Ankündigung

Einklappen
Keine Ankündigung bisher.

Restaurant Tim Raue**

Einklappen
X
 
  • Filter
  • Zeit
  • Anzeigen
Alles löschen
neue Beiträge

  • Berlin equals Besuch bei Raue. So auch Ende Mai bei meiner Berliner Stippvisite. Alles neu macht der Mai, allerdings nicht im Restaurant Tim Raue. Das große Menü ist nahezu identisch zum letzten Jahr, weswegen ich mich diesmal für das Signature-Menü plus Peking Ente Tim Raue entscheide.

    Los geht es mit einer Schälchen-Inflation am Tisch, die dem Gaumen beim Auftauen helfen. Von süß, salzig, sauer bis scharf ist da alles gut gemischt vertreten. Allesamt lecker, wenn auch sich der betriebene Aufwand doch in Grenzen hält – aber wenn’s schmeckt stört das ja auch nicht.


    Als flüssigen Begleiter wähle ich eine Flasche „Jaspis“ Grauer Burgunder von Ziereisen mit dem Jahrgang 2011 für 114€. Erster Gang sind drei übersichtliche Scheiben gebeizte und leicht gedämpfte Jakobsmuschel, grüne Melone in einem säuerlichen Sud aus Holunderblüte und Reisessig. Den scharfen Kick gibt dann grüner Thai-Pfeffer.


    Als nächstes dann wohl eines der drei bekanntesten Signature-Dishes bei Tim Raue. Gedämpfter Zander in 10 Jahre alter Kamebeshi-Soja-Sauce. Dazu Frühlingslauch und eingelegter Ingwer. Der Zander kommt dampfend aus dem Bastkörbchen auf den Teller. Aus dem Kännchen darf sich dann die betörende Sauce dazugesellen. Jede Scheibe fällt butterzart von dem Zander ab – Tiefe gibt die herrliche Sauce, die bis zum letzten Tropfen gelöffelt wird.



    Der Wasabi-Kaisergranat ist sicher das zweite bekannte Signature-Dish. Ein mit Teig ummantelter Kaisergranat mit Wasabi-Mayo Topping. Darunter ein Spiegel aus Mango, Fischsauce und Karotte. Zusätzliche Textur geben die grünen frittierten Reiskörner. Nicht umsonst ein sehr bekanntes Gericht, das einfach unglaublich viel Spaß macht und trotz der schweren Mayo frisch und scharf auf die Pauke haut. Das Glas Wehlener Sonnenuhr von Prüm ist mit seiner Süße dazu einfach herrlich.


    Jetzt schwenke ich auch schon zu den Fleischgerichten. Hier mit einer im Lotusblatt gebackenen Perlhuhnkeule, confierte Pilze, Feldsalat und eine Reisessig Vinaigrette. An sich ein schönes Gericht, das aber auch keine Begeisterungsstürme bei mir auslöst.


    Eigentlich als Hauptgang habe ich einen butterzarten Dong Po Schweinebauch. Dieser hat eine unverkennbare Sternanis-Note. Die Beilagen geben dem Gang viel Frische mit Wassermelone und Mandarine. Der Gang macht mir viel Freude. Wie QWERTZ schon anmerkte, deutlich auf der eleganteren frischen Seite. Allerdings muss ich zugeben, hätte ich nicht noch die Ente Tim Raue, hätte mir ein richtiger Hauptgang irgendwie gefehlt.


    Darf natürlich nicht fehlen – die Peking Ente Tim Raue. Dabei kommt in drei Teilen die Brust, Leber und ein betörender Sud aus Innereien an den Tisch. Nicht zu Unrecht sein absolutes Signature-Dish. Lediglich die Leber war mir diesmal ein bisschen zu salzig abgeschmeckt.




    Nach einem süßen Gruß folgt das Dessert mit einem Macadiama Karamell Röllchen, Quitten-Sorbet und eingemachte Quitte mit Passionsfrucht und Safran. Ein sehr gelungenes Dessert mit dem Spiel aus Frucht, Süße, knackiger Textur und dem Safran-Aroma.


    Den Blick auf zwei schwedische Besucher, die mit der Menge der Weinbegleitung kämpfen und schon am Tisch einschlafen, „versüßen“ mir dann drei Schälchen, die aber nichts Nennenswertes enthalten.


    Auch mein diesjähriger Besuch bei Tim Raue weiß zu gefallen. Das Publikum ist international, das Ambiente locker, der Service ist nach wie vor professionell und zuvorkommend. Ich freue mich mit dem Restaurant Tim Raue ein Restaurant mit so eigenständigem Stil und internationaler Aufmerksamkeit bei uns zu haben. Gerade die drei Signatures Zander, Kaisergranat und Peking Ente sind nach wie vor großartig – die anderen Gänge konnten da allerdings nicht mithalten. Bei den Portionsgrößen am Abend hatte ich auch das Gefühl, dass seit meinem letzten Besuch deutlich „optimiert“ wurde. Kombiniert mit dem Preis für den Abend (ihr wolltet mehr über Preise hören…) von knapp 400 Öcken für meine Person (da war das volle Programm bei Bau günstiger), finde ich das schon fast grenzwertig.
    Zuletzt geändert von Junggaumen; 07.06.2017, 11:50.

    Kommentar


    • Lieber Junggaumen,

      danke für den Bericht und die tollen Bilder! Bei Raue isst man dann doch immer wieder gerne die Klassiker und die machen großen Spaß, wie du ja auch beschreibst. Ich höre aber doch eine gewisse Ernüchterung bei dir. Wenn die anderen Gerichte das hohe Niveau nicht ganz halten können, ist vielleicht auch genau das der Grund, warum eben auch der Michelin noch einen Gap zwischen Raue und z.B. Bau sieht. Und der Preis richtet sich ja nur grob an der Anzahl der Sterne. Berlin, Netflix, das internationale Publikum erlauben es Raue einfach die Preise zu verlangen. 114€ für den Ziereisen Jaspis sind, wenn man sich den Markt anschaut, auch noch im Rahmen. Vor einigen Jahren war das undenkbar, aber hier kommen halt Restaurant Hype und Winzer Hype zusammen

      M

      Kommentar


      • Werter Junggaumen, danke für Ihren Bericht und die Angabe der Preise (mich interessiert das tatsächlich).

        Ich hatte ja auf der Vorseite vollmundig meinen Besuch angekündigt, musste diesen aber leider aufgrund eines Familienbesuches verschieben. Dieser Besuch fand deutlich mehr Gefallen an einem Besuch im Kuchi in Mitte und in der Markthalle Neun als an einem Besuch bei Tim Raue - aber aufgehoben ist ja nicht aufgeschoben. Demnächst sollte es dann mit unserem Lunch so weit sein und ich habe mit mir selbst schon vereinbart alle drei erwähnten Signatures zu nehmen. Beim Rest bin ich noch unentschieden.

        Kommentar


        • Nun endlich mein Lunch-Bericht bei Tim Raue - momentan habe ich ja einiges aufzuarbeiten nach Sizilien, Moissonnier, dem Einsunternull (kein Bericht), ist mein Besuch bei Tim Raue der nächste Streich. Ein Bericht zum Dinner beim Esszimmer im Hotel Adlon steht zudem noch aus (so viel sei schon einmal verraten, es war fantastisch). Danach soll dann aber auch erst einmal eine Pause Einkehr erhalten, sollten sich keine Opportunitäten links und rechts am Weg auftun. Ich hatte mich in letzter Zeit selbst gefragt warum ich in letzter Zeit so viele Zweisterner besuche - interessanterweise reizt mich diese Restaurantklasse, von der viele ja auch sagen, dass sie weder Fisch noch Fleisch sind (wer gut essen will dem reicht der Einsterner, wer das "volle Erlebnis" will bevorzugt den Dreisterner), momentan deutlich mehr. Zuletzt habe ich in Einsternern keine durchgängig guten Erfahrungen gemacht (Bandol sur Mer, Villa Merton, mit minimalen Abstrichen Pauly Saal) und die Menüpreise sind für mein in den Zweisternern mittags nicht bedeutend höher als bei den Einsternern - das Einsunternull einmal ausgeklammert - trotzdem bemerke ich nur wenig Abstriche in der Küche. Und die großen Arien mit 6+ Gängen, wie sie abends oft kommen, brauche ich auch nicht zwingend. Als Berliner liegen die Dreisterner in Deuschland schlicht nicht opportun genug, wobei Aqua und The Table wohl in guter (Schnell-)Zugreichweite sind.

          Nun aber Tim Raue, meine "letzte große Bastion" in Berlin. Die anderen Restaurants auf diesem Niveau wie Facil, Reinstoff, Rutz, Horvath reizen mich nicht so sehr, da ich in allen sehr überspitzt diesen Bio-Esprit, Naturweine und fehlende Konstanz beim Essen vermute. Das muss gar nicht stimmen, aber so ist aktuell mein Gefühl. Nach den Berichten hier bin ich nun motiviert bei Tim Raue einzukehren, um eine Küche kennenzulernen die schlicht anders als die anderen ist und auch mit Champagner statt Sekt, bei dem der Sommelier den Winzer beim Vornamen kennt, auskommt. Bei Tim Raue muss man mittlerweile (insbesondere an Wochenenden) durchaus einige Wochen im Voraus reservieren. Das Restaurant ist bei unserem Besuch auch proppevoll, zudem mit vielen internationalen Gästen (dem Zungenschlag zu urteilen aus UK, US, usw.).



          Mittags entscheiden wir uns für 6 Gänge à €78 sowie die Zuschläge. Schon vorher werden die bekannten Petitessen aufgetischt, bestehend aus mariniertem Schweinebauch, mariniertem Kopfsalat, Cashew-Erdnüssen mit Curry und Daikon. Der Schweinebauch weiß zu gefallen, der Daikon mit Abstrichen. Das sind alles nette Knabbereien. Uns wird zudem ein feuchtes Tuch gereicht und zudem schon einmal der Apperitif. Ein Glas Champagner von Egly-Ouriet erfreut mich sehr.

          Die Weinkarte ist bemerkenswert umfassend, der Sommelier und gleichzeitiger Maître (?) Herr Macionga ist sehr souverän und bietet die Weinbegleitung (€11 je Glas), hier ist übrigens auch eine halbe Weinbegleitung möglich zum halben Preis. Da ich gerne Abwechslung mag aber öfters damit zu kämpfen habe am Ende des Gangs noch viel Wein übrig zu haben finde ich das eine tolle Option. Herr Macionga weist uns im Nebensatz noch darauf hin, dass wir ja auch gerne jederzeit aufrüsten können, "der Keller sei brechend voll".

          Als ersten Gang nehmen wir beide die fast schon berühmte Wasabi Langoustine. Was soll ich dazu lange schreiben, die Kombination aus Kaisergranat und einer pikanten leicht scharfen Mayonnaise mit etwas Crunch auf einer süßlichen Mangosauce ist eine „Winning Combo“. Obenauf gefällt zudem der Koriander von dem ein Zweig so intensiv schmeckt wie im Supermarkt ein ganzer Strauch. Sehr gut (**).



          Für den folgenden Gang hatte ich mich länger mit dem Service ausgetauscht und dann die dim sum “japanese tuna pizza" gewählt, die eigentlich ein falscher Dim Sum ist und sich als Thunfisch-Sashimi auf einem Roti-Brot präsentiert. Dazu wieder die bekannte Wasabi-Mayonnaise von eben, aber davor hatte uns der Service bei der Auswahl schon gewarnt. Diese Kombination schmeckt jedem der auch Thunfischtatar mit Guacamole und ähnliche cremige Späße mag (mich eingeschlossen). Ebenfalls ein sehr guter Gang, mir vielleicht diesmal einen Ticken zu eingängig. So eine Kombination könnte ich nicht nur hier bekommen und diese Ideen habe ich abgewandelt auch schon woanders erlebt (* bis **).



          Meine Begleitung wählt dim sum "chicken stock, scallop & bam boom ushroom” und lässt den Gang nach wenigen Löffeln stehen. Ich probiere auch einmal und kann es nachvollziehen: Die Suppe ist fad und ölig, bietet nur aufblitzende Highlights wenn man die grünen Stücke (Bambus?) mit erwischt, der „Kloß“ gefüllt mit Jakobsmuschel steuert leider nur Fischgeschmack bei ( - ). Das gefällt uns beiden nicht und wir teilen uns daraufhin die Tuna Pizza. Der Service räumt sichtlich bestürzt ab und kurz darauf ist Herr Macionga mit dem Menü bei uns und meine Begleitung darf sich aus der Karte völlig frei einen neuen Gang aussuchen. Eine tolle Geste und gut gehandled vom Service!



          Meine Begleitung wählt Sashimi salmon, kumquat & carrot und ich darf probieren: Der Lachs ist von guter Qualität, dazu ausgestanzte Möhren und das Ganze auf einer süß-sauren Sauce. Gut gemacht, sehr zugänglich aber auch eher gewöhnlich und nicht übermäßig spannend (*).



          Darauf folgt mit etwas Show pikeperch, kamebishi soy 10y, leek & ginger. Der Zander wird aus einer dampfenden Box auf den Teller mit den „wartenden“ Komponenten gehoben. Danach wird eine Sauce aus Sojasauce und Öl angegossen, die auch wieder leicht süß-sauer schmeckt. Sehr gut gegarter Fisch, eine tiefe Sauce, von der ich keinen Löffel übrig lasse. Das überzeugt (**).



          Auch der Hamachi meiner Begleitung (hamachi, jade sauce & sansho pepper) ist sehr gut und zur Abwechslung jetzt mal nicht süß-sauer. Die Portion wirkt aber in niedlicher Miniaturform (wir werden aber trotzdem satt).

          Danach dann Fullmoon pork, tomato & staranis oder auch Schweinebäckchen, die in der Präsentation etwas unbeholfen daherkommen. Das Grünzeug obenauf steuert geschmacklich wenig bei und erinnert eher an ein vietnamesisches Restaurant mit ersten Ambitionen. Das Schwein ist jedoch toll geschmort und erinnert fast an den so typischen Geschmack von Ribs. Star dieses Tellers ist jedoch definitiv die sehr tiefe, sehr pikante Umami-Bombe an Tomatensauce mit Sternanis. Zum Abschlecken gut! (** bis ***)



          Meine Begleitung schwört auf “black pepper beef, allium & p.x. vinegar“ – auch ein sehr gelungenes Schmorgericht.

          Ab hier setzt bereits die Sättigung ein, aber es wartet noch Peking duck interpretation TR, die in drei Teilen serviert wird. Das Filet kommt in Miniaturform, ist gut gegart, die Buchweizenwaffel steuert eine interessante Textur und Geschmack bei. Leider ist das Filet etwas übersalzen. Die Foie Gras-Pastete ist umzingelt von süßen Klecksen schmeckt aber leider muffig und ist mir persönlich zu eindimensional und zu mächtig. Die Suppe mit Innereien ist gelungen, die Beilagen geben einen schönen Crunch, auch hier wieder mit süß-saurem Unterton. Gut, aber als Signature würde ich dies nicht sehen (ohne die Foie Gras *).



          Als letzten Gang dann für mich, als Freund klassischer Desserts, Quince, macadamia nougat & passion fruit. Von links nach rechts ein Kompott mit Safraneinschlag, ein hervorragendes Nougat mit Crunch und ein schönes Passionsfruchteis. Das schmeckt wie eine sehr gute Cheesecake-Creme nur erfrischender und mit leicht pikanten Akzenten durch den Safran. Toll (**). Bei meiner Begleitung kommt der Käsegang nach erster Skepsis ebenfalls sehr gut an.



          Den Schlusspunkt setzt ein erfrischendes Fruchteis, dazu zum Abschluss ein Espresso, der leider nur in mittelmäßiger Qualität daherkommt (zu sauer), sich damit aber in eine lange Reihe an Fehlschlägen in deutschen Restaurants einreiht. Angesichts der fabelhaften Qualitäten, die ich in Sizilien tagtäglich für einen Euro oder oft noch weniger erleben durfte finde ich es schade, dass viele in Deutschland das nicht so gut hinbekommen aber trotzdem €4 verlangen. Sei's drum.

          Den Gang auf die Toiletten empfehle ich zudem uneingeschränkt, um dann auch solche Schmunzler zu entdecken.



          Fazit: Wie erwartet war es ein schönes Lunch auf erwartetem Niveau. Auch wenn die Portionsgrößen stellenweise visuell sehr klein erscheinen bieten sie meines Erachtens dennoch genug, sodass man auch Mittags sehr gut mit 5 Gängen auskommen kann. Der Service war wie erwähnt souverän und zuvorkommend. Zum Essen brauche ich durchaus ein paar Tage um mir selbst etwas klarer zu werden: Das Essen, und darum geht es, deutet mehrfach an wozu die Küche in der Lage ist und bietet die (für mich überraschender gar nicht so komplexe und durch mehrere Besuche in China und Südostasien schon recht bekannte) chinesisch-asiatische Küche, nur stellenweise noch raffinierter. Gleichzeitig würde ich auf Basis dieses Mittagessens auch noch nicht das Ende der Fahnenstange für Tim Raue sehen. Ohne Zweifel ist er ein sehr guter Koch, aber ein Gericht mit Drei-Sterne-Niveau (welches man ohne Ende nachbestellen würden wollen) hatten wir an diesem Mittag nicht und ich war den süß-sauren Unterton vieler Speisen, vermutlich auf Basis der in Asien sehr beliebten Fischsauce, auch irgendwann leicht überdrüssig. Nichtsdestotrotz wird hier eine Küche serviert, die so anders ist als im Rest von Deutschland, dass ich einen Besuch jedem im Rahmen der kulinarischen Bildung uneingeschränkt ans Herz legen möchte, der auch bereit ist viele neue Eindrücke aufzunehmen. Der Mittag schlägt für uns zu zweit für 6 Gänge, inklusive Aufpreise und halber Weinbegleitung jeweils, sowie mit Wasser und Espresso hiernach zu €360 zu Buche was ich im Quervergleich zu anderen Zweisternern mittags im Rahmen finde.
          Angehängte Dateien
          Zuletzt geändert von Frab; 18.06.2017, 14:26.

          Kommentar


          • Danke für Ihren durchaus differenzierenden Bericht - vielleicht haben Sie mit der Aussage:" zudem der Koriander von dem ein Zweig so intensiv schmeckt wie im Supermarkt ein ganzer Strauch" ein bisschen übertrieben.

            Sie haben diese Keimblätter des Korianders zumindest in den nächsten Tellern nicht mehr für erwähnenswert erachtet? Meiner Meinung nach sind diese von der holländischen Firma, die die meisten Restaurants in Europa beliefert... also eher Durchschnittsware was den Geschmack betrifft!

            Herr Sternentor

            Kommentar


            • Zitat von sternentor Beitrag anzeigen
              Danke für Ihren durchaus differenzierenden Bericht - vielleicht haben Sie mit der Aussage:" zudem der Koriander von dem ein Zweig so intensiv schmeckt wie im Supermarkt ein ganzer Strauch" ein bisschen übertrieben.

              Sie haben diese Keimblätter des Korianders zumindest in den nächsten Tellern nicht mehr für erwähnenswert erachtet? Meiner Meinung nach sind diese von der holländischen Firma, die die meisten Restaurants in Europa beliefert... also eher Durchschnittsware was den Geschmack betrifft!

              Herr Sternentor
              Vielen Dank! Der Koriander hat mich durchaus über mehrere Vorspeisen hinweg erfreut aber ich hatte die mehrfache Erwähnung repetitiv gefunden. Mein Einwand an Ihr Argument: Fromagerie Antony beliefert auch eine Vielzahl an Sternerestaurants rund um die Welt, für mich bleibt es dennoch keine Durchschnittsware.

              Kommentar


              • Lieber Frab,

                danke auch von mir für den sehr schönen Bericht! Einzig verstehe ich den Zusammenhang zwischen Fischose (reiner Salz- und Umamigeber) und süß-saurem Unterton nicht. Raues Idee ist ja immer eine Kombination der verschiedenen Geschmacksrichtungen anzubieten. Das kann vielleicht irgendwann langweilig werden, da alles sehr "rund" schmeckt, aber das ist so durchaus gewollt.

                M

                Kommentar


                • Zitat von Muck Beitrag anzeigen
                  Lieber Frab,

                  danke auch von mir für den sehr schönen Bericht! Einzig verstehe ich den Zusammenhang zwischen Fischose (reiner Salz- und Umamigeber) und süß-saurem Unterton nicht. Raues Idee ist ja immer eine Kombination der verschiedenen Geschmacksrichtungen anzubieten. Das kann vielleicht irgendwann langweilig werden, da alles sehr "rund" schmeckt, aber das ist so durchaus gewollt.

                  M
                  Es is schon eine Weile her, dass ich Fischsauce pur probiert habe aber ich habe sie als Zwitter aus Salz aber definitiv auch Säure im Kopf. Es ist auch nicht so sehr ein starker Kritikpunkt sondern vielmehr das Erkennen eines roten Faden durch das gesamte Menü. Ich hatte diesen süß-sauren Unterton allerdings in 4 von 6 Gängen (ausgenommen Fullmoon Pork und Dessert) und empfand es irgendwann als etwas repetitiv, insbesondere bei den Vorspeisen. Diese kamen in der Tat alle sehr gefällig und "rund" daher aber waren irgendwie alle ein bisschen vergleichbar.

                  Eine interessante Beobachtung im Bericht hatte ich noch vergessen: Meine Begleitung hatte beim Hamachi bemängelt, dass dieser zu kalt wäre (das Stück, das ich probiert hatte war lauwarm und für mich im Rahmen). Laut dem Service ist dies aber definitiv so gewollt, da der Fisch sonst zu faserig wird.

                  Kommentar


                  • In das Jahr 2018 sind wir von Gourmet unterwegs behutsam gestartet und bevor es uns nun wieder ins benachbarte Ausland zieht, ist noch einmal großes kulinarisches Kino in der Hauptstadt angesagt. Man ahnt es sofort, es kann nur um das Restaurant Tim Raue gehen. Tim Raue, den ich in seinem Flaggschiff sogar noch weniger häufig angetroffen habe, als seinerzeit Herrn Lohse im Fischers Fritz. Doch Raues Zwei-Sterne-Haus funktioniert wie am Schnürchen, mit und ohne Chef.

                    Schon damals im Restaurant 44 war ich der Überzeugung, dass Tim Raue eines Tages drei Sterne des Michelin für seine Küchenleistung erhalten wird. Im Gegensatz zum Michelin hat der Restaurantführer Gault&Millau mit 19 Punkten den Weg an die Spitze verdeutlicht. Doch die Debatte über den dritten Stern ist müßig, der rote Restaurantführer hat längst eine andere Küchenausrichtung in den Fokus genommen. Die Zukunft gehört wohl den blanken Holztischen mit begrenztem Speisenangebot regionaler Ausrichtung, als allein seeligmachend und alternativlos angepriesen.
                    Wir möchten allerdings heute lieber ein Gastmahl erleben, das einem Lucius Licinius Lucullus zur Ehre gereicht hätte.

                    Drei Gänge hat meine Frau gewählt, hier sind sie nun:

                    Ikarimi Lachs, Tomate und Steranis

                    In Öl konfiertes Ikarimi-Lachsfilet, gebutterter Sud von Tomatensaft und Marukan Reisessig, Kompott von Tomate und Sternanis und grünem Anis.
                    Die Beliebtheit von Ikarimi-Lachs verdankt dieser seinem festen, jedoch recht zartem Fleisch. Farbe und Geschmack sind besonders kräftig, da die Schlachtung bei etwa 2 Grad Celsius erfolgt.
                    Eine unglaublich puristische Kreation, der man die geschmackliche Wucht und die sanfte Wohlgefälligkeit nicht ansieht. Ein Gericht, von allem Überflüssigen befreit.


                    Hase Sichuan Royale
                    Chinesische Artischocke, rote Traube.

                    Hasenrücken mit grünem und rotem Sichuanpfeffer mariniert und „bleu“ gebraten, Blutwurstjus, Floregano, Entenleberterrine, eingelegte Trauben und Traubengelee, chinesiche Artischocken mit schwarzem Reisessig mariniert.
                    Im Englischen wird die Garstufe „bleu“ auch als "very rare" bezeichnet. Die Innenseite ist komplett roh und weist eine saftige rote Farbe auf. Außen erhält man durch das kurze Anbraten eine dünne, angebräunte Kruste. Im vorliegenden Falle musste man sich die Kruste eher dazudenken.

                    Das Gericht war insgesamt ausgezeichnet. Aromentief und texturell anspruchsvoll. Das Problemchen, welches wir hatten, waren die Erwartungen des Essers. Schon bevor wir losfuhren, überraschte mich meine Frau mit der Nachricht, diesmal den Hasen auszuwählen. Da ich ihre Vorlieben genau kenne, ging ich den Abend mit angemessener Skepsis an.

                    Es ist leider unausweichlich, dies etwas breiter auszuführen, da man sonst auf die Idee kommen könnte, der Gang wäre nicht gut gewesen. Fazit: Augen auf bei der Menüwahl.
                    „Bleu“ war also nix für meine Frau. Dafür kann das Restaurant, kann die Küche nichts.
                    Das nächste Ma(h)l wird an dieser Stelle besser aufgepasst!

                    Yuzu
                    Cheesecake, Caramel Beurre salé

                    Dulcey Valrhona Schokoladen Koi Karpfen, gefüllt mit Cheesecakemousse, Caramel Beurre salé Sauce und Dulcey Crunch, Sorbet und Gelee von Yuzu, koreanische Zitronenkonfitüre, Limetten Kresse Blätter.

                    Das Fischlein hatten wir schon im letzten Jahr bei der Donnafugata-Verkostung genießen dürfen. Diese Verspieltheit, lassen Sie es mich einmal etwas drastischer ausdrücken, die Freude im Erwachsenenalter mit Förmchen Nahrung Ausdruck zu verleihen ist nicht typisch für die Küche von Tim Raue. Doch der Funke springt über auf den Gast. Schmunzelnd genießen, weshalb nicht.

                    Herr Steinmann, von Wuchs und Statur etwas üppiger ausgestattet, leistet sich vier Gänge:

                    Kaisergranat
                    Wasabi, Kanton style

                    Sud von Fischsauce, Mango und Karotte, Kaisergranat in Stärke eingelegt, im Wok gebacken und mit Wasabi-Mayonnaise mariniert und frittierter grüner Reis.

                    Kaisergranat in bester Qualität, texturell vielschichtig und von einem unglaublichen Geschmack. Süße Fruchtnoten und dezente Schärfe ringen um die Vorherrschaft, verharren in einem gleichmäßigen Verhältnis und verbreiten eine aromatische Harmonie. Genau dies suchen wir in den besten Restaurants.

                    Schweineschnäuzchen
                    Grüner Rettich, Liebstöckel

                    Lauwarme Scheiben vom Schweineschnäuzchen in Soja-Sud, Öl und Sud von Liebstöckel, Liebstöckelcreme, grüner japanischer Rettig mit Reisessig mariniert.
                    Ein sehr gefälliger Gang, etwas dominiert vom Maggikraut, das allerdings geschmacklich nur dezent an die bekannte Flüssigwürze erinnert.

                    Vielleicht wird „gefällig“ der Kreation nicht gänzlich gerecht. Gemessen an den Superlativen, die ich für Raues Küche schon benutzt habe, würde ich hier eher von einer interessanten Kombination sprechen. Stimmig im gewohnten Repertoire.


                    Kalbskamm
                    Wasserkastanie, schwarzer Trüffel

                    Kalbskamm mit Reiswein mariniert, 12 Stunden gedämpft, in heißem Fett ausgebacken, Trüffeljus und Topinamburschaum, Salat von Wasserkastanie und Topinmbur mit Prik Nam
                    Pla Chili-Sud, piemonteser Haselnuss und eingelegte Trauben.

                    Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Der Rest ist Genuss. Hoffentlich bleibt das Teil auf der Karte.

                    Kalapaia Schokolade
                    Birne, Koji

                    Cremeux, Schaum und Blätter von der Kalapaia Schokolade 70%, Birne und Birnentapioka, Koji-Sauce und Topinambureis, Créme und eingelegte Topinambur. Kaffeepudding und Pekanuss.

                    Sehr schönes, geschmackvolles, wohlgefälliges Dessert.
                    Und dennoch, die Kernkompetenz der Küche liegt eindeutig jenseits der Desserts. Optisch wie geschmacklich stehen die Desserts nicht, wie häufig erlebt, in Kontrast zu den Vor- und Hauptspeisen. Die rote Linie ist gewahrt, doch die Kurve ausserordentlicher Geschmacksbilder wird flacher. Darüber mag auch die texturelle Vielschichtigkeit nicht hinweghelfen. Zugegeben, es klingt wie Jammern auf hohem Niveau, doch hoffe ich, richtig verstanden zu werden.

                    Wein und Service:
                    Jacquesson Brut (wahrscheinlich Nr. 735) Magnum
                    2015 ES IST WIE ES IST Cuvée Nr.5 André Macionga Cuvée

                    Die Verlässlichkeit in Person ist Restaurantleiter und Sommelier André Macionga.
                    Ein Ruhepol im Restaurant und kundiger Weinberater.

                    Es gibt kaum ein Restaurant in Deutschland, das beim Betreten ein solches Gefühl von Ruhe, Vertrautheit, fast Schwerelosigkeit vermittelt. Der Service kümmert sich angemessen professionell um die Gäste, ist zur Stelle wenn er gebraucht wird und dennoch zurückhaltend.


                    FAZIT:

                    Raues Kreationen bestechen neben Kreativität und komplexen Geschmacksbildern durch unglaubliche Präzision und Routine. Ein Lob, welches durch den letzten Begriff eindeutig auch Kritik atmet. Routine kann beruhigend und sicher erscheinen, vermittelt Beständigkeit und Geschmackssicherheit. Keine Experimente. Routine kann aber auch erheblich zur Entlastung der Küche beitragen. Die Grundausrichtung steht, das Erfolgsrezept steht.

                    Gerichte, die seit Jahren auf der Karte stehen, werden liebevoll bewahrt und perfektioniert. Die Geschmacksräume dieser Signature Dishes kommen letztlich ohne Überraschungen, dafür mit hohem Wiedererkennungswert und Verlässlichkeit aus.


                    Falls Sie sich für meine Fotos interessieren, muss ich Sie auf meine Homepage verweisen.






                    Kommentar


                    • Zitat von bsteinmann Beitrag anzeigen
                      Doch die Debatte über den dritten Stern ist müßig, der rote Restaurantführer hat längst eine andere Küchenausrichtung in den Fokus genommen. Die Zukunft gehört wohl den blanken Holztischen mit begrenztem Speisenangebot regionaler Ausrichtung, als allein seeligmachend und alternativlos angepriesen.
                      Das stimmt! Aqua, Bareiss, Schwarzwaldstube, Bau usw. alle deutschen Dreisterner machen regionalküche auf blanken Holztischen! Da hat es Tim Raue natürlich schwer...

                      Kommentar


                      • Na, na, lieber Muck, wer wird denn... bsteinmann wollte vermutlich einmal mehr eine Lanze für Tim Raues Küche brechen. Seine Analyse, warum es für den dritten Stern noch immer nicht reicht, mag, was die Begründung angeht, nicht zutreffen, aber man kann sich schon fragen, was es noch braucht, bis dem "Restaurant Tim Raue" besagte Ehre zuteil wird. Es nimmt, finde ich, in vielerlei Hinsicht eine absolute Ausnahmestellung in Deutschland ein.

                        Kommentar


                        • Das ist für mich ganz einfach zu erklären: man hat bei Tim Raue zwar Drei-Sterne-Genuss-Spaß, aber nicht Drei-Sterne-Substanz. Die Küche hat einfach nicht die Tiefe und Finesse, die es für eine Höchstbewertung braucht - hat ja auch in keinem anderen Guide. Das soll nicht heißen, dass ein Essen dort nicht genauso toll ist, wie in einem Drei-Sternerestaurant, aber kulinarisch ist halt einfach eine Nummer einfacher.

                          Kommentar


                          • Zitat von QWERTZ Beitrag anzeigen
                            Das ist für mich ganz einfach zu erklären: man hat bei Tim Raue zwar Drei-Sterne-Genuss-Spaß, aber nicht Drei-Sterne-Substanz. Die Küche hat einfach nicht die Tiefe und Finesse, die es für eine Höchstbewertung braucht - hat ja auch in keinem anderen Guide. Das soll nicht heißen, dass ein Essen dort nicht genauso toll ist, wie in einem Drei-Sternerestaurant, aber kulinarisch ist halt einfach eine Nummer einfacher.
                            Widerspruch. Die Küche von Tim Raue hat für mich sehr wohl die Tiefe und Finesse, die es für drei Sterne braucht. Von Gängen wie Reh mit Massaman-Curry oder Langoustine mit Wasabi träume ich noch heute. Die Tiefe und Finesse ist vielleicht nicht diejenigen, die den ***-Normen entspricht. Es ist ein anderer Küchensteil als bei allen anderen deutschen Spitzenköchen. Das heißt aber nicht, dass die Tiefe und Finesse nicht vorhanden ist. Ich akzeptiere gerne Gegenmeinungen dazu. Aber dass die Küche von Tim Raue "ganz einfach zu erklären" keine ***-Tiefe und Finesse habe, halte ich für - gelinde gesagt - etwas überheblich.

                            Kommentar


                            • Das Reh kenne ich nicht. aber die Langoustine natürlich. Dass dies ein großartiger Gang ist, der höchste Glücksgefühle auslöst, bestreite ich überhaupt nicht. Ich habe übrigens gesagt, dass das für mich der naheliegende Erklärungsansatz ist, warum es für eine Höchstnote - egal in welchem Führer - für Tim Raue nicht reicht. Wenn noch jemand andere parat hat gern... Aber die Intestität von Schärfe, Säure und Süße, die nun mal das Markenzeichen der Küche von Tim Raue sind, decken auch etwas die Feinheiten.Ich sage ja nicht, dass das eine richtige Entscheidung der Guides ist, es wäre für mich der einzige Erklärungsansatz, der mit schlüssig erscheint.Insofern weiß nicht, was daran überheblich sein soll.

                              Kommentar


                              • rocco
                                rocco kommentierte
                                Kommentar bearbeiten
                                Es las sich ein bisschen so "die Küche ist nicht fein genug, deshalb sind keine *** drin." Und ich glaube, man muss sich halt mal ein bisschen von den deutschen Normen lösen. Auch die schärfste aller Küchen kann sehr fein sein, nur ist der deutsche Gaumen eben nicht daran gewöhnt. Ich bin übrigens nicht mal der Meinung, das Restaurant Tim Raue müsste unbedingt *** haben. Mir ist es prinzipiell egal, wie viele Sterne das Restaurant hat. Davon hängt nicht ab, ob ich hin möchte oder nicht. Aber wenn ich mal Tim Raue mit einigen *** und einem Großteil der ** vergleiche, in denen ich war, dann bleibt seine Küche schon deutlich mehr in Erinnerung als in sehr vielen anderen Restaurants, in denen es die hunderdste Abwandlung von xxx mit yyy Gel, Shiso Kresse und sonstwas gibt.

                            • rocco, du hast vollkommen recht bzgl. des Erinnerungsfaktors. Es gibt sicher eine Reihe von Kriterien, die man als Gast anlegt, die das Restaurant zu einem Top-Restaurant machen, sonst wäre es ja auch nicht auf der Pellegrino-Liste. Aber muss ja auch Punkte geben, die die Tester der Guides davon abhält die Höchstnote zu ziehen. Ich kenne mich in der asiatischen Küche zu wenig aus, vielleicht hält man TR auch für nicht unverwechselbar genug im kontinentalen oder gar weltweiten Vergleich? (Wäre jetzt These Nummer 2)

                              Kommentar

                              Lädt...
                              X