In Ergänzung unseres Club-Programms waren wir mit fast der kompletten Gruppe im Blue Hill, an zwei getrennten Tischen und zu verschiedenen Zeiten, da wir ganz normal über die Website reserviert haben
Durch die Chefs-Table-Serie von Netflix bin ich auf das Blue Hill aufmerksam geworden. Das Restaurant in Greenwich Village und ist ein kulinarischer Hot Spot. Dort wird gezeigt, wie Dan Barber am Farm-to-Table-Konzept arbeitet. Seine Idee ist es, schon beim Anbau auf der Farm die Produkte (wieder) auf den Geschmack hin zu optimieren.
In seinem Restaurant in New York City geht es den Gästen offensichtlich auch ums Sehen und Gesehen werden. Es werden schnell zwei, drei Gänge gegessen, ein Cocktail getrunken und weiter geht es in die Nacht. Das Restaurant liegt im Sousterrain und ist recht eng bestuhlt. Entsprechend quirlig und laut und heiß ist es dort. Zur Sommerszeit soll aber eine Klimaanlage eingeschaltet werden, sagte man uns. Außerdem ist es ziemlich dunkel, was meine Kamera vor große Herausforderungen gestellt hat. Also übermäßige Unschärfen bitte ich zu entschuldigen.
Angeboten wird sein sechsgängiges Menü, dass sich noch um zwei Überraschungsgänge erweitern lässt, und ein à la Carte-Menü, von dem man aus jeweils verschiedenen Gruppen von Gerichten eins auswählen kann.
Zu Beginn gab es verschiedene kleine Gemüse. Verschiedene Rüben mit einer sehr schmackhaften grünen Creme, Fenchel mit einer etwas würzigeren Creme und dunkelrote Taler von der Roten Bete, die an Beef Jerky erinnern sollten, aber eher einen lakritzigen Geschmack hatten. Dies zeigte gleich, wo es kulinarisch hier langgeht: eine nicht allzu komplizierte, auf die pure Produkt-Inszenierung ausgerichtete Küche. Vielleicht vergleichbar, wie man sie in Deutschland bei Matthias Schmidt in der Villa Merton erleben konnte.
Das zweite Amuse war ein kleines Brotstückchen, von dem ich nicht ganz verstanden habe, was darauf sein sollte. Auf dem Foto sieht es so aus, wie Frühlingszwiebeln. Jedenfalls schmeckte es sehr frisch und saftig, deutlich bisschen zitronensäuerlich – sehr angenehm.
Außerdem gab es noch ein Leber-Toast. Details dazu fehlen mir, schmeckte aber auch sehr gut und war eher süßlich.
Dazu bekamen wir einen Crement aus dem Jura, der sich vor allem durch seine Erdigkeit auszeichnete. Auch in der Folge erhielten wir eine sehr gut ausgewählte Weinbegleitung. Parallel ist übrigens ein ‚non traditional pairing‘ erhältlich, das Weine aber auch Cocktails, Bier und andere Getränke enthalten kann. Im Einzelnen kann ich mich nicht mehr an die Weine erinnern, ich habe auch nicht alles verstanden, was die Sommeliere uns gebracht hat, weil es in dem Laden extrem laut war. Man muss aber anmerken, dass ob der klimatischen Bedingungen teilweise die Serviertemperaturen zwar noch okay waren, aber bis das Essen auf dem Tisch stand der Wein teilweise zu warm wurde, was vor allem beim Rotwein ein Schönheitsfehler war. Das ist sicher der Preis, den man als Genießer an die Coolness des Restaurants zu zahlen hat.
Den ersten Gang, SHRIMP TOAST, asparagus and phytoplankton, möchte ich zu einen der besten der New York-Reise ernennen. Der Shrimp war ganz dezent schmeckbar, etwas stärker kam der frische Spargel erkennbar. Das Highlight war die vollmundige, kräutrige Creme, die dem Gericht Frische und gleichzeitig eine gewisse Üppigkeit gab.
Zum sehr guten Brot gab es eine hervorragende Butter, die mit Getreiden und Samen ummantelt war und den so einen sehrschönen Geschmack entfaltete.
GOOSE EGG NOODLES bread crumbs, bacon and ramps war der zweite Gang, der zunächst tatsächlich in einem Gänseei serviert wurde. Dieses wurde dann am Tisch geöffnet und darin befanden sich die Nudeln. Diese hatten einen leicht getreidigen Geschmack. Dazu habe ich einen leichten Fliesch-Touch und eine angenehme Würze in Erinnerung. Ein sehr, sehr guter Gang
Nun wurde der erste Extra-Gang serviert: dabei handelte es sich um ein ziemlich simples Kartoffelgratin mit Schinken. Die Kartoffeln waren noch recht roh. Der Schinken schmeckte nicht speziell. Mehr hat der Gang leider nicht transportiert – nach dem fulminanten Auftakt eine kleine Enttäuschung.
Dem RED PEPPER EGG ROULETTE, swiss chard and mimolette ging ein kleiens Spiel voraus: jeder von uns durfte aus seine einem Eierkarton ein Ei auswählen. Eines der Eier kam von einem Huhn das mit Chili gefüttert wird. Wie in dem Netflix-Film zu erfahren ist, schmecken Hühner die Schärfe nicht. Entsprechend stach dieses eine Ei durch eine besonders rote Farbe hervor. Aber auch die Nicht-Gewinner am Tisch hatten etwas Chili-Würze auf ihrem Teller. So schmeckte das Gericht nach würzigem Spiegelei mit Käse Das war wieder spannender als das Gratin, aber doch ein eher simpler Gang, der einen besonderen Geschmack andeutete.
BLUE HILL FARM GRASS PIG war der Hauptgang. Filet, Bauch und ein weiteres aromatisches Stück Fleisch bildeten den Kern des Gerichts. Das Fleisch war ziemlich aromatisch und ausdrucksstark. An die Sauce und die weiteren Beilagen habe ich keine spezielle Erinnerung mehr.
APPLES ginger and toasted meringue war sehr lecker durch eine sehr präsente Ingwernote. Aber dadurch fiel der Gang meines Erachtens konzeptionell auch etwas aus dem Rahmen, denn diese Exotik ist natürlich nicht unbedingt kompatibel mit dem Thema Farm-to-Table. Dem Geschmack tat es keinen Abbruch.
SPROUTED AND MALTED TRITICALE white chocolate and beer ice cream war ein herb-süßlich cremiger Menüabschluss, der ein wenig an ein Müsli mit weißer Schokoladencreme erinnerte. Das hat mir ganz gut gefallen.
Zum Schluss gab es ein kleines Küchlein mit einer Art Marmelade. Das war ein sehr schöner Abschluss-Happen.
Insgesamt war dieses Menü für mich das spannendste der US-Reise. Eine klare konzeptionelle Fokussierung und eine gewisse Reduktion machten den Reiz der Gänge aus, die allesamt geschmacklich intensiv und keineswegs so freudlos wirkten, wie manche skandinavische Übersetzung der kleinen kulinarischen Grundgedanken. Das Blue Hill überzeugte mich mit dieser Eigenständigkeit, auch wenn das Menü qualitativ gewisse Schwankungen zeigte. Aber das Menü hatte die Ecken und Kanten, die eben auch für Spannung verantwortlich sind.