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Momofuku Seiobo, Sydney

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  • Momofuku Seiobo, Sydney

    Eher aus Chronistenpflicht als aus aktuellen Anlässen wollte ich nochmal von meinem Besuch im Momofuku Seiobo in Sydney im April 2019 berichten.

    Das Momofuku gehört zum von mir sehr bewunderten koreanisch-amerikanischen Koch David Chang, wobei die lokale Dependence in Sydney von Koch Paul Carmichael betreut wird, ursprünglich aus Barbados. Da es den Guide Michelin in Sydney nicht gibt hat das Restaurant naturgemäß keine Michelin-Sterne aber es vereint durchaus einige der lokalen Auszeichnungen auf sich, z.B. eine Platzierung als das zweitbeste australische Restaurant laut dem Gourmet Traveller Magazine 2020.

    Chang lässt seinem lokalen Koch Carmichael wohl weitestgehend freie Hand, denn echte asiatische Einflüsse (für die Chang eigentlich bekannt ist) finden sich hier nicht. Im Gegenteil, das einzig verfügbare Tasting Menu soll eine karibische Küche mit australischen Produkten wiedergeben.

    Das Restaurant liegt etwas versteckt am Ende einer Shopping Mall ist aber verdunkelt sodass man einmal drinnen die Einflüsse von außen nicht mehr mitbekommt. Das Restaurant präsentiert sich mit einer offenen Küche, man kann durchaus am Tresen an der Küche sitzen oder ansonsten gibt es auch separate Tische. Wir sitzen am Tresen und es ist durchaus interessant alles mit anzuschauen. Die Innenarchitektur an sich ist durchaus sehr sexy und erinnert an New York. Der Service ist professionell, smart und charmant.




    Das Menü besteht bei uns aus 10 Gängen und wir bestellen dazu auch die Weinbegleitung. Der Sommelier kommt anscheinend aus Deutschland aber wir erleben ihn an diesem Abend nicht, die Weinbegleitung war aber ganz gut, auch mit einzelnen deutschen Weinen wie von Dönnhoff. Die karibischen Einflüsse (ich wusste vorher nicht was ich mir darunter vorstellen könnte, ich hätte an Ananas gedacht) geben recht viele Curries und etwas dickere Saucen mit Süßkartoffeln und ähnlichem preis und hin und wieder auch eine präsente Schärfe. Es ist gar nicht unbedingt so fruchtig-süß wie ich es ursprünglich vermutet hätte.

    In Summe gibt es eine durchaus sehr präsente Handschrift und ich erinnere mich auch anderthalb Jahre später noch an einige Gerichte wie z.B. zum Auftakt eine frittierte Schweineschwarte die man mit einem Mörser selbst etwas zerstoßen kann, sehr guten Seeigel gespickt mit großen Kokosnussplittern (köstlich!) und „Ropa Vieja“ (gezupftes Rindfleisch mit Schmorjus und eine Kartoffelzubereitung namens „Pasteles“).






















    Etwas makaber ist die Präsentation lebender Krustentiere (Marrons) deren Leben dann etwas später verdeckt in der Küche mit einem Messer beendet wird. Persönlich bin ich der Meinung, dass der Genuss tierischer Produkte auch mit dem Bewusstsein einhergeht wie die Produktion und Zubereitung geschieht und das Fleisch und Fisch nicht einfach so „von Zauberhand“ auf unseren Tellern auftauchen aber ob man diese vorher noch jedem Gast einzeln vorzeigen muss, da war ich etwas gespalten (ich lehne es nicht ab aber toll fand ich es auch nicht). Dieser wird später dann puristisch gegrillt und mit einer süßscharfen Currysauce überzogen serviert. Das schmeckt gut und baut Barrieren ab indem man den Marron von Hand auseinander bricht und isst, die Schärfe wird mit der Zeit zunehmend bemerkbarer. Dazu serviert wird ein warmes, herzhaftes Gebäck (von der Konsistenz unserem Berliner bzw. Krapfen bzw. Pfannekuchen nicht ganz unähnlich) mit Kokosnuss mit dem man die Sauce aufwischen kann. Willkommen sind auch warme Feuchttücher um sich die Hände zu säubern. Sehr gut.










    Danach geht es über zu den Desserts, es gibt ein Küchlein mit Shortbread, gebrannter Kokosnusscreme und Kürbis sowie eine Ahornsirupsauce sowie danach eine Auswahl schöner Petit Fours (die aber auch nicht unbedingt leicht sind).







    Ich bin ehrlich – ich hatte über das Restaurant im Blog Trois Etoiles gelesen der dort einen Rumkuchen überschwänglich gelobt hatte und hatte auch auf diesen gehofft. Bei den Petit Fours wird mir klar, dass es damit wohl nichts wird. Wir haben aber das Glück am Tresen der Patisserie gegenüberzusitzen die diesen Rumkuchen jetzt doch gerade zubereitet und uns sagt, dass dieser eigentlich nur noch sehr selektiv vom Restaurant für angekündigte Geburtstage serviert wird. Nachdem ich sie freundlich frage und bitte (wer weiß wann ich das nächste Mal in Australien bin?) macht sie für uns aus freien Stücken auch nochmal eine Portion des Rumkuchens. Die Portion taucht später, obwohl ich eigentlich bereit gewesen wäre, nicht auf der Rechnung auf. Ich fand das eine ganz tolle Geste dieses Restaurants.




    Es ist jetzt nicht fair von mir aber die 3-Sterne-Lobeshymnen von Trois Etoiles konnte ich hier nicht nachvollziehen. Er war gut aber nicht sooo gut (und dazu sehr mächtig).

    Ob es an diesem nicht geplanten Zusatzdessert, oder an der (üppigen) Weinbegleitung oder am Menü an sich lag, weiß ich nicht mehr. Ich würde aber zukünftig den Empfehlungen des Restaurants folgen und keine Zusätze bestellen. Wir platzen nämlich fast vor Sättigung, ich vermute die Curries und Speisen haben mit Fett nicht gegeizt. So (unangenehm) voll haben wir uns beide schon lange nicht mehr gefühlt. Naja, selbst schuld.

    Danach verabschieden wir uns in die Nacht und rollen fast mehr schlecht als recht über die Brücke zurück zu unserem Hotel, dem Sheraton Grand am Hyde Park (tolle Parklage aber alles schon etwas älter und das Publikum beim Afternoon Tea nicht unbedingt mit viel Klasse gesegnet – ich würde nächstes Mal denke ich etwas anderes probieren).

    Mein Fazit: Ich fand es eine sehr interessante Horizonterweiterung mit einer Küche die man sonst nicht so oft erlebt. Die Geschmäcker und Produkte waren gut und ausgeprägt. In unseren Breitengraden würde man da ohne Zweifel einen Michelinstern anheften.

    Für das Menü für 2 plus Weinbegleitung plus Trinkgeld zahlen wir umgerechnet €376 was ich für die vielen gebotenen Eindrücke angemessen, wenn nicht schon etwas günstiger fand.
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