Vielen Dank für den Bericht, lieber frab. Ob man dort mittags immer mit personell etwas zu knapp kalkulierten Service arbeitet?
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Restaurant Gustav, Frankfurt
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QWERTZ schrieb vor einiger Zeit im Thread: „Kreativität oder Mainstream in der deutschen Spitzenküche“ zum Standing unserer *-Restaurants: „Die Zwei- und Dreisterner setzen Trends, die dann Ein-Sterner oder andere ambitionierte Küchen nachzuahmen. Dabei wären aus meiner Sicht diese Restaurants interessanter, wenn sie das, was gern als "bodenständige Küche" bezeichnet wird verfeinern würden, statt "Schwarzwaldstube light". Dann hätten die Einsteiner auch mehr Profil. Diejenigen, die in diese Richtung gehen und sich um Perfektion einfacherer Gerichte bemühen ragen ja durchaus auch aus dem "Einerlei" heraus.“
Da ist wohl was dran, aber in dieser Kürze vielleicht etwas zu pauschalisierend, da es inzwischen viele spannende Ein-Sterner gibt, die weder bodenständige Küche verfeinern oder „Schwarzwaldstube light“ zelebrieren wollen. Das Gustav in Frankfurt ist so ein positives Beispiel, das seinen eigenen Weg geht und eine wohltuende Kreativität entfaltet, ohne dass diese Selbstzweck ist, sondern ganz nah am Hauptprodukt bleibt und dieses auf unerwartete Art und Weise interpretiert.
Wenn ich auf einer Karte „Forellentatar“, „Chicorée“, „Ochsenschwanzkompott“, „Kaninchenkeule“ und „Johannisbeere“ lese, habe ich ganz klare Geschmacksbilder vor Augen bzw. auf der Zunge. Im Gustav werden diese sämtlichst enttäuscht, und das bitte ich als Riesenkompliment an die Küche zu verstehen, da eben keine bodenständige Küche verfeinert werden soll, wie dies etwa im „Maibeck“ in Köln vorzüglich gelingt, sondern kreativ an einer neuen Position für ein herkömmliches Grundprodukt gearbeitet wird.
Der junge Küchenchef Jochim Busch versteht es, dem Hauptprodukt einen so eigenständigen Pfiff zu geben, dass ganz neue Geschmackskombinationen entstehen, die äußerst verführerisch den Gaumen erreichen und eine neue Harmonie bilden.
So geben die Buttermilch der Marinade für das Forellentatar einen leicht säuerlich und cremigen Charakter, die süßlich-fruchtigen Elemente mit Blauschimmelkäse dem Chirorée die Balance und der milde Meerrettich im aufgeschlagenen Liebstöckelöl dem Ochsenschwanz eine bisher nicht gekannte Note. Grandios die fruchtigen Ebereschenbeeren und der geräucherte Schmand zur ausgelösten Kaninchenkeule und völlig überraschend das Grantité vom Saft des jungen Johanisbeerstrauchs mit getrockneten Blättern vom Strauch und dem Verveineöl. Ein wunderbar erfrischendes, kaum süßes Dessert, das ich in dieser Form noch nirgendwo gegessen habe.
Das Gustav ist ein junges, lockeres Restaurant, in dem man hervorragend auf mindestens Ein-Stern-Niveau – wenn nicht mehr! – genießen kann. Die Gerichte von Jochim Busch sind eigenständig, durchdacht, aufwendig und perfekt umgesetzt. Eine spannende Küche, die sich wohltuend kreativ vom Mainstream abhebt.
Noch ein Wort zum Service: Wir wurden von zwei jungen Damen bedient, die äußerst zurückhaltend agierten (die Jüngere von beiden sprach gar nicht mit uns, auch nicht beim Eindecken, Servieren und Abräumen). Das mag eine gewisse Schüchternheit sein, doch wurde hier ja schon des Öfteren der etwas spröde Service angesprochen, so dass es vielleicht auch „Stil des Hauses“ ist. Man weiß es nicht. Aus unserer Sicht wäre hier oder da ein nettes Wort und ein bisschen mehr als die knappe Antwort auf eine gestellte Frage schon vorteilhaft, zumal wenn die Gäste genügend Stichworte geben, um vielleicht kurz darauf einzugehen. Da sind die Leute aus der Küche schon ein Stück zugewandter, die dem Gast beim gelegentlichen Servieren gerne erklären, was sich auf dem Teller befindet. Das tun sie zwar auch zurückhaltend und bescheiden, aber sie lassen sich auf den Gast ein, und so sollte das auch sein!
Fazit: Das Gustav bietet nach dem grandiosen Lafleur unseres Erachtens die kreativste und spannendste Küche der Stadt. Bravo, weiter so!
Unser Lunch:
Seeforellentatar Kresse · Buttermilch · Apfel
Chicorée Quitte · Blauschimmelkäse · Süßdolde
Ochsenschwanzkompott Suppengemüse · Meerrettich · Liebstöckelöl
Geschmorte Kaninchenkeule Winterspinat · geräucherter Schmand · Eberesche
Johannisbeerstrauch Milch · Verveineöl · Holzkohle
Schönen Gruß, MerlanZuletzt geändert von merlan; 11.02.2018, 16:18. Grund: Der Küchenchef heißt Jochim Busch, nicht Joachim, worauf mich eine freundliche Forumianerin dezent aufmerksam gemacht hat.Danke!
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Danke für den interessanten Bericht - Sie haben natürlich recht, dass ich in meinem Posting etwas pauschalisiert habe und es mehr Möglichkeiten für Einsterner gibt, sich zu profilieren, als von mir genannt. Das Gustav ist ja offensichtlich ein gutes Beispiel...
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Ein Freitagmittag in Frankfurt. Leider hat das Lafleur mittags gar nicht mehr geöffnet und das Francais am Mittag nur dienstags bis donnerstags. So fiel unsere Wahl diesmal auf das Gustav.
Zu Beginn des Lunchs wurde sehr gutes Brot und Butter serviert. Das haben wir fast komplett aufgegessen (auch den Nachschub). Die Gänge sind doch, selbst für meine Verhältnisse, recht übersichtlich (mir sind die Menüs sonst manchmal zu mächtig und ich lasse auch schon mal was zurückgehen).
Gegrillte Ringelbeete – Saiblingskaviar – Johannisbeerstrauch – Saure Sahne
Eine sehr schöne Vorspeise. Die Ringelbeete nicht ganz so erdig wie die sonst servierten roten, dazu der milde Kaviar, die milchig-saure Komponente und die leicht bitteren Strauchblätter.
Der Zwischengang Geschmorte Kaninchenkeule – Spinat – Eberesche – geräucherter Schmand
Sehr gute Fleischqualität, zu dem Spinat noch gehackte Nüsse und als Frische- und Säurekick die Ebereschebeeren.
Der Hauptgang: Kalbsonglet – Bärlauch – Kartoffel – Molke
Das Onglet sehr gut gegart. Die Kartoffeln mit Asche überzogen, die extra Aroma abgaben. Die mit Bärlauch aromatisierte Molke, wieder ein Milchprodukt, das Säure und Frische liefert. Ein schöner Gang.
Der vegetarische Hauptgang: Spargel – Rhabarber -·Frühlingsgewächse – Rapssamen
Gute, saisongerechte Kombination, besonders begeistert war meine Begleitung von der Kombination mit den frischen Kräutern und dem Rapssamen, der das Geschmacksbild abrundete.
Das Dessert: Joghurt – Waldmeister – Himbeere vom letzten Jahr – Eiweiß
Die Kombination von Waldmeister und Himbeere machte das Dessert ganz besonders fein. Es hätte jedoch größer ausfallen können ;-)).
Jochim Busch komponiert sehr aromatische und besondere Gerichte. Bei jedem Gericht bildeten (saure) Milchprodukte eine wichtige Komponente. Uns hat der Lunch sehr gut gefallen. Der Stern ist deutlich sichtbar und es ist eine sehr eigenständige Handschrift. Der Service agierte professionell und sehr freundlich.
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Interessant, dass Busch die Kaninchenkeule bei Ihnen im Frühjahr genauso serviert, wie bei uns im Winter. OK, im Februar annoncierte er den Spinat noch als „Winterspinat“...!
Ansonsten freut es mich, liebe Heike, dass es Ihnen im Gustav gefallen hat.
Inzwischen haben die Betreiber des Gustav das „Weinsinn“ an anderer Stelle wiedereröffnet. Man kann gespannt sein, ob sie den Stern zurückerobern, zumal der ehemalige Küchenchef das Weinsinn verlassen hat. Nun kocht dort der damalige Koch des „Atelier Wilma“, das ja eher eine unrühmliche Geschichte hatte.
Schönen Gruß, Merlan
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Kurze Frage an die Admins, die ich schon anderer Stelle stellte, aber leider keine Antwort bekam: Auch eingeloggt bekomme ich beim Klicken auf die Fotodatei-Links eine Fehlermeldung: "Ungültige Datei angegeben". (Hier im Thread werden die Bilder ja sowieso nicht angezeigt, glaube ich – ich sehe zumindest nix). Woran liegt das denn? Muss ich eine Einstellung ändern?
Danke und Sorry fürs OT (wobei es ja den konkreten Bericht betrifft)
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