Nach langer Zeit melde ich mich wieder zu Wort - es passt wohl in diesen Thread zum Essen in Franken.
Eigentlich hatten wir uns ja nach einem Besuch in den Südtiroler Stuben des Herrn A.S geschworen, künftig um Fernsehköche einen großen Bogen zu machen.
Ein Geschenkgutschein für Alexander Herrmanns Restaurant in Wirsberg sollte diesen Schwur brechen und so machten wir uns auf ins Oberfränkische. Ums vorweg zu sagen: Wir waren positiv überrascht und die Freude über den Gutschein war ungetrübt.
Das Posthotel in Wirsberg besteht wohl seit über 150 Jahren und ist ein am Marktplatz des Ortes gelegenes Konglomerat von mehreren Gebäuden, die untereinander verbunden sind. An manchen Ecken nagt da auch schon der Zahn der Zeit. Der Restaurantbereich, der nicht nur das Gourmetrestaurant, sondern auch ein Bistro beherbergt, ist allerdings 2010 frisch renoviert und neu - wie wir finden, auch sehr gelungen - gestaltet worden. Ebenso sind wohl auch die Hotelzimmer auf den Stand der Zeit gebracht worden - zumindest können wir das für unser sogenanntes „Lifestyle“-Zimmer behaupten. Bereits beim Einchecken wurde uns übrigens schon zur Einstimmung die Menükarte des Abends (Menü „Kontrast“) ausgehändigt.
Nach dem - in der Bar eingenommenen Aperitif - geleitete man uns zu Tisch. Wir entschieden uns bei den Getränken zur Weinbegleitung, die überraschend international ausgerichtet war - darunter allerdings zwei „Franken“.
Als erstes Amuse bouche wurde eine als „Hanuta“ getarnte Schiefertrüffelschnitte aus knusprig ausgebackenem Teig und einer Schicht Schiefertrüffelcreme dazwischen gereicht, passend mit entsprechender Alu-Verpackung und Beschriftung. Tatsächlich überzeugten das trüffelartige Aroma des hier heimischen Pilzes und dazu die krosse „Waffel“, die Präsentation war ein witziger Auftakt zum Folgenden.
Zum Holzofenbrot gab es „Buddha“: Butter in Form eines Buddhas, ein lautmalerisches Spiel mit der fränkischen Art, das „harte T“ als „haddes D“ auszusprechen.
Auf einer Art Bogen wurden dann 4 „Unami“ präsentiert, ein Johannisbeer-Macaron, ein Pilzsud mit getrockneten Tomatenravioli, eine Schiefertrüffelpommes mit Parmesanmajonaise und ein Erdnuss-Soja-Karamell. Allen war eine gewisse Knusprigkeit zu eigen, die dem Anspruch des „Unami“ gerecht wurden, ohne die zugrunde liegenden Produkte zu übertönen.
Die 6 Gänge starteten schließlich mit einer Jakobsmuschel, die auf einem heißen Steinwürfel serviert wurde, darüber geschichtet eine Ceviche, dazu ein Gemüse-Muschelsalat mit Abalone. Der Kontrast bestand im nussigen Geschmack der gegrillten Jakobsmuschel und den jodierten Meeresaromen der Muscheln.
Es folgte der ungewöhnlichste Gang des Abends, genannt „Camouflage“. Auf einem Teller arrangiert fand sich eine Art „Flickenteppich“ aus den Farben Rot, Grün, Schwarz, Weiß, Beige, bestehend aus mariniertem Seehecht, fermentierter Schalotte, Grapefruit, Aubergine und Garam Masala. Das hatte das Mundgefühl eines Knuspermüslis mit Früchten, war aber geschmacklich von gewisser indischer Schärfe (die unserer Meinung nach noch intensiver hätte ausfallen können) bei gleichzeitiger Bitterkeit von der Grapefruit. Das kam schon aus dem molekularen Zauberkasten, aber der Trick überzeugte uns nicht nur optisch.
Konventioneller ging dann weiter mit Ente pochiert und geschmort mit Champignons, Erdnuss, Seidentofu und Entenkraftbrühe. Obgleich die Ente in beiden Methoden wirklich perfekt gegart war, wollte sich hier ein Glücksmoment nicht so recht einstellen. Der Sud erschien uns überwürzt, der Entengeschmack trat dabei soweit in den Hintergrund, dass sich meine Frau sogar zur Behauptung verstieg, das gleiche Ergebnis hätte man auch mit Hähnchenbrust erzielt.
Etwas misstrauisch erwarteten wir daher das Glühwein-Hibiskus-Sorbet. Sollte sich hier noch die gottlob überkommene Mode der (meist mit Schaumwein aufgegossenen) Kaltschale erhalten haben? Aber nein, es wurde ein als „Seifenstück“ daherkommendes pinkfarbenes Sorbet mit warmen Glühwein“sirup“ aufgegossen, was im Mund eine wunderbar lauwarme zerfließende säuerlich-süße Allianz hervorrief.
Ein Hirschrücken in einer - etwas sehr kräftig ausfallenden - Kaffeekruste und eine geschmorte Rehhaxe mit Kaffeeschaum und gebratenem Hefezopf beschlossen die Fleischgänge. Gerade der krosse Hefezopf wird uns als ungewöhnliche und sehr schmackhafte Beilage zum tadellosen Wild in Erinnerung bleiben.
Mit „gekochten“ Käsegängen ist das ja so eine Sache, manchmal kann hier ein Menü kippen. In Wirsberg löst man dies, in dem man Gryere zerbröselt, zu Schaum und zu einem Chip verarbeitet, confiertes Eigelb, Salzzitrone und Chicorée hinzufügt. Das ergab durch die Säure der Zitrone und die leichten Bitteraromen des Gemüses eine erstaunliche Leichtigkeit und einen sehr schönen Übergang zum Dessert.
Knuspriger Marshmellow, dunkle Schokolade mit Dörrapfel, Schwarztee und Bohnenkraut hörten sich verwegener an, als dann das Gericht sich tatsächlich präsentierte: ein aufwendiger, klassisch süßer Menüabschluss.
Die einzelnen Petit Fours sollen hier nicht weiter aufgezählt werden, sie entsprachen dem Niveau des vorangegangen Menüs.
Die Service- und (soweit wir sehen konnten) Küchenmannschaft ist jung und offenbar mit viel Herzblut bei der Sache. Manche Gänge werden gar von Mitgliedern der Brigade aufgetragen, was natürlich die Gelegenheit zur ungefilterten Rückkopplung mit dem Gast eröffnet.
Den Chef des Hauses bekamen wir leider nicht zu Gesicht. Irgendwo hatten wir den Eindruck, Herr Herrmann fungiert - neben seiner medialen Präsenz - in Wirsberg vor allem als Ideengeber und Mentor, die Umsetzung im Alltagsgeschäft vertraut er wohl seiner Mannschaft an. So wie wir das erlebt haben, hat er dabei ein gutes Händchen für die richtigen Leute zur Umsetzung seines kulinarischen Konzepts der „Aromen“küche. Vielleicht muss man sich wirklich vom Gedanken verabschieden, der „Chef“ müsste „immer“ da sein.
Wir fanden eine verspielte, teils experimentierfreudige - an der „Geschmacksschule“ Jürgen Dollasses angelehnte - Küche vor, die uns insgesamt sehr angesprochen hat. Das Konzept, mit Aromen und Texturen zu spielen und zu kontrastieren, ließ trotzdem - bis auf den Entengang - das Produkt im Mittelpunkt. Service und Atmosphäre taten ein Übriges, um sich wohlfühlen zu können.
So hat für uns zumindest Alexander Herrmann und sein Team die Kategorie „Fernsehkoch“ dahingehend rehabilitiert, dass auch an solch einem Ort ambitionierte Küche zu finden ist.
Eigentlich hatten wir uns ja nach einem Besuch in den Südtiroler Stuben des Herrn A.S geschworen, künftig um Fernsehköche einen großen Bogen zu machen.
Ein Geschenkgutschein für Alexander Herrmanns Restaurant in Wirsberg sollte diesen Schwur brechen und so machten wir uns auf ins Oberfränkische. Ums vorweg zu sagen: Wir waren positiv überrascht und die Freude über den Gutschein war ungetrübt.
Das Posthotel in Wirsberg besteht wohl seit über 150 Jahren und ist ein am Marktplatz des Ortes gelegenes Konglomerat von mehreren Gebäuden, die untereinander verbunden sind. An manchen Ecken nagt da auch schon der Zahn der Zeit. Der Restaurantbereich, der nicht nur das Gourmetrestaurant, sondern auch ein Bistro beherbergt, ist allerdings 2010 frisch renoviert und neu - wie wir finden, auch sehr gelungen - gestaltet worden. Ebenso sind wohl auch die Hotelzimmer auf den Stand der Zeit gebracht worden - zumindest können wir das für unser sogenanntes „Lifestyle“-Zimmer behaupten. Bereits beim Einchecken wurde uns übrigens schon zur Einstimmung die Menükarte des Abends (Menü „Kontrast“) ausgehändigt.
Nach dem - in der Bar eingenommenen Aperitif - geleitete man uns zu Tisch. Wir entschieden uns bei den Getränken zur Weinbegleitung, die überraschend international ausgerichtet war - darunter allerdings zwei „Franken“.
Als erstes Amuse bouche wurde eine als „Hanuta“ getarnte Schiefertrüffelschnitte aus knusprig ausgebackenem Teig und einer Schicht Schiefertrüffelcreme dazwischen gereicht, passend mit entsprechender Alu-Verpackung und Beschriftung. Tatsächlich überzeugten das trüffelartige Aroma des hier heimischen Pilzes und dazu die krosse „Waffel“, die Präsentation war ein witziger Auftakt zum Folgenden.
Zum Holzofenbrot gab es „Buddha“: Butter in Form eines Buddhas, ein lautmalerisches Spiel mit der fränkischen Art, das „harte T“ als „haddes D“ auszusprechen.
Auf einer Art Bogen wurden dann 4 „Unami“ präsentiert, ein Johannisbeer-Macaron, ein Pilzsud mit getrockneten Tomatenravioli, eine Schiefertrüffelpommes mit Parmesanmajonaise und ein Erdnuss-Soja-Karamell. Allen war eine gewisse Knusprigkeit zu eigen, die dem Anspruch des „Unami“ gerecht wurden, ohne die zugrunde liegenden Produkte zu übertönen.
Die 6 Gänge starteten schließlich mit einer Jakobsmuschel, die auf einem heißen Steinwürfel serviert wurde, darüber geschichtet eine Ceviche, dazu ein Gemüse-Muschelsalat mit Abalone. Der Kontrast bestand im nussigen Geschmack der gegrillten Jakobsmuschel und den jodierten Meeresaromen der Muscheln.
Es folgte der ungewöhnlichste Gang des Abends, genannt „Camouflage“. Auf einem Teller arrangiert fand sich eine Art „Flickenteppich“ aus den Farben Rot, Grün, Schwarz, Weiß, Beige, bestehend aus mariniertem Seehecht, fermentierter Schalotte, Grapefruit, Aubergine und Garam Masala. Das hatte das Mundgefühl eines Knuspermüslis mit Früchten, war aber geschmacklich von gewisser indischer Schärfe (die unserer Meinung nach noch intensiver hätte ausfallen können) bei gleichzeitiger Bitterkeit von der Grapefruit. Das kam schon aus dem molekularen Zauberkasten, aber der Trick überzeugte uns nicht nur optisch.
Konventioneller ging dann weiter mit Ente pochiert und geschmort mit Champignons, Erdnuss, Seidentofu und Entenkraftbrühe. Obgleich die Ente in beiden Methoden wirklich perfekt gegart war, wollte sich hier ein Glücksmoment nicht so recht einstellen. Der Sud erschien uns überwürzt, der Entengeschmack trat dabei soweit in den Hintergrund, dass sich meine Frau sogar zur Behauptung verstieg, das gleiche Ergebnis hätte man auch mit Hähnchenbrust erzielt.
Etwas misstrauisch erwarteten wir daher das Glühwein-Hibiskus-Sorbet. Sollte sich hier noch die gottlob überkommene Mode der (meist mit Schaumwein aufgegossenen) Kaltschale erhalten haben? Aber nein, es wurde ein als „Seifenstück“ daherkommendes pinkfarbenes Sorbet mit warmen Glühwein“sirup“ aufgegossen, was im Mund eine wunderbar lauwarme zerfließende säuerlich-süße Allianz hervorrief.
Ein Hirschrücken in einer - etwas sehr kräftig ausfallenden - Kaffeekruste und eine geschmorte Rehhaxe mit Kaffeeschaum und gebratenem Hefezopf beschlossen die Fleischgänge. Gerade der krosse Hefezopf wird uns als ungewöhnliche und sehr schmackhafte Beilage zum tadellosen Wild in Erinnerung bleiben.
Mit „gekochten“ Käsegängen ist das ja so eine Sache, manchmal kann hier ein Menü kippen. In Wirsberg löst man dies, in dem man Gryere zerbröselt, zu Schaum und zu einem Chip verarbeitet, confiertes Eigelb, Salzzitrone und Chicorée hinzufügt. Das ergab durch die Säure der Zitrone und die leichten Bitteraromen des Gemüses eine erstaunliche Leichtigkeit und einen sehr schönen Übergang zum Dessert.
Knuspriger Marshmellow, dunkle Schokolade mit Dörrapfel, Schwarztee und Bohnenkraut hörten sich verwegener an, als dann das Gericht sich tatsächlich präsentierte: ein aufwendiger, klassisch süßer Menüabschluss.
Die einzelnen Petit Fours sollen hier nicht weiter aufgezählt werden, sie entsprachen dem Niveau des vorangegangen Menüs.
Die Service- und (soweit wir sehen konnten) Küchenmannschaft ist jung und offenbar mit viel Herzblut bei der Sache. Manche Gänge werden gar von Mitgliedern der Brigade aufgetragen, was natürlich die Gelegenheit zur ungefilterten Rückkopplung mit dem Gast eröffnet.
Den Chef des Hauses bekamen wir leider nicht zu Gesicht. Irgendwo hatten wir den Eindruck, Herr Herrmann fungiert - neben seiner medialen Präsenz - in Wirsberg vor allem als Ideengeber und Mentor, die Umsetzung im Alltagsgeschäft vertraut er wohl seiner Mannschaft an. So wie wir das erlebt haben, hat er dabei ein gutes Händchen für die richtigen Leute zur Umsetzung seines kulinarischen Konzepts der „Aromen“küche. Vielleicht muss man sich wirklich vom Gedanken verabschieden, der „Chef“ müsste „immer“ da sein.
Wir fanden eine verspielte, teils experimentierfreudige - an der „Geschmacksschule“ Jürgen Dollasses angelehnte - Küche vor, die uns insgesamt sehr angesprochen hat. Das Konzept, mit Aromen und Texturen zu spielen und zu kontrastieren, ließ trotzdem - bis auf den Entengang - das Produkt im Mittelpunkt. Service und Atmosphäre taten ein Übriges, um sich wohlfühlen zu können.
So hat für uns zumindest Alexander Herrmann und sein Team die Kategorie „Fernsehkoch“ dahingehend rehabilitiert, dass auch an solch einem Ort ambitionierte Küche zu finden ist.
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