Ronny Siewert, beleibter als gedacht, kann klasse kochen.
Z.B. Trilogie vom Mecklenburger Kaviar. Echter Stör Kaviar. In diesem Zusammenhang jedoch Highlight heißgeräucherter Ostseeaal mit Kaviar. **
Fast alles andere *.
Nur der Hummer, der war am hungern. -
Norman Rex, gebürtig in Berlin, mit Bewegungen wie Stan Laurel.
Maitre und ...Sommelier, da B.Precirep nicht da.
Wir sagten die Standardweine fänden nicht so unser Interesse.
Wir ließen ihn machen und es war extraklasse.
Unser Mann des Tages.
Grand Hotel Heiligendamm, zu Tode betrübt (!), hoch jauchzend (?).
Aber das gehört nicht hierher.
Am vergangenen Freitag war unser Club-Abend im Restaurant Friedrich Franz im Grandhotel Heiligendamm. Dank des Streiks der GdL konnte ich nicht per Bahn anreisen, sondern musste mit dem Auto fahren – aber die wunderbare Frühlingslandschaft auf dem Weg war schon eine Entschädigung: helles Grün an den Bäumen und auf den Feldern viel gelber Raps.
Ich war noch nie in Heiligendamm, die Anreise aus Hamburg ist nicht gerade kurz und in näherer Umgebung gibt es doch einige interessanter erscheinende Restaurants. Aber nur zwei Wochen nach dem „Genuss“ der speziellen skandinavischen Küche war ich froh, dass mein neuestes Restauranterlebnis ein klares klassisches Fundament bieten sollte.
Zum Champagner gab es vier kleine Häppchen, die allesamt zum perlenden Wein gut passten.
Schon deutlich feiner waren die fünf zusammen servierten Amuse-Happen, wobei die grüne Suppe mit der Makrele und das Spargelsüppchen mir am besten gefielen.
Der erste Gang war dann Gänseleber „Selektion“, Apfel, Koriander, Haselnuss, Ingwer. Am markantesten war in der fein gearbeiteten Variation der Koriander und der Ingwer herauszuschmecken. Alles war handwerklich exakt und schmeckte sehr angenehm, aber eher erwartbar. Besonders gespannt war ich auf den Wein, eine 2007er Gewürztraminer „Altenberg“ Auslese vom Weingut am Kaiserbaum aus der Pfalz. Dieser Betrieb war mir bislang völlig unbekannt, obwohl ich doch meine, die Region recht gut zu kennen. Sommeliere Aline Nagel berichtete, sie habe das Weingut bei einer Generation-Riesling Veranstaltung kennen gelernt, unter dem Label vermarkten sich ja eine ganze Reihe weniger bekannter Betreibe. Der Wein jedenfalls war ein typischer Gewürztraminer, im Vergleich nicht zu ausladend und schwer, trotz der Auslesequalität. Er passte gut zu der Süße der Gänseleber und den weiteren Aromen.
Nun folgte ein Zusatz-Gang, den Ronny Siewert für den Gourmet-Club einschob: Dänischer Kaisergranat warm und kalt, Jungen Erbsen, Zitronengras-Vinaigrette, Kräuter-Salat. Dieser Gang war für mich der schönste des Menüs. Die Carpaccio vom Kaisergranat passte mit der leichten Säure der Vinaigrette sehr schön zu der Süße bzw. Frische der jungen Erbsen. Dazu kam etwas Eis als weitere Kühlung. Der leicht warme Schwanz des Kaisergranats war zusammen mit einer schönen, intensiven Sauce serviert, die aber in der Balance optimal zur Intensität des Carpaccio-Teils blieb. Dazu gab es einen 2012er Chenin Blanc vom südafrikanischen Weingut Mullineux. Er schmeckte ähnlich einem jungen, aber kräftigen Weißburgunders mit etwas Holz, was mir gut gefiel.
Nun folgte Lauwarmer Saibling, süßer Aal, Hausfrauencreme, Meerrettich, Liebstöckel-Öl. Markantestes Aroma hier war für mich der Meerrettich, die Bestandteile der Kombination flossen unter seiner leichten Schärfe und der Creme zusammen. Das hätte ich mir in der aromatischen Wirkung auch differenzierter vorstellen können, vor allem weich die einzelnen Bestandteile an und für sich sehr schön und auch viel Eigengeschmack boten – möglicherweise wäre hier eine etwas festere und damit leichter zu dosierende Creme hilfreich. Denn an und für sich war dies ein sehr schön gestaltetes Gericht. Dazu tranken wir einen 2012er Grünen Veltliner „Theodora“ vom Gut Oggau im Burgenland, der sich mit aber nicht nachhaltig eingeprägt hat, aber gut passte.
Der Loup de Mer, kleines Bohnen-Cassoulet, Gurke, Sauerrahm, Soljanka-Aufguss war von der Schärfe und Intensität des Aufgusses klar dominiert. Hinzu kam die markante Bohne, mit ihrem typischen – wie ich finde - immer ziemlich durchdringenden Geschmack. So hatte das Gericht eine mediterrane Wirkung, trotz seiner ja eher „osteuropäisch“ anmutenden Sauce. Dazu gab es Die einen 2002er Wehlener Sonnenuhr von S.A. Prüm an der Mosel passte mit ihrem Süße-Grad optimal zur Schärfe und der Intensität des Gerichts.
Die Bresse-Taube, Brust, Galette, Frühlingsmorcheln, fruchtige Aprikosencreme fand ich nicht ganz so gelungen. Seblstverständlich war handwerklich alles gut gemacht, aber hier war mir die Sauce zu intensiv und vor allem etwas zu winterlich in der Wirkung, um die Morchel perfekt in Szene zu setzen. Ein sehr schöner 2011er Chinati Classico vom Weingut Candialle war ebenfalls feiner als die Sauce.
Beef, Filet, Short-Rib, Topinambur, Rote Zwiebel, Café de Paris gab es als Hauptgang. Das Filet hatte eine sehr schöne Konsistenz, war aber – so wie Filet nun mal ist – etwas eindimensionaler als das Short-Rib. Die Zwiebel war ziemlich süßlich – das passte in der Komposition des Gerichts durchaus. Aber leider war die Zwiebel der Killer in der Kombination mit dem Wein: der 2009er Gigondas von Weingut Guigal passte grundsätzlich zur Intensität des Gerichts gut, kam aber eben mit der Süße - für meine Zunge - überhaupt nicht zurecht. Er wurde dadurch leider eindimensionaler.
Nach dem gelungenen Predessert…
Ging es weiter mit Dessert von Weißer Schokolade, Grenadila, Litschi, Rosenblütenwasser, Basilikumsamen und Zitrus-Aromen. Es war ein eher klassisches Dessert, dass mit Säure, Frucht und Fülle der Schokolade gut spielte. Dazu gab es einen 2009er Weissen Burgunder „Hochrain“ vom Weingut Machherndl aus der Wachau.
Zum Schluss gab es noch eine kleine Pralinenauswahl und ein „Magnum“, das leider mit dem im Vendome nicht zu vergleichen ist, es war – zumindest bei uns viel zu vereist, um ein konkretes Aroma schmeckbar zu machen.
„Erwartungen erfüllt“ war mein Fazit des Menüs: klassische Küche, mit einem gewissen Hang zur Süße und Säure, handwerklich sehr gut umgesetzt. Mein Kritikpunkt ist, dass manches aus der Zunge etwas einpünktig wurde, dass heißt es sich zu einem Hauptgeschmack zusammenzog und so der handwerkliche Aufwand, der für alle Gerichte betrieben wurde, sich geschmacklich nicht im gleichen Maße darstellte. Trotzdem war das Menü sehr angenehm und unanstrengend und somit ein entspannender Genuss – ideal, um der Höhepunkt eines Kurzurlaubs zu sein.
Nachdem ich endlich den hier gewonnen Gutschein (vielen Dank noch mal!) gerade einlösen konnte, möchte ich auch gern über den Abend bei Ronny Siewert und Norman Rex im Friedrich Franz berichten. Wir waren 2 Nächte im Grandhotel Heiligendamm und gleich am ersten Abend im Restaurant. Das Ambiente ist klassisch gediegen, der Service nahm (ich komme da am Ende nochmals drauf zurück) aber jede Schwere oder Steifheit aus dem Abend. Wir hatten den Gutschein für das große Menü Gustus inkl. Weinbegleitung für 2 und meine Frau wechselte zum zweiten Menü, Sensibus, einfach damit wir die gesamte Karte versuchen konnten. Ich berichte primär über mein Menü und nehme mir raus über einzelne Gänge meiner Frau zu berichten.
Es begann auch bei uns mit kleinen, feinen Häppchen zum Champagner.
Besonders in Erinnerung blieb eine Variation mit Naan Brot und indischen Aromen.
Die zweite Runde der Amuses war dann schon etwas komplexer.
Fokus der Amuses waren Gemüse und Kräuter. Ich kann mich nicht an alle Details erinnern, aber besonders das confierte Eigelb und die Gazpacho waren schön gearbeitet.
Bei mir ging es dann los mit der Gänseleber "Selektion".
Begleitet wurde die Leber von Erdnuss (kandiert), Cassis, Ingwer und grünem Pfeffer. Zuerst einmal schön war es, dass alle Komponenten wirklich wahrnehmbar, herausschmeckbar waren. Vor allem der Ingwer ging eine schöne Kombination mit der Leber ein, da er nicht nur mit seiner Süße, sondern auch schärfe eine gewisse Spannung in die sonst sehr klassische, bekannte Geschmackskombination brachte. Ein klassisches Geschmacksbild, das Ronny Siewert hier durch den Ingwer und Pfeffer sinnvoll ergänzt und modernisiert. Ein toller Einstieg in das Menü. Kombiniert hat es Norman Rex mit einem Süßwein von Tschida. Das ging alles auf!
Meine Frau bekam die Kaviartrilogie.
Der Kaviar wurde kombiniert mit Rindertatar mit Creme Fraiche, Ostseeaal und Kartoffel-Nussbutter Püree. Auch hier spielten klassische Aromen die erste Geige. Besonders gefiel mir der lauwarm geräucherte Ostseeaal. Ich bin kein großer Kaviarfreund, aber in den Kombinationen kamen die jodig-salzigen Aromen besonders gut zur Geltung. Sehr schön!
Bei mir ging es weiter mit Carabinero.
Kombiniert wurde die Garnele mit Edamame, Zitronengras, Kokos und Koriander. Auch hier lag der Fokus auf dem zugänglichen Wohlgeschmack. Der perfekt gegarte Carabinero bekam sanfte asiatische Aromaten zur Begleitung. Koriander und Zitronengras wurden eher dezent eingesetzt, um den Hauptdarsteller nicht zu erschlagen. Das war kein kreatives Feuerwerk, sondern eine schöne, klare Produktküche. Dass, der Langwerth von Simmern Eltviller Kabinett Feinherb dazu perfekt passt, ist keine Frage.
Mein Frau bekam den Steinköhler mit Petersiliencreme, Kohlrabi und Sommertrüffel.
Geschmacklich war das natürlich eine ganz andere Nummer, aber konzeptionell ganz ähnlich zu meiner Carabinero. Auch hier stand der Steinköhler im Mittelpunkt und wurde nur ergänzt von Kohlrabi, Tüffel und co. Insgesamt war auch das ein auf Harmonie ausgesetztes Geschmacksbild. Ein Klassiker zum weglöffeln! Auch der Chardonnay GG von Stigler war mit seinem Schmelz ein toller Begleiter.
Bei mir ging es weiter mit den Adlerfisch.
Dazu gab es einen lauwarmen Tomatensalat, der eine schöne Süße und Säure mitbrachte. Der Fisch war wieder perfekt gegart und bekam durch die Tomaten und Oliven eine mediterran-sommerliche Aromatik. Auch die Kräuter gaben dem Ganzen eine frische mit, die das Gericht abrundeten. Mir gefiel das Gericht fast etwas besser als der Steinköhler, da die Kombination aus Fisch und Tomate hier eine angenehme Spannung erzeugte. Großartig! Weniger gut hat mir der dazu gereichte Moscatel von Botani aus Malaga gefallen. Der Wein war mir zu dominant, wobei die Kombination Tomate/Wein auch nicht einfach zu lösen ist.
Als ersten Fleischgang bekam ich Perlhuhn statt einer Taube; kombiniert mit Pfifferlingen und Aprikose.
Auch hier setzte Siewert auf klassische Geschmacksbilder. Das zarte Huhn mit der intensiven Jus bekam einen säuerlich-süßen Kick durch die Aprikose. Die Pfifferlinge gingen darin etwas unter, hätten vielleicht größer portioniert werden können. Sicherlich kein Gang der ewig in Erinnerung bleibt, aber ein leiser, reduzierter Übergang von den Fisch- zu den Fleischgerichten.
Als Hauptgang gab es Mecklenburger Reh, in Form von Rehrücken und Keule.
Dazu servierte Siewert Pastinake, Liebstöckel und Limonen-Rettich. Der Rücken war perfekt gegart und zeigte ein eher dezentes Wildaroma. Die Keule wurde klein geschnitten in einer Art "Sandwich" serviert und kam natürlich deutlich kräftiger daher. Die Jus war klassisch reduziert, intensiv und wurde von der Liebstöckelcreme gut aufgefangen. Der Rettich brachte die notwendige Frische. Ein zutiefst befriedigender Hauptgang. Klar spielt Siewert auch hier auf Nummer sicher, aber langweilig wirkte es trotzdem nicht, dafür war die Produktqualität zu gut. Auch schönder Chateauneuf du Pape von La Nerthe, der an sich schon ein toller Wein ist, aber auch hier eine gute Kombination einging. Wenn Klassik, dann bitte so wie hier! (Die Cuvée X von Knipser, den meine Frau zu ihrem Rind bekam, passte auch gut)
Als Hauptdessert gab es bei mir Mara des Bois Erdbeere.
Die Erdbeere (mariniert, Eis, Soße) wurde kombiniert mit Basilikum und weißer Schokolade. Eine Süßspeise, die den Namen wirklich verdient! Es schmeckte genau so, wie es sich liest. Klar könnte man hier mehr Kreativität erwarten, aber meine persönlichen Vorlieben was Desserts angeht wurden hier voll erfüllt. Mit der Auslese von Maxminin Grünhäuser schmeckt eh (fast) alles.
In Summe war das ein Abend der klassischen Geschmacksbilder. In dem Rahmen des Grandhotels war das ein absolut stimmiges, zutiefst befriedigendes Gesamtkonzept. Die Qualität der Zutaten und deren behutsame Verarbeitung waren großartig. Siewert zeigt weniger durch technische Spielereien, als durch klassisches, fundiertes Handwerk (die Jus waren hervorragend), dass man mit ihm rechnen muss. Natürlich kann man kritisieren, dass er immer auf die sichere Karte setzt, aber das muss er in diesem Rahmen auch tun. Für uns war das ein tolles Erlebnis zu dem ganz besonders auch Norman Rex beitrug. Die Weinauswahl war (fast immer) stimmig. Man setzt auch hier auf die Klassiker, aber die passen schlicht sehr gut zu den Aromen auf den Tellern. Noch beeindruckender war aber die Serviceleistung. Ich habe noch nie einen so ehrlichen, sympathischen und professionellen Service erlebt. Norman Rex ist der perfekte Gastgeber.
Mit einem Stern und 18 Punkten im Gault Millau ergeht es Ronny Siewert im Friedrich Franz ähnlich wie Martin Fauster im Königshof. Beide bieten eine klassiche französische Küche mit Fokus auf qualitativ herausragende Produkte und ich finde, bei beiden kann der Michelin durchaus aufwerten. Unabhängig davon sagt mir momentan die klassiche Küche sehr zu und somit wird mir auch dieser Abend sehr lange positiv in Erinnerung bleiben.
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