Braunschweig, die Löwen-Stadt in bundesweit gefühlter „Irgendwo-nördlich-von“-Lage, ist kulinarisch ein hartes Pflaster. Der Feinschmecker scheint sich länger nicht mehr hingewagt zu haben, der Gusto bisher offenbar noch gar nicht. Bei Gault Millau und Michelin könnte man zumindest sporadische Besuche vermuten, da sie die offenbar beste Adresse der Stadt nennen, die allerdings schon länger nicht mehr den Beschreibungen (und Abbildungen) der beiden Führer entspricht. Recht schnell nach der Eröffnung 2008 hat Chef Enrico Dunker nämlich das Duo-Konzept von Restaurant und Bistro wieder gekippt, da die Zweiteilung offenbar schwer zu vermitteln war. Als Folge wird nun nur noch der ehemalige Bistro-Bereich geöffnet, dort allerdings konsequent die einstige Restaurant-Karte gereicht –was angesichts der Verquickung von buntscheckigem Strandbar-Ambiente und gehobenen Preisen nun ebenfalls für Verwirrung sorgt (und manche Gäste nach einem Blick in die Karte dazu bewegt, zurück an die Theke zu wechseln).
Bleibt der Gast sitzen, bekommt er vom handfest agierenden Service zunächst die Ansage, am Menü bitte maximal einen Gang zu tauschen (gegen Aufpreis-Bereitschaft geht dann vielleicht doch mehr), sowie nach Bestellung ein eher unauffälliges Löffel-Amuse à la Lachstatar mit Saiblingskaviar und einen Rote-Bete-Macaron. Apropos, von eben jenem Macaron (später zum Kaffee noch einmal mit Mango) bis zum derzeit ebenfalls unvermeidlichen Minz-Malto lässt die Küche keine Spielart des derzeit Modernen aus. Das kann man als achwie weltbereister Esser natürlich als provinziell und effekthascherisch belächeln, oder aber anerkennen, dass da jemand versucht, die von Spitzenköchen nicht gerade umworbene Region auf dem Stand der kulinarischen Diskussion zu halten. Darum bemühen sich auch die Braunschweiger Gäste am Nachbartisch, die ihren kulinarisch interessierten Freunden von einem neuen Zweisterner in Osnabrück erzählen („Neee, nicht das La Vie, ein Neues, zwei Sterne!“), in dem tellertauschenden Gästen am Ende die berüchtigte „Beehren Sie uns nicht wieder“-Karte gereicht würde… Hard stuff aus der Nachbarschaft.
Wie fällt nun das Ergebnis von Dunkers Bemühungen aus? Als Beispiel sei mal zunächst die Vorspeise ENTE: GEBRATENE BRUST / PRALINE / ENTENLEBER - ERBSEN - TÖRTCHEN / ERBSENCRÈME herbeigezogen: Ein Stück gebratene Brust, ein Quader aus recht unspektakulärer Entenstopfleber, Brust-Stückchen und intensivem Erbsenmousse, dazu getrocknete und anschließend pulverisierte Erbse plus genannte Minz-Klümpchen – das machte optisch was her, schmeckte mir nach 14-15 Punkten und wurde offen von einer Kracher-Auslese solide begleitet.
Beim anschließenden Glas WILDKRÄUTER: CREMESUPPE / WALNUSS - KROKANT / GARNELEN - SANDWICH empfand ich dagegen die blassgrüne, wenig differenziert schmeckende Suppe als ein Manifest klassischer Rahm-Bindung, die zusätzliche Thymiansahne mit Krokant obenauf ganz nett und das Garnelensandwich (à la Croque Monsieur) als saftige Beigabe.
Weniger begeistern konnte mich die Küche beim Hauptgang, wo die modische Kombination die Herausarbeitung der Aromen ausstach. IRISCHER OCHSE: FILET „BBQ STYLE“ / MEDITERRANES GEMÜSE / GERÄUCHERTE „POMMES FRITES“ / WARME AIOLI bot ein Stück niedrigtemperaturgegartes Fleisch, dem dadurch aber die erwarteten Röstaromen abgingen. Auch die geräucherten Pommes schmeckten ausschließlich nach Kartoffel, das Gemüse blieb eher mayonnaisig-langweilig. BBQ war nur die entfernt an McRib erinnernde Sauce, von der ich persönlich dem Chef zukünftig abraten würde.
Ganz gefällig wiederum das Dessert aus allerlei Variationen (Crèmetupfen, Kiesel etc.) rund um das Thema „HIMBEER BEET“ / MANDELCRUNCH / ZITRONENMELISSE-VOLLMILCHEIS, das die Patisserie allerdings ohne größeren aromatischen Wagemut auf der Ebene der technischen Spielerei fesselte.
Wie Sie sich jetzt wahrscheinlich schon denken können, hinterließ der Besuch in Braunschweig bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits erlebte ich einen Küchenchef, der sich in der Diaspora für das Gegenteil des einfachst gangbaren Weg entschieden hat und damit teilweise beachtliche Ergebnisse erzielt. Andererseits sah ich aber auch die Grenzen, die ihm durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen und evtl. fehlende Herausforderung von außen gesteckt sind. Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte er sicher verdient. Letztere käme vielleicht aber schon, wenn sich der Chef in Sachen "Auftritt" (Homepage, Gastraum, Service) ebenso viel Mühe walten ließe wie bei der Küche. Dass das möglicherweise wieder so eine Entscheidung wäre, die man den Braunschweigern als in ihrem Sinne vermitteln müsste, bleibt Herausforderung.
Bleibt der Gast sitzen, bekommt er vom handfest agierenden Service zunächst die Ansage, am Menü bitte maximal einen Gang zu tauschen (gegen Aufpreis-Bereitschaft geht dann vielleicht doch mehr), sowie nach Bestellung ein eher unauffälliges Löffel-Amuse à la Lachstatar mit Saiblingskaviar und einen Rote-Bete-Macaron. Apropos, von eben jenem Macaron (später zum Kaffee noch einmal mit Mango) bis zum derzeit ebenfalls unvermeidlichen Minz-Malto lässt die Küche keine Spielart des derzeit Modernen aus. Das kann man als achwie weltbereister Esser natürlich als provinziell und effekthascherisch belächeln, oder aber anerkennen, dass da jemand versucht, die von Spitzenköchen nicht gerade umworbene Region auf dem Stand der kulinarischen Diskussion zu halten. Darum bemühen sich auch die Braunschweiger Gäste am Nachbartisch, die ihren kulinarisch interessierten Freunden von einem neuen Zweisterner in Osnabrück erzählen („Neee, nicht das La Vie, ein Neues, zwei Sterne!“), in dem tellertauschenden Gästen am Ende die berüchtigte „Beehren Sie uns nicht wieder“-Karte gereicht würde… Hard stuff aus der Nachbarschaft.
Wie fällt nun das Ergebnis von Dunkers Bemühungen aus? Als Beispiel sei mal zunächst die Vorspeise ENTE: GEBRATENE BRUST / PRALINE / ENTENLEBER - ERBSEN - TÖRTCHEN / ERBSENCRÈME herbeigezogen: Ein Stück gebratene Brust, ein Quader aus recht unspektakulärer Entenstopfleber, Brust-Stückchen und intensivem Erbsenmousse, dazu getrocknete und anschließend pulverisierte Erbse plus genannte Minz-Klümpchen – das machte optisch was her, schmeckte mir nach 14-15 Punkten und wurde offen von einer Kracher-Auslese solide begleitet.
Beim anschließenden Glas WILDKRÄUTER: CREMESUPPE / WALNUSS - KROKANT / GARNELEN - SANDWICH empfand ich dagegen die blassgrüne, wenig differenziert schmeckende Suppe als ein Manifest klassischer Rahm-Bindung, die zusätzliche Thymiansahne mit Krokant obenauf ganz nett und das Garnelensandwich (à la Croque Monsieur) als saftige Beigabe.
Weniger begeistern konnte mich die Küche beim Hauptgang, wo die modische Kombination die Herausarbeitung der Aromen ausstach. IRISCHER OCHSE: FILET „BBQ STYLE“ / MEDITERRANES GEMÜSE / GERÄUCHERTE „POMMES FRITES“ / WARME AIOLI bot ein Stück niedrigtemperaturgegartes Fleisch, dem dadurch aber die erwarteten Röstaromen abgingen. Auch die geräucherten Pommes schmeckten ausschließlich nach Kartoffel, das Gemüse blieb eher mayonnaisig-langweilig. BBQ war nur die entfernt an McRib erinnernde Sauce, von der ich persönlich dem Chef zukünftig abraten würde.
Ganz gefällig wiederum das Dessert aus allerlei Variationen (Crèmetupfen, Kiesel etc.) rund um das Thema „HIMBEER BEET“ / MANDELCRUNCH / ZITRONENMELISSE-VOLLMILCHEIS, das die Patisserie allerdings ohne größeren aromatischen Wagemut auf der Ebene der technischen Spielerei fesselte.
Wie Sie sich jetzt wahrscheinlich schon denken können, hinterließ der Besuch in Braunschweig bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits erlebte ich einen Küchenchef, der sich in der Diaspora für das Gegenteil des einfachst gangbaren Weg entschieden hat und damit teilweise beachtliche Ergebnisse erzielt. Andererseits sah ich aber auch die Grenzen, die ihm durch wirtschaftliche Rahmenbedingungen und evtl. fehlende Herausforderung von außen gesteckt sind. Etwas mehr Aufmerksamkeit hätte er sicher verdient. Letztere käme vielleicht aber schon, wenn sich der Chef in Sachen "Auftritt" (Homepage, Gastraum, Service) ebenso viel Mühe walten ließe wie bei der Küche. Dass das möglicherweise wieder so eine Entscheidung wäre, die man den Braunschweigern als in ihrem Sinne vermitteln müsste, bleibt Herausforderung.
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