Ich war nach dem Besuch der Schwarzwaldstube im vergangenen September sehr gespannt auf den Club-Abend. Die Küche von Torsten Michel hat mir damals sehr gut gefallen, da sie trotz des klaren klassischen Fundaments im Detail sehr viel Komplexität zeigte, ohne dass man dies dem Gericht unbedingt ansieht. Und so reiste ich mal wieder die lange Bahnstrecke von Hamburg nach Baiersbronn.
Das Menü beginnt mit einem Champagner von Vazart Ququart & Fils, ein schöner Blanc de Blanc, der nicht zu sehr von der Säure geprägt ist. Das Menü word eröffnet mit einem Dreilerei: Ein Mal Tatar vom Rind und zwei kleine Fisch- bzw. Krustentier-Häppchen, die wohlschmeckend sind, aber die Aromenkombinationen graben sich nicht unbedingt nachhaltig ins Gedächtnis ein. Das war meines Erachtens im vergangenen September differenzierter und prägnanter.
Gleiches gilt für den Lachs, das große Amuse. Das Fleisch des Fisches hat zweifelsohne Top, aber die currylastige Creme ist deutlich weniger spannend, als weil eindimensionaler, als die differenzierte Konstruktion, die wir im September hatten, die zudem noch süffiger war.
Bretonischer Hummer und kurz pochierte Felsenaustern auf zartem Corailflan mit grünen Spargelspitzen, Avocado- und Safrandip, Zitronengrasmarinade ist nicht nur bildschön, der Hummer schmeckt richtig gut – und das sage ich, obwohl ich Hummer geschmacklich meist unattraktiver finde, als Kaisergranat, oder Carabinero. Hier kommt der typische, leicht bittere Geschmackston des Hummers zur Geltung, wirkt aber nicht wie in vielen Kombinationen negativ, sondern ist in das Aromenspiel sehr gut integriert und macht es sogar interessanter. Mit der Auster auf der Zunge hat das Gericht eine feine, frische, meerige Note. Auch die Avocado macht sich mit der Cremigkeit sehr gut in der Kombination und das Zitronengras zieht sich dezent durch das Gericht, ohne zu penetrant zu wirken. Das Zitronengras zieht sich dezent durch das Aromenbild. Insgesamt finde ich das Gericht aromatisch top, aber mir doch fehlt, ist das ,was eigentlich in der Schwarzwaldstube nie mangelt: etwas Flüssigkeit.
Ein perfekter Begleiter und auch sonst ein sehr interessanter Wein ist 2016 Furmint „Rany“ von Homonna auf dem Tokaij. Der Wein ist frisch und wirkt zunächst leicht, hat dann aber doch eine große Tiefe und zeigt zu den verschiedenen Komponenten des Gerichts ein anderes Bild. Eine Top-Wahl von Stéphane Gass.
Scheibe glasierter Kalbsleber mit geschwenkten Spitzmorcheln und jungen Erbsen an Schmorsaft mit Baroloessig zeigt zunächst mal mit der Kalbsleber ein in der Spitzengastronomie seltenes Produkt in herausragender Qualität und Zubereitung. Die Mächtigkeit des Gerichts wird vor allem durch die jungen Erbsen gut aufgehoben. Der Schmorsaft mit dem Baroloessig ist zwar kräftig und voll im Aroma, lässt aber die Erbsen noch gut zu Geltung kommen und hilft mit seiner feinen Säure ebenfalls, die Kalbleber nicht zu mächtig werden zu lassen. Das geht alles etwas zu Lasten des Eigengeschmacks der Morcheln, die ruhig einen Tick präsenter hätten sein können. Aber trotzdem ist dies für mich ein ziemlich perfekter Lebergang.
Der 2013er Langhe Rosso von Roagna aus dem Piemont passt mit seiner Nase und seiner Struktur sehr zu dem Gericht, er gibt ihm weitere Frische. Habe ich aber etwas von der Sauce im Mund zeigt sich für mich ein leichter negativer, etwas muffigen Ton. Aber kein Problem, das Gericht ist komplex genug und ich trinke weiter, als ich den Teller leer gegessen habe…
Kross gebratenes Rotbarbenfilet mit milden Knoblauchschuppen, geschwenkten Artischocken und pikanter Paprikacoulis mit Basilikum ist – das erkennt man ja sicher schon beim Lesen der Bestandteile – sehr mediterraner Gang. Die Knochblauchschuppen geben einen schön knackigen Effekt in das ansonsten sehr von der Parprika geprägte Geschmacksbild. Trotz der Aromenfülle wirkt das nicht undifferenziert, obwohl das Paprika die Ecken und Kanten, etwa der Artischocke schon ziemlich einebnet.
Der 2014er Aurel blanc von der Domaine les Aurelles aus dem Languedoc ist ehr kräftiger Weißwein, der zu 100 Prozent aus Roussane produziert wurde, der trotz aller Üppigkeit überhaupt nicht schwerfällig wirkt. Damit kann er spielend mit der Aromenintensität des Gerichts mitspielen und ihm mehr Struktur geben. Eine tolle Wahl.
Variation von der Barberie-Ente mit eingelegten Navetten, Palmherzpüree und reduzierter Geflügelsauce mit Bourbon Pointu aromatisiert ist ein zunächst sehr klassisch wirkender Gang: Tranchen von der Brust, die Verarbeitung der Innereien zu einer aromatischen Creme, doch die Sauce, die neben dem edlen Kaffee auch noch mit Zitrusaromen, vermutlich hauptsächlich von der Schale aromatisiert ist, ebnet hier nicht Aromen ein, sondern vergrößert der Differenzierung des Geschmacksbildes. Der Saucen-Fan muss da dem Himmel sehr, sehr nahe sein. Ich finde das Gericht aromatisch spannend und dank der dezenten Bitternoten der Sauce sehr gut zu essen – bei der inzwischen einsetzenden Sättigung. Ein wirklich hervorstechender Hauptgang, obwohl nach meinem Eindruck, ich schon mal schöneres Entenfleisch gegessen habe, bzw. durch die dünnen Scheiben die Fleischqualität eventuell nicht optimal zur Geltung kommt.
Mit dem 2013er Vougeot „Les Cras“ von Rion auf dem Burgund werde ich weintechnisch erneut voll abgeholt. Zum Essen spielt der Wein seine Säure gut aus, ist aber auch allein harmonisch und sehr schön zu trinken – ein wunderbarer, feienr Pinot.
Croustillant mit Yuzoschaum und Sorbet von Rhabarber mit Rhabarberkompott, mariniertem Rhabarber und Himbercrémeux, Rhabarbersud ist ein frisches, aber nicht säuerliches Dessert, wie man bei der Zusammenstellung der Grundprodukte denken könnte. Er erfrischt, hat aber eine überschaubare aromatische Komplexität.
Die liefert der 2016er Scheurebe Auslese „Durbacher Plauelrain“ von Laible. Der Wein ist zwar süß, lässt aber Mineralik schön durchkommen und passt perfekt zu der Aromatik des Gerichts.
Sauerkirschsorbet und Mousseline von Holunderblütenwein, Sauerkirschlikör-Knusperbonbon und Kakaobisquit, Hibiskussud ist leicht alkoholisch-mollig. Durch den Biskuit kommen einige dunklere Aromen in das rotfruchtige Aromenspiel. Der Alkohol lässt auch her die Differenzierung etwas zusammenziehen.
Der 2014er Moscatel „MR“ von Rodriguez aus Malaga nimmt mit seinem höheren Alkoholgehalt die Wirkung des Gangs gut auf.
Aus meiner Sicht sind die beiden Desserts nicht allzu spannend. Vielleicht sollte man gegenwärtig auf ein Dessert gehen, denn der Höhepunkt der süßen Abteilung ist definitiv der Petit Fours-Wagen. Alle von mir probierten Kleinigkeiten finde ich deutlich überzeugender als die Desserts zuvor. Zudem gefällt mir die Vielfalt, da es nicht nur Pralinen und Macarons, sondern auch kleines Gebäck und weitere süße Verführungen gibt.
Das Menü überzeugt mit den exzellenten Saucen. Außerdem sind die meisten Gerichte bei allen wohligen Grundaromen durchaus differenziert. Die Gänge bieten richtige Portionen, mit denen man sich in die Geschmackswelt eines Gerichts hineintauchen und darin schwelgen kann. Allerdings fehlt mir dann hier und da ein Tick mehr Differenzierung – das gilt vor allem für die Rotbarbe. Auch der Hummer war für meinen Geschmack nicht so überzeugend, wie der Auftakt-Gang des Menüs vom September. Dafür war die Leber exzellent und die Aromenkomposition der Ente hervorstechend gut. Etwas schwächer würde ich die Desserts einstufen, während die Petit Fours wieder ausgezeichnet waren. Insofern war für mein Geschmacksempfinden die Detailschärfe des Menüs schwankend, in der Qualität überzeugte es mich aber auf ganzer Linie
Herausragend war der Service. Restaurantleiter David Breuer ist ein unterhaltsamer und hochprofessioneller Begleiter durch den Abend und das ganze Team agiert absolut trittsicher und hat jede Steifigkeit vollkommen abgelegt.
Besonders möchte ich noch die Weinbegleitung von Stéphane Gass loben. Er hat interessante Weine ausgewählt, die exzellent zu den Gerichten passten, aber auch allein sehr schön zu trinken waren. Darüber hinaus hat er uns die einzelnen Weine sehr kurzweilig vorgestellt, immer ein paar Worte zu den Winzern und ein paar zur Machart des Weines – eigentlich mehr zu den Winzern und die Region, weniger technische Werte (Rebsorten, Holzlager, Maischestandzeiten etc.), das unterstreicht natürlich die Nähe und Verbindung zu den Erzeugern..
Insgesamt war der Abend in der Schwarzwaldstube rund und gelungenAlles in Allem ist das Schwarzwaldstube ein Wohlfühlrestaurant an einem Wohlfühlort.
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