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Restaurant 5, Stuttgart

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  • Restaurant 5, Stuttgart

    Zitat von Morchel
    Und zum anderen ???????
    ...führte uns der zweite Teil unserer Stuttgart-Tour ins frisch besternte Restaurant 5 ("Five"). Da der Michelin zur Zeit ja verdächtigt wird, hippe Adressen unverdient zu bevorzugen, waren wir vorab ein wenig skeptisch, ob uns die Küche von Marc Müller tatsächlich ein sternewürdiges Essen servieren würde...

    Als erstes kamen zwei Kleinigkeiten: ein süßlicher Chorizo-Cookie und ein Wasabi-Thunfisch-Cracker. Beides fein und köstlich. Zur Menübegleitung gab es dann ein sehr gutes frisches Bauernbrot (mit Olive und Anis aromatisiert) mit neutraler und geräucherter Butter. Das Amuse war, soweit ich mich erinnere, ein ganz netter Kokos-Cannelloni. Die Karte des Five umfasst genau ein Menü, das in drei, fünf oder sieben Gängen bestellt werden kann (69,-/89,-/109,-). Wir entschieden uns trotz der uns von der Karte suggestiv entgegenschauenden "5" für sieben Gänge. Die Weinkarte ist übersichtlich, aber in der Preisgestaltung günstiger als etwa im Olivo. Leider kann ich mich nicht mehr erinnern, was wir im Einzelnen getrunken haben, eine Flasche grauer Burgunder von Heger war auf jeden Fall dabei. Im Anbetracht meines gewaltigen Katers am nächsten Morgen kann das aber nur ein Bruchteil unserer Einflößungen gewesen sein.

    Das Menü begann mit einem appetitlichen runden Türmchen aus Langustine und Rindertartar mit einem Flachdach aus Osietra-Kaviar. Obenauf eine Nocke Senfeis und eine Kartoffelhippe, angegossen wurde ein kräftiger Sud von roter Bete, der vielleicht einen Tick zu süß war. Abgesehen davon ein gelungener Auftakt. Der nächste Gang, eine Entenleber, wurde in zwei Teilen serviert. Zunächst gab es eine Schale Ziegenkäsecreme überzogen von einem knallgrünen Gelee, auf dem ein Entenleberparfait thronte. Als Löffelgericht war diese Kombination aus Entenleber und leicht säuerlichem Ziegenkäse sehr lecker. Im zweiten Teil wurde ein Stück Entenleber von sauren Geleees und Cremes begleitet, u.a. von Cassis und Pernod. Das war wenig gefällig, aber zumindest interessant. Es folgte eine Jakobsmuschel im Süßholzmantel, die der Koch unter einem feinwürzigen Püree aus weißem, violettem und grünem Blumenkohl versteckt hatte. Das salzig-säuerliche Aroma des Kohlpürees, die Textur der Muschel und die dezente Lakritznote ihres Mantels erzeugten einen ungewöhnlichen, aber harmonischen Gesamteindruck. Ganz wunderbar! Dann gab es Kabeljau in einer texturell aufgefächerten Gemüselandschaft, u.a. mit Fenchel und Avocado, wobei optisch die Möhre und geschmacklich eine Limonencreme die stärksten Akzente setzte. Sehr lecker. Der Hauptgang war ein angebratenes Stück vom Lammrücken, das von den Aromen Kürbis, Kronsbeere und Mandel als Creme begleitet wurde. Ein knallig abgeschmecktes Wirsingblättchen rundete das ganze ab. Eine der größten Herausforderungen für einen Koch sind bekanntlich Käsegänge. Selten findet man einen gelungenen. Die Kombination von Blue Stilton auf einer Guinesscreme mit Ahornsirupgelee gehört zu den wenigen positiven Exemplaren, die mir bis jetzt untergekommen sind. Als Dessert gab es schließlich noch etwas, das man wohl als eine Art Müsli bezeichnen könnte. Leider kann ich mich daran kaum noch erinnern. Gewürzschokolade und Zimtblüteneis spielten jedenfalls die Hauptrolle.

    Das Ambiente im ersten Stock des Five ist - im Kontrast zur glänzenden weißen Bar im Erdgeschoss - recht düster und das Licht schummrig. Die Tische sind klein und uneben, so dass die abgestellten Teller wackeln oder auch mal nicht ganz auf die Tischfläche passen. Hier muss man beim Essen also ein wenig achtgeben. Es war an diesem Abend voll belegt und dementsprechend eng waren die Gäste plaziert. Die braunen Sofas und Sessel, auf denen man den Abend verbringen muss, sind etwas unbequem. Die Speisekarten rollen sich immer wieder auf und müssen bei Bedarf auseinandergefummelt werden, die Servietten sind winzig und rutschen von den Knien. Ab ca. 22 Uhr wummern dann auch ordentlich die Bässe von unten herauf (nebst den Loungegästen, die zur winzigen, aber einzigen Toilette des Hauses heraufpilgern). Der charmante Service ist kneipenmäßig eingestellt, aber die einzelnen Gerichte werden beim Servieren immerhin annonciert. Das Publikum war überwiegend chic in Schale geworfen und erfreulicherweise alters- und sonstwiemäßig gut gemischt.

    Fazit: Unsere Befürchtungen wurden restlos zerstreut. Dieser Stern wackelt nicht mal. Marc Müller kann nicht nur sehr gut kochen, er traut sich auch etwas (und nicht zu vergessen: der Betreiber lässt ihn machen). Im Five bekommt man deshalb spannende und köstliche Gerichte, die man anderswo in Stuttgart vergeblich sucht. Das genussfeindliche Ambiente haben wir dafür gerne einen Abend lang in Kauf genommen.

  • #2
    Ein schöner, knackiger Bericht, der Lust auf einen Besuch im "5" macht. Gemessen an der Küchenleistung kann man die Schwächen des Ambiente wohl verschmerzen. Vielen Dank von einem Alt-Stuttgarter!

    KG

    Tobler

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    • #3
      Marc Müller hat das Restaurant 5 verlassen, der Sous-Chef Russell Pirrit ist jetzt der erste Mann. http://www.stuttgarter-nachrichten.d...1882edf23.html

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