Nun zum zweiten Teil meines kulinarischen Doppelschlags im Stuttgarter Raum, dem Avui in Fellbach. Da es weder hier im Forum, noch auf der Seite des Restaurants aktuelle Informationen über das Menü gibt, stelle ich mal die komplette Speisefolge des von uns verputzten großen Menüs, der "Kollektion Avui" ein. Zu einigen der 24 Gänge/Kleinigkeiten habe ich auch die Weinbegleitung in Anspruch genommen.
Eine Reihe von Snacks eröffnete den Reigen:
Falscher Krake - ?
Kitzbüheler Hahnenkamm - ganz lecker, kross frittiert
Mimolette-Cornet mit Radieschen - sehr würzig
Calzone mit Parmaschinken und Parmesan - ein salziges Kästchen, langweilig
Walnusskrokant mit Avocado - schöner Tiefgang, wirklich tolle Kombination, für mich das beste Amuse
Topinambur-Strohballen mit Meerrettich und Oyster-Leaf - nun ja, ein frittiertes Bällchen. Oyster-Leaf kannte ich bis jetzt noch nicht, schmeckt wirklich sehr nach Auster.
Geräucherte Forelle mit Olivenölschnee, Pfeffer und Kaviarvinaigrette - dominant salzig-fischig, leider kein Gegenspieler dabei
Essbarer Kräuterlöffel - der Geschmack wird vom Olivenöl dominiert
Mumie aus Lardo mit Miso - köstlich und originell, salzig, kräftig
Petersiliensüppchen mit pochiertem Wachtelei - wiederum kräftig und salzig, in einem schmalen Glas serviert. Das Ei spült man letztlich spielerisch mit einem letzten großen Schluck in den Mund.
Tartar von der Jakobsmuschel und gebratene Langostinos mit Clementinen und Walnüssen - und außerdem mit Champignons; das Muscheltartar erfrischend, aber im Akkord leider deutlich überlagert von den sehr salzigen Langostinos. Dazu ein 2010 Sauvignon Blanc aus der Südsteiermark vom Weingut Sattlerhof. Harmonierte durch eine leichte Säure vor allem gut mit der Jakobsmuschel.
Hummer mit Tandoori und Zitrusfrüchten - der Krebs kam frittiert daher, Begleitung dezent, lecker.
Kalbsbries mit Maronen, Sellerie und Chicoree - paniertes Bries, ganz köstlich, wunderbare Qualität, mit winzigen Maronenstückchen, Selleriewürfel 1x1cm. Dazu ein 2009 Riesling GG, Hochheimer Kirchenstück vom Weingut Künstler, Rheingau. Ein Wein mit viel Kraft, der dem Bries mühelos Paroli bieten konnte.
Seeteufel mit Cima di Rapa und Artischocken - Fisch wunderbar saftig, der Stängelkohl, der optisch und geschmacklich dem Brokkoli ähnelt, ging leider, ebenso wie eine Minimöhre, etwas unter.
Alb-Lamm mit Teltower Rübchen, Senfkörnerjus und Roter Bete - sehr lecker, hier schmeckte man auch einmal deutlich die Beilagen! Dazu gab's passend einen sehr aromatischen Burgunder, einen 2003 Pommard Les Vaumuriens, Choche Dury.
Snack von Taleggio und Mango - hier wurde zum deftigen Käse mal ein schöner Kontrast durch Essigsäure hergestellt.
Milchreis mit Schmorapfel und Tonkabohne - der Reis schlotzig, Tonkabohne cremig, duftender Apfel: ein köstliches Dessert. Die 2006 Riesling Auslese Dorsheimer Pittermännchen von Diel begleitete hier wunderbar mit zurückhaltender Restsüße.
Warme Litschisphären in Mandelmilch - "Molekulares" im Cocktailglas serviert
Fenchelsorbet mit Pfirsich und Litschi - letzterer als Schaum, ein schöner Akkord
Zum Ausklang noch einige Petit Fours, die, wenn auch nicht weltklasse, so doch sehr gut waren:
Brulee von Mocca mit süßen Oliven
Financier von Feigen mit Sherryessig-Gelee
Schoko-Macaron mit Ingwer
Cassis-Ganache
Der Schlusspunkt wird schließlich auf der Showbühne des Restaurants gesetzt, wenn Herr Karrer mit einem Assistenten Orangensahne mit flüssigem Stickstoff zu einem "Orangenflash" gefriert.
Fazit: Im Menü gab es einige köstliches Schmankerln, und über das hohe Niveau der Küchenleistung besteht gar kein Zweifel, sie liegt wie auch in der Zirbelstube irgendwo im oberen Einsternebereich. Allerdings fand ich das Essen insgesamt zu stark auf der salzig-deftigen Seite, was in dieser Einseitigkeit auch nicht wirklich gut durch das lange Menü trägt. Und so stellte sich bei mir alsbald eine gewisse Ermüdung ein. Fleisch- und Röstaromen dominieren, dazu immer wieder panierte und frittierte Elemente, wenig Säuren, Bitteraromen oder Süße (außer natürlich in den Desserts). Gemüse, Kräuter und Gewürze spielten im Menü leider nur eine marginale Rolle. Da wird in rasch wechselndem Gewand doch immer wieder nur ein enges Geschmacksspektrum "salzig-kräftig-unami" präsentiert, das man auch vom Wirtshaustisch her kennt.
Vergleich: In der Zirbelstube ist man von dieser Einseitigkeit des Deftigen weit entfernt. Das Menü dort war geschmacklich sehr schön ausgewogen. Allerdings setzt man in der Zirbelstube auch stärker auf Altbekanntes aus der Haute Cuisine, sowie auf die leidigen "Luxusprodukte". Insgesamt ist der Küchenstil im Avui spielerischer und auch lustvoller, während es in der Zirbelstube zurückhaltender und gediegener zugeht, also Blechtrommel vs. Buddenbrooks.
Übrigens habe ich in Stuttgart in den letzten Jahren oft sehr gute Menüs, niemals aber wirklich aufregende genossen. Cum grano salis: der Stuttgarter ist wohl doch - jedenfalls im Spiegel seiner Küchen gesehen - ein qualitätsbewusster Langweiler.
Grüße, mk
Eine Reihe von Snacks eröffnete den Reigen:
Falscher Krake - ?
Kitzbüheler Hahnenkamm - ganz lecker, kross frittiert
Mimolette-Cornet mit Radieschen - sehr würzig
Calzone mit Parmaschinken und Parmesan - ein salziges Kästchen, langweilig
Walnusskrokant mit Avocado - schöner Tiefgang, wirklich tolle Kombination, für mich das beste Amuse
Topinambur-Strohballen mit Meerrettich und Oyster-Leaf - nun ja, ein frittiertes Bällchen. Oyster-Leaf kannte ich bis jetzt noch nicht, schmeckt wirklich sehr nach Auster.
Geräucherte Forelle mit Olivenölschnee, Pfeffer und Kaviarvinaigrette - dominant salzig-fischig, leider kein Gegenspieler dabei
Essbarer Kräuterlöffel - der Geschmack wird vom Olivenöl dominiert
Mumie aus Lardo mit Miso - köstlich und originell, salzig, kräftig
Petersiliensüppchen mit pochiertem Wachtelei - wiederum kräftig und salzig, in einem schmalen Glas serviert. Das Ei spült man letztlich spielerisch mit einem letzten großen Schluck in den Mund.
Tartar von der Jakobsmuschel und gebratene Langostinos mit Clementinen und Walnüssen - und außerdem mit Champignons; das Muscheltartar erfrischend, aber im Akkord leider deutlich überlagert von den sehr salzigen Langostinos. Dazu ein 2010 Sauvignon Blanc aus der Südsteiermark vom Weingut Sattlerhof. Harmonierte durch eine leichte Säure vor allem gut mit der Jakobsmuschel.
Hummer mit Tandoori und Zitrusfrüchten - der Krebs kam frittiert daher, Begleitung dezent, lecker.
Kalbsbries mit Maronen, Sellerie und Chicoree - paniertes Bries, ganz köstlich, wunderbare Qualität, mit winzigen Maronenstückchen, Selleriewürfel 1x1cm. Dazu ein 2009 Riesling GG, Hochheimer Kirchenstück vom Weingut Künstler, Rheingau. Ein Wein mit viel Kraft, der dem Bries mühelos Paroli bieten konnte.
Seeteufel mit Cima di Rapa und Artischocken - Fisch wunderbar saftig, der Stängelkohl, der optisch und geschmacklich dem Brokkoli ähnelt, ging leider, ebenso wie eine Minimöhre, etwas unter.
Alb-Lamm mit Teltower Rübchen, Senfkörnerjus und Roter Bete - sehr lecker, hier schmeckte man auch einmal deutlich die Beilagen! Dazu gab's passend einen sehr aromatischen Burgunder, einen 2003 Pommard Les Vaumuriens, Choche Dury.
Snack von Taleggio und Mango - hier wurde zum deftigen Käse mal ein schöner Kontrast durch Essigsäure hergestellt.
Milchreis mit Schmorapfel und Tonkabohne - der Reis schlotzig, Tonkabohne cremig, duftender Apfel: ein köstliches Dessert. Die 2006 Riesling Auslese Dorsheimer Pittermännchen von Diel begleitete hier wunderbar mit zurückhaltender Restsüße.
Warme Litschisphären in Mandelmilch - "Molekulares" im Cocktailglas serviert
Fenchelsorbet mit Pfirsich und Litschi - letzterer als Schaum, ein schöner Akkord
Zum Ausklang noch einige Petit Fours, die, wenn auch nicht weltklasse, so doch sehr gut waren:
Brulee von Mocca mit süßen Oliven
Financier von Feigen mit Sherryessig-Gelee
Schoko-Macaron mit Ingwer
Cassis-Ganache
Der Schlusspunkt wird schließlich auf der Showbühne des Restaurants gesetzt, wenn Herr Karrer mit einem Assistenten Orangensahne mit flüssigem Stickstoff zu einem "Orangenflash" gefriert.
Fazit: Im Menü gab es einige köstliches Schmankerln, und über das hohe Niveau der Küchenleistung besteht gar kein Zweifel, sie liegt wie auch in der Zirbelstube irgendwo im oberen Einsternebereich. Allerdings fand ich das Essen insgesamt zu stark auf der salzig-deftigen Seite, was in dieser Einseitigkeit auch nicht wirklich gut durch das lange Menü trägt. Und so stellte sich bei mir alsbald eine gewisse Ermüdung ein. Fleisch- und Röstaromen dominieren, dazu immer wieder panierte und frittierte Elemente, wenig Säuren, Bitteraromen oder Süße (außer natürlich in den Desserts). Gemüse, Kräuter und Gewürze spielten im Menü leider nur eine marginale Rolle. Da wird in rasch wechselndem Gewand doch immer wieder nur ein enges Geschmacksspektrum "salzig-kräftig-unami" präsentiert, das man auch vom Wirtshaustisch her kennt.
Vergleich: In der Zirbelstube ist man von dieser Einseitigkeit des Deftigen weit entfernt. Das Menü dort war geschmacklich sehr schön ausgewogen. Allerdings setzt man in der Zirbelstube auch stärker auf Altbekanntes aus der Haute Cuisine, sowie auf die leidigen "Luxusprodukte". Insgesamt ist der Küchenstil im Avui spielerischer und auch lustvoller, während es in der Zirbelstube zurückhaltender und gediegener zugeht, also Blechtrommel vs. Buddenbrooks.
Übrigens habe ich in Stuttgart in den letzten Jahren oft sehr gute Menüs, niemals aber wirklich aufregende genossen. Cum grano salis: der Stuttgarter ist wohl doch - jedenfalls im Spiegel seiner Küchen gesehen - ein qualitätsbewusster Langweiler.
Grüße, mk
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