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  • #16
    Zitat von Frab Beitrag anzeigen
    Werter glauer,

    ich bin kein Biologe, habe in Biologie leider auch nie aufgepasst,
    Lieber Frab,
    die Biologie wäre Ihnen hier sowieso von begrenztem Nutzen. Im Handel bzw der Gastronomie verwandte Bezeichnungen sind von der wissenschaftlichen Taxonomie weitgehend entkoppelt. Hier gelten mehr die Gesetze des Marketing. Am ehesten bekommt man unter der Butterfisch Kategorie den bereits diskutieren Escolar, machmal aber auch den Sablefish/Black Cod (Anoplopoma fimbria). Oder irgendetwas, wie die zwei unten verlinkten Artikel der NY Times zeigen. Nichts genaues weiss man oft nicht im Restaurant. Wobei auch die Restaurant selber nur limitierte Kontrolle darüber haben was ihnen der Großhändler da anliefert.

    “It is likely that the average consumer has eaten mislabeled fish,” said an author of the study, which analyzed 25,000 samples from around the world.

    A new study of fish bought and genetically tested in 12 metropolitan areas in the United States found that about one-third of the samples were mislabeled.

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    • #17
      und noch 'ne Fischdiskussion: https://www.youtube.com/watch?v=HFMVW71bDmQ

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      • #18
        Kurz vor den Sommerferien stand für mich die obligatorische Klassenfahrt nach Berlin an. Da die Nächte im Hostel aufgrund des ohrenbetäubenden Lärms und über die Flure marodierender Schüler/innen bzw. stark angeheiterter Backpacker aus England, Australien, Spanien etc. meist wachend und durch die Gänge patrouillierend verbracht werden, muss man sich diesen Aufenthalt ein wenig „schöntrinken bzw. –essen“, sodass ich von Jahr zu Jahr mehr der mitfahrenden Kolleg/innen in der frei zur Verfügung stehenden Zeit zu gastronomischen Exkursionen überreden kann.

        Am ersten Abend der Fahrt hatte ich für alle sieben Lehrkräfte einen Tisch im „NENI“ im „25hours Hotel Bikini“ gebucht, wo wir alle den Streifzug durch die israelisch-orientalisch inspirierte Küche im „Balagan style“ für 35 Euro pro Person wählten. Es wurden jeweils Vor- und Hauptspeisen auf Etageren gereicht, wobei die Vorspeisenportionen paradoxerweise größer ausfielen als jene der Hauptgerichte; den Abschluss bildeten dann Schieferplatten mit einer Dessertauswahl.
        Um es gleich vorweg zu nehmen, die Küchenleistung war bescheiden bzw. recht uninspiriert (vor allem die Nachtische waren enttäuschend) und reichte qualitativ kaum über das hinaus, was man ansonsten auch in ordentlichen orientalisch angehauchten Fast-Food-Läden serviert bekommt.
        Freundlich sowie zuvorkommend dafür der Service und spektakulär das Ambiente (das man hier eindeutig mitzahlt), welches einem Gewächshaus nachempfunden ist, aus dem man einen umwerfenden Blick auf das westliche Berlin inklusive Zoo und Gedächtniskirche hat.
        Beim nächsten Besuch werde ich aber sofort die nebenan liegende „Monkey Bar“ ansteuern: Dort kann man das eher durchschnittliche Essen weglassen und sich bei einem Drink dem Blick und dem dort zahlreich verkehrenden (und sich selbst feiernden) Hipster-Publikum hingeben…

        Essenstechnisch wesentlich erfreulicher verlief der Abend zwei Tage später, an dem ich mit zwei weiteren Kollegen die „Nußbaumerin“ beehrte, eine Edel-Beisl in Kudammnähe. An österreichischen Lokalen herrscht in Berlin wahrlich kein Mangel, und dieses gehört neben dem „Ottenthal“, welches ich auf der Klassenfahrt vor drei Jahren angesteuert hatte, ebenfalls zur Spitzengruppe.
        Geboten wurden ein herzlicher Service, der ausschließlich von Servicedamen aus der Alpenrepublik (inklusive der Chefin alias der „Nußbaumerin“) versehen wurde, ein gemütliches Ambiente und vor allem eine Küche, welche die KuK-Klassiker wie Vogerlsalat, Backhendl und Mohr im Hemd in ausgezeichneter Qualität auf den Tisch brachte. Dazu ein schöner Veltliner im Glas, Herz, was willst du mehr? Tu felix Austria...

        P.S.: Am Mittag des zweiten Tages machte ich mit den zwei eben schon genannten Kollegen einen Abstecher zum jüdischen Deli „Mogg & Melzer“, welches in dem Gebäude der ehemaligen jüdischen Mädchenschule beheimatet ist, in der sich auch der besternte „Pauly Saal“ befindet. Das von mir gewählte Reuben-Sandwich (mit 14,50 Euro nicht gerade ein Schnäppchen) geizte quantitativ nicht mit Pastrami (ich habe sieben Scheiben gezählt) und konnte auch qualitativ überzeugen, auch wenn es insgesamt nicht ganz an das Pastrami-Sandwich heranreichte, welches ich vor Jahren einmal bei „Katz“ in New York genießen durfte…
        Zuletzt geändert von El Grande Gourmet; 22.07.2017, 14:31.

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        • #19
          Zitat von El Grande Gourmet Beitrag anzeigen
          P.S.: Am Mittag des zweiten Tages machte ich mit den zwei eben schon genannten Kollegen einen Abstecher zum jüdischen Deli „Mogg & Melzer“, welches in dem Gebäude der ehemaligen jüdischen Mädchenschule beheimatet ist, in der sich auch der besternte „Pauly Saal“ befindet. Das von mir gewählte Reuben-Sandwich (mit 14,50 Euro nicht gerade ein Schnäppchen) geizte quantitativ nicht mit Pastrami (ich habe sieben Scheiben gezählt) und konnte auch qualitativ überzeugen, auch wenn es insgesamt nicht ganz an das Pastrami-Sandwich heranreichte, welches ich vor Jahren einmal bei „Katz“ in New York genießen durfte…
          Dem stimme ich von vorne bis hinten zu. Ich war letztens auch auf der Suche nach einem Pastrami-Sandwich auf "Katz Delicatessen"-Niveau und daher hocherfreut über das Mogg & Melzer. Im Kopf ist mir geblieben, dass es relativ teuer ist, ganz gut war, aber sowohl geschmacklich als auch atmosphärisch nicht an das New Yorker Vorbild reicht. Dann doch lieber einen guten Döner in Berlin.

          Beim Neni habe ich ähnliches beobachtet. Ganz nett aber man kommt hier dann doch eher für das Mittagsmenü oder für die Aussicht her.

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          • #20
            Kulinarisch ist alles beim Alten im 893 Ryotei an der Kantstraße in Charlottenburg. Vor einigen Wochen war uns am Samstagabend wieder nach einem Besuch bei unserem aktuellen Lieblings-(Szene-)restaurant in Berlin. Man kann in Berlin durchaus auf noch höherem Niveau essen, ich denke da spezifisch als erstes an Fischers Fritz und das Restaurant Adlon und mittags ist auch das Einsunternull immer eine Option. Wenn es aber um diese pulsierende, sexy, dunkle Atmosphäre vom 893 Ryotei geht, können die anderen Adressen nicht mithalten. Und das Essen ist hier auch nicht zu verachten, schließlich nutze ich hier schon eine sehr hohe Messlatte.
            Wir werden auf Wunsch abermals am Tresen platziert, den ich in diesem Restaurant zu zweit den Tischen jederzeit vorziehen würde. Man sitzt dadurch nicht abseits des Geschehens sondern relativ bequem mittendrin den Köchen gegenüber und kann die Arbeit verfolgen und sich dennoch angeregt unterhalten.

            Etwas irritierend ist in dem Zusammenhang, dass wir (trotz unseres initialen Wunsches direkt vor dem Sushi-Meister zu sitzen) zuerst so platziert werden sollten, dass ich vor mir nur eine Säule anschauen darf. Dabei hatte ich am Telefon noch explizit die Plätze daneben angefragt. Wir protestieren gegen die Plätze und dürfen dann unkompliziert einen Sitz nach rechts rutschen (O-Ton Service: „Ach, mir ist es eigentlich egal wo ihr euch hinsetzt.“). Keine Säule mehr im Blick, der Abend vorläufig gerettet.

            Als Vorspeise kann ich dem Horenso Goma-ae so gut wie nie wiederstehen. Blanchierter Blattspinat in Sesamdressing. So einfach kann Wohlgeschmack sein. Als Upgrade hierzu, gewissermaßen, probieren wir diesmal auch den Horenso & Truffle. Dieser ist ebenfalls köstlich und eine ordentliche Portion Blattspinat. Darüber schwarzer Trüffel in einer Sauce eingerührt und „geschreddert“ darüber geträufelt. Die Erdigkeit des Trüffels verbindet sich sehr gut mit dem Blattspinat. Als Getränk, und bekennender Fan von Whisky Sours, habe ich mich hier mit dem Pisco Sour angefreundet. Ein Glas Ruinart Rosé (€16) trifft meinen Geschmack hingegen nicht so richtig.

            Der Abend droht nun zu kippen: Anscheinend war es doch nicht so egal wo wir sitzen, da nun eine Vierergruppe an Gästen eingetroffen ist und durch unser Rutschen nach rechts von uns nun nur noch 3 Plätze sind. Zuerst werden wir gebeten uns wieder zurückzusetzen, wobei aber direkt nachgegeben wird nachdem wir sagen, dass wir uns eigentlich genau unsere jetzigen Plätze bei der Reservierung am Telefon gewünscht hatten. Kurz darauf kommt ein weiterer Herr und unterhält sich mit meiner Freundin während ich mich dem Horenso & Truffle widme. Auf halbem Ohr bekomme ich nur seine Aussage mit „… ach, dann müsst ihr jetzt gehen“. Es ist dann nur ein Scherz gewesen aber ich saß ab da in Schockstarre da, ob wir jetzt tatsächlich rausgeworfen werden, weil wir auf dem falschen Platz sitzen? Der Leiter des Service bemerkt es, entschuldigt sich für den „Scherz“ und setzt uns an ebenbürtige Plätze und spendiert uns Drinks. Leider geht auch ihm etwas Feingefühl ab nachdem er meiner Freundin einen Vodka-basierten Cocktailshot fast aufnötigen will („schmeckt wirklich nicht nach Vodka“) und erst ablässt nachdem meine Freundin mehrfach versichert Vodka physisch nicht zu vertragen. Dann gibt es eben den Weißwein der meiner Freundin besonders gefällt. Der Abend geht ab da wieder entspannt weiter und es bleibt zum Glück nur bei einer Episode, die mich nicht mehr weiter beeinträchtigt.
            Ab dort teilen wir uns noch das Samba Steak, welcher der absolute Favorit meiner Freundin ist. Ein sehr schöner Aufschnitt eines Entrecote Steaks mit Olivenöl und Kirschtomaten.



            Ebenfalls selten wiederstehen können wir den Butterfisch Taquitos, die weiterhin fantastisch nach Olivenöl, leichten Trüffel-Akzenten und schmelzigen Butterfisch schmecken. Der Sushi-Meister präpariert vor uns Sushi mit Seeigel aus einer Box (eingeflogene Ware aus Kanada meine ich). Da ich mit Seeigel aus der Box noch ein sehr hervorragendes Erlebnis im Chef’s Table at Brooklyn Fare verbinde (dort war er damals vom Tokyo Fischmarkt eingeflogen mit einer faszinierenden Geschmacksqualität die zuerst der Foie Gras ähnelt und wonach die Meeresgischt am Geschmack einsetzt), komme ich nicht umhin hier ebenfalls die Nigiri-Form zu probieren. Die Qualität ist überzeugend, aber der Chef’s Table wird es dann doch nicht ganz.



            Ein Ceviche Classico bietet mir noch ansprechende Produktqualität und ein herrliches Spiel aus frischem Fisch, leichten Zwiebelakzenten und Säure durch Zitronensaft. Desserts haben wir hier noch nicht probiert, dafür ist der Rest der Karte und die Möglichkeit einem „Sharing“-Konzept zu folgen einfach zu ansprechend.

            Fazit: Abermals erleben wir hier einen tollen Abend in einer japanisch-südamerikanischen Cross-Over-Küche. Kulinarisch erleben wir keinen Ausfall, alles ist wohlschmeckend und mit einer gewissen Basisqualität versehen. Den Aussetzer im Service möchte ich nicht überbewerten, es bleibt hoffentlich eine einmalige Sache. Alles in allem wird es mich sehr wundern, wenn dieses Restaurant im Guide Michelin keine Empfehlung erhält. Der Abend schlägt mit €144 für zwei zu Buche.
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            • #21
              Und über ein weiteres Restaurant möchte ich berichten, auch wenn wir uns hier jetzt deutlich abseits von (Casual) Fine Dining-Wegen befinden. In Berliner Foodie-Kreisen zieht zuletzt das Projekt Khwan seine Aufmerksamkeit auf sich. Mittelpunkt dieser Küche ist nördliches thailändisches Barbeque und gelobt wird vor allem die Authentizität. Die Küche wird als etwas „wild“ („rowdy“) beschrieben und soll einfach Spaß machen.

              Das Khwan zu finden ist dann gar nicht so leicht. Vom Restaurant gibt es keine Website, nur eine Facebook-Seite, und als Adresse wird die Revaler Straße 99 angegeben – welche anstelle einer eindeutigen Adresse in Berlin das RAW-Gelände an der Warschauer Brücke beschreibt. Schwerpunkt dieses Areals sind Clubs und Bars mit Namen wie „Haubentaucher“, „Zum schmutzigen Hobby“, „Suicide Circus“. Das Areal ist in der Tat auch eher schmutzig einzuordnen, Zartbesaitete haben es hier nicht leicht.

              Das Khwan finden wir dennoch nach einer Minute, es hatte gereicht dem Rauchgeruch zu folgen. Angekommen kann ich meinen Augen nicht trauen. Wir sitzen drinnen in einer großen „Holzhütte“, die man genauso gut auch als Backpacker-Hostel in Nordthailand hätte identifizieren können. Das Publikum ist entsprechend alternativ angehaucht, Jeansjacken der 80er und 90er sowie weiße Adidas-Schuhe sind wieder in. Der Großteil spricht Englisch. Meine Laune fällt zu dem Zeitpunkt etwas ab, da ich in so einem Setting kein ansprechendes Essen vermute. Zudem ist der niedrige Tisch etwas unbequem.

              Wir entscheiden uns für das umfassende BBQ-Menü für zwei für ca. €55, so günstig ist es hier dann doch nicht wie es visuell den Anschein hatte.

              Was ab da folgt ist dann eine 180-Grad-Wendung. Es werden uns auf simplen Tellern schmackhafte, heiße (!) Grillgerichte gleichzeitig aufgetischt, die mit ihrer Mischung aus Säure, Schärfe, Süße und Röstaromen verführen.



              Da ist zum Beispiel eine gegrillte Hähnchenkeule in einer sehr ansprechenden Süß-Sauren-Sauce. Mein Gaumen ist fasziniert und so langsam verstehe ich inwiefern sich dieses Essen als „wild“ bezeichnen lassen kann. Ich esse mit den Fingern, mit Messer und Gabel komme ich hier nicht weit.



              Das Highlight werden dann Schweinerippchen, die hier appetitlich am Knochen geschmort sind. So bissfest und knackig (!) sollten Rippchen ab jetzt immer sein. Dazu sind diese am Knochen noch heiß. Eine schmackhafte Honig-basierte Sauce lackiert diese Rippchen. Dieser Teller ist eine wahre Wonne. Leider habe ich kein besseres Foto gemacht.



              Auch ein Curry mit Schweinebauch und Apfel “Huang Lay“ ist eine tiefe Wonne und reich an Umami-Geschmäckern. Cashew-Nüsse geben hinreichend Crunch hinzu. In der Menge ist es mir dann aber doch am Ende etwas zu viel.



              Bei solchen Philosophien verwundert es dann nicht, dass diese auch hin und wieder kippen können. Die kalten Gerichte fallen nämlich etwas ab. Ein Papaya-Salat besteht aus sehr, sehr viel Papaya-Hobeln und schmeckt nach sehr viel geschnittener Gurke in süß-saurer Sauce. Die gegrillte Aubergine ist schlicht und einfach eine von außen verbrannte Aubergine, die kalt von innen ist was ihr die Wonne etwas raubt. Das Onsen-Ei ist gut gemacht aber nunmehr kalt ebenfalls nicht das Höchste der Gefühle.



              Aber über diese Schwächen kann ich hinwegsehen. Wer sich einmal an den aktuellen internationalen „Puls der Foodie-Szene“ Berlins bewegen will soll sich hierdurch explizit angesprochen fühlen. Ich empfehle es dann aber vorwiegend bei den Fleischgerichten zu belassen und etwas Toleranz für intensivere Geschmacksbilder in Richtung süß / sauer / scharf mitzubringen. Nicht zuletzt muss man sich natürlich auf das Areal und Publikum einlassen, welches es wohl mit der Speerspitze der Hipster-Bewegung aufnehmen will. Wer sich das alles traut der wird mit einem der schmackhaftesten Barbeque-Erlebnisse belohnt, die mir in Berlin begegnet sind.
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              • #22
                Und noch einen Bericht habe ich für Berlin zu bieten. Jetzt wieder das klassischere Fine Dining. Vor einiger Zeit plagte mich Sonntagabends die Lust nach gutem Essen – zur Abwechslung keine Burger, Pizza, Pasta oder Vietnamesisch, wie man sie alle in Berlin so oft antrifft. Passenderweise habe ich nun schon mehrere Empfehlungen von anderen gastronomisch ambitionierten sowie schon hochdekorierten Restaurants zum Restaurant Schwein in Mitte erhalten und passenderweise ist „das Schwein“ auch Sonntagabends geöffnet. Im Gault Millau wird dieses Restaurant mit 15 Punkten gelistet, im Guide Michelin hingegen gar nicht.

                Das Restaurant enttarnt sich als sehr schön eingerichtet und relativ groß. Fokus ist tatsächlich eher eine Weinbar als ein Restaurant, mit Gin als „drittem Standbein“. Wenn, dann sollte man es wohl dann auch eher mit der Rutz Weinbar vergleichen, welche für mein Empfinden im Erdgeschoss zwar (bei meinen Besuchen bislang sehr gutes) Essen anbietet aber auch eher den Fokus auf Weine gelegt hat. Und, so viel nehme ich hier schon einmal vorneweg: Auch im Schwein sitzt wirklich jede der Wein- und auch Gin Tonic-Empfehlungen zielsicher und es wird auch bevorzugt im höheren Qualitätssegment empfohlen – konkret heißt das eher „Große Lage“ als „Gutswein“. Für vinophile Genüsse ist für mich das Schwein daher uneingeschränkt zu empfehlen.

                Aber ich bin ja wegen dem Essen hier. Hoffnung macht hier vorneweg ebenfalls, dass der Koch zuvor 3-Sterne-Erfahrungen gesammelt hat u.a. im damaligen Restaurant Daniel in NYC. Wir kommen im Verlauf des Abends mit einem der Inhaber ins längere Gespräch der uns auch nochmal den Einblick gibt, dass die Küche eigentlich anfangs gar nicht im Fokus stand und über den neuen Koch jetzt vermehrt Gäste nur wegen dem Essen kommen. Man hatte vorher eigentlich als reine Weinbar kalkuliert, die nebenbei Knabbereien anbietet. Die Küche ist regional-saisonal geprägt. Es gibt hier Überraschungsmenüs (4 Gänge €55, 5 Gänge €65) aber wir wählen à la Carte.

                Als Vorspeise entscheide ich mich für Landei | Erbse | Minze (€12). In einem tiefen Teller kommt ein tiefer (Dashi?)-Sud in welchem knackige Erbsen schwimmen. Obenauf thront das Ei, welches beim Anstechen flüssiges Eigelb preisgibt. Die Idee ist hier wohl, dass sich das Ei mit dem Sud schmackhaft vermischt und die Erbsen die Knackigkeit mitgeben (von der Minze merke ich geschmacklich nicht so viel). Das funktioniert einigermaßen, bewegt sich aber nicht im außergewöhnlichen Bereich. Dazu müsste der Sud noch einmal bedeutend an geschmacklicher Tiefe oder an Würze hinzugewinnen. Trotzdem ein ganz guter Auftakt.



                Meine Begleitung wählt Ceviche | Fenchel | Apfel (€12,5). Löst auch keine Begeisterungsstürme aus, dafür fehlt die typischere Säure. Gefrorenen Kugeln (aus Apfel?) kann ich ohnehin selten etwas abgewinnen. Positiv gefällt der Forellenkaviar.


                Die Speisen lassen uns mit noch relativ großem Hunger zurück und ich gerate in Sorge, dass sich dies durch das Menü durchzieht. Als Spontanreaktion bestelle ich noch Brot und Butter und wir erhalten etwas später (das Brot wird frisch gebacken) sehr schönes, luftiges und dennoch schmackhaftes Kartoffelbrot. Eine Wonne.



                Beim Hauptgang entscheide ich mich für Lamm | Rettich | Graupen (€28). Der Teller hat durch die Graupen etwas Berliner Bio-Esprit an sich, das Lamm ist sehr gut geschmort und bringt den Lammtypischen Geschmack mit. Obenauf sorgen die Graupen für Biss und etwas Käse für Schmelz. Der Käse ist mir mit der Zeit leider zu intensiv und ich wische ihn zur Seite. Das Lamm schmeckt gut, mit seiner Lamm-typischen Intensität. Was man leider auf dem Foto nicht sieht: Der Teller besteht aus zwei Lamm-Portionen, der untere besteht dann aus einem sehr fettigen Teil – dieser bringt leider mehr die negativen glibbrigen als die positiven geschmacklich tiefen Seiten von Fett hervor. Ich lasse den Teller ab da stehen – weiter schmeckt mir diese mächtige Portion leider nicht mehr. Der Service ist sichtlich bestürzt (es werden später Getränke auf der Rechnung gestrichen) und sehr offen für mein Feedback. Im Gespräch erzählt mir der Service der Koch nimmt von lokalen Produzenten die Fleischschnitte die gerade verfügbar sind: Wenn es ein Filet ist, ist es ein Filet, wenn es ein anderer Schnitt ist, dann eben der. Was den Service augenscheinlich enorm stolz macht, trifft persönlich nicht unbedingt meinen Geschmack. Wenn ich ins Restaurant gehe, dann finde ich es anders herum toll, wenn der Koch sich an Mindestqualitäten orientiert und bei geringeren Qualitäten das Gericht schlicht nicht mehr anbietet. Aber da prallen wohl zwei Ideologien aufeinander.



                Meine Begleitung wählt das Potsdamer Weideschwein | Kohl | Kraftbrühe (€29). Zum Star des Gerichts wählen wir einstimmig die unscheinbare Kohlroulade rechts, welche mit Schweineinnereien gefüllt ist. Ein herrlich intensiver Biss der die Stärken der Fleisch- und Kohlwelt mühelos vereint und sternewürdig ist. Auch die Kraftbrühe erinnert mich an kalte Wintertage und gefällt. Das Fleisch ist leider sous-vide gegart (gut, das wussten wir aus dem Gespräch schon vorher) und entgegen der Beteuerungen des Services bei der Bestellung auf die zu trockene Seite geraten. Unter dem Strich ein guter Teller, der aber in der Portion etwas zu groß ausfällt und auch etwas verkopft wirkt: Ohne knackige oder „Crunch-Elemente“ scheint hier kein Teller aus der Küche zu gehen.



                Der Abend ist aber weiterhin entspannt und die tollen Weine erheitern weiterhin die Stimmung, sodass wir beide noch das Dessert probieren, welches vom Service als „klassisch / schokoladig“ angekündigt wird. Und zwar Schokolade | Getreide | Erdbeere (€11 jeweils). Und hier stimmt jetzt einmal (fast alles): Die Schokolade besteht aus einem herrlichen Fondant, der angestochen sofort in Dunkelschokolade ausläuft. Rechts und links passt dazu sehr gut eine Getreidecreme, welche eine sehr schöne Konsistenz ähnlich einer gelungenen Creme Brulee aufweist. Und auch die rosaroten Erdbeer-Schwämme fügen sich sehr schön ein. Toll! Lediglich die Getreidekörner oben drauf – vermutlich wieder für den Crunch hinzugefügt – braucht es aus unserer Sicht nicht.



                Mit glasweisen Weinen beenden wir den Abend bei €180 (das Essen müsste hiervon ca. €110 ausmachen), was ich persönlich dann doch als eher teuer für einen Abend empfinde. Aber da hatten wir wohl selber mit unserem Wein- und Gin Tonickonsum auch nachgeholfen.

                Unter dem Strich bin ich mir noch etwas unschlüssig wie ich diesen Besuch einwerten soll. Stilistisch ist es nah dran am Restaurant Gustav in Frankfurt sowie, mit seinem regionalen Unterbau, auch stellenweise dem Einsunternull in Berlin. Für uns hatte leider nur das Dessert und die Kohlroulade Sternequalität, der Hauptgang meiner Begleitung sonst Empfehlungsqualität. Auf Basis unseres Besuchs fände ich daher auch die 15 Punkte im Gault Millau zu hoch gegriffen. Nichtsdestotrotz zeigt die Küche ohne Zweifel eine absolut makellose Technik und braucht vielleicht nur noch den Schubser in die richtige Richtung um sich vom Kopfzwang „wie baue ich noch Textur XYZ in meinen Teller ein“ loszulösen. Gemeinsam mit etwas mehr Produktfokus sehe ich hier großes Potenzial für die Küche voll durchzustarten. Zudem möchte ich auch noch einmal betonen was für einen schönen Abend man hier haben kann. Wer dem Wein oder Gin zugeneigt ist kommt aus meiner Sicht zukünftig ohnehin nicht mehr an dieser Adresse vorbei.
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                • #23
                  Habe vor kurzem einen sehr wohlmeinenden Bericht von Herrn Dollase (dessen Meinung zu kulinarischen Fragen ich sonst nicht immer teile bzw. nachvollziehen kann) in der FAS zum "Chez Maurice" im Bötzow-Kiez gelesen, das ich vor einiger Zeit, genau genommen Anfang Juni 2013, besucht habe (siehe Kurzbericht in diesem Thread), den ich in allen Punkten nachvollziehen konnte. Manchmal scheinen die deutsche Kritikerinstanz und ich dann wohl doch auf einer Wellenlänge zu liegen...

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                  • #24
                    Interessant, werter EGG, ich habe mir gerade die Website angesehen und das "Chez Maurice" schaut nach einem Restaurant aus wo explizit Französisch nach Gastwünschen gekocht wird. Ich habe in letzter Zeit merkwürdigerweise wieder eine Lust auf Hummer entwickelt, aber wo kriege ich den gut zubereitet her (selber traue ich mir das nicht zu)? Sie scheinen mir da für Berlin die richtige Adresse aufgetan zu haben

                    Aktuell wird in Berlin viel über das Lode & Stijn geredet, ich habe reserviert und bin schon einmal gespannt.

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                    • #25
                      Mir war gerade aufgefallen, dass mein Fazit zum Lode & Stijn noch aussteht. Ich verzichte jetzt einmal auf große Ausführungen - im Internet findet sich mit einer simplen Google-Suche schon genug: Das Lode & Stijn (der Name entspricht den beiden holländischen Inhabern von denen einer in der Küche steht und der andere den Wein ausschenkt) kocht einen ansprechenden Stil, der fast schon etwas brav ausfällt (u.a. Rindertartar mit Toast, Ente mit einer Honig-Glasur, Hähnchenfilet mit Sellerie) und einen Liebhaber klassischerer Küche wie mich positiv stimmt. Zur Auswahl gibt es nur ein einheitliches Menü, welches auch online vorab einsehbar ist. Ursprünglich war dieses Restaurant eine heiße Empfehlung von Einsunternull-Inhaber Ivo Ebert und somit hatte ich auch eher mit einem kreativen Restaurant gerechnet aber hier wird das "Hipstertum" auf dem Teller angenehmerweise eingeschränkt. Das gilt aber nicht für das Glas an welchem der Sommelier uns durchaus kreativere Orange Wines, Bier oder Cidre kredenzt - kann manchmal sehr gut aufgehen, muss aber nicht immer. Vorbildlich aber, dass der Sommelier sich sehr flexibel gibt - Bier statt Wein einzubauen, halbe Begleitungen oder Begleitungen nur mit Weißwein sind gar kein Problem für ihn. Kenntnisreich nimmt er sich zudem Zeit auf jeden Wein einzugehen und diesen kurz zu diskutieren anstatt gehetzt weiterzurennen (wie oft woanders üblich). Das ist modern und vorbildlich. Etwas Enttäuschung ist ihm anzumerken, dass wir seine Empfehlung zum Dessert, den Birnen-Cidre "Poiré" von Eric Bordelet, bereits aus dem Moissonnier kennen und damit wohl seinen Geheimtipp vorweg nehmen. Einen Kritikpunkt habe ich zudem: Die Heizung im Winter könnte ruhig ein paar Grad wärmer gestellt sein.

                      In Summe ist das Lode & Stijn ein Laden in dem man einen sehr schönen Abend in lebhafter Atmosphäre (empfehlenswert für einen Abend mit Freunden oder als Date mit ansprechender Begleitung) mit guter Küche verbringen kann, ich würde eine Empfehlung im Guide Michelin als angemessen empfinden auch wenn diese für 2018 noch aussteht. Ich bezahle für 2 Personen €250 (5 Gänge entsprechen €58 p.P., die zugehörige Weinbegleitung €38 p.P., ein zusätzlicher Käsegang €9) was ich für das Niveau etwas teurer - da fast schon auf Augenhöhe mit besternten Adresse in Berlin - aber noch im Rahmen empfinde. Wer das Geld übrig hat kann dies durchaus zu seinem Stammrestaurant machen. Auch wir werden im neuen Jahr wiederkehren.

                      Noch ein Nebensatz zum Guide Michelin in Berlin: Neben dem Lode & Stijn sind den Inspektoren des Guide Michelin anscheinend noch weitere Adressen entgangen - 893 Ryotei und Golden Phoenix (14 Punkte im Gault Millau) hätten es beide mehr als verdient gehabt. Das Konzept beider unterscheidet sich zudem nicht genug vom Moriki in Frankfurt (außer die niedrigeren Preise) um zu rechtfertigen warum es in Frankfurt für eine Empfehlung reicht aber in Berlin nicht.

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                      • #26
                        Lieber frab, danke für das Berlin Update.
                        Den Birnen Cidre kenne ich auch - habe ihn bestimmt schon drei oder vier Mal in Weinbegleitungen oder als Aperitif bekommen - mit dem Wort Geheimtipp ist das natürlich immer so eine Sache... ;-)
                        Habe in dem Zuge nochmal Ihre vorherigen Berichte gelesen (muss ich beim Erscheinen übersehen haben), das Schwein ist ja inzwischen Geschichte, das bisherige Team hatte - wenn ich mich richtig erinnere - irgendwas neues im Westen der Stadt in Planung. Ich war ja im Juli dort (hatte ich im CODA-Bericht kurz erwähnt). Ich fand die Lage des Restaurants schön, weil ziemlich am Hot Spot, aber wegen der Seitenlagenstraße etwas ruhiger.... Der Nachfolger "Slate" hat ja inzwischen dort eröffnet.

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                        • #27
                          Lieber QWERTZ, mir ist der besagte Cidre auch schon mehrfach rund um die Welt begegnet. Ich habe sogar zuhause eine Kiste und davon nochmal eine Flasche gekühlt im Kühlschrank liegen, da dieser Cidre insbesondere unseren Gästen und Freundin als leichtere Alternative zu Weißwein oder Sekt zusagt und bin deswegen so gut damit vertraut. Das Wort "Geheimtipp" ist daher nicht so gemeint als wäre dieser Cidre eine Rarität. Ich wollte damit eher darauf anspielen, dass der Sommelier schon zu einer epochalen Rede zu "etwas ganz feines aber ungewöhnliches zum Dessert, was man so nur selten erhält und mir außerordentlich gut gefällt" angesetzt hatte und dann sichtlich enttäuscht war, dass uns seine Empfehlung bereits geläufig war.

                          Das das Schwein mittlerweile Geschichte ist wundert mich ehrlich gesagt nicht. Von innen sah das Restaurant etwas nach "zu groß dimensioniert" kalkuliert aus - viele leere Plätze, Öffnungszeiten am Sonntag (wir waren damals vielleicht 8 Gäste auf über 50 Plätze) und die leere Seitenstraße als Lage haben mich schon vermuten lassen, dass es hier betriebswirtschaftlich schwer wird. Die aufgerufenen Preise müssen Gäste in Berlin-Mitte auch erst einmal bezahlen. Man darf nicht vergessen, dass der Großteil in der Umgebung (ich wohne nicht weit weg) immer noch Burger, Vietnamese, Pizza, türkischen Grill zu geringen zweistelligen Beträgen anbietet. Für die Preise muss man den Gästen dann m.E. im Konzept mehr anbieten als ein weiteres "brutal regional mit geilen Weinen und Gins", um auch ausreichend zahlungskräftige Kundschaft anzuziehen. Das Ernst hat diese "wir sind im dinner club entstanden und unser 20-jähriger Koch war in den Dreisternern der USA und Japan"-Geschichte, das Nobelhart & Schmutzig waren die Ersten und haben Billy Wagner und Michelin-Stern als Zugpferd, das Rutz ist auch über die Weinbar schon hinreichend bekannt gewesen und dazu doppelt besternt, das Lode & Stijn liegt in einem besser besuchten Bereich in Kreuzberg und bietet holländisch orientierte Küche (kriegt man ja in Berlin auch nicht oft?). Das sind alles konzeptionelle Vorteile, die das Schwein m.M.n. so nicht angeboten hat. Hier hätte dem Schwein m.E. ein Stern sehr geholfen um hinreichend sichtbar zu werden, aber es hat halt nicht geklappt. Aber genug damit von meiner Seite.

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                          • #28
                            edit: Bericht zum Grill Royal in den entsprechenden Thread verschoben.

                            Kommentar


                            • #29
                              Cordobar

                              Die Schmach von Córdoba sitzt bei vielen deutschen Fußballfans tief. Gegen Österreich 1978 in der Zwischenrunde der Weltmeisterschaft zu unterliegen und dann auszuscheiden, ist ein Stachel, der auch heute noch weh tut. Wenn ein Österreicher in Berlin eine Weinbar aufmacht und dieses Ereignis der Namensgeber ist, kann man sicher sein, dass dieser Schmerz weiter befeuert wird. Dazu muss man nur auf die Männertoilette gehen, die in einer Dauerschleife mit der Originalmoderation des Spiels aus dem ORF beschallt wird.

                              Nun bin ich kein ausgewiesener Fußballfan und deutsch-österreichische Animositäten sind mir auch fremd. Ich mag diesen Humor, ebenso wie die Krankl-Devotionalien oder die Möpse an der Wand.

                              Heute ist die „Cordobar“ eine der bekanntesten und immer noch angesagtesten Weinbars Deutschland, was sicherlich auch mit den Betreibern zu tun hat. Gerhard Retter ist mittlerweile vielen aus der TV-Show „Grill den Henssler“ bekannt. Einen Namen in der Gastronomiewelt hat sich der gebürtige Steirer aber als Sommelier gemacht in der legendären „Aubergine“ von Eckart Witzigmann, später bei Freddy Giradet, Gordon Ramsey und im „Lorenz Adlon“ in Berlin. Als Partner gesellen sich seit 2013 Christoph Ellinghaus, Musiklabel-Chef, und Jan-Ole Gerster, Filmregisseur und Drehbuchautor dazu.

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                              Interieur

                              Uns ist klar, dass die „Cordobar“ mehr Weinbar als Restaurant ist und das ist an diesem Tag, nachdem wir bereits ein umfangreiches Mittagessen genießen konnten, auch genau das, wonach uns ist. Dass wir trotzdem zumindest nicht gänzlich ohne Erwartungen kommen, hat auch damit zu tun, dass die Betreiber mit den bisherigen Küchenchefs auch einen gewissen Anspruch dokumentierten. Bis Anfang 2017 setzte in der Küche Lukas Mraz, Sohn des in Wien mit 2 Sternen ausgezeichneten Markus Mraz, den Maßstab. Er kreierte unter anderem die berühmte Blutwurstpizza. Heute hat die Schachtel, in der sie serviert wurde, einen Ehrenplatz an der Wand hinter der Theke. Handschriftlich hat man darauf vermerkt : „R.I.P.“. Wie gesagt: ich mag diesen Humor.

                              Mraz' Nachfolger wurde der Holländer Waal Stemeberg, der in seiner Vita unter anderem sieben Jahre im 3 Sterne Restaurant „De Librije“ von Jonnie Boer vorweisen kann.

                              Die Karte listet Kleinigkeiten zum Snacken auf (3-5€) und einige etwas größere Gerichte (ca. 11-19€). Alles ist zum Teilen gedacht, vieles zum mit den Fingern essen. Man bestellt etwas und wenn man Lust hat, später noch etwas. Das läuft hier ganz unkompliziert.

                              Zu den ersten offenen Weinen, unter anderem einem „Kalk & Kiesel“ von Claus Preisinger, bestellen wir ausgezeichnetes Brot mit einer locker aufgeschlagenen Butter, die mit Yuzu aromatisiert ist. Dazu Kohlrabiröllchen mit Koji-Speck gefüllt und Kamille bestäubt. Das schmeckt würzig, aber etwas undefinierbar. Speck ist nicht explizit auszumachen.
                              Die Schweineschwarten sind krachend knusprig und mit Tomatenpuder üppig bestäubt. Die Parmesancreme zum Dippen dazu ist recht mächtig, aber zusammen schmeckt das sehr gut.

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                              Brot & Butter

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                              Kohlrabi, Koji-Speck, Kamille

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                              Schweinechip, Tomate, Parmesan

                              Aus der umfangreichen Weinkarte mit Schwerpunkten in Deutschland und Österreich entscheiden wir uns für einen Wein aus Südafrika, einen Chenin Blanc von Luddite. Die Karte ist zwar reich bestückt, allerdings im unteren und mittleren Preissegment überwiegend ausgetrunken und man ist dann doch recht schnell im Bereich ab 60 Euro, wenn man etwas halbwegs anspruchsvolleres trinken möchte. Das schränkt den Genuss dann doch ein wenig ein.

                              Ungetrübt allerdings ist der Genuss der Rippchen, die als nächstes folgen. Sehr zart das Fleisch, köstlich die Marinade mit Nüssen. Separat gibt es einen ebenso lecker abgeschmeckten Spinatsalat.

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                              Rippchen, Spinatsalat

                              Nach einer Pause bestellen wir uns noch aus den Snacks die Mungobohnen-Krapfen mit Kartoffeldressing. Sie sind ähnlich wie Falaffel und mit einer guten Schärfe ausgestattet.

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                              Mungobohnen Krapfen, Kartoffelchutney

                              Der nächste Gang ist eher enttäuschend. Sepia ist angekündigt mit Chicorée, einem Wienerdressing, unter dem ich mir nichts vorstellen kann sowie mit Anis und Estragon. Beides ist deutlich zu schmecken und auch der Chicorée ist klar erkennbar. Im ersten Moment halte ich die Anordnung der Salatblätter für eine Sepiatube. So täuschend sieht das auf dem Teller aus. Beim Entblättern dann allerdings nur ein klein geschnittener Salat – und kein Tintenfisch. Ich bin irritiert, suche, suche weiter, dann frage ich. Der Service ist so freundlich, mir die Sepie zu zeigen. Sie ist so fein geschnitten, dass man sie kaum mit dem Auge erkennt und nicht wirklich erschmecken kann. Ein klassischer Fehlgriff, wenn man ein warmes Gericht erwartet und einen Tintenfisch, der gebraten oder sonst wie zubereitet, aber zumindest als solcher erkennbar ist.

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                              Sepia, Chicorée, Wienerdressing, Anis, Estragon

                              Trotz der Kleinigkeiten ist der Appetit weitestgehend gestillt, aber Lust auf etwas Süßes ist dennoch da. Zum Obstbrand gönnen wir uns eine Tafel aus der wunderbaren steirischen Schokoladenmanufaktur Zotter, die hier in einer Sonderedition für die „Cordobar“ mit dem Namen „Restalkohol“ gefertigt wird. Der Name spielt zum einen auf die weinhaltige Füllung an, aber auch auf das Motto, das in Neonschrift an der Wand prangt: „Restalkohol is a powerful drug“.

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                              Zotter Schokoriegel "Restalkohol"

                              Es war ein schöner Abend in der „Cordobar“. Das Ambiente ist unkonventionell, das Publikum international, der Service freundlich und hilfsbereit. Das Essen ist für eine Begleitung zum Wein in Ordnung, aber nicht weltbewegend. Die Hauptrolle spielt hier definitiv der Wein. Der allerdings ist eher hochpreisig angesiedelt. Das muss aber vielleicht auch so sein, wenn einige Teilhaber und Angestellte in dieser Bar nahe der Hackeschen Höfe auch etwas verdienen wollen. Es gibt scheinbar genug zahlungskräftiges Publikum, das hier bereit ist, diese Preise zu bezahlen. Ob ich es ein weiteres Mal bereit bin, muss ich noch überlegen. Aber vielleicht ist das ja auch schon die Antwort.


                              Bericht wie immer auch auf meinem Blog unter: http://tischnotizen.de/cordobar-berlin/

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                              • #30
                                Lieber thomashaj, vielen Dank für den schönen Bericht. Die Küche war unter Lukas Mraz meines Erachtens nicht besser aber deutlich kreativer und mit mehr Mut die Grenzen zu übertreten, was manchmal aber manchmal definitiv auch nicht gelungen ist. Die Küche aktuell ist "braver" aber für meine Begriffe gut.

                                Ich war Samstag auf der Heimreise spontan wieder da, um noch eine Flasche Wein zu genießen (vorher abermals hervorragend im 893 Ryotei in Chalottenburg gegessen) und habe mich dort an Ihre Worte erinnert. Unter der Kategorie Großes Gewächs wird es in der Cordobar zunehmend schwer Weine auszuwälen - vieles spannendes ist schon ausgetrunken. Eine Auffrischung der Weinkarte würde insofern nicht schaden. Trotzdem ist es für Berliner schön einen solchen Laden zentral zu wissen, der einerseits Qualität anbeitet aber andererseits auch am Wochenende später (nach 22 Uhr) noch offen hat. Das Rutz ist mir in der Hinsicht zu steif bzw. oft auch einfach zu früh (ich meine ab 22h) zu.

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