleitung zusammen und schlug vor, jeweils zwei Gänge mit dem gleichen Wein korrespondieren zu lassen. Wir willigten ein und legten die zwei gereichten Weinkarten (eine davon ausschliesslich mit Erzeugnissen von von der Domaine de la Romanée-Conti!) zur Seite.

    Zu der schönen Brötchenauswahl gab es für einmal keine Butter, sondern drei verschiedene, kalt gepresste Olivenöle.

    Danach erreichte uns das Amuse Bouche:

    Pyrenäen Milchlammkeule mit Thymianjus, Kartoffel-Apfelgratin, Enoki-Pilzen, Bärlauchsuppe mit Tomatenschaum

    Das Lammfleisch war sehr fein und zart, der Jus ein passender und subtiler Begleiter. Das Beste auf dem Teller war der geniale Kartoffelgratin - auch wenn man vom annoncierten Apfel nichts schmeckte. Ebenfalls ein grosses Lob gab es für das vollmundigste Bärlauchsüppchen, welches uns jemals aufgetischt wurde – das Aroma war noch Minuten später im ganzen Gaumen präsent! Der Tomatenschaum zerfiel dagegen etwas schnell und sorgte daher nur für den farblichen Kontrast.

    Bio Black Tiger, Morcheln, Haselnusskrokant - Nüsslisalatmousse und Vinaigrette

    Die knackigen Black Tiger waren von guter, aber nicht überragender Qualität. Der leichte Haselnussgeschmack passte gut zu den Schalentieren. Bei den Morcheln vermissten wir den von uns so geliebten, intensiven Eigengeschmack des edlen Pilzes – ob sie zu lange im Essigbad lagen? Dafür entschädigt hat uns das geniale Mousse vom Nüsslisalat – ein tolles Aroma, wiederum umgeben von knusprigen Nusssplittern.

    Pastinaken-Cremesuppe mit grünem Lammraviolo

    Die Pastinakensuppe war richtig stark. Der grüne Raviolo war nicht wie erwartet mit Gehacktem gefüllt, sondern mit einem ganzen Stück Lammfleisch. Dieses zu essen war dann gar nicht so einfach. Das zarte Fleisch ertrank wortwörtlich in der Suppe und konnte deshalb auch den Eigengeschmack nicht voll entfalten. Wir hätten es bevorzugt, die Suppe und das Fleisch getrennt voneinander zu geniessen. Dazu wäre dann auch eine Sauce zum Fleisch passender gewesen als eine Suppe.

    Rotbarbenfilet gebraten, Gewürzrhabarbersauce, Spargel, Erbsenmousseline

    Die Rhabarbersauce, die unter anderem mit Zimt und Vanille abgeschmeckt war, schmeckte zwar gut, wollte aber weder zum Fisch noch zu den weissen Spargeln passen. Wir genossen diese also getrennt voneinander. Trotz der feinen Rotbarbe hatten wir eine passende Sauce etwas vermisst. Das Erbsenpüre war sehr geschmacksintensiv und fein. Der Höhepunkt auf dem Teller waren aber die badischen Spargeln. Der intensive Spargelgeschmack zeugte von einem hochwertigen Produkt erster Güte und bewies wieder einmal, dass dieses Frühlingsgemüse eine wahre Delikatesse ist.

    Bisonfilet gebraten, Ochsenschwanzragout, Thymian, Mönchsbart, Pinienkere und frittiertes Lauch-Samosas

    Als Hauptgang wurde uns das Bisonfilet serviert. Das Fleisch war kräftig und perfekt gebraten. Für die geschmackliche Perfektion fehlten lediglich ein paar zusätzliche Salzkörner sowie eine durchgängig wahrnehmbare Pfeffermarinade. Diese war bei unserem Fleisch nur an gewissen Stellen präsent – und genau dort konnte das Bison so richtig auftrumpfen.

    Unter dem Fleisch wartete ein weiteres Highlight dieses Abends: ein richtig toll zubereitetes Ochsenschwanzragout. Auch der Mönchsbart, ein im Moment saisonales Gemüse aus Italien, schmeckte uns ausserordentlich gut und wir wunderten uns, warum wir das Grün noch nie zuvor angetroffen hatten. Das Samosa, ein Gebäck welches seinen Ursprung im nahen Osten hat, erfüllte eher eine dekorative Aufgabe.

    Käse

    Nun freuten wir uns auf den Auftritt des Käsewagens. Dieser war zwar eher klein, aber gut sortiert. Für alle Vorlieben bot er etwas. Zum Käse wurde uns Birnenbrot sowie etwas Baguette serviert. Im Vergleich zu anderen Restaurants, in denen man frisch gebackenes Birnenbrot und zum Käse passenden Senf und Konfitüre gereicht bekommt, war das Angebot hier noch ausbaufähig.

    Für den süssen Abschluss durften wir von der Karte wählen. Da es kein Pré-Dessert gab, hatte dieses dann sogleich seinen Auftritt:

    Caramel-Variation

    Eigentlich hatten wir uns unter diesem vielversprechenden Namen eine spannendere Vario vorgestellt, als diejenige, welche uns serviert wurde. Das Karamelköpfli und die Crème brûlée haben wir in dieser Qualität schon zu oft gegessen, als dass uns diese speziell begeistert hätten. Die beiden Desserts waren absolut solide, trotzdem bereuten wir es, dem Menü-Dessert “Ricotta-Zucker-Canneloni-Melone”, nicht den Vorzug gegeben zu haben.

    Zum Glück rettete das tolle Caramel-Eis die Dessert-Ehre. Das Glacé war nämlich vollmundiger und wuchtiger als alle anderen, je gegessenen Caramel-Sorten!

    Friandises

    Zum Espresso wurden noch ein paar kleine Häppchen auf einem Karussell aufgetragen. Wir hatten uns beim Käsewagen wohl etwas übernommen, denn wir hätten keinen Bissen mehr runter gebracht. Uns wurde zwar freundlicherweise angeboten, die Friandises einzupacken und aufs Zimmer mitzugeben, doch wir konnten uns in dem Moment nicht vorstellen jemals wieder Hunger zu haben. Da soll noch jemand behaupten in Gourmetrestaurants werde man nicht satt!

    Nach diesem schönen Menü machten wir es uns in der direkt ans Restaurant angrenzenden Zigarren-Lounge gemütlich. In dieser wunderschönen Lounge genossen wir eine würzige “Flor de Selva” und ein, vom sehr zuvorkommenden Barkeeper servierten, Digestif.

  • #2
    Danke für diesen ausführlichen Bericht und die Eindrücke.

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    • #3
      Ein wirklich sehr informativer Bericht.
      Vielen Dank.


      Gruß!

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      • #4
        Nur noch einen guten Monat hat die Äbtestube geöffnet. Für mich ein Grund hinzufahren und das erste und letzte Mal die klassisch geprägte Küche von Roland Schmid zu geniessen. Zu Beginn wurde eine Kostprobe der legendären Bisonsalami gereicht, danach noch 2 Grüße aus der Küche, die für mich die Highlights des Menüs darstellten, der erste eine Art Löffelintermezzo mit einer Erbsencreme und einer mit Nüssen ummantelten Kugel aus einem Fisch und als zweites Kalbsmilken mit einer Frischkäsepraline und einer Brennesselcreme, wunderbar.
        Das Menü:
        1. Wolfsbarsch, Blumenkohl, Randen, Finger Lime: Der Wolfsbarsch schön scharf angebraten und doch noch glasig, die Rote Bete (Randen) als Creme und Schaum, der Blumenkohl ganz klein geschnitten und ebenfalls gebraten, eine sehr schöne Kombination mit verschiedenen Texturen, der modernste Gang des Menüs und für mich auch der beste, hierzu passte der gereichte Riesling von Van Volxem perfekt
        2. Topinambur-Creme-Suppe, Schnittlauch, kleiner Kuchen vom weissen Tunfisch und pochiertem Wachtelei: superb der Tunfisch, roh, als grobes Tatar geschnitten, darauf das Wachtelei; am Tisch wurde die Suppe in den Teller gegeben, so dass der Tunfisch leicht gar wurde
        3. Zander, Paprika-Ingwer-Sauce, Sauerkraut, blaue Kartoffeln: hier dominierte die Säure des Krautes und teilweise verloren dadurch die Geschmacksnuancen der weiteren Komponenten, insbesondere, da die Menge des Sauerkrauts im Vergleich viel war, schade für den feinen Geschmack der Sauce
        4. Hirschkalbs-Steak, Steinpilze, Zwetschgen, Lauch: ein herbstlich angehauchter Hauptgang, schön wegen der fruchtig süssen Zwetschgen und der hervorragenden Qualität der Steinpilze, dazu wurde ein kleines und feines Gewürzbrot gereicht
        5. Käse-Auswahl: ein Käsewagen mit Käsen aus der Schweiz und Frankreich
        6. Cassis, Kastanien, Opus-Blanc-Schokolade: unter anderem mit einem wuchtig schmeckenden Maroni-Eis, abgerundet durch die etwas mildere Schokolade
        Roland Schmid verlässt die Äbtestube und wechselt auf die andere Seite des Rheins in eine Privatklinik, hier soll 2016 ein kleines Restaurant eröffnet werden mit gehobener Küche, ein Stern wird nicht mehr angestrebt.
        Dafür aber wohl der Nachfolger: Andreas Caminada, der hier ein zweites Standbein aufbaut. Nach einer Umbauphase soll am 16.12.2015 eröffnet werden, die ersten 2 Wochen schon komplett ausgebucht, danach noch vereinzelt Plätze. Das Konzept hört sich interessant und innovativ an. Infos hierzu auf der Seite des alten und neuen Restaurants: www.aebtestube.ch und www.igniv.com.

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        • #5
          Danke für den Bericht! Und seien wir gespannt auf das von Caminada betriebene Nachfolgerestaurant, dem der anfänglichem Medienzuspruch sicher nicht fehlen wird. Gerichte teilen als Innovation - da darf man zumindest sicher sein, dass dem vom Nachbarteller probierenden nicht die berüchtigte rote Karte gereicht wird! Und auch die soziale Komponente soll durch das Teilen nicht zu kurz kommen - auch wenn man das beim Caminada'schen am iPad servierten Gericht eigentlich auch durch Installation von What's App am "Teller" erreichen hätte können..

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          • #6
            Hier gibt es ein paar mehr Informationen zu dem neuen Restaurantkonzept, das die Äbstestube ersetzen soll.

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