Meinem Eindruck nach, hat das Vendôme allgemein seine Menüstrukturen verändert. Das (frühere) á la carte Angebot wurde in ein Klassiker-Menü überführt und das saisonale Menü zudem ein wenig verkürzt. Die Einschränkung des Mittagsangebots auf das Wochenende ist inzwischen ja eigentlich eher die Regel als die Ausnahme. Unter der Woche scheinen sich (außerhalb von Orten wie Baiersbronn ) wohl einfach nicht ausreichend Gäste für einen Lunch zu finden.
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Vendome **, Bergisch Gladbach
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MichaelStromberg: "Unter der Woche scheinen sich (außerhalb von Orten wie Baiersbronn ) wohl einfach nicht ausreichend Gäste für einen Lunch zu finden."
Auch in Baiersbronn hatte ich „das“ Mittagserlebnis: Bareiss Freitagmittag - 6 Gäste – 6 Servicekräfte inklusive Restaurantleiter und Sommelier. Das war uns zwei Personen etwas viel auf einmal und wir fühlten uns überversorgt. Trotzdem war es ein schöner Nachmittag und wir wurden vom hoteleigenen Fahrdienst zurück zur Bahnstation gefahren.
Im Vendome hingegen war das Zwei-Personen-Menü „das“ Erlebnis meines bisherigen Restaurantlebens: Das Personal wurde zügig abgezogen und dann hatten wir es einige Stunden nur mit dem Sommelier Markus Berlinghof zu tun. Wir haben uns so toll über Weine und Speisen unterhalten, das es ein unvergessener Tag wurde.
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Der Rückzug der "Sternegastronomie aus dem Mittagsgeschäft ist auch aus meiner Sicht schade. Dafür gibt´s dann halt weniger Kinder im Restaurant...
Nach der kurzen Sommerpause hat auch das Urgestein den Sonntagmittag gestrichen und ist somit nur noch abends geöffnet.
Ich will weder gerne erst Mitternacht oder später zuhause ankommen, noch nur des Essens wegen vor Ort übernachten, habe auch noch anderes zu tun. Nachvollziehen kann ich die Entwicklung in Anbetracht leerer Lunch-Tische jedoch gut.
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MichaelStromberg: „Meinem Eindruck nach, hat das Vendôme allgemein seine Menüstrukturen verändert. Das (frühere) á la carte Angebot wurde in ein Klassiker-Menü überführt und das saisonale Menü zudem ein wenig verkürzt.“
Selber bin ich seit 2009 dort ein- bis zweimal eingekehrt und habe die Karte mit den Speisen und Getränken so gut ich kann verfolgt.
Die Speisen vorweg - heute „Auftakt“ genannt – haben mich stets besonders begeistert zum Beispiel der „Steingarten“ (2009). Die Getränkebegleitung war ebenfalls für mich immer ein Quell der Freude.
Die Gänge wurden dann über die Jahre immer zahlreicher – ich glaube es waren zuletzt 24 Stück (etwa 2011/12 – „große Reise“). Danach wurde die Menge wieder reduziert. Somit kann ich nur diesen Eindruck des Wandels bestätigen.
Aber ich finde diese Entwicklung nicht nachteilig.
Im Herbst 2013 war ich vor allem von den „asiatisch inspirierten“ Grüßen hin und weg. In jeder Hinsicht: geschmacklich und eben auch optisch.
Daher komme ich für mich zu dem Schluss, dass bei Herrn Wissler der griechische Sinnspruch auf kulinarischem Sektor uneingeschränkt gilt: panta rhei („Alles fließt“) – mein Fazit: die Küche ist stets anders, aber immer ausgezeichnet.
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Ein interessantes Interview mit Joachim Wissler:
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Ein grandioses Mittagessen mit Erkenntnisgewinn
An einem schönen Samstagmittag im November sollte es zur Aussicht auf den Dom ein nettes Mittagessen sein. Die Planung war eigentlich für einen anderen Mittag gedacht, aber da kamen die geänderten/reduzierten Öffnungszeiten dazwischen, daher ein Samstag.
Was soll ich schreiben – das Essen war grandios. Und da hier schon genug differenziertes Lob über das Essen gibt und meine sprachlichen Mittel bei der Beschreibung von Gerichten auf diesem Niveau begrenzt sind, beleuchte ich einfach ein paar Randfelder. Ich bin immer wieder begeistert, wie qwertz es schafft, mit „normaler“ Sprache Geschmack nachvollziehbar rüberzubringen; ich sitze da quasi mit am Tisch.
Als Zugabe zu einem grandiosem Essen gab es viele neue Erkenntnisse:
Erkenntnis 1: Damenhandtaschen werden unterschätzt
Meine Frau war mit einer Freundin auf Wellness-Wochenende und ich beschloss, zusammen mit einem Freund, dass mein Körper (und meine Seele) auch etwas Verwöhnung verdient hätten. Also zogen zwei Männer los und ich bin bekennender Nicht-Sakko-Träger…
Es gibt so viele Dinge, die verstaut werden wollen: Haustürschlüssel, Autoschlüssel, Taschentuch, Geldbörse…
Erkenntnis 2: 3-Sterneküche kann auch fingerfood sein
Die Tische im Vendome sind wunderbar leer und aufgeräumt, außer ein paar wenigen Blumen und einer großen Serviette (die bei einem plötzlichen Kälteeinbruch auch Verwendung als Decke finden kann) befindet sich nichts auf dem Tisch, das Besteck wird vor jedem Gang passend eingedeckt. Dieses reduzierte gefällt mir sehr gut – es hat zudem bei Anfängern auch den Vorteil, dass eine Hürde (welches Besteck muss ich verwenden; fege ich mit einer falschen Handbewegung die teure Gläserparade vom Tisch?) erst gar nicht aufgebaut wird.
Die ersten Aufmerksamkeiten zum Auftakt werden ohne Besteck serviert. Beim badischen Schneckengarten wird eine Art Espressolöffel dazugelegt. Jetzt wird der Schneckengarten aber auf einer randlosen Glasplatte serviert und im Garten befinden sich auch halbierte Erbsen, mit der Schnittseite nach unten. Hier sind also wieder die Finger gefragt – zumindest als Gegen- oder Haltepunkt für die Erbsen. Bei mehr Besteck auf dem Tisch hätte man doch eher zu anderen Hilfsmitteln gegriffen. Ich esse gerne mit den Fingern, insofern absolut o.k., war aber doch erstaunt. Natürlich hätte der aufmerksame Service auf Wunsch noch Hilfsmittel gebracht.
Erkenntnis 3: ein gutes Butterbrot ist besser als ein mittelmäßiger Hummer
Zugegeben, keine neue Erkenntnis und der Spruch stammt auch nicht von mir (angeblich von Lea Linster). Aber die Butter war einfach sensationell und bedarf der separaten Erwähnung (es gab keinen Hummer und wenn, wäre er wohl, wie alles im Vendome, exzellent gewesen). Diese Butter zu Hause und dazu eine gute Scheibe Brot, was kann man mehr vom Leben wollen?
Erkenntnis 4: es muss nicht immer Weinbegleitung sein
Neben der Handtasche meiner Frau fehlte auch noch die Standardfahrzeugführerin. Mein Freund darf aus gesundheitlichen Gründen kein Auto fahren und so war die Frage „wer fährt“ keine.
Ich wählte eine alkoholfreie Saftbegleitung, die aus von-Nahmen-Säften bestand und eine positive Überraschung darstellten. Die Säfte wurden in den gleichen Gläsern serviert wie der Wein.
Die Weine habe ich jeweils kurz bei meinem Mitesser probieren können und fand, dass die Kombi von Williams-Christ-Birne zur Rotbarbe und Wild-Pflaume zum Hasenpfeffer der Weinbegleitung nicht nachstand – anders natürlich, aber nicht weniger passend; wirklich gut.
Während ich also bei der Handtasche auf meine Frau angewiesen bleibe, gibt es bzgl. Alkohol eine Lösung.
Erkenntnis 5: der Sommelier ist ein Weinkellner und keine Saftschubse
Steht direkt in Zusammenhang mit Erkenntnis 4. Wenn zum Nachschenken (gleicher Gläserfüllstand) der Sommelier am Tisch erschien, dann beschränkte er sich auf das Nachschenken des Weines, für den Saft kam anschließend ein anderer dienstbarer Geist angeschwebt. Da dies zwei Mal vorkam, schließe ich Zufall aus. Nicht-Sommeliers können beide Getränkearten nachschenken.
Dies soll keine Kritik sein, für uns war es einfach nur eine lustige Anekdote am Rande.
Erkenntnis 6: es gibt ihn doch – den sehr guten Espresso in der Sternegastronomie
Die Hoffnung auf einen sehr guten Espresso in der Sternegastronomie hatte ich schon aufgegeben; spätestens nach der Nespresso-Erfahrung in Perl…
Ich frage den Service nach den werkelnden Maschinen und entscheide dann: Siebträger, Espresso wird versucht; Vollautomat: normaler Kaffee.
Mein Mut wird meist nicht belohnt.
Im Vendome war der Espresso so gut, dass ich noch einen zweiten geordert habe.
Was sonst noch auffiel:
Sehr internationales Publikum, es schallte italienisch, französisch und englisch durch den Raum (nein, das soll jetzt nicht heißen, der Raum ist zu hellhörig oder die Tische stehen zu eng).
Zum Gesamterlebnis gehört auch der Service, den ich als sehr engagiert, konzentriert aber auch „locker“ wahrgenommen habe. Eine großzügige Mannschaftstärke ermöglicht dann auch, dass beim Hauptgang der zweite Teil gewollt serviert wird, wenn die Hälfte des Tellers verzehrt ist. Das war eine schöne Unterbrechung und die Wirkung in der Wahrnehmung und im Geschmack ist eine andere, als wenn alle Elemente gleichzeitig serviert würden. Es brachte eine neue Konzentration, auch auf die schon vorhandenen Teile des Gerichts - irgendwie, wie ein reset.
Noch einen Nachweis für „locker“ gefällig? Das Angießen der Sauce im Hauptgang geschah äußerst schwungvoll und endete in Soßentupfern, die genau 1 cm vor dem Tellerrand aufhörten – das Tischtuch blieb verschont; sehr gekonnt. Auf mein Lob und Anerkennung für diese Leistung gab es als Antwort: für ihn sei auch immer ein kleiner Nervenkitzel dabei, ob er den Gast trifft oder nicht…
Gruß
fluenz
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Lieber fluenz,
vielen Dank für Ihre humorigen Ausführungen !
Das Mittagsmenue im Vendome ist ein Schnäppchen. Und was für eines.
Es war wohl zumindest auch Adria, der sagte, eine perfekte Sardine sei immer besser als ein mittelmäßiger Hummer...
MkG, S.
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Zitat von fluenz Beitrag anzeigenIch bin immer wieder begeistert, wie qwertz es schafft, mit „normaler“ Sprache Geschmack nachvollziehbar rüberzubringen; ich sitze da quasi mit am Tisch.
Die Randnotizen sind ja durchaus aus interessant - vor allem der Aspekt des später servierten zweiten Tellers zum Hauptgang. Das zeigt für mich mal wieder, wie wichtig Joachim Wissler und sein Team die Inszenierung und Komponierung des Menüs nehmen. Wie eigentlich kein anderer - zumindest in Deutschland - ist die Inszenierung wie ich finde bei ihm ausschließlich am Geschmackserlebnis und nicht an Konventionen oder Effekten orientiert. Das ist es, was meines Erachtens seine Sonderstellung ausmacht.
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Gourmet-Club-Abend am 6. März 2015
Wenn man die Gelegenheit hat, im Vendôme das ganz große Menü zu essen, ist die Erwartung unermesslich hoch, was jedes einzelne Gericht, aber auch was die Dramaturgie des Menüs angeht. Alle Teilnehmer des Club-Abends hatten die große Variante gewählt und ich denke, keiner hat es bereut.
Auch zeitlich war dies ein sehr ausgedehnter Abend, von 19 Uhr bis kurz nach 1 Uhr ging das kulinarische Vergnügen. Es lief vor allem am Anfang etwas gemächlich an, vor allem zwischen den Amuse-Gerichten und dem ersten Gang gab es eine etwas großere zeitliche Lücke. Ich denke, es war gar nicht so einfach, bei einem voll besetzten Restaurant, uns als große Gruppe einzutakten. Da ist es ein Vorteil, dass bei Joachim Wissler die Einstimmungen bereits die Qualität ausgewachsener Gänge haben, so habe ich es jedenfalls gar nicht gemerkt, wie die Zeit verflog. Aber insgesamt hat es sicher Küche und Service gut gefordert, den Club-Abend vom Ablauf her so reibungslos zu gestalten, wie wir es erleben durften. Das war wirklich sehr angenehm. Maître Markus Klaas und Sommelier Marco Franzelin und somit auch das übrige Team strahlen Ruhe und Souveränität aus und sind eher Vertreter der leisen Töne – sehr angenehm.
Der Auftakt: W A G Y U B E E F [Brotzeit : Hüttenkäse & Bucheckern] – schmeckte ganz produktbezogen unverfälscht und klar.
F I S C H S T Ä B C H E N & P I N A C O L A D A [Kokos : Ananas & Wasabi] bestand aus zwei Teilen. Die Kugel in dem Goldpapier war ziemlich cremig. Ergänzend dazu das Pina Colada-Fläschchen mit dem Apfelkaviar. Zusammen hatte all dies eine etwa „wolkige“ Anmutung. Hier gab es keine klaren starken Harmonien einzelner Teile, sondern alles schwebte irgendwie in einem Bezug zueinander.
Etwas handfester wurde es dann mit: M I L C H F E R K E L S C H N Ä U Z C H E N [süß – sauer : Gillardeau Auster]. Eigentlich war hier die Aromatik aus der kräuterigen Creme und dem unglaublichen Schweinefleisch bzw. der Haut die dominierende und unglaublich animierende Kombination. Schon ein ganz großes Highlight, bevor das eigentliche Menü begonnen hat.
Mit der M A K R E L E [Escabeche – Kartoffel : Sardinencrème] hatte einen recht klaren vom Fett getragenen Geschmack. Die Kartoffel war in einer Art Essenz von Kartoffelwasser unglaublich aromatisch intensiviert – spannend.
Bei der G Ä N S E L E B E R & A L O E V E R A [gegrillt : Mandarinenessig : Erdnusscrème & Chinakohl] fiel mir zunächst die schmeichelnde Konsistenz der Leber und ihrer Marinade auf, die mit etwas Säure und Würze durch Essig und Kohl sowie der mundausfülligenden Cremigkeit der Erdnuss ergänzt wurde. Aber dann kam viel Leichtigkeit hinzu und zwar durch die florale aromatische Wirkung der grasgrünen Aloevera-Sauce.
Dazu tranken wir einen 2004er Riesling Altenberg aus dem Weingut van Othegraven aus der Magnum (wie noch einige andere Weine auch) mit einer schönen Reife, aber trotzdem ausreichender Frische, die vor allem für die Aloe Vera-Sauce optimal war.
B L A U - W E I S S [bretonischer Hummer : Ochsenmark & Muskatkürbis] war aromatisch etwas einpünktiger und „einfacher“. Das Hummerfleisch und die Süße des Kürbisses waren hier die auffälligste Verbindung.
Weintechnisch ging es weiter mit einem 2013er Terra Sauvignon Blanc von Ober Guess aus der Südsteiermark, der bei mir nicht als besonders markant in Erinnerung bleib.
L E C H T A L S A I B L I N G “ E S C A B E C H E ” [Amaranth – Kaviar : Spiegel – Meerrettichcrème & soufflierte Rosinen] bot einen sanft geräucherte Saibling mit ziemlich röstigem Amaranth und der typischen Würze des Meerrettich. Diese feine und klare Aromatik durchbrach der aromatisch kräftigere und üppigere Blini.
Nun erfolgte meines Erachtens der Wechsel zum 2005er Rioja Blanca Crianza von Tondonia.
Die C O Q U I L L E S S A I N T J A C Q U E S G R I L L É [„Paella“ : falsches Piment : Tintenfisch – Marshmallow & Reisfumet] wurden bei uns am Tisch gegrillt, was ein wenig den Nachtiel hatte, dass bis die Stückchen von den kleinen Tischgrills auf unserem Teller lagen, schon wieder abgekühlt waren. Insofern ist das Gericht nicht unbedingt großgruppentauglich. Aber dafür war die Paella-Aromatik klar inszeniert, vor allem durch den cremigen Reis und den tollen Tintenfisch. Den kleinen Nebenteller mit dem Marshmellow wird mancher vielleicht als Gag abtun, aber die feine Zitrusaromatik der superdünnen Blätter war so exzellent, dass dies unbedingt zu dem Gericht dazugehört. Eine großartige und aufwendige Gesamtkompoistion.
L A B S K A U S & K A B E L J A U [Brandade : Matjesvinaigrette] war wieder eine etwas einfachere Konstruktion und ziemlich von der Roten Bete geprägt.
Beim M I E R A L P E R L H U H N [Estragon : kleine Artischocken : Wintertrüffel & Topinambur – Misopüree] war die Referenzklasse des Fleisches klar erkennbar – aromatisch und saftig. Die Artischoken und die Topinambur waren klar die dominierenden Aromen neben dem Fleisch. Dazu gab es noch einen knackigen Chip.
Das M I L C H F E R K E L [Curry : Bohneneintopf : gegrillte grüne Bananen & Macadamianuss] überzeugte zunächst mal mit einem sehr aromatischen Schweinefleisch und war wieder einmal der Beweis, dass dieses Fleisch auch höchste geschmackliche Ansprüche erfüllen kann, zumal wenn noch so eine leckere Kruste dazu kommt. Mit der Banane und der Nuss entstand ein gewisslicher asiatisch-süßer Einschlag. Der Bohneneintopf war dann mit seinem kräftigen Geschmack der europäische Gegenpart.
Der 2000er Chianti Classico vom Castello di Fonteruli schmeckte so und zu dem Essen hervorragend.
Der Käsegang, F O N D U E [Vacherin Mont D`or : Trüffelfocaccia] wurde in einer Schachtel serviert. Er war aus meiner Sicht die einzige kompositorische Schwäche des Menüs: der Gang war mir einfach zu üppig, wenn man die Gesamtlänge des Menüs betrachtet. Ungeachtet dieser Petitesse war das Focacia luftig und geschmacklich intensiv und passte ganz hervorragend zu dem mit etwas Ziegler-Kirsche beträufelten Fondue.
Das erste Dessert, W I L L I A M S C H R I S T B I R N E [Schokolade : Weißalgen – Crèmeeis & Ingwergelee] schmeckte mit dem fruchtigen Geschmack der Birne und der Cremigkeit des Eises und eher traditionell. Dies wurde durch die Schärfe des Ingewergelees durchbrochen.
Mir schon aus diversen Zusammenhängen bekannt war die wunderbare Poire Granite aus mehreren Birnensorten, eine wunderbare Ergänzung der fruchtigen Anteile des Desserts.
Der Höhepunkt bei den Desserts war dann das K L E I N E S F R Ü H S T Ü C K [zum Schluss : römisches Nutella & Kumquat]. Dies war eine großartige Konstruktion – getragen von der getreidigen Bestandteilen und der Milchigkeit des Eises, sowie der Säure des Kumquatsauce. Das dazu gereichte „Brötchen“ war äußerst luftig, da es auf einem Schaum basiert. Auch hier war die Nuss-Creme auch für nicht-Nutella-Esser sicher ein Highlight. Der milchige Kaffee unterstützte mit noch mehr Cremigkeit die Gesamtwirkung des Tellers, die wirklich an ein Frühstück erinnerte und zwar an ein besonders feines.
Zum Schluss gab es dann noch diese schönen Kleinigkeiten:
SÜSSER ABSCHLUSS L I T S C H I [Popcorn]
M A C A R O N [Schokolade : Passionsfrucht]
M A G N U M R O Y A L [Marc de Champagne]
Z U C K E R S C H N Ä U Z C H E N [„Schnauze voll“ : Himbeer – Bubble Gum]
Nach diesem Menü möchte ich einfach nur sagen: WAHNSINN. Es war so unglaublich gut, durchdacht, konzeptionell sehr stark in jeder Einzelheit und in der gesamten Wirkung. Da stimmte einfach alles, bis zum letzten i-Tüpfelchen.
Ich war an diesem Abend nicht ganz schnupfenfrei, vielleicht war es aber auch die Menge der Gänge oder die Kombination aus beiden, jedenfalls habe ich – wie Sie als Leser der einzelnen Beschreibungen vielleicht merken – nicht mehr jede Feinheit so präsent, wie nach manch anderem Menüabend. Unabhängig davon kann ich aber sagen, dass dies ein sehr ausgeglichenes Menü war, ein Highlight nach dem anderen.
Auch wenn man mit den größten Erwartungen ins Vendôme geht, ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, das diese noch übertroffen werden.Zuletzt geändert von QWERTZ; 22.03.2015, 20:14.
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Lieber Qwertz,
auch von mir vielen lieben Dank für den Bericht. Wir hatten am nächsten Tag (Samstagmittag) ein kleines "Clubtreffen" (zu dritt) und waren ebenso begeistert.
Die von Ihnen geschilderten Eindrücke kann ich nur bestätigen. Die scheinbar "einfacheren" Gänge bildeten für mich im Menü so etwas wie Ruhepole. So fand ich nicht nur die einzelnen Gänge, sondern auch den Spannungsbogen hervorragend.
Hier noch ein Link, in dem man lesen kann, was sich Herr Wissler selbst so zu seinem Menü denkt.
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Was ist nicht schon alles über das Vendôme gesagt und geschrieben worden! Es ist eines der besten Restaurants im Land und weit darüber hinaus, so dass es fast müßig ist, sich über die unerschöpfliche Kreativität und frappante Perfektion von Joachim Wissler auszulassen. Dabei erscheint er über die Jahre in seinen Kompositionen reduzierter auf das Wesentliche zu werden und seine Gerichte in der Weise durchzukomponieren, dass komplexe kulinarische Positionen entstehen, die wegweisend sein können. Da werden zwar einige Hauptkomponenten eines Ganges in der Karte genannt, doch vollendet Wissler seine Kreationen mal mit markanten, mal mit weniger auffälligen, aber nicht immer annoncierten Zutaten, die erst den genialen Zusammenklang und damit einen erneuten Geniestreich ergeben. Er will uns seine Sicht der Dinge offenbaren, die unabhängig ist von irgendwelchen Vorgaben oder Vorstellungen. Es kommt mir so vor, als mache er uns ein Alternativangebot zum „Gewohnten“. Ist das nicht das wesentliche Merkmal von herausragender Kunst?
Aber der Reihe nach:
AUFTAKT
TOFFEE
[Gänseleberkaramell : Piemonteser Haselnuss]
Joachim Wisslers legendärer Auftakt, der inzwischen nicht mehr wegzudenken ist und von seinen Gästen immer wieder nachgefragt wird. Zu Recht, weil dieses kleine Etwas zwar optisch dem süßen „Toffifee“ entspricht, geschmacklich aber ein kulinarisches Erlebnis erster Güte ist, ein Kunstwerk eben.
PETERSILIENWURZEL
[erdig & frisch]
Auf einem mit einer Glasplatte abgedeckten Kästlein, das mit Erdigem und Moosartigem gefüllt ist, interpretiert die Küche das Thema „Petersilienwurzel“. Da wird püriert, dekonstruiert, konstruiert und verfremdet, aber alles schmeckt – oh Wunder – nach Petersilie.
MENU
HAMACHI, ZITRONENGRAS-MINZ-VINAIGRETTE
[gebeizter Rettich : Avocadocrème]
Zwei Stücke vom Hamachi sind leicht gegrillt, das eine zart mit Sesam-Soja-Wasabi lackiert, das andere der Vinaigrette überlassen. Der Rettich gibt etwas Schärfe, Apfelstückchen die Fruchtigkeit, Avocado den Schmelz. Ein ganz feiner, filigraner Gang.
LECHTALSAIBLING
[in Wacholder-Topinamburbutter, Meerrettichcrème : Saiblingskaviar & Rotkohl]
Der leicht gegarte Saibling ist mit seinem Kaviar bedeckt. Die Wacholder-Topinamburbutter wird angegossen und bildet damit das „einfache“ Gerüst dieses Ganges. Schon anspruchsvoller wird das Ganze durch den Rotkohl, der in feine Streifen geschnitten ist und von einem intensiven Rotkohl-Schaum getoppt wird. Und die Meerrettichcrème? Sie ist aus gebratenem Eiweiß gemacht, das anschließend püriert und mit Meerrettich versetzt wurde (haben wir erfragt!). Da muss man erst mal drauf kommen!
MAKRELE & BLUMENKOHL
[Kartoffel-Zimtboullion : d`Aquitainekaviar & Williams Christ Birne]
Im Zentrum die gebratene Makrele, sternförmig darum kleine Streifen von der Sardine, die geschmacklich einen intensiven Reiz gibt. Hierzu gießt der Service eine zarte Kartoffel-Zimtboullion und etwas Olivenöl an. Der Blumenkohl wird in Form hauchdünn gehobelter Scheibchen und eines Pürées dargeboten. Die Birne hebt das Ganze mit ihrer Fruchtigkeit.
HASE IM PFEFFER „BLUTROT“
[Rote Bete : Rosenkohl & Eberesche]
Oh, zwei neue Weingläser werden auf den Tisch gestellt! Rotwein? Nein, ein Wildhasenfond mit etwas Himbeere und Johannisbeere.
Und auf dem Teller? Ein Stück vom Hasenrücken, ein Stück Geschmortes, das sind die Hauptkomponenten dieses Ganges. Recht einfach, kämen da nicht die Rosenkohlblättchen mit den Ebereschenbeeren und die Scheiben von der weißen und roten Bete ins Spiel, denen eine Blutwurst-Apfel-Crème beigegeben wird. Und meine Frau möchte wetten, dass da auch noch Ingwer und Vanille im Spiel waren!
CHALLANS ENTE & CHINAKOHL À L´ORANGE
[Erdnusscrème : Petersilienmoos : Inwerjus]
Brust und Keule, wie es sich gehört, aber natürlich im Menüformat. Dazu ein geschmortes Stück vom Chinakohl mit Orangenzesten und rosa Pfeffer. Ungewöhnlich dazu die Erdnussnoten, die am intensivsten in einer knackig ummantelten Crème in Form einer Erdnuss erscheint.
HOKKAIDO KÜRBIS & CURRY
[geeister Aprikosen-Safranschaum]
In einem tiefen Teller sind dünne Schleifen vom Kürbis auf Joghurt drappiert, denen dieser unglaublich intensive Schaum beigegeben ist, der sich mit dem Aroma des Currys wunderbar verbindet.
SÜSSE FUSION „SHANGHAI“
[Sancho-Limonen-Pfeffereis : Jasmin-Apfelaufguß, Salzpflaumen-Bun]
Kaum süß, dieses Dessert! Und noch salzig dazu durch ein im Bastkörbchen separat serviertes Bun (kleines Hefebrötchen) mit Salzpflaumen und Blaumohn. Was schmeckt man noch außer den genannten Zutaten? Ingwer, Apfel, Bergamotte… Und Streifen von der Fetten Henne (Pilz) nehmen die Aromen gerne auf. Was für ein komplexes Dessert!
SÜSSER ABSCHLUSS
Litschi, Macaron, Magnum…, ich will es gar nicht besonders aufzählen, da auch dies zu den „Klassiker-Zugaben“ des Joachim Wissler gehören.
Fazit:
Nach fast fünf Stunden geht ein grandioser Abend im Vendôme zu Ende, der von dem hervorragenden und dezenten Service kongenial zelebriert wird. Eine großartige Mannschaft aus jungen Damen und Herren, die ihr Handwerk verstehen und ein untrügerisches Händchen für den Gast und seine unterschiedlichen Bedürfnissen haben. Und auch wenn am Nachbartisch der ***-Kollege Kevin Fehling sitzt, wird davon kein großes Aufhebens gemacht. Wie schreibt Fehling so schön auf seiner Facebook-Seite: „Endlich mal wieder Gast!“ Dem schließen wir uns gerne an und freuen uns auf das nächste Ma(h)l!
Schönen Gruß, Merlan
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