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Peter Luger, New York

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  • Peter Luger, New York

    Liebe Forumianer,

    mich würde einmal sehr interessieren, ob schon einmal einer von Ihnen das Steakhouse „Peter Luger“ in New York besucht hat, und wenn ja, wie er die dort vorgefundene Küchenleistung beurteilen würde.

    Wir waren im Sommer letzten Jahres dort mit vier Personen zu Gast und gelinde gesagt ziemlich enttäuscht. Warum, möchte ich im Folgenden kurz erläutern: Das Ambiente ist vergleichbar mit dem eines deutschen Brauhauses: blanke Holztische, mit Holz verkleidete Wände, das war es fast schon. Der Service tritt sehr hemdsärmelig auf (aber vielleicht nicht ganz so rüde wie man es von den berüchtigten Köbessen in kölschen Brauhäusern gewohnt ist) und der Lärmpegel im Lokal ist beträchtlich. Alles in allem also eine Umgebung, die man so sonst in der Sternegastronomie eigentlich eher weniger gewohnt ist, mit der man sich aber durchaus arrangieren kann. Störender schon – wie leider in vielen angesagten Betrieben in den USA – die Mehrfachbesetzung pro Abend, die es einem schwer macht, stressfrei und nicht gehetzt sein Essen zu genießen.

    Nun aber zum Kernproblem, und dies ist der Michelin-Stern, der über dem Etablissement prangt und eine beträchtliche Erwartungshaltung erzeugt, die leider größtenteils enttäuscht wird. Nun erwartet man von einem klassischen Steakhouse keine sternereife Leistung, aber wenn er nun schon mal vergeben wurde, möchte man diese auch auf dem Teller wiederfinden. Hier nun eine kleine Abfolge unseres Essens beim angeblich besten Steakhouse New Yorks:

    Vorweg wird ein großer Korb mit verschiedenen Brötchen und Laugengebäck gereicht: ordentlich, aber auch nicht gerade von außergewöhnlicher Qualität.

    Der erste Gang besteht aus dem laut Eigenwerbung legendären Tomatensalat, der sich als äußerst belanglos entpuppt: er besteht aus grobgeschnittenen Scheiben einer großen Fleischtomate, die über wenig Aroma verfügt und durch Zwiebelringe „aufgepeppt“ wird. Die Steaksauce, die man laut Kellner dazu genießen soll, entlockt der faden Angelegenheit auch keine neuen Geschmacksnuancen.

    Der Hauptgang, ein Porterhouse-Steak für vier Personen, kommt anschließend auf einer Warmhalteplatte an den Tisch, von der sich jeder nach Lust und Laune bedienen darf. Dazu werden „german fried potatoes“ (deutsche Bratkartoffeln) und Rahmspinat gereicht. Eines muss man Peter Luger lassen, das Steak ist hervorragend und in der Tat das beste, das ich je verzehren durfte: perfekte Marmorierung, unglaublich krosse Kruste, auf den Punkt medium-rare gegrillt und am Knochen serviert, was für ein unglaubliches Aroma sorgt. Chapeau! Auch die Fleischqualität an sich ist über jeden Zweifel erhaben. Die Beilagen hingegen hätte man eigentlich in die Küche zurückgehen lassen müssen: die Bratkartoffeln sind teilweise verbrannt, der Rahmspinat ist verkocht und lässt jegliche Verfeinerung vermissen. Hätten die Köche doch wenigstens den "mit dem Blubb" von Iglo verwendet…. Insgesamt also bildet der Hauptgang ein Szenario ab, welches zwischen göttlich und grausam changiert: das Fleisch ein Traum, wären da nicht die unsäglichen „Sättigungsbeilagen“ gewesen….

    Das Dessert schimpft sich „Peter Luger Sundae“ und erweist sich als Kalorienbombe par excellence: vier Kugeln Vanilleeis, garniert mit heißer, dickflüssiger Schokoladensauce und einem Sahneberg, der an Größe alles übertrifft, was mir je (sei es zu Eis oder zu Kuchen) serviert worden ist. Bei McDonald´s hätte mich solch eine Kreation nicht überrascht, bei einem besternten Lokal hingegen finde ich diese jede Pointierung und Finesse vermissen lassende Darbietung, die einzig und allein süß und klebrig schmeckt, doch etwas befremdlich…

    Eines kann man Peter Luger nicht vorwerfen, nämlich dass man hungrig das Lokal verlässt. Die Einordnung der Küchenleistung hingegen ist äußerst schwierig: bis auf das Steak, welches wirklich großartig (und eigentlich ja auch der Grund für den Besuch) ist, lässt alles andere einen rätseln, wieso hier ein Michelin-Stern vergeben wurde, da vor allem die Beilagen nicht einmal die Qualitäten einfacher deutscher Gasthäuser erreichen (die „deutschen“ Bratkartoffeln sind eine Beleidigung für die deutsche Bratkartoffelkultur), und auch Vor- und Nachspeisen wenig mit dem zu tun haben, was man von einer besternten Küche erwartet. Am Ende des Abends fragt man sich, ob die Vorgehensweise des Michelin gerechtfertigt ist, nur für das Fleisch (und nur dafür darf es diese Auszeichnung geben) einen Stern zu vergeben, oder ob man die Gesamtleistung bewerten muss, die alles zusammengenommen eigentlich mehrere Stufen unter der Sternekategorie anzusiedeln ist!
    Zuletzt geändert von El Grande Gourmet; 03.09.2020, 23:31.

  • #2
    Ich gebe Ihnen Recht. Das hat mit einer Küchenleitung, die der Michelin üblicherweise mit Sternen würdigt, nichts zu tun. Lediglich die Fleischqualität und ggf. die Zubereitung derer zu "belohnen" griffe zu kurz.

    Darüber hinaus halte ich so manche Bewertung "neuer Länderrestaurants" für höchst fragwürdig - das gilt für die USA und Asien. Hier scheint Marketing/Merchandise vor Konsistenz zu gehen. Das ist unwürdig und frech.

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    • #3
      Zitat von El Grande Gourmet
      Am Ende des Abends fragt man sich, ob die Vorgehensweise des Michelin gerechtfertigt ist, nur für das Fleisch (und nur dafür darf es diese Auszeichnung geben) einen Stern zu vergeben
      No, Sir! Wäre nicht gerechtfertigt. Aber im Michelin 2012 klingt's ja auch etwas anders, da dort immerhin auch der Spinat und der Kuchen "mit schlaag" gelobt wird: "Do allow your eyes to stray from the prize long enough to dig into their emerald-green and savory creamed spinach or thick, hand-cut fries. For dessert, the sinfully smooth cheesecake is simply delicious, mit schlaag, of course."

      Grüße, Mohnkalb

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      • #4
        Zitat von El Grande Gourmet
        Liebe Forumianer,

        mich würde einmal sehr interessieren, ob schon einmal einer von Ihnen das Steakhaus „Peter Luger“ in New York besucht hat, und wenn ja, wie er die dort vorgefundene Küchenleistung beurteilen würde.
        Ihre Beschreibung ist vollkommen korrekt, in allen Details. Es ist wirklich nur das Steak, welches man essen sollte (die Portion ist ja reichlich). Man kann da lange diskutieren, ob Stern oder nicht. Aber es dürfte sich schon um DAS beste Steak überhaupt handeln und somit finde ich auch eine Heraushebung des Restaurants nicht falsch. Es hilft aber sicher, wenn man weiss was einen erwartet. Den Tomatensalatfehler begeht keiner zweimal...

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        • #5
          @El Grande Gourmet
          Ich hatte vor einigen Tagen auch das (zweifelhafte) Vergnügen bei Peter Luger Gast zu sein und kann ihr Erlebnis im Großen und Ganzen bestätigen. Das Fleisch war hervorragend (wenn auch nicht einzigartig), der Rest hatte den Charme eines Ausflugslokals in Oberbayern. Unser Besuch glich einere Realsatire. Wenn man dort isst, dann mnur Fleisch, ohne Beilagen, Vor- oder Nachspeisen.

          Nach langer Online-Pause, gibt es da ganze auch als Bericht zu lesen:

          highendFOOD bei Peter Luger

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          • #6
            Genialer Bericht ueber ein enttaeuschendes Essen, gleichfals mit sehr hohem Unterhaltungswert! Doch das Luger hinterlaesst einen fahlen Nachgeschmack...
            Beste Gruesse, kuechenreise

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