Über sein Pop up und sein künftiges, permanentes Restaurant konnten wir mit Jan Hartwig ein Interview für unseren Podcast führen:
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Restaurant JAN (Hartwig), München
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Wir konnten im Februar das "Pop-up" Restaurant in dem Räumen der Nymphenburger Porzellanmanufaktur besuchen. Bis dato glaube ich gibt es auf der Webseite kein Menü so daß ich es hier wiedergeben möchte. Wir hatten Glück bei der Reservierung, zu einen späteren Zeitpunkt scheint es fast nicht möglich einen Platz zu erhalten. Der Ruf von Jan Hartwig zieht scheinbar viele Besucher an wobei ich so meine Zweifel am Konzept habe. Meine Quintessenz war, kann man mal machen, lohnt aber insgesamt nicht und ich kann nur empfehlen abzuwarten bis das neue Restaurant öffnet. Natürlich war das Porzellan, die offene Showküche und sichtbare Präsenz von Hrn. Hartwig ein Hingucker, auf der anderen Seite stand die eingeschränkte Weinkarte (es sind nur ein paar Weinkühlschränke vorhanden, dennoch fand man natürlich einen passenden Wein), das Nutzen der Showküche vorwiegend zum Fertigstellen der Gerichte (evl auch logisch dass es nicht anders geht), die etwas eng gestellten kleinen Tische und Platzierung noch zu einer anderen Phase der Pandemie und dann mein Eindruck dass das Menü den limitierten Möglichkeiten der Küche im Raum hinter der Showküche dahinter geschuldet war. Ein eigener Patissier fehlte vermutlich, die Desserts waren doch einfacher gestrickt wie gewohnt aus dem Atelier.
Hier das Menü:JAN
PERLGRAUPEN
Kalbskopf, Wachtelei & Schnittlauch
GRUYÈRE
36 Monate gereift von Jamei Laibspeis
Trüffel, Pilzessenz, Marcona Mandeln & Zwiebelhonig
BROT
hausgebacken & Rohmilchbutter aus der Normandie
MAKRELE & N25 KAVIAR
Schnittlauch & Dashi Beurre blanc
»TELLERSÜLZE«
Rauchaal, Bete, Dill & Meerrettichmolke
SOUFFERTE LACHSFORELLE
Saiblingsrogen, Rettich, Algen & Bergamotte
CRÉPINETTE VON DER TAUBE
Foie Gras, schwarzer Trüffel, Erdartischocke & Chicorée
CHIRIBOGA
Blauschimmel aus Allgäuer Braunvieh Rohmilch
Williams Christ & Beerenauslese
BIO HONDURAS 74%
von Eberhard Schell
Mango & Fiore di Latte
PETIT FOURS
Pâte de fruit
Baileys Trüffel
Madeleines
Crème brülée aus Madagaskar Vanille
Also "Pop up" hatte hier etwas provisorisches, ein nicht ganz fertiges Konzept mit kleinen Mängeln und man wartet eigentlich auf das neue Restaurant. Vielleicht gibt es noch jemand hier im Forum der das JAN besuchen konnte und einen anderen Eindruck als ich hatte.
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Ich war kürzlich auch dort und werde demnächst den Bericht posten. Es ist klar, dass man den Vergleich mit dem Atelier nicht ziehen sollte , dann muss man zwangsläufig enttäuscht sein. Ich würde auch sagen, ein Besuch ist kein "Muss". Aber mich hat schon die handwerkliche Qualität und der Geschmack überzeugt. Die Details kommen dann demnächst.
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Direkt nachdem bei mir im Postfach die Pressemitteilung von Nymphenburg Porzellan eingegangen war, habe ich – noch bevor ich die Nachricht auf dem Portal online gestellt habe – mir einen Platz gesichert. Leider kam der Termin nicht zustande, weil Jan Hartwig in der ausgewählten Woche dann andere Verpflichtungen hatte. Aber zum Glück konnte ich noch einen Tisch ein paar Wochen später ergattern. Die Plätze im Pop up waren also rasch verkauft. Das zeigt, wie erfolgreich Jan Hartwig im Atelier sich eine Gourmet-Fan-Base aufgebaut hat. Das sollte optimistisch stimmen, was die Eröffnung seines Restaurants in einigen Wochen angeht.
Der Abend, an dem ich mit Gourmetfreund Bookholder im Pop-up JAN war, war einer der ersten lauen Frühlingsabende des Jahres. Bei wunderschönem Sonnenschein konnte ich noch einen kurzen Spaziergang durch den Nymphenburger Garten machen und die Stimmung des Parks auf mich wirken lassen. Das Restaurant selbst befindet sich in einem Gebäude im Garten hinter dem Schlossrondell. Normalerweise wird es, so hören wir, als Kantine für die Mitarbeitenden von Nymphenburg-Porzellan genutzt. Die Küche genügt also in Größe und technischer Ausstattung nicht den Ansprüchen eines professionellen Restaurantbetriebs. Das muss man bei der Betrachtung des Menüs sicher berücksichtigen.
Der Abend beginnt bei bester Frühlings-Sonnen-Stimmung mit einem schönen Glas Sekt. Auf dem Tisch befindet sich viel des hochwertigen Nymphenburger Porzellans. Selbst für das Wasser wird ein Porzellanbecher verwendet.
FOIE GRAS AU CHANTILLY Balsamico & Pekanüsse – die erste Einstimmung ist sehr cremig, eher wie sahnig, mit leichtem Lebergeschmack. Die Nüsse und damit feine röstige Noten fügen sich mit einer dezenten Säure und einer zurückhaltenden Süße zu einem harmonischen Gesamtbild zusammen.
ROSCOFF ZWIEBEL – Aubergine, Marcona Mandeln & Parmesan – Die Zwiebelsuppe hat einen schönen runden und gleichzeitig sehr feinen Zwiebelgeschmack. Der Parmesan mit seinem Umamigeshmack dürfte da die Abrundung eine wichtige Rolle spielen. Die Aubergine und der Mandelschaum runden das kleine Süppchen mit recht viel Einlage weiter ab. Bezaubernd auch die Präsentation in dem kleinen Mokka-Tässchen. Ein wenig fühle ich mich an das Zwiebel-Mandel-Süppchen im Frantzén erinnert, was sicher auch an der Präsentation liegt – und das Genussgefühl ist auch gut vergleichbar.
N25 Kaviar „Selektion Jan“ Chawanmushi, Haselnüsse, Rosinen & Lauchöl – Das Chawanmushi ist kalt. Dadurch ist es im Grunde eine klassische Kaviar-Eigelb-Kombination. Das cremige Chawanmushi verlängert mit seinem Fett die Intensität des Kaviars. Die Haselnüsse geben nicht nur einen knackigen Biss, sondern auch einen feinen leicht, frischen Akzent. Schön fügen sich auch die rehydrierten Rosinen in das Gesamtbild ein, mit einer etwas Süße und Saftigkeit das Geschmacksbild ebenso komplettieren, wie der Hauch Schärfe, die das Lauchöl beisteuert. Das bietet viel Geschmack und Qualität bei gleichzeitiger großer Klarheit.
PÂTE EN CROÛTE Karotte, Chardonnay Essig & Senfsaat – soll eine Alternative zur klassischen, süßlichen Gänseleber am Menüanfang sein (obwohl es ja schon etwas Leber gab). Auch wenn hier etwas Gänseleber verarbeitet ist, bestimmt die Fleischigkeit den Geschmack. Die Pâte ist entsprechend schnittfest und wird von einem eher herben Gelee passend abgeschlossen. Dazu kommt ein relativ säuerlich abgeschmeckter Möhrenrohkostsalat. Jan Hartwig will damit erreichen, dass der Gang ja nicht zu süß und zu schwer wird. Das ist bestens gelungen. Das zeigt viel klassische Handwerkskunst, geht aber nicht so in geschmackliche Feinheiten, sondern wirkt fast rustikal.
BROT hausgebacken & Rohmilchbutter aus der Normandie – die Poren des Baguettes sind eher fein, klein und sehr gleichmäßig. Das Brot ist sehr angenehm saftig im Mund. Dazu kommt eine gute, vollmundige Butter.
POT-AU-FEU Kalbsbries, Frühlingsgemüse & Vin Jaune – das ist ein richtiges Highlight. Die Vin Jaune Sauce ist bestens balanciert zwischen Vollmundigkeit und Säureakzent. Dadurch rundet sie die Frische des Frühlingsgemüses ab, kann aber genau dem Kalbsbries, das schön geröstet wurde, eine guten Frischekick geben. Das schmeckt komplex und einfach zum Augen schließen und sich fallen lassen.
SKREI Erdartischocke & schwarzer Trüffel – die Sauce hat einen tollen, umfassenden Trüffelgeschmack, der durch die Topinambur einen etwas herberen, frischeren Touch bekommt. Die Kombination ist einfach schön und vollmundig. Der Skrei mit seinem klaren Geschmack passt perfekt dazu. Das ist jetzt nicht besonders komplex konstruiert, aber sehr schmackhaft: viel Trüffelgeschmack, aber dank der leichten Sauce, wird er nicht zu erdig, kräftig oder mächtig, so dass es klar noch ein Fischgericht darstellt.
Puh ich muss mal Luft schnappen. So schön der Raum ist, so schlecht ist der doch zu belüften. Ich brauche Sauerstoff und lasse von außen die Szenerie auf mich wirken. Auf dem Weg zurück zum Tisch bewundere ich auch das Waschbecken – ich denke, wenn man hier ein permanentes Restaurant einrichten würde, bekäme der goldene Schwan des Sonnora eine harte Konkurrenz als meistfotografiertes Waschbecken in einem Restaurant…
LOUP DE MER Mönchbart, Bergamotte & Spätburgundernage ist ein recht relaxter Gang, weil die Saucen geschmacklich und texturell sehr großzügig gehalten sind und ansonsten nicht so viel gestaltet wurde. Durch die Scheiben von der Limquatt ist sehr viel, sehr präsentes Zitronenaroma dabei – für meinen Geschmack ist das etwas zu kräftig. Zwar gefällt mir die Frische, aber sowohl der Geschmack des Fisches als auch der Spätburgundernage wird davon schon ganz schön dominiert. Und weil die Zitrusfrucht in diesen großen Scheiben belassen wurde, tritt die Zitrusnote sehr präsent auf. Hier fehlt mir dann doch Finesse und Feinarbeit.
WACHTEL Don Bocarte Anchovis, Brokkoli, Kampot Pfeffer, Salzzitrone & Ingwer – die Wachtel ist noch mit einer Farce bestrichen, was die Fleischigkeit und das Volumen ganz wundervoll erweitert. Dadurch kommt der Wachtelgeschmack voll zur Geltung und kann sich gegenüber dem kräftigen, Richtung Gremolata tendierende Mischung aus Kräuter und Zitrus gut präsentieren. Auch dieser Gang kann man gut Label „rustikale Feinheit“ geben und damit ist er wohlschmeckend, ohne dass hier die letzten Prozentpunkte ausgereizt werden.
UREICHE von Jamei Laibspeis – 18 Monate gereift, gepickelter Kohlrabi & Oxalis – ist in erster Linie ein relativ puristisches Stück Käse. Nicht mehr, nicht weniger.
BIENENSTICH Rhabarber & Tahiti Vanille – das Dessert ist optisch ein Hingucker. Der akkurat gelegte Ring aus den Stückchen und das Eis gibt viel von dem Rhabarbergeschmack auf den Löffel. Die Säure ist auf ein angenehmes Maß gedrosselt. Zurückhaltend wird dagegen die der Bienenstich. Zwar sind die Noten von Gebackenem wahrnehmbar, aber die Creme ist mir doch etwas zu dezent portioniert, um hier einen Bienenstich erkennen zu können.
Dass es hier nicht um eine Fortsetzung der Atelier-Küche in anderer Location gehen kann, ist klar. Dazu sind weder personell noch von der Hardware her leistbar. Aber hier wird preislich fast das gleiche Niveau aufgerufen. Da muss man schon den Faktor berücksichtigen, dass dies eben eine besondere Pop up-Location ist, mit besonderer Atmosphäre, in der man wohl nie wieder so speisen können wird.
Kulinarisch zeigt Jan Hartwig, dass er auch mit kleinem Team und in eingeschränkten Möglichkeiten ein hervorragender Koch ist. Die Gerichte hier setzen mehr auf den Wohlfühlfaktor, zeigen viel klassisches Handwerk und große Geschmackstiefe. Auch wenn manche Feinheiten und Finessen fehlen, ist das ein durchweg rundes, angenehmes Menü, in dem mehr als sonst, die Worte „einfach lecker“ passend sind. Aufgrund dessen würde ich sagen: der Besuch ist etwas „für Fans“, die Jan Hartwig auf diesem Teilstück seines Weges begleiten wollen und den besonderen Erlebniswert der Location und den Reiz des Provisorischen wahrnehmen wollen. Wer erst wieder in Jan Hartwigs neuem Restaurant einkehrt, hat vielleicht ein Kapitel übersprungen, wird aber wahrscheinlich den roten Faden seiner kulinarischen Entwicklung nicht verloren haben.
Pâte de fruit aus gegrillten Äpfeln, Baileys Trüffel, Madeleines und gebrannte Vanillecreme runden als Petit Fours das Menü ab.
Zuletzt geändert von QWERTZ; 26.05.2022, 17:31.
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