Anlässlich des Besuchs eines italienischen Freundes aus Australien musste ich ganz kurzfristig ein möglichst modernes Restaurant mit Berlin Flair und deutschem Einfluss in der Küche finden und die Wahl fiel auf die Weinbar Rutz in der Chausseestraße. Es war eine sehr gute Wahl.
Wir konnten leider erst gegen 22 Uhr dort aufschlagen, was aber kein Problem war. Nur deswegen haben wir wahrscheinlich auch so kurzfristig eine Reservierung bekommen, der Laden war nämlich proppevoll.
Die Atmosphäre ist sehr angenehm, man schaut durchs Fenster auf die belebte Chausseestraße und unterhält sich in einer sehr guten Akustik, auch wenn die Tische recht nah beieinander stehen. Das Publikum ist leger und strahlt das Selbstbewusstsein der Hauptstadt aus. Der Service ist phänomenal und findet genau das richtige Maß zwischen persönlicher Ansprache und Zurückhaltung. Der Sommelier, Herr Billy Wagner, tritt im Frack auf, ist forsch genug, um nach Berlin zu passen, weiß aber auch mit Gästen jeder Art umzugehen.
Mein Besuch war leider schon vorher auf einem Kongress zum Essen vom Buffet genötigt worden. Meinen Versuch, ihn zu wenigstens einer Vorspeise zu überreden, räumte Herr Wagner ganz selbstlos mit dem Hinweis ab, dass niemand essen solle, wenn er keinen Hunger hat. Gleichwohl bekam er alle Amuse Bouches und kostenlos mein Hauptgericht aus dem Menu. Das fand ich unglaublich großzügig und kann nun wirklich nicht erwartet werden.
Ich selbst entschied mich für das MM Menu ("the essence of what Marco Müller stands for"). Das ist auf der Karte zwar nur zwischen 5 und 12 Gängen erhältlich, ich bekam es aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit auf meinen Wunsch auch mit 4 Gängen, und zwar mit einem echt fairen Preisabschlag.
Die Amuse Bouches begannen mit einer Auster mit Gurke, Dill und kleinen Speckkrümeln. Das ist eine recht klassische Kombination, die wirklich gut funktioniert. Das zweite Amuse Bouche bestand aus einem Stück Markrele mit Jamon Iberico, was nicht ganz so spannend war wie die Auster. Dazu tranken wir auf Empfehlung von Herrn Wagner jeder ein Glas Cuvée Marie Luise vom Sekthaus Raumland, einen durchaus hefigen und in die Richtung von Champagne gehenden Winzersekt
Der Hauptgrund, in die Weinbar Rutz zu gehen, ist - nomen est omen - der Wein. Die Weinkarte hat ihren Schwerpunkt in Deutschland und ist wirklich gut sortiert und recht fair bepreist. Es finden sich dort v.a. viele Große Gewächse für um die 50 Euro, die anderswo oft 80 Euro und mehr kosten. Wir haben uns für später für einen 2003 Philippi Pinot Noir R entschieden und baten Herrn Wagner um eine Empfehlung für Weiß, die er mit einigen Fragen eingrenzen konnte. Etwas forsch fand ich, dass er kurze Zeit später mit einer geöffneten Flasche und zwei Gläsern ankam. Hier fällt es etwas schwer, nein zu der Empfehlung zu sagen. Auf dem Papier machte mich seine Empfehlung auch nicht auf Anhieb an (2006 Kirchenstück Großes Gewächs von Reichsrat von Buhl). Denn 14,5% Alkohol, ein Botrytis-geprägtes Jahr und das Weingut lassen mir persönlich einen solchen Wein zunächst nicht als erste Wahl erscheinen. Es stellte sich aber raus, dass der Wein trotz seiner Opulenz eine echte Granate war, einen verschwenderischen Duft nach reifen Pfirsichen hatte und dem ein oder anderen berühmten Elsässer oder Wachauer Spitzen-Riesling nicht allzu fern stand. Zum ersten Teil des Menus passte er sowieso sehr gut. Für Asketen oder Freunde von aus dem Stein gemeißelten, geradlinigen Weinen ist das 2006 Kirchenstück hingegen sicher nichts.
Der erste Gang zündete gleich ein Aromenfeuerwerk, das seinesgleichen sucht. Er bestand aus recht vielen Komponenten, die den Teller aber nicht überladen wirken ließen. Ein Stück roh marinierter Thunfisch kam als Sandwich zwischen zwei Sesamcrackern und wurde von einem Thunfisch-Tartar begleitet. Dazu gab es ein sensationelles schwarzes Sesameis, ein bisschen Couscous, Granatapfelkerne und eine gelbe Currysauce. Der Thunfisch hatte ein tolles Eigenaroma, welches hervorragend mit dem Sesameis harmonierte. Die Granatapfelkerne sorgten für ein willkommenes Aufräumen des Gaumens und der Currysud verband die einzelnen Elemente (das ist jetzt schwer in Worte zu fassen, es war aber wirklich so). Das Kirchenstück konnte diesen durchaus kräftigen Aromen gut standhalten und federte die Schärfe des Currys mit seiner beträchtlichen Restsüße gut ab.
Der zweite Gang konnte hiermit nicht ganz mithalten. Es kam ein Stück Adlerfisch mit mediterranen Gemüsen, bestehend aus einem Auberginenpuree, roten Paprika und Tomaten. Der Adlerfisch war leider etwas zu lange gebraten, hatte aber angenehme Röstaromen angenommen, die gut zu selbigen bei der Paprika und der Aubergine passten. Es fehlte etwas der geschmackliche Kontrast, der vielleicht durch eine Zubereitung der Tomaten als Salsa gelungen wäre. Auch hier zeigte sich aber die Qualität der Weinempfehlung. Denn das Kirchenstück hatte genug Körper und Alkohol, um auch mit den recht kräftigen Röstaromen des Fischs und des Gemüses klar zu kommen. Obwohl wir ständig nachgeschenkt bekommen, war das Kirchenstück am Ende des zweiten Ganges allerdings immer noch halbvoll, wir ließen ihn dann erstmal zurückstellen.
Den Philippi hatte Herr Wagner dekantiert und dann zurück in die Flasche gegossen. Er kam in der absolut richtigen Temperatur, nämlich leicht gekühlt. Man versteht hier offensichtlich sein Geschäft sehr gut. Durch diese Behandlung war der Philippi einfach sensationell geschmeidig und elegant. Er passte auch sehr gut zum Hauptgang, den wir beide bekamen: Es handelte sich um Lamm auf drei Arten zubereitet, nämlich als Tafelspitz, als gebratenes Filet und als im Ofen gegrilltes Carrée-Stück. Die Begleitung dazu ist mir entfallen, die verschiedenen Texturen des wirklich guten Fleisches sprachen aber für sich. Auch dieser Gang konnte nicht ganz mit dem Thunfisch-Gang mithalten, bewegte sich aber auf ordentlichem *-Niveau ohne Ausreißer nach oben.
Das Dessert war herrlich frisch und beinhaltete Ananas und Guaveneis. Auch die Petit Fours waren der Patisserie sehr gut gelungen und waren eher klassisch, war mir gelegen kam, da ich noch nie Fan dieser Marshmellows, Lollis und ähnlichen Kreationen bei den Petit Fours war.
Leider waren unsere Augen beim Wein wesentlich größer als die Kapazität, und wir hatten noch fast zwei halbe Flaschen übrig, die uns aber gut verschlossen mitgegeben wurden, ohne dass wir danach gefragt hatten. Noch begeisterter waren wir von der Rechnung. Nicht nur wurden meiner Begleitung die Amuses und der Hauptgang nicht berechnet, auch der Sekt und das Mineralwasser am Abend standen nicht auf der Rechnung. Auf unsere "Reklamation" bekamen wir nur mit einem Lächeln zu hören, dass man sich freuen würde, wenn wir mal wiederkämen.
Das Restaurant hatte sich auch schon merklich geleert. Wir beide gingen hellauf begeistert von dannen, was zum Teil am Essen lag, vor allem aber an dem tollen Service, der lockeren Atmosphäre und dem Gefühl, dass in der Weinbar Rutz einfach für einen gesorgt wird. Hier muss ich unbedingt wieder hin, auch wenn sicherlich nicht jeder Abend so gut werden wird.
Wir konnten leider erst gegen 22 Uhr dort aufschlagen, was aber kein Problem war. Nur deswegen haben wir wahrscheinlich auch so kurzfristig eine Reservierung bekommen, der Laden war nämlich proppevoll.
Die Atmosphäre ist sehr angenehm, man schaut durchs Fenster auf die belebte Chausseestraße und unterhält sich in einer sehr guten Akustik, auch wenn die Tische recht nah beieinander stehen. Das Publikum ist leger und strahlt das Selbstbewusstsein der Hauptstadt aus. Der Service ist phänomenal und findet genau das richtige Maß zwischen persönlicher Ansprache und Zurückhaltung. Der Sommelier, Herr Billy Wagner, tritt im Frack auf, ist forsch genug, um nach Berlin zu passen, weiß aber auch mit Gästen jeder Art umzugehen.
Mein Besuch war leider schon vorher auf einem Kongress zum Essen vom Buffet genötigt worden. Meinen Versuch, ihn zu wenigstens einer Vorspeise zu überreden, räumte Herr Wagner ganz selbstlos mit dem Hinweis ab, dass niemand essen solle, wenn er keinen Hunger hat. Gleichwohl bekam er alle Amuse Bouches und kostenlos mein Hauptgericht aus dem Menu. Das fand ich unglaublich großzügig und kann nun wirklich nicht erwartet werden.
Ich selbst entschied mich für das MM Menu ("the essence of what Marco Müller stands for"). Das ist auf der Karte zwar nur zwischen 5 und 12 Gängen erhältlich, ich bekam es aber angesichts der fortgeschrittenen Zeit auf meinen Wunsch auch mit 4 Gängen, und zwar mit einem echt fairen Preisabschlag.
Die Amuse Bouches begannen mit einer Auster mit Gurke, Dill und kleinen Speckkrümeln. Das ist eine recht klassische Kombination, die wirklich gut funktioniert. Das zweite Amuse Bouche bestand aus einem Stück Markrele mit Jamon Iberico, was nicht ganz so spannend war wie die Auster. Dazu tranken wir auf Empfehlung von Herrn Wagner jeder ein Glas Cuvée Marie Luise vom Sekthaus Raumland, einen durchaus hefigen und in die Richtung von Champagne gehenden Winzersekt
Der Hauptgrund, in die Weinbar Rutz zu gehen, ist - nomen est omen - der Wein. Die Weinkarte hat ihren Schwerpunkt in Deutschland und ist wirklich gut sortiert und recht fair bepreist. Es finden sich dort v.a. viele Große Gewächse für um die 50 Euro, die anderswo oft 80 Euro und mehr kosten. Wir haben uns für später für einen 2003 Philippi Pinot Noir R entschieden und baten Herrn Wagner um eine Empfehlung für Weiß, die er mit einigen Fragen eingrenzen konnte. Etwas forsch fand ich, dass er kurze Zeit später mit einer geöffneten Flasche und zwei Gläsern ankam. Hier fällt es etwas schwer, nein zu der Empfehlung zu sagen. Auf dem Papier machte mich seine Empfehlung auch nicht auf Anhieb an (2006 Kirchenstück Großes Gewächs von Reichsrat von Buhl). Denn 14,5% Alkohol, ein Botrytis-geprägtes Jahr und das Weingut lassen mir persönlich einen solchen Wein zunächst nicht als erste Wahl erscheinen. Es stellte sich aber raus, dass der Wein trotz seiner Opulenz eine echte Granate war, einen verschwenderischen Duft nach reifen Pfirsichen hatte und dem ein oder anderen berühmten Elsässer oder Wachauer Spitzen-Riesling nicht allzu fern stand. Zum ersten Teil des Menus passte er sowieso sehr gut. Für Asketen oder Freunde von aus dem Stein gemeißelten, geradlinigen Weinen ist das 2006 Kirchenstück hingegen sicher nichts.
Der erste Gang zündete gleich ein Aromenfeuerwerk, das seinesgleichen sucht. Er bestand aus recht vielen Komponenten, die den Teller aber nicht überladen wirken ließen. Ein Stück roh marinierter Thunfisch kam als Sandwich zwischen zwei Sesamcrackern und wurde von einem Thunfisch-Tartar begleitet. Dazu gab es ein sensationelles schwarzes Sesameis, ein bisschen Couscous, Granatapfelkerne und eine gelbe Currysauce. Der Thunfisch hatte ein tolles Eigenaroma, welches hervorragend mit dem Sesameis harmonierte. Die Granatapfelkerne sorgten für ein willkommenes Aufräumen des Gaumens und der Currysud verband die einzelnen Elemente (das ist jetzt schwer in Worte zu fassen, es war aber wirklich so). Das Kirchenstück konnte diesen durchaus kräftigen Aromen gut standhalten und federte die Schärfe des Currys mit seiner beträchtlichen Restsüße gut ab.
Der zweite Gang konnte hiermit nicht ganz mithalten. Es kam ein Stück Adlerfisch mit mediterranen Gemüsen, bestehend aus einem Auberginenpuree, roten Paprika und Tomaten. Der Adlerfisch war leider etwas zu lange gebraten, hatte aber angenehme Röstaromen angenommen, die gut zu selbigen bei der Paprika und der Aubergine passten. Es fehlte etwas der geschmackliche Kontrast, der vielleicht durch eine Zubereitung der Tomaten als Salsa gelungen wäre. Auch hier zeigte sich aber die Qualität der Weinempfehlung. Denn das Kirchenstück hatte genug Körper und Alkohol, um auch mit den recht kräftigen Röstaromen des Fischs und des Gemüses klar zu kommen. Obwohl wir ständig nachgeschenkt bekommen, war das Kirchenstück am Ende des zweiten Ganges allerdings immer noch halbvoll, wir ließen ihn dann erstmal zurückstellen.
Den Philippi hatte Herr Wagner dekantiert und dann zurück in die Flasche gegossen. Er kam in der absolut richtigen Temperatur, nämlich leicht gekühlt. Man versteht hier offensichtlich sein Geschäft sehr gut. Durch diese Behandlung war der Philippi einfach sensationell geschmeidig und elegant. Er passte auch sehr gut zum Hauptgang, den wir beide bekamen: Es handelte sich um Lamm auf drei Arten zubereitet, nämlich als Tafelspitz, als gebratenes Filet und als im Ofen gegrilltes Carrée-Stück. Die Begleitung dazu ist mir entfallen, die verschiedenen Texturen des wirklich guten Fleisches sprachen aber für sich. Auch dieser Gang konnte nicht ganz mit dem Thunfisch-Gang mithalten, bewegte sich aber auf ordentlichem *-Niveau ohne Ausreißer nach oben.
Das Dessert war herrlich frisch und beinhaltete Ananas und Guaveneis. Auch die Petit Fours waren der Patisserie sehr gut gelungen und waren eher klassisch, war mir gelegen kam, da ich noch nie Fan dieser Marshmellows, Lollis und ähnlichen Kreationen bei den Petit Fours war.
Leider waren unsere Augen beim Wein wesentlich größer als die Kapazität, und wir hatten noch fast zwei halbe Flaschen übrig, die uns aber gut verschlossen mitgegeben wurden, ohne dass wir danach gefragt hatten. Noch begeisterter waren wir von der Rechnung. Nicht nur wurden meiner Begleitung die Amuses und der Hauptgang nicht berechnet, auch der Sekt und das Mineralwasser am Abend standen nicht auf der Rechnung. Auf unsere "Reklamation" bekamen wir nur mit einem Lächeln zu hören, dass man sich freuen würde, wenn wir mal wiederkämen.
Das Restaurant hatte sich auch schon merklich geleert. Wir beide gingen hellauf begeistert von dannen, was zum Teil am Essen lag, vor allem aber an dem tollen Service, der lockeren Atmosphäre und dem Gefühl, dass in der Weinbar Rutz einfach für einen gesorgt wird. Hier muss ich unbedingt wieder hin, auch wenn sicherlich nicht jeder Abend so gut werden wird.
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