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Adelboden, Steinen-Schwyz

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  • Adelboden, Steinen-Schwyz

    Das Restaurant Adelboden liegt in der Ortschaft Steinen an der Strasse von Schwyz nach Sattel. Es ist von Michelin mit ** und von Gault mit 18 Punkten bewertet und gilt als bestes Restaurant der Innerschweiz.

    Das Ehepaar Wiget pflegt hier in einem gepflegten ehemaligen Bauernhaus aus dem Jahr 1733 eine Küche, die aus einem bunten Mix aus französischen und regionalen Produkten besteht, im Werbetext heisst das dann Verbindung von Cuisine d’Alpage mit der Haute-Cuisine Francaise, klingt irgendwie bedeutender.

    Leider findet man auf der Homepage weder Speise- noch Weinkarte, daher hier zur Veranschaulichung das Degustationsmenu:

    Mise en bouche

    Bretonischer Hummer mit Kartoffelsalat, Aquitaine-Kaviar und Wachtelei

    Bretonischer Küstenkabeljau mit Sellerie und Oliventapenade an Vinaigrette mit Sommerkräutern

    Polenta mit Steinpilzen, Speck vom Muotathal und Jahrgangssbrinz

    Rosa gebratener Rücken und gefülltes Vögelchen vom hiesigen Alpenlamm mit Bergthymian und Tomaten-Tartelettes

    Florentiner mit Himbeeren, Mascarpone und Passionsfruchtsorbet

    Friandises und Petits four

    Kleine Schokoladen Variation und Pralinen hergestellt aus Grand Cru Couverture Felchlin



    Eine ausgezeichnete Küche, die auch Anspruchsvolle zufrieden stellt. Der Höhepunkt stellte für mich der Lammrücken dar, absolut perfekt. Etwas enttäuschend die Schnapspralinen am Schluss, Quitten- und Kirschbrand, geschmacklich nicht zuordenbar, vielleicht liegt es am Schnaps vom Bruder, müsste man probieren, um es genau sagen zu können.

    Der nette und kompetente Service spricht auf gepflegte und deutliche Art den dortigen Dialekt, hat mir sehr gut gefallen. Die meisten Schweizer verfallen, wenn jemand ein bisschen weiter entfernt wohnt, sofort in Hochdeutsch oder was sie dafür halten.

    Eine schöne Weinkarte, viele Halbflaschen, man findet keine Schnäppchen aber es ist noch nicht unverschämt. So genossen wir Chablis und Pauillac am Kachelofen in einem wunderbaren Haus, fehlte leider nur die angeblich großartige Aussicht auf den See, der Wettergott hatte kein Einsehen.

    Obwohl ich grundsätzlich glaube, dass die Schweizer Guides etwas zu hoch bewerten, schließe ich mich hier den "vorgekauten" Meinungen an und meine ebenfalls "Grosse Küche".
    Zuletzt geändert von Taillevent; 06.09.2010, 18:10.

  • #2
    Vielen Dank für diesen Bericht. Wollte auch schon ins Adelboden, leider hat mich die Homepage überhaupt nicht "glustig" gemacht. Verstehe überhaupt nicht, weshalb man nicht das Menü online stellen kann. Aber egal, besser sie haben die Küche im Griff als das Internet

    "Obwohl ich grundsätzlich glaube, dass die Schweizer Guides etwas zu hoch bewerten"

    Du schreibst in Mehrzahl - demnach denkst du auch, dass der Guide Michelin in der Schweiz einen anderen Massstab verwendet als in Deutschland?

    Beim Gault Millau Schweiz gebe ich dir recht, da hat es zu viele 19er und 18er. Aber bei der Michelinwertung habe ich bis jetzt noch keinen Fehler entdeckt.

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    • #3
      Zitat von Screamer
      "Obwohl ich grundsätzlich glaube, dass die Schweizer Guides etwas zu hoch bewerten"

      Du schreibst in Mehrzahl - demnach denkst du auch, dass der Guide Michelin in der Schweiz einen anderen Massstab verwendet als in Deutschland?

      Beim Gault Millau Schweiz gebe ich dir recht, da hat es zu viele 19er und 18er. Aber bei der Michelinwertung habe ich bis jetzt noch keinen Fehler entdeckt.
      Es gibt allerdings auch mindestens 3 Restaurants, die im Michelin mit ** berwertet werden, allerdings im GM nur 17 bzw. 18 aufweisen, während 19er , wie z.B. Jaeger nur * aufweisen. Auch eine Küche , wie die von Rabaey war mit keine *** wert.

      Grundsätzlich kann ich aber nur zustimmen. Im Verhältnis zu Deutschland liegt das Niveau um 1 Punkt zu hoch oder umgekehrt. Interessant wäre zu erfahren, warum dieses so ist. Normalerweise gleicht sich das doch in den Jahren aus, habe allerdings das hier noch nicht festgestellt.

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      • #4
        "Es gibt allerdings auch mindestens 3 Restaurants, die im Michelin mit ** berwertet werden, allerdings im GM nur 17 bzw. 18 aufweisen."

        In meinen Augen muss man ** in 18 Punkte umrechnen, das stimmt schon. Der einzige zwei Sterner mit 17 Punkten ist in Hägendorf (Lampart's) alle anderen haben 18 oder sogar 19 Punkte im GM.

        Deshalb ist in meinen Augen die GM Schweiz Wertung auch nicht nachvollziehbar. Aber nicht nur im oberen Segment sondern auch bei den 15 oder 16 Punkten. So bekommt im Tessin sowohl das wunderschöne Da Enzo wie auch Seven und Ecco (Hotel Giardino) 15 Punkten. Letzteres ist das einzige mit Michelinstern und auch in meinen Augen ist das Ecco auf einem ganz anderen Level als die anderen beiden Restaurants.

        Bei den 1 Sterner habe ich auch den Eindruck, dass das Level in der Schweiz extrem hoch ist. Ich habe kein Vergleich zu Deutschland, aber in den USA wird der 1. Stern viel schneller verteilt.

        Lustig, bei meinem vorherigen Posting, als ich schrieb, dass ich die Michelin Schweiz Wertung immer verstehen konnte, wollte ich noch in Klammern schreiben "ausser bei Gerard Rabaey" denn auch in meinen Augen ist das ein zwei Sterne Restaurant und verdient keine drei. Habe dort aber erst einmal gegessen (Juni 2010).

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        • #5
          Michelin finde ich in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern korrekt bewertet, daher war die Verwendung der Mehrzahl fahrlässig. Deutlich überbewertet vom Gummimann fand ich nur die Wirtschaft zum Wiesengrund, aber das war vielleicht die Tagesform, das kommt nicht nur in der Schweiz vor. Wäre interessant, ob Ihr dort positivere Erfahrungen gemacht habt.
          Rabaey hat mir außerordentlich gut gefallen, zwischen ** und ***, schade, dass er zusperrt. Caminada, der vielfach als nächster ***er gehandelt wird, würde ich die *** auch (noch) nicht geben, zuviele Schüsselchen, Tiegelchen, Plättchen und Schälchen machen noch kein ***Konzept, ** ist ok.
          Bei André Jäger gebe ich eindeutig Michelin recht, * reicht.
          Schöne Grüße aus Österreich

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          • #6
            Caminada sehe ich näher am 3. Stern als Rabaey. Die Apérohäppchen waren im Schloss Schauenstein schlicht genial. Auch die einzelnen Gänge auf sehr hohem Niveau - die Randen (Rote Beete) Variationen werde ich nicht mehr vergessen.

            Aber wir sind Off-Topic

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            • #7
              Wir haben den Koch des Jahres 2012 besucht. Anbei der Bericht - die Fotos gibt es auf gourmoer.ch

              Das Restaurant ‘Adelboden’ thront am Ende einer kurvenreichen Strasse ob Schwyz. Hier kocht seit 22 Jahren der gebürtige Schwyzer Franz Wiget. Der schöne Landgasthof wirkt einladend und sehr gepflegt. Bevor man das Restaurant betritt wird man von der tollen Aussicht magisch angezogen. Von hier oben überblickt man den Lauerzersee und die ihn umgebende Bergkette. Im Sommer kann man dieses Panorama während dem Essen von der Terrasse aus bewundern. Bei unserem Besuch im Herbst war es dazu aber viel zu kalt – aber schliesslich sind wir nicht wegen der schönen Aussicht hier hoch gefahren.

              Wir kamen wegen Franz Wigets Küche und den vielen Vorschusslorbeeren welche diese erntet. So schwärmen nicht nur vieler seiner Berufskollegen in höchsten Tönen sondern auch die zwei roten Gourmet-Bibeln. Der Gault-Millau zeichnete Franz Wiget bereits als „Aufsteiger des Jahres 2008″ aus und krönte ihn im gleichen Jahr mit dem 18. Punkt. Der Guide Michelin zog ein Jahr später nach und überreichte dem ‘Adelboden’ den zweiten Stern – Höchstwertung in der Zentralschweiz. In der aktuellen Gault-Millau Ausgabe gab es für Wiget eine weitere wichtige Auszeichnung, die zum „Koch des Jahres“ inklusive einem Audi A5 vom Titelsponsoren. Die Lokalpresse feierte die Auszeichnung und wir waren froh, dass wir in weiser Voraussicht bereits vor Wochen einen Tisch reserviert hatten.

              Doch nicht nur die klassisch französische Küche von Wiget ist weit herum bekannt sondern auch die Gastfreundschaft von seiner Ehefrau Ruth. Sie leitet ein gut ausgebildetes Team von liebevollen Mitarbeiterinnen. Beim Rekrutieren und anschliessendem Einarbeiten scheint sie dabei ein gutes Händchen zu haben denn alle Damen waren sehr motiviert und freundlich.

              Bereits im Eingangsbereich fällt der Blick auf die schöne Einrichtung. Sehr rustikal aber immer wieder mit modernen Einflüssen; wie die sich automatisch öffnende Holztür welche ins Restaurant führt. Hinter dieser liegen zwei Stuben. Nach der sehr freundlichen Begrüssung wurden wir an unseren Tisch geführt. Dieser stand im kleineren der beiden Räume in dem auch ein türkisener Kachelofen und zwei weitere weiss gedeckte Tische standen.

              Während man oft in Restaurants sitzt in denen die Tische schon fast indiskret nahe beisammen stehen, hätte man hier locker eine weitere Gruppe platzieren können. Frau Wiget erklärte uns aber, dass dies aus Kapazitätsgründen in der Küche nicht möglich sei und man der Qualität klar den Vortritt gäbe. In der grösseren Stube ist es etwas lauter, in unseren Augen aber auch etwas heimeliger – beim nächsten Besuch würden wir unseren Tisch dort reservieren.

              Auf dem schön gedeckten Tisch galt unsere erste Aufmerksamkeit dem schmalen Papierstreifen der neben der Serviette lag. Darauf fanden wir nicht wie erwartet das aktuelle Menü sondern eine Auflistung von Produkte und Zutaten. Wir können nur vermuten, dass es sich dabei um die wichtigsten Lieferanten und deren Produkte handelte. Ganz sicher sind wir nicht, denn leider wurde uns dieses Papier nicht näher erläutert – eine kleine Serviceschwäche welche noch ein paar Mal an diesem Abend zu Vorschein kommen sollte.

              Doch auch trotz diesen (unbedeutenden) Patzern glänzte das Service-Team an diesem Abend. Schon bei der Menü-Präsentation gewann die Mitarbeiterin all unsere Sympathie. Die junge Dame stellte uns das 6-gängige Abendmenü mündlich vor und machte dies mit einer charmanten Mischung aus grosser Begeisterung, Stolz und einer Prise Schüchternheit. Nach einer kurzen Bedenkzeit und dem Studieren der à la carte Auswahl nahm Ruth Wiget die Bestellung entgegen. Menüanpassungen waren dabei überhaupt kein Problem. Sehr gerne tauschte man einen Gang durch eine Alternative aus dem à la carte Angebot aus – unkompliziert und gästeorientiert!

              Wir orderten das Menü mit der Option nach dem Hauptgang zu entscheiden ob wir mit Käse oder Dessert (oder natürlich beidem) weiterfahren.

              Danach wurde der Brotwagen aufgefahren. Zwei frisch gebackene, leicht warme Sorten wurden zurechtgeschnitten und uns zusammen mit zweierlei Butter (gesalzen / ungesalzen) serviert.


              Auster aus der Bretagne mit Schalotte


              Eine Auster würde man als allerletztes in einem Landgasthof im Herzen der Schweiz erwarten. Doch Wiget gab gleich den Takt vor und zeigte, dass er auch mit Meeresfrüchten umgehen kann. Die Muschel stammte aus der Bretagne und war von allerbester Produktequalität. Die Küche mischte noch fein gehackte Schalotten dazu und nahm dem Schalentier somit ein wenig den intensiven Eigengeschmack. Wir mögen Austern – vor allem in dieser Qualität, trotzdem würde es sich empfehlen bei einer solchen Spezialität die Gäste am Anfang zu fragen ob man diese überhaupt mag. Denn viele können mit den noch lebenden Muscheln wenig anfangen.

              Glasiertes Hackbällchen / Kurz angebratener Tuna mit Wasabi-Mayonnaise


              Auf der sicheren Seite war man bei den nächsten Häppchen. Der Tuna war perfekt zubereitet – nur einen kurzen Moment angebraten und dadurch innen wunderschön rosa. Begleitet wurde der Fisch von einem harmonischen Wasabi-Mayonnaise Tupfer welcher pefekt zum Fisch passte und ihn wunderbar aufwertete – absolut genial!

              Als Nächstes widmeten wir uns dem noch leicht warmen Hackbällchen welches sehr intensiv im Geschmack war. Auch hier entwickelte sich im Gaumen ein wunderbares kräftiges Aroma – toll! Nachdem sich der harmonische Geschmack im Gaumen zu verflüchtigen begann, fragten wir uns weshalb man eigentlich so weit reisen muss um ein solch alltägliches Gericht einmal so vollkommen schmecken zu können.


              Blutwurst, Zwiebeln, Apfelchutney und Stunggi

              Als nächstes wurde ein Schweizer Herbstklassiker neu interpretiert. Die Blutwurst wurde bereits in der Küche von ihrer Haut gelöst und leicht angebraten. Geschmacklich war sie ein Traum. Zur Wurst gab es aromatische Röstzwiebeln und ein dezent eingesetztes Apfel Chutney. Der Kartoffelstock oder eben „Stunggi“ wie er hier oben genannt wird, passte als Einziges nicht in’s Bild. Auch Geschmacklich konnte er sich gegen die restlichen, doch eher deftigen Geschmackskomponenten, nicht behaupten. Hier hätte eine knusprige Rösti viel besser gepasst – auch thematisch.

              Auch dieses Amuse Bouche war wegen der Blutwurst gewagt. Uns hat es jedenfalls so gut geschmeckt, dass wir uns noch nach Wochen nach mehr sehnten.

              Terrine von der Freiland Poularde mit Entenleber und Gemüse Vinaigrette / Entenlebersuppe / Brioche

              Die Optik dieses ersten Ganges war toll. Geschmacklich konnte uns die Poularde-Terrine aber nicht wirklich begeistert – zu fad, zu uninspiriert, zu langweilig. Die kleinen Würfel von der Entenleber-Terrinen überzeugten schon viel mehr, der Geschmack war sehr intensiv. Zur Leber passten die dezent eingesetzten süssen Akkorde welche tupferhaft über dem knusprigen Gitternetz verteilt waren.

              Dem Gericht die Einzigartigkeit und somit auch die hohen 8 Punkte verliehen haben aber die Akteure neben dem Tellerrand. Zum einen war das die absolut geniale Entenlebersuppe. Selten zuvor hatten wir ein so volles und tiefes Suppenaroma im Mund gehabt wie hier – einmalig. Und die zweite Begeisterungswelle löste das Brioche aus – das Beste uns jemals servierte. Denn es war sehr frisch, angenehm warm und mit reichlich Butter verfeinert! Da wirken die Brioche vom Tantris und The Hand & Flowers wie Pengasius neben Wolfsbarsch.



              Im Nussbutter gebratener Bodenseezander mit Quinoa, Kapern und Orangensalz


              Die Haut des Zanders war kross gebraten, das Fleisch war wunderbar saftig – perfektes Handwerk! Wir können ohne zu übertreiben behaupten, dass dies der beste Süsswasserfisch war der uns jemals aufgetischt wurde. Dazu kam eine überraschend sehr intensive Nussbutter welche den Fisch wunderbar unterstrich und bereicherte. Das ursprünglich aus Südamerika stammende Quinoa kommt in der Spitzengastronomie immer öfters zum Einsatz und überzeugte in diesem Gericht ebenfalls – vor allem dank dem Einsatz von Kapern welche der Beilage einen weiteren Kontrast verlieh. Ein rundum genialer Gang!

              Nach dem letzten Bissen entdeckten wir auf dem Tisch noch das Orangensalz in einem silbernen Schälchen. Dieses blieb vom Service leider unerwähnt.



              Im Olivenöl gebratene Langustinos gespickt mit Rosmarin und mit Berghonig glasiertem Tarte Tatin mit Strauchtomaten

              Bei diesem Gang wurden gleich zwei Highlights miteinander serviert. Der Langustino war von allerbeser Qualität was ihn durch einen festen Biss und sehr gutem Aroma auszeichnete. Der Rosmarin und die anderen frischen Kräuter (u.a. Dill) harmonierten perfekt mit dem Krustentier ohne dessen Eigengeschmack zu überdecken.

              Das zweite Highlight war ein ebenso perfektes (!!) wie wunderbar knuspriges Tarte Tatin von Strauchtomaten. Es war zwar schon anfangs Herbst, aber die Tomaten hatten ihr volles Aroma gespeichert und konnten es in diesem Gericht völlig entfalten. Übertreuffelt wurde das Ganze von Berghonig welcher man ebenfalls rausschmeckte. Der ganze Teller war ein Hochgenuss und nah an der Höchstnote.



              Rehrücken von den Tiroler Bergen im Speckmantel mit Pfefferpreiselbeeren, Rotkraut und Sellerie / Lasagne


              Bereits bei der Menüvorstellung liess uns der Hinweis „Tirol“ beim Rehrücken ein verwundertes Stirnrunzeln ins Gesicht zaubern. Denn das Restaurant ‘Adelboden’ ist bekannt für gutes Wild aus der Region. Vor allem dank den guten Beziehungen zu bekannten und treffsicheren Jägern. Der Patron klärte uns später auf, dass der Küche das heimische Wild kurzfristig ausgegangen sei. Weil es kurzfristig keinen Nachschub gab musste man auf das qualitativ gleichwertige Tiroler Reh ausweichen. Zum Glück wurden auch diese Kontakte gut gepflegt.

              Nun, wenn der Rücken vom Tiroler Reh immer so zart wie Butter ist, werden wir in Zukunft nur noch solches essen. Aber wir sind überzeugt, dass dies eher der Adelbodener Küche zu verdanken war. Das normale Messer schnitt sich nämlich bereits beim geringsten Druck durch das wunderbar rosa Fleisch. Noch selten haben wir solch zartes Reh gegessen. Aber auch geschmacklich war dieses Stück beste Werbung fürs Wild – vor allem für diejenigen welche es nicht ganz so „wild“ mögen.

              Dazu wurde uns eine intensive Holundersauce gereicht. Solche tiefe Saucen gibt es in den modernen Küchen (Schauenstein / The Fat Duck usw.) leider viel zu selten. Gerade bei kälteren Temperaturen gibt es nichts Schöneres als eine solch aromatische, kräftige Sauce. Zum Glück stellte man pro Gast auch gleich einen Saucier auf den Tisch – wir machten davon gerne Gebrauch. Wer es etwas rassiger mochte konnte zudem das rote Pfefferdressing welches auf dem Teller lag, mit dem Fleisch kombinieren.

              Das was aussieht wie Kartoffelstock war in Wahrheit Selleriepüree wie wir es im Frühling bereits in der Griggeler Stuba und im Sommer im The Elephant assen. Die Marroni und das Rotkraut waren ebenfalls fein.

              Dazu freuten wir uns über den zusätzlich gereichten Kartoffelgratin, bis wir realisierten, dass es sich um eine Lasagne handelte. Uns erschloss es sich nicht weshalb ein italienischer Klassiker ein solches Wild-Gericht begleitete. Erst bei der Verabschiedung fragten wir den Chef nach dem Grund und er erklärte uns, dass er es nicht mag wenn ein Koch nur die edelsten Stücke vom Tier verwendet. Er sei überzeugt, dass andere Teile mindestens so gut schmecken. Deshalb erhält bei ihm ein jeweils „anderes“ Stück ebenfalls seinen Auftritt. So hat er aus dem Reh-Gehackten diese Lasagne gezaubert. Auch hier wäre es von Vorteil wenn man dies dem Gast beim servieren der Lasagne erklären würde.

              Auf jeden Fall genossen wir die toll abgeschmeckte (Thymian!) Lasagne auch ohne dieses Hintergrundwissen mit Genuss.



              Ausgesuchte Alp- und Rohmilchkäse vom Wagen mit unserer Dörrbirnentarte


              Endlich wieder einmal ein grosszügig und gut sortierter Käsewagen. Die Auswahl bot für alle etwas. Besonders begeistern konnte uns der ausgezeichnete Jahrgangssprienz – ein Hochgenuss. Zum Käse wurde uns noch Kümel, in Honig eingelegte Baumnüsse sowie eine feine Dörrbirnentarte gereicht.



              Friandises und Petits four


              Überraschend wurden uns die Friandises vor dem Dessert aufgetischt. Und zwar weil unsere Begleitung einen Espresso bestellte während wir noch mit dem Käse beschäftigt waren. Wir hätten es begrüsst wenn man uns kurz gefragt hätte ob man das Gebäck bereits servieren soll oder ob wir damit bis zum Schluss warten möchten.

              Die Friandises waren sorgfältig zusammen gestellt. Unter den zehn Häppchen hatte es ein paar tolle Highlights (Schoko-Kirsche / Butterbiscuit) aber auch ein paar unspektakuläre Süssigkeiten (Roulade / Rüebli-Kuchen).



              Chartreuse Parfait mit Himbeeren, Kräutern und weisser Schokolade


              Wir freuten uns auf einen würdigen Abschluss von diesem tollen Abend. Das Chartreuse-Dessert (Likör bestehend aus 130 verschiedenen Kräutern und Gewürzen) konnte aber nicht wirklich begeistern. Wir mögen zwar solch herbe Desserts genau so gut wie Süsse, aber ein Menüabschluss muss richtig begeistern – benötigt Kontraste, Texturen usw. all dies fehlte hier. Stattdessen stand auf dem Teller ein feines aber schlichtes Halbgefrorenes mit einer dünnen Schicht aus weisser Schokolade und zwei Himbeeren. Mehr begeistern konnte uns der fruchtige Himbeerdrink und die feine Haselnuss im auffälligen Karamelmantel.



              Die Portionierung der einzelnen Gänge war grosszügig. Zudem konnte man das feine Brot und vor allem das geniale Brioche nicht stehen lassen. Deshalb waren wir nun richtig satt. Das war auch der Grund weshalb wir keine Freudensprünge machten als uns nochmals ein Gang serviert wurde:

              Kleine Schokoladen Variationen und Pralinen hergestellt aus Grand Cru Couverture Felchlin Schweiz

              Es hatte schlicht keinen Platz mehr. Aber die Pflicht als Blogger beinhaltet halt auch, dass man alles was auf den Tisch kommt probiert und so assen wir auch die dreierlei Schokolade (Einmal mit Orange, einmal pur). Geschmacklich war das Ganze nicht mehr als ‘nett’ und deshalb am Ende eines solchen Menüs eher deplatziert. Aber vor allem war die Schokolade schlicht zu mastig. Wenn man an dieser Stelle einen schönen Fruchtsaft serviert hätte wäre es einfacher gewesen uns nochmals zu begeistern.

              Für die Schnapsfüllung der ebenfalls gereichten Pralinen ist Franz Wigets Bruder zuständig. In seiner eigenen Brennerei entstehen zum Beispiel der Kräuterschnaps und der Kirsch der hier zum Einsatz kam. Begeistern konnten aber auch die beide Pralinen nicht. Das Aroma war dafür zu flüchtig. Wir waren uns nicht sicher ob es am vollen Bauch lag und liessen uns zur Sicherheit ein paar Kugeln mit nach Hause geben. Am nächsten Tag konnten wir unseren Eindruck vom Vorabend aber nur bestätigen.


              Fazit:
              Was hier auf den Bildern vielleicht eher unspäktakulär aussieht, schmeckte in Nasen und Gaumen absolut spitze. Franz Wiget und sein Team zauberten auf extrem hohen Niveau ohne Firlefanz und bestätigten uns die 2 Michelin Sterne und die 18 Gault-Millau Punkte. Vor allem begeisterte uns, dass der Chef nicht nur wie erwartet mit Fleisch umgehen kann sondern uns auch mit Fischgerichten zu begeistern vermochte. Das Team beherrscht das Handwerk und bereitet die Speisen mit grosser Sorgfalt zu.

              Uns gefiel auch der Landgasthof der mit viel Liebe eingerichtet ist. Fast jeden Tag gibt es frische Blumen und die einzelnen Tische stehen mit angenehmen Abstand zueinander. Trotz viel Liebe zum Detail gibt es keinen aufgesetzten Luxus. So sieht auch die Toiletteneinrichtung nicht viel anders aus als in der Beiz um die Ecke. Und damit beweist man auch wieder einmal, dass die Sterne und Punkte nicht für luxuriöse Einrichtung vergeben werden, sondern für Können und vor allem viel Fleiss.

              Apropos „wie um die Ecke“, das trifft beim Service überhaupt nicht zu. Denn man muss weit reisen um ein solches Team zu finden. Ruth Wiget ist sehr kompetent und eine hervorragende Gastgeberin. Kein Hauch von aufgesetzter Freundlichkeit, hier kommt alles aus tiefstem Herzen. Man will den Gast verwöhnen. Wir spürten dies und fühlten uns ausgesprochen wohl. Ebenfalls schön und schon fast ungewohnt ist die Tatsache, dass der ganze Service Mundart, ja sogar zum Grossteil den lokalen Dialekt spricht. Zudem sind alle sehr gut ausgebildet und ebenfalls mit viel Begeisterung am Werk.

              Ein paar Verbesserungsvorschläge haben wir aber auch. Zum einen wäre da die Lasagne die ohne Konzeptvorstellung serviert wurde. In solchen Momenten kann man den Gast mit dem nötigen Hintergrundwissen zusätzlich begeistern. Auch den Part mit der Weinbegleitung gehört verbessert. Bei einem Menü mit Leber, Fisch und Wild haben wir keine Lust uns auf eine oder zwei Flaschen zu beschränken. Wir möchten zu jedem Gang den passenden Wein trinken. Als auf dem Menü die Weinbegleitung fehlte, fragten wir beim Service nach. Da bekamen wir zur Antwort, dass es dies grundsätzlich nicht gäbe, man aber schon etwas anbieten würde. Nun was jetzt, wir wollten ja schliesslich keine Umstände machen. Zum Glück korrigierte Frau Wiget umgehend in dem sie uns am Tisch versicherte das man uns sehr gerne eine passende Begleitung vorschlagen wird. Dass wir dabei nur zu zweit alle Gänge begleitet haben wollten und eine Person nur bei jedem zweiten Gang ein Glas geniessen wollte war dabei überhaupt kein Problem.

              Wir erlebten einen wunderschönen Abend im ‘Adelboden’ und genossen grossartige Speisen und einen sehr angenehmen Service. Wir können das Restaurant uneingeschränkt weiterempfehlen!


              Den kompletten Bericht mit allen Fotos gibt es auf gourmoer.ch

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              • #8
                Vielen Dank für den wunderschönen Bericht und -auch wenn es hier nicht ganz passend ist- habe ich mich über das Landschaftsbild gefreut-. Scheint absolut eine Reise wert zu sein. Kann man dort auch übernachten ?

                Gruss
                Schink

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                • #9
                  Man spürt förmlich ihre Begeisterung.
                  Und möchte am liebsten dort selbst zu Gast sein.
                  Vielen Dank dafür.


                  Gruß!

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                  • #10
                    Vielen Dank für das Lob
                    Im "Adelboden" kann man leider nicht übernachten.Aber in der Nähe gibt es bestimmt diverse Übernachtungsmöglichkeiten.

                    Viele Grüsse!

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                    • #11
                      Danke für diesen ausgezeichneten Bericht. Er macht Lust auf einen Besuch.
                      Als Mann wäre mir eine Sauciere auf dem Tisch angenehmer.

                      Gruß carmelo

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                      • #12
                        Zitat von carmelo
                        Als Mann wäre mir eine Sauciere auf dem Tisch angenehmer.
                        Natürlich, Danke für den Hinweis

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