Das Menü beginnt mit dem zarten, nach Rosen schmeckenden, sehr crispen und fragilen Appetizer Flowers for you.
Auch sehr zart ist das Lachsfleisch im Lachsbrötchen.
El Carbonara – meine Nudel-Assoziation geht fehl, die Kombination ist relativ spinatlastig und schön schlotzig-lecker.
Kartoffel, Rote Bete & Trüffel besteht aus einem sehr fluffigen Kartoffelschaum mittlerer Wärme, einer kalten, sehr roten, fast nach Himbeersauce aussehenden Bete-Creme und einer kalten Scheibe Trüffel. Dadurch ist die Kartoffel schön präsent und der Trüffel gut eingebunden, aber nicht dominant, ebenso die Rote Bete. Sehr gut austariert.
Bun „Szegediner Art“ erinnert an Kevin Fehlings Calzone aus den vorherigen Menüs. Doch ist hier die Paprikawürze deutlich präsenter. Einerseits sehr fluffig, aber doch gewichtig, was die Aromen angeht.
Ika Mata vom Carabinero mit gefrorenem Limonenstaub, Seeigelcreme & Kokosnuss kenne ich bereits aus dem Oktober-Menü. Dazu gibt es einen 2017er Sancerre von der Domaine Vacheron. Der Wein ist wesentlich subtiler, als das Scheurebe-Cuvee vom vorherigen Mal, was dem Gericht meines Erachtens besser steht, da die Limone so etwas weniger betont wird. Überraschend präsent sind ein paar wenige Klebereiskörner, die nicht nur neutralisieren, sondern dem Gericht auch mehr Volumen geben. Die Seeigelcreme schmeckt sensationell fein. Die Kokosnuss bleibt sehr dezent. Insgesamt bestätigt sich mein Eindruck einer ungewöhnlichen Kombination, die aber sehr gut funktioniert und einen Hauch Exotik zeigt.
Thunfisch, Toro & ungestopfte Gänseleber mit Nori Alge, Yuzu, Dashi und Reisessig spannt einen Geschmacksbogen, der sich vermittelt, wenn man die Gerichte in der vorgeschlagenen Reihenfolge verzehrt. Das Sashimi vom noch relativ mageren Thunfisch ist mit einem Klecks, wenn ich es richtig erinnere, gebundenem Dashi Umami und klar Sushi-typisch. Das Tatar vom Thunfischbauch ist puristischer, die Algenstreifen kommen gut zur Geltung und das zartschmelzende Fleisch ist ein Hochgenuss. Der Algengeschmack kommt hier stärker hervor, ebenso die Fetttextur. Diese ist dann das bestimmende Element auf dem Gänseleber-Teller. Aber auch hier ist der Meeres- bzw. Algengeschmack erneut ein wesentliches Element. Dadurch wird die Gänseleber in den Assoziationszusammenhang zum Thunfisch geschoben. Insgesamt ist die Nori-Alge für mich der stille Star dieser sehr, sehr austarierten und durchdeklinierten Kombination, die aber aufgrund ihrer aromatischen Generosität auch Spaß bereitet. Ein bisschen eine Reise von Tokio nach Paris in einem Gericht, statt wie bei Christian Bau in einem Menü.
Mit dem 2015er Jasnières Les Rosiers von der Domaine de Bellivière von der Loire hat David Eitel den exakt passenden Wein ausgewählt. Er ist wahrnehmbar restsüß, hat aber auch eine markante Säure. Das Spiel aus Säure und Minieralik ähnelt vielleicht einem Mosel-Wein. Aber wo diese filigran sind, ist dieser Wein ausladend, ohne, dass die Konturen verschwimmen.
Kabeljau mit Artischocke, Nussbutter-Hollandaise & Muschelsud ist mir im Grunde auch bekannt. Allerdings ist das Gericht nun mit Kabeljau statt Seezunge gestaltet. Aus meiner Sicht passt das etwas fleischigere Stück in die cremige Grundstruktur des Gerichts besser. Mir scheint der Nussbutterschaum etwas weniger präsent als beim letzten Mal, dafür wirkt die Kombination durchaus salzig-würzig. Hier prägen cremige Komponenten das Geschmacksbild, aber auch diese wirken ähnlich genau austariert, wie die vorherigen Gerichte.
Der Wein ist erneut der 2016 Coucou Bland von Elian da Ros.
Unagi Dim Sum mit Auberginenmiso, Sudachi & Pilzdashi – wenn es eine Kritik an Kevin Fehlings Küche gibt, die man immer wieder mal hört, dann, dass sie zu verkopft sei. In der Tat vermittelt sie aufgrund ihrer hohen Präzision bisweilen diesen Eindruck. Mich persönlich stört dieses verkopfte Element nur in Ausnahmefällen. Mit diesem Gang verlässt er allerdings dieses Terrain, auch wenn er vielleicht aus der Sicht des Kochs genauso präzise konstruiert ist, nur merkt man es als Gast hier überhaupt nicht. Der Dim Sum-Teig ist hauchzart, der Aal üppig und insgesamt entwickelt sich ein von einer umfassenden Aromatik getragenes Gericht. Aufgrund bestimmter Abwandlungen, wie etwas Pilz statt Bonito-Flocken im Dashi und der Säure der Artischocke ergibt sich eine etwas andere Umami-Wirkung als man sie erwartet. Sie ist komplexer und feiner. Der Gang ist interessant und sehr genussfreundlich und gelassener als die ersten beiden Gänge.
Dazu ein schöner 2016er Hope Marguerite von Beaumont aus Südafrika. Ein Chenin Blanc der das Gericht gut wirken lässt.
Limousin Lammrücken und gebackene Praline mit Sanddorn, exotischem Früchte Chutney & Tandori Hollandaise spielt ein wenig mit typischen Geschmacksbildern von Lamm-Gerichten. Hervorzugeben ist der Sanddorn. Die Säure ist so straff, dass er in Kombination auch schnell die Assoziation von Paprika weckt. Ansonsten entdecke einige orientalische, aber auch eher europäische Kombinationen. Ein hervorragender Hauptgang, der trotz der Intensität der Aromen das wunderbare Lammfleisch auch gut in Szene setzt. Ich erinnere mich an den Lammgang von vor einem Jahr, als Kevin Fehling drei typische Lamm-Aromenwelten auf drei Tellern serviert hat. Nun ist es gelungen, das auf einen Teller zu bringen, interessanterweise verschwimmen die Kombinationen aber nicht, sondern bleiben für sich präzise erkennbar.
Der 2014 CIFRA Cabernet Franc von Duermani aus der Toskana gefällt mir allein nicht ganz so gut. Er ist vorn recht üppig, hat aber einen verhältnismäßig kurzen Abgang. Vor allem mit dem Sanddorn-Säure, aber auch den übrigen Aromen entwickelt er sich zu einem sehr guten Begleiter und rundet das Bild einer Mischung aus diversen klassischen Lamm-Kombinationen, die sich in ihren Intensitäten abwechseln gut ab.
Weißer und schwarzer Trüffel mit Banane, Haselnuss, Rosmarin & Bergamotte ist eine echte Überraschung. Die Creme vom schwarzen Trüffel und der vor allem nach Banane schmeckende falsche weiße Trüffel mit cremiger Füllung fügen sich zu einem hochspannenden erdig-fruchtigen Aromenstrudel zusammen, in dem ich versinke. Mal wirkt der Bananengeschmack e eher unreif, mal überreif, mal wirkt das Dessert fruchtig, dann wieder erdig. Extrem komplex, spannend und ungewöhnlich. Ein Meisterstück!
Den X-Periment von Rebholz habe ich schon oft zu leichten schokoladigen Desserts bekommen. Hier passt er optimal. Denn der Wein, da er die alkoholische Üppigkeit eines Ports mit der Eleganz einen Spätburgunders und dessen erdiger Aromenwelt verbindet. Top!
Griechischer Yoghurt mit Honig, Oliven, Walnuss & Melone mit Ouzo kenne ich schon vom Oktober, der Gang kommt aber nach dem eher herben vorherigen Dessert meines Erachtens besser zur Geltung, als nach dem Früchtedessert im vorherigen Menü. Die leicht bitteren Nüsse und der Ouzo bilden für mich den herben Grundsound in der einen, der Yoghurt und der Honig in der anderen Richtung. Beides spielt sehr schön miteinander.
Wir wählen aus der Karte erst eine schöne Prüm-Spätlese zum Menüausklang, lassen uns aber von David Eitel zu dieser schon recht reifen 98er Diel Spätlese überreden. Kein Fehler… großer Genuss.
Zum Abschluss gibt es noch drei Cocktail-Deklination. Mangels Kenntnisse der Originale will ich mich über den Geschmack nicht weiter auslassen. Es sind Appletini, Raspberry Deam und Baileys Egg.
Ich bin mit diesem Menü hochzufrieden. Wie bei Kevin Fehling üblich sind alle Gerichte hochpräzise ausgearbeitet. Aber dennoch konnte ich mich gut zurücklehnen und die Kreationen auch genießen und nicht nur Staunen. Gerade der Dim Sum-Gang zeigt für mich Kevin Fehling eine neue Facette, die zeigt, dass seine perfekt austarierte Küche auch bei süffig wirkenden Gängen gut funktioniert. Dadurch fächert sich für die Bandbreite des Menüs mehr auf, was dem Gesamtgenuss zugutekommt.
Die Weinbegleitung von David Eitel war wie immer exzellent ausgewählt.
Den nächsten Besuch haben wir gleich für November vereinbart.
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