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Ernos Bistro*, Frankfurt a.M.

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  • Ernos Bistro*, Frankfurt a.M.

    Schön, dass es so etwas noch gibt! Ein klassisches französisches Restaurant, das unspektakulär und unaufgeregt seit 35 Jahren solide Sterneküche zelebriert, in dem der heutige Patron Eric Huber seit 25 Jahren den Service leitet und nie der Versuchung erlegen ist, die nostalgische Bistro-Atmosphäre aufhübschen zu müssen.

    So ist "Erno" (benannt nach dem früheren Patron Erno Schmitt) jeden Abend voll, die Gäste essen meist à la carte (ein Menü wird leglich mit einer Zeile in der Speisekarte als Option tischweise angeboten) und wählen aus der hervorragend sortierten rein französischen Weinkarte.

    Küchenchef Valéry Mathis, der auch schon 15 Jahre im Haus ist, kocht handwerklich perfekt, setzt beste Produkte ein und ist auf klassisch- französischem Fundament mediterran inspiriert, richtet inzwischen durchaus modern an und überrascht durch dezent gesetzte kulinarische Geistesblitze.

    Eine sehr schöne Vorspeise: Kurz gebratener Thunfisch mit Granny-Smith und Ingwer, Tatar, Limettenöl.
    Der Thun wirklich nur ganz kurz von einer Seite angebraten und mit Apfel-Ingwer-Stückchen belegt; Säure und Schärfe reichen aus, um den Fisch zu würzen (jedenfalls für meine Frau; ich hätte mir schon etwas Pfeffer und Salz gewünscht); dazu serviert Mathies noch etwas Tatar in einer hauchdünnen Gurkenscheibe und betont bei allen Komponenten (z.B. Apfelschaum) die dezente Säure.

    Ein absolutes Highlight: Steinbutt mit Lardo und geschmorten Polipetti, Zitronenrisotto.
    Saftiger, gedämpfter Steinbutt, der von zarten Polipetti eingerahmt ist, die in einer deftigen Rotweinreduktion sanft geschmort wurden. Genial, den Fisch auf einen Zitronenrisotto zu betten, der der Deftigkeit des Geschmorten doch wieder eine Leichtigkeit gab. Köstlich!

    Meine Frau hatte Loup de mer mit gebratenen Calamaretti und Polentacrème, Zucchini-Püree und Sardellen-Oliven-Vinaigrette.
    Muss man, glaube ich, nicht näher beschreiben. Leider schmeckten die Sardellen nicht vor, sonst aber sehr gut, ohne die "Höhe" des Steinbutts zu erreichen, der für mich einer der besten Fischgänge war, die ich in letzter Zeit serviert bekommen habe.

    Alles andere drumherum, vom Amuse bis zum Dessert und den Nettigkeiten zum Espresso, absolut in Ordnung, ohne besonders herauszuragen.

    Fazit:
    Ernos Bistro ist ein französisches ALC-Restaurant, in dem man sich nur wohlfühlen kann. Der ausgezeichnete und angenehm lockere Service serviert klassische, handwerklich perfekte Küche mit modernen Einsprengseln, die hier und da auch für eine Überraschung gut sind.
    Zuletzt geändert von merlan; 21.08.2010, 12:54.

  • #2
    Gut geschrieben, werter merlan, dort würde mir ein Essen auch gefallen.
    Der Thun sei wirklich nur ganz kurz und auch nur von einer Seite angebraten; so elegant dies auch aussehen mag, profitiert man wirklich von diesem Vorgehen? Viele Franzosen verdrehen ja glücklich die Augen, wenn ein durch den Wolf gedrehtes Rinderfilet, nun allerdings von beiden Seiten kurz angebraten, ansonsten aber roh und kalt, auf dem Teller plaziert wird. Zu viel konnte ich mit diesen angebratenen Arealen nie anfangen.
    By the way, haben Sie aus der Weinkarte auch etwas ausgewählt?
    Gruß
    s.

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    • #3
      Zitat von Schlaraffenland
      Der Thun sei wirklich nur ganz kurz und auch nur von einer Seite angebraten; so elegant dies auch aussehen mag, profitiert man wirklich von diesem Vorgehen?
      Ich glaube, werter Schlaraffenland, dass dies Geschmackssache und daher nicht objektiv zu beantworten ist. Ich mag Thunfisch im gegarten Zustand gar nicht und kann ihm in dieser kurz angebratenen Form oder als Tatar wesentlich mehr abgewinnen; dies geht mir bei Lachs übrigens recht ähnlich (wenn schon warm, dann gerade mal bei 50 Grad im Ofen confiert).

      Ja, ja, einen Wein gab es natürlich auch: Wir haben uns für einen 2008er Macon-Milly Lamartine entschieden. Ein schöner Chardonnay, der bei allem Fischigen gut mithalten konnte.

      Beste Grüße, Merlan
      Zuletzt geändert von merlan; 21.08.2010, 08:00.

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      • #4
        Vor genau 10 Jahren schrieb ich hier: „Schön, dass es so etwas noch gibt! Ein klassisches französisches Restaurant, das unspektakulär und unaufgeregt seit 35 Jahren solide Sterneküche zelebriert, in dem der heutige Patron Eric Huber seit 25 Jahren den Service leitet und nie der Versuchung erlegen ist, die nostalgische Bistro-Atmosphäre aufhübschen zu müssen. Küchenchef Valéry Mathis, der auch schon 15 Jahre im Haus ist, kocht handwerklich perfekt, setzt beste Produkte ein und ist auf klassisch- französischem Fundament mediterran inspiriert, richtet inzwischen durchaus modern an und überrascht durch dezent gesetzte kulinarische Geistesblitze.“

        So ist es auch heute noch, nur dass die Jahreszahlen natürlich um 10 erhöht werden müssen und die „kulinarischen Geistesblitze“ offensichtlich inzwischen auf der Strecke geblieben sind. Bei „Erno“ isst man nach wie vor auf hohem Niveau, bei guter Produktqualität und perfekter Zubereitung. Das sollte eigentlich genügen, und dennoch kommt man ins Grübeln, wenn man das Restaurant mit den meisten anderen aktuellen Einsternern vergleicht, die mit mehr Finesse und Inspiration kochen. Hier wird dagegen eine Küche zum Genießen hinlänglich bekannter Geschmacksbilder statt zum Bestaunen kreativer Kompositionen zelebriert. Man serviert eine reine Produktküche und sorgt für guten Geschmack, keinesfalls aber für Spannung. Es wirkt alles ein bisschen „retro“, und das wird auch selbstbewusst zur Schau gestellt – vom Ambiente bis zur Küche. So war es hier schon immer, und so soll es offensichtlich auch bleiben.

        So haben wir also unseren Abend bei „Erno“ „einfach so“ genossen und zwar mit diesen Gängen:

        Steinbutt in Erbsenwasser mit Melone
        ---------------------------------------------------
        Marinierte Dorade mit süß-saurem Gemüse und Gurken-Granny-Smith-Sud

        Loup de mer mit Calamaretti und Artischocken, Zucchini-Spaghetti, Tomaten-Vinaigrette und Parmesan

        Crème brûlée mit Tahitivanille
        --------------------------------------------------
        Mangoschaum mit Ananas


        Ich muss diese Gänge nicht beschreiben, sie sprechen und schmecken für sich. Aber den Service sollte ich noch erwähnen, der von zwei jungen Kräften bewältigt wird. Beide sehr zugewandt und sympathisch eloquent. Vorbildlich auch, wie die beiden in diesen Zeiten tapfer den ganzen Abend über ihren Mund-Nasen-Schutz tragen, während Patron Eric Huber ohne Maske von Tisch zu Tisch flaniert, Weinempfehlungen ausspricht und angeregt mit den Gästen plaudert. Das ist wenig vorbildlich und den Gästen gegenüber schon fast rücksichtslos!

        Fazit:
        Ich würde „Erno“ glatt zu meinem Stammlokal erklären, wenn ich alle paar Wochen einfach nur - also ohne Sterneambitionen - gut essen gehen möchte, doch daran hindert einen dann doch das sehr hohe Preisniveau (Vorspeisen zwischen 40 und 50 Euro; Hauptgerichte zwischen 55 und 60 Euro), das einen keinen Abend zu zweit das Lokal unter 300 Euro verlassen lässt, wobei man sich nur zwei Glas offenen Wein (0,1 l) gegönnt hat.

        So sparen wir uns diesen Klassiker doch lieber nur für die nostalgischen Momente alle 10 Jahre auf!

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        • #5
          Werter merlan, nun haben Sie doch tatsächlich einen Tag zu früh berichtet.

          Sind die aufgerufenen Preise nicht selbst für die lokalen Verhältnisse etwas zu teuer?

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          • #6
            Erwischt!

            Die Sache mit dem sehr hohen Preisniveau habe ich versucht, in meinem Fazit auszudrücken.

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            • #7
              Touché, nun haben Sie mich erwischt.

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              • #8
                Jetzt bin ich auch gerade mal wieder auf der Homepage von Erno's Bistro gelandet. Schon wirklich ein etwas spezielles Restaurant. Optisch kommen bei der Bistro-Optik überhaupt keine Berührungsängste auf, was vielleicht auch Fine-Dining-Neulinge anlocken würde. Der Blick auf die Karte dürfte sie dann aber schnell abschrecken. Zutaten und Preise richten sich ja dann doch eher an Profis im Bereich der französischen Klassik. Die Preise haben seit meinem Besuch im Herbst 2021 auch nochmal ein gutes Stück angezogen. Vermutlich im Zuge der hohen Energiepreise seit dem russischen Angriffskrieg. Jetzt liegen bei den Vorspeisen zwei Drittel bei 50€ und darüber, die Hauptspeisen bei 75€ bis 80€. Und 150€ pro Person für drei Gänge und ein Glas Wein, das muss man dann schon wirklich wollen.
                Letztlich ist es wohl ein Mekka für Menschen aus dem Rhein-Main-Gebiet, die auch gerne Froschschenkeln und Schnecken fröhnen. Findet man ja sonst eher selten auf der Karte. Und für eine gewisse konservative Klientel, die ich bei meinem Besuch auch zur Genüge beobachten konnte. Wen ich nicht beobachten konnte: Den Patron Eric Huber. Dieser wurde in der 22er Ausgabe vom Gault Millau ja zum Gastgeber des Jahres gekürt.
                Mein damaliger Besuch: Erno’s Bistro (Oktober 2021)

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