Essen das nach Kindheit schmeckt,
Essen das man verstehen muss, und
Essen das einfach glücklich macht
Der Kanadier Dylan Watson Brawn ist zweifelsohne ein kulinarisches Wunderkind. Mit 14 Jahren hat er angefangen zu kochen, dieStationen in RuyGin in Kyoto, Eleven Madison Park in New York und Noma,Kopenhagen folgten. Danach konnte der heute 23-jährige wahrscheinlich überallauf die Welt arbeiten. Aber irgendwie ist er in Berlin hängen geblieben.
Am 9. August eröffnet in Wedding, nicht gerade das angesagtesViertel Berlins, sein Restaurant „Ernst“. Wir fahren aber heute schon nach Wedding. Hier, in einer Altbauwohnung, rechts eine Döner-Bude, links ein Kinderladen, kocht Dylan mit seinem Team heute für 6 Personen, und wir dürfen dabei sein.
Wir sind die ersten Gäste, plaudern unangestrengt mit Christoph Geyler, der als Sommelier und Gastgeber agiert. Die anderen Gästekommen, 2 Damen und 2 Herren, sehr nett, alle aus Berlin, kurze Vorstellungsrunde, wir setzen uns, und schon geht es los.
Was dann folgt, ist ein Feuerwerk aus 31 kleinen Gängen.
Zuerst Frischkäse, gerade erst morgens angesetzt, mit Zitronenverbene-Emulsion serviert, frisch und seidig in Textur, schön.
Dann die frischen Radieschen, leicht gegrillt und kurz in selbstgemachtem Miso angelegt, mit Silberfenchel, Basilikum und Kresse.

Die sizilianischen Pfirsiche, in Salzteig gebacken und mit frischen Ziegenjoghurt serviert sind wunderbar duftend und vollmundig, miteinem leichten Salz Note, wunderbar.

Junger Lauch, kurz auf Holzkohle gegrillt und mit Sonnenblumenpaste serviert. Ein Umami Gefühl durch die Paste.
Kohlrabi, roh gehobelt und mit einer Speckdashi serviert, dann Zucchini, als Tempura mit Dinkelmehl und Rhababersaft zubereitet. Mir ist der Teig etwas zu fettig, der Geschmack des Gemüses ist aber unbeschreiblich gut,so süß und frisch.
Fenchel, mit Fenchelöl, Fenchelsaft und Creme Fraiche serviert, außerordentlich gut.
Spätestens bei Gurke, kurz gegrillt und mit einem Miso Gelee als Salzersatz serviert, ist es um mich geschehen. Ich habe ein seltsames Déjà-Vu Gefühl. Ich sitze bei meiner Oma in die Küche, es ist ein heißer Sommertag. Die Oma stellt ein Teller mit frischen grünen Gurken auf dem Tisch, die Gurken haben kleine Noppen und duften so herrlich nach Erde, Gras und Sonne. Wenn ich mit den geschlossenen Augen reinbeiße, dann knacken die Gurken so lustig. Ich bin so vollkommen glücklich, wie nur ein Kind sein kann…
Ich mache meine Augen auf und finde mich in einer Wohnung im verregneten Berlin-Wedding wieder, wo ein verrückter junger Kanadier mir die Gemüse meiner Kindheit serviert, und mir die Erinnerungen wieder bringt, welche ich nicht mehr zu haben glaubte.

Und so geht es weiter und weiter. Eine Uhrkarotte, mit Holzkohle-Butter, eine Rote Bete, im Saft, der zu 50% aus gekochten und zu 50% aus frischen Beten hergestellt wird, junge rote Zwiebeln mit Josta Beeren und Jostasaftessig.

Wunderbare Ziegenkäse mit geräuchertem Rapsöl, ein fantastischer, sehr intensiver Gang, ohne jedoch aufdringlich zu wirken.
Melone mit Coppa-Dashi, eine japanische Variante von Schinken und Melone.
Junge Kartoffeln mit Molke-Butter-Sauce. Die Kartoffeln sind„medium“ gegart, zusammen mit der Sauce ist es ein purer, reiner, fast vergessener Kartoffelgeschmack.
Gegrillter Salat mit Eigelb-Miso, Buchweizenchips, mit Miso und vegetarischen Mayonnaise, viel Geschmack und eine sehr schöne Textur.

Dreierlei von Mangalica Schwein, Lomo, Coppa und Bauchspeck
Eigelb, 5 Stunden bei 52° gekocht, ein Onsen-Ei, so perfekt habe ich das noch nie gegessen.
Wirsing mit Sahne und Wirsing-Öl, Dashi aus der getrocknetenTomaten vom letzten Jahr, Linsen in Vegi Brühe und mit Saubohnen.
Aal, nach Ike Jime Methode getötet, entgrätet und 5 Stunden langsam gegrillt, mit einer Honigglasur
Wachtel, 6 Tage bei 6 Grad abgehängt, gegrillt und nur mit dem Salz serviert. Fantastischer Fleischgeschmack, unverfälscht, pur.
Dann kommt die Dessert-Reihe:
Holunder Sorbet
Wilde Heidelbeeren, als Eis und frisch, Stachelbeeren mit Sahne, Spongecake mit Brandy,Fudge mit Mangalicaschwein Fett, Salted Milk Eis mit Stachelbeeren, Dörrpflaumen.
Besonders schön war der Salzkaramel mit Schweinefett und das gesalzene Milcheis.
Hervorragend war auch die Weinbegleitung von Christoph Geyler. Ich bin normalerweise kein Fan von Weinbegleitung, da mich diese meistens sehr schnell überfordert und daran hindert, die Essenseindrücke richtig aufzunehmen. Obwohl mir keiner der Weine, welche Christoph angeboten hat solo schmeckten, muss ich zugeben, dass zusammen mit den Speisen wirkten die Weine sehr harmonisch. Allesamt waren die Weine sehr interessant und besonders, unterdrückten jedoch nicht den Geschmack, sondern unterstrichen diesen und waren wirklich eine Bereicherung für das Essen.
Das haben wir getrunken:
2011 Cuvee Prestige brut nature, Thorsten Melsheimer, Mosel
2015 Eule Riesling Purus, Rita und Rudolf Trossen, Mosel
2015 Gewürztraminer, Patrick Meyer, Alsace
2014 Terre de Gryphées, Domaine de la Tournelle, Jura
2015 Silvaner nature, Odinstal, Pfalz
2014 Contadino, Frank Cornelissen, Sicila
Kirschbier St. Jaques Kriek, Belgium
Was Dylan zusammen mit Spencer, David und Christoph auf die Beine stellt ist sehr beeindruckend. Es ist eine sehr pure und unverfälschte Küche, die durch sehr gutes Qualität der Produkte lebt, die reduzierte Zubereitungsmethoden sollen den reinen Geschmack nur unterstreichen, und fast immer gelingt das sehr gut. Das Team zeigt unglaubliches Engagement, Hingabe und Leidenschaft, Liebe zum Produkt und Respekt gegenüber den Produzenten.
Es ist ein schwieriges und mutiges Unterfangen, so ein Restaurant in Deutschland zu führen, aber wahrscheinlich ist Berlin der einzig richtige Ort dafür. Ich wünsche „Ernst“ viel Erfolg, denn ich bin überzeugt,solche Leute und solche Konzepte braucht das Land. Wer soll uns sonst daran erinnern, dass Glück auch eine Gurke sein kann.
PS: die zwei weitere Berichte folgen. Ich werde diese unter der dazugehörigen Threads reinstellen.
Essen das man verstehen muss, und
Essen das einfach glücklich macht
Der Kanadier Dylan Watson Brawn ist zweifelsohne ein kulinarisches Wunderkind. Mit 14 Jahren hat er angefangen zu kochen, dieStationen in RuyGin in Kyoto, Eleven Madison Park in New York und Noma,Kopenhagen folgten. Danach konnte der heute 23-jährige wahrscheinlich überallauf die Welt arbeiten. Aber irgendwie ist er in Berlin hängen geblieben.
Am 9. August eröffnet in Wedding, nicht gerade das angesagtesViertel Berlins, sein Restaurant „Ernst“. Wir fahren aber heute schon nach Wedding. Hier, in einer Altbauwohnung, rechts eine Döner-Bude, links ein Kinderladen, kocht Dylan mit seinem Team heute für 6 Personen, und wir dürfen dabei sein.
Wir sind die ersten Gäste, plaudern unangestrengt mit Christoph Geyler, der als Sommelier und Gastgeber agiert. Die anderen Gästekommen, 2 Damen und 2 Herren, sehr nett, alle aus Berlin, kurze Vorstellungsrunde, wir setzen uns, und schon geht es los.
Was dann folgt, ist ein Feuerwerk aus 31 kleinen Gängen.
Zuerst Frischkäse, gerade erst morgens angesetzt, mit Zitronenverbene-Emulsion serviert, frisch und seidig in Textur, schön.
Dann die frischen Radieschen, leicht gegrillt und kurz in selbstgemachtem Miso angelegt, mit Silberfenchel, Basilikum und Kresse.
Die sizilianischen Pfirsiche, in Salzteig gebacken und mit frischen Ziegenjoghurt serviert sind wunderbar duftend und vollmundig, miteinem leichten Salz Note, wunderbar.
Junger Lauch, kurz auf Holzkohle gegrillt und mit Sonnenblumenpaste serviert. Ein Umami Gefühl durch die Paste.
Kohlrabi, roh gehobelt und mit einer Speckdashi serviert, dann Zucchini, als Tempura mit Dinkelmehl und Rhababersaft zubereitet. Mir ist der Teig etwas zu fettig, der Geschmack des Gemüses ist aber unbeschreiblich gut,so süß und frisch.
Fenchel, mit Fenchelöl, Fenchelsaft und Creme Fraiche serviert, außerordentlich gut.
Spätestens bei Gurke, kurz gegrillt und mit einem Miso Gelee als Salzersatz serviert, ist es um mich geschehen. Ich habe ein seltsames Déjà-Vu Gefühl. Ich sitze bei meiner Oma in die Küche, es ist ein heißer Sommertag. Die Oma stellt ein Teller mit frischen grünen Gurken auf dem Tisch, die Gurken haben kleine Noppen und duften so herrlich nach Erde, Gras und Sonne. Wenn ich mit den geschlossenen Augen reinbeiße, dann knacken die Gurken so lustig. Ich bin so vollkommen glücklich, wie nur ein Kind sein kann…
Ich mache meine Augen auf und finde mich in einer Wohnung im verregneten Berlin-Wedding wieder, wo ein verrückter junger Kanadier mir die Gemüse meiner Kindheit serviert, und mir die Erinnerungen wieder bringt, welche ich nicht mehr zu haben glaubte.
Und so geht es weiter und weiter. Eine Uhrkarotte, mit Holzkohle-Butter, eine Rote Bete, im Saft, der zu 50% aus gekochten und zu 50% aus frischen Beten hergestellt wird, junge rote Zwiebeln mit Josta Beeren und Jostasaftessig.
Wunderbare Ziegenkäse mit geräuchertem Rapsöl, ein fantastischer, sehr intensiver Gang, ohne jedoch aufdringlich zu wirken.
Melone mit Coppa-Dashi, eine japanische Variante von Schinken und Melone.
Junge Kartoffeln mit Molke-Butter-Sauce. Die Kartoffeln sind„medium“ gegart, zusammen mit der Sauce ist es ein purer, reiner, fast vergessener Kartoffelgeschmack.
Gegrillter Salat mit Eigelb-Miso, Buchweizenchips, mit Miso und vegetarischen Mayonnaise, viel Geschmack und eine sehr schöne Textur.
Dreierlei von Mangalica Schwein, Lomo, Coppa und Bauchspeck
Eigelb, 5 Stunden bei 52° gekocht, ein Onsen-Ei, so perfekt habe ich das noch nie gegessen.
Wirsing mit Sahne und Wirsing-Öl, Dashi aus der getrocknetenTomaten vom letzten Jahr, Linsen in Vegi Brühe und mit Saubohnen.
Aal, nach Ike Jime Methode getötet, entgrätet und 5 Stunden langsam gegrillt, mit einer Honigglasur
Wachtel, 6 Tage bei 6 Grad abgehängt, gegrillt und nur mit dem Salz serviert. Fantastischer Fleischgeschmack, unverfälscht, pur.
Dann kommt die Dessert-Reihe:
Holunder Sorbet
Wilde Heidelbeeren, als Eis und frisch, Stachelbeeren mit Sahne, Spongecake mit Brandy,Fudge mit Mangalicaschwein Fett, Salted Milk Eis mit Stachelbeeren, Dörrpflaumen.
Besonders schön war der Salzkaramel mit Schweinefett und das gesalzene Milcheis.
Hervorragend war auch die Weinbegleitung von Christoph Geyler. Ich bin normalerweise kein Fan von Weinbegleitung, da mich diese meistens sehr schnell überfordert und daran hindert, die Essenseindrücke richtig aufzunehmen. Obwohl mir keiner der Weine, welche Christoph angeboten hat solo schmeckten, muss ich zugeben, dass zusammen mit den Speisen wirkten die Weine sehr harmonisch. Allesamt waren die Weine sehr interessant und besonders, unterdrückten jedoch nicht den Geschmack, sondern unterstrichen diesen und waren wirklich eine Bereicherung für das Essen.
Das haben wir getrunken:
2011 Cuvee Prestige brut nature, Thorsten Melsheimer, Mosel
2015 Eule Riesling Purus, Rita und Rudolf Trossen, Mosel
2015 Gewürztraminer, Patrick Meyer, Alsace
2014 Terre de Gryphées, Domaine de la Tournelle, Jura
2015 Silvaner nature, Odinstal, Pfalz
2014 Contadino, Frank Cornelissen, Sicila
Kirschbier St. Jaques Kriek, Belgium
Was Dylan zusammen mit Spencer, David und Christoph auf die Beine stellt ist sehr beeindruckend. Es ist eine sehr pure und unverfälschte Küche, die durch sehr gutes Qualität der Produkte lebt, die reduzierte Zubereitungsmethoden sollen den reinen Geschmack nur unterstreichen, und fast immer gelingt das sehr gut. Das Team zeigt unglaubliches Engagement, Hingabe und Leidenschaft, Liebe zum Produkt und Respekt gegenüber den Produzenten.
Es ist ein schwieriges und mutiges Unterfangen, so ein Restaurant in Deutschland zu führen, aber wahrscheinlich ist Berlin der einzig richtige Ort dafür. Ich wünsche „Ernst“ viel Erfolg, denn ich bin überzeugt,solche Leute und solche Konzepte braucht das Land. Wer soll uns sonst daran erinnern, dass Glück auch eine Gurke sein kann.
PS: die zwei weitere Berichte folgen. Ich werde diese unter der dazugehörigen Threads reinstellen.
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