Urgestein / Neustadt an der Weinstraße
2010 hat Benjamin Pfeifer im Paulinerhof in Kasel für Aufsehen gesorgt (die hochgeschätzte Frau Morchel hat seinerzeit hier im Forum auf ihn hingewiesen), seit Ende des letzten Jahres kocht er im Steinhäuser Hof in Neustadt an der Weinstraße.
Bei einem ersten Besuch im Dezember 2011 hatten wir noch das Gefühl, er koche mit angezogener Handbremse, doch inzwischen hat sich einiges getan, das Restaurant des Hotels trägt nun den Namen „Urgestein“, verfügt über einen eigenen Internetauftritt und es erschien uns an der Zeit , diesen jungen, hoch talentierten Koch erneut zu besuchen.
Das Restaurant befindet sich im ehemaligen Marstall des spätmittelalterlichen Fachwerkensembles „Steinhäuser Hof“, einem der ältesten Häuser der Pfalz, und erinnert mit seinem Backsteingewölbe ein wenig an ein toskanisches Landgasthaus.
Neben einer recht umfangreichen Karte bietet Benjamin Pfeifer ein vier- oder sechsgängiges Überraschungsmenu zum sensationellen Preis von 40 bzw. 58 Euro an. Wir wählten die Variante mit sechs Gängen.
Der Besuch hat sich gelohnt! Da entwickelt sich ein junger Mann weiter, feilt an seiner Handschrift, versucht den Mainstream zu vermeiden und kreiert dabei Gerichte, die mit einer oft deutlichen Säurestruktur Akzente setzen.
Der Gruß aus der Küche setzt die Messlatte schon einmal sehr hoch:
ein Forellentartar in einem Rettichcannellono, Ingwermarinade und Bergamotteschaum – wunderbare Kontraste von mildem Forellenfleisch, knackigem Rettich, Schärfe der Marinade und Säure der Bergamotte.
Der erste Gang nimmt das Thema des gebeizten Fisches wieder auf: hausgebeizter Lachs, setzt jedoch mit Buchweizen- und Fenchelsalat, Joghurt, Tapiokaperlen und Korianderschaum sanftere, dennoch spannende Akzente.
Pochierter Kabeljau mit geflämmter Jakobsmuschel kommen perfekt gegart daher. Begleitet von einem fluffigen, köstlichen Purée aus Zuckermais und knackig gebratenem Brokkoli macht das Gericht zunächst einen gediegen klassischen Eindruck, wenn da nicht ein Apfel-Curry-Chutney wäre, das frech seine süßsaure Note beisteuert und dem Ganzen Leichtigkeit verleiht.
Auch der wiederum auf den Punkt gebratene Kaisergranat mit Jungschweinebauch, Spargelspitzen und Quinoa wird von einer Emulsion aus Zitrusfrüchten, Miso und brauner Butter trefflich kontrastiert. Die separat dazu gereichte Krustentierbisque steuert ein harmonisierendes Element bei.
Dem nun aufgrund der recht üppigen Portionen einsetzenden Sättigungsgefühl steuert Benjamin Pfeifer mit einem falschen Marshmallow von der Blutorange entgegen – die milde Säure dieses schaumigen Würfels auf dem Eisstiel erfrischt ohne zusätzlich zu belasten.
War es das schon erwähnte Sättigungsgefühl, war es der Räucherton der Sauce, das den Fleischgang beeinträchtigte? Ich gehöre nicht zu den bedingungslosen Freunden des kurz gebratenen Rindfleischs, auch nicht der Raucharomen, hätte diesen Gang ALC wohl auch nicht bestellt, aber auch Frau Palatina als Freundin ebensolcher Fleischeslüste war von dem U.S. Prime-Beef BBQ, Kartoffelsalat, Zwiebelcreme, Kräuterbutter nicht wirklich überzeugt. Hier wird Benjamin Pfeifer zum „jungen Wilden“, der einfach zu viel will. Das Gericht ist wohl gedacht als Variation des immer wieder verlangten Rumpsteaks. Pfeifer investiert hier ungemein viel Arbeit, umhüllt die köstlich schaumige Kräuterbutter mit Gelee, füllt die intensive Zwiebelcreme in kleine Zwiebelschalen und macht seinen Kartoffelsalat mit konzentrierter Ochsenschwanzconsommée an. Das Ergebnis ist ein Teller mit vielen divergierenden Elementen wie einem sous vide gegartes Fleisch mit deutlichem Biss, einer von Räuchernoten dominierten Sauce, einem Kartoffelsalat von gutem Geschmack, aber einer etwas befremdlichen Farbe.
Auch beim Pre-Dessert variiert Benjamin Pfeifer ein altbekanntes Thema: Caprese.
Hier kommt es mit gegarten Kirschtomaten, Ziegenfrischkäse und Wassermelone daher, separat begleitet von einen Orangengranité und Fetaeis. Sehr fein.
Zum Dessert Strawberry Fields, eine Deklination von der Mara des Bois Erdbeere auf Schokoladenerde und Joghurt. Alle Aggregatzustände der Erdbeere, die Frucht, das Eis, das Parfait. Schokoladenerde und Joghurt erinnern ein wenig an "Milch-Schnitte", nur viel, viel besser, dafür wieder sehr üppig.
Zum Abschluss noch ein Zitrussorbet, aufgegossen mit Grey Goose Wodka, erfrischend, fruchtig, leicht – und die einzige Delle im Menu, der Fleischgang, ist vergessen.
Der freundliche Service unter der Leitung von Herrn Idil trägt zum Wohlfühlen bei.
Fazit:
Benjamin Pfeifer ist weiterhin einer derjenigen, den der französische GoMi „Les Grands de demain“ nennt.
Unbedingt im Auge behalten.
2010 hat Benjamin Pfeifer im Paulinerhof in Kasel für Aufsehen gesorgt (die hochgeschätzte Frau Morchel hat seinerzeit hier im Forum auf ihn hingewiesen), seit Ende des letzten Jahres kocht er im Steinhäuser Hof in Neustadt an der Weinstraße.
Bei einem ersten Besuch im Dezember 2011 hatten wir noch das Gefühl, er koche mit angezogener Handbremse, doch inzwischen hat sich einiges getan, das Restaurant des Hotels trägt nun den Namen „Urgestein“, verfügt über einen eigenen Internetauftritt und es erschien uns an der Zeit , diesen jungen, hoch talentierten Koch erneut zu besuchen.
Das Restaurant befindet sich im ehemaligen Marstall des spätmittelalterlichen Fachwerkensembles „Steinhäuser Hof“, einem der ältesten Häuser der Pfalz, und erinnert mit seinem Backsteingewölbe ein wenig an ein toskanisches Landgasthaus.
Neben einer recht umfangreichen Karte bietet Benjamin Pfeifer ein vier- oder sechsgängiges Überraschungsmenu zum sensationellen Preis von 40 bzw. 58 Euro an. Wir wählten die Variante mit sechs Gängen.
Der Besuch hat sich gelohnt! Da entwickelt sich ein junger Mann weiter, feilt an seiner Handschrift, versucht den Mainstream zu vermeiden und kreiert dabei Gerichte, die mit einer oft deutlichen Säurestruktur Akzente setzen.
Der Gruß aus der Küche setzt die Messlatte schon einmal sehr hoch:
ein Forellentartar in einem Rettichcannellono, Ingwermarinade und Bergamotteschaum – wunderbare Kontraste von mildem Forellenfleisch, knackigem Rettich, Schärfe der Marinade und Säure der Bergamotte.
Der erste Gang nimmt das Thema des gebeizten Fisches wieder auf: hausgebeizter Lachs, setzt jedoch mit Buchweizen- und Fenchelsalat, Joghurt, Tapiokaperlen und Korianderschaum sanftere, dennoch spannende Akzente.
Pochierter Kabeljau mit geflämmter Jakobsmuschel kommen perfekt gegart daher. Begleitet von einem fluffigen, köstlichen Purée aus Zuckermais und knackig gebratenem Brokkoli macht das Gericht zunächst einen gediegen klassischen Eindruck, wenn da nicht ein Apfel-Curry-Chutney wäre, das frech seine süßsaure Note beisteuert und dem Ganzen Leichtigkeit verleiht.
Auch der wiederum auf den Punkt gebratene Kaisergranat mit Jungschweinebauch, Spargelspitzen und Quinoa wird von einer Emulsion aus Zitrusfrüchten, Miso und brauner Butter trefflich kontrastiert. Die separat dazu gereichte Krustentierbisque steuert ein harmonisierendes Element bei.
Dem nun aufgrund der recht üppigen Portionen einsetzenden Sättigungsgefühl steuert Benjamin Pfeifer mit einem falschen Marshmallow von der Blutorange entgegen – die milde Säure dieses schaumigen Würfels auf dem Eisstiel erfrischt ohne zusätzlich zu belasten.
War es das schon erwähnte Sättigungsgefühl, war es der Räucherton der Sauce, das den Fleischgang beeinträchtigte? Ich gehöre nicht zu den bedingungslosen Freunden des kurz gebratenen Rindfleischs, auch nicht der Raucharomen, hätte diesen Gang ALC wohl auch nicht bestellt, aber auch Frau Palatina als Freundin ebensolcher Fleischeslüste war von dem U.S. Prime-Beef BBQ, Kartoffelsalat, Zwiebelcreme, Kräuterbutter nicht wirklich überzeugt. Hier wird Benjamin Pfeifer zum „jungen Wilden“, der einfach zu viel will. Das Gericht ist wohl gedacht als Variation des immer wieder verlangten Rumpsteaks. Pfeifer investiert hier ungemein viel Arbeit, umhüllt die köstlich schaumige Kräuterbutter mit Gelee, füllt die intensive Zwiebelcreme in kleine Zwiebelschalen und macht seinen Kartoffelsalat mit konzentrierter Ochsenschwanzconsommée an. Das Ergebnis ist ein Teller mit vielen divergierenden Elementen wie einem sous vide gegartes Fleisch mit deutlichem Biss, einer von Räuchernoten dominierten Sauce, einem Kartoffelsalat von gutem Geschmack, aber einer etwas befremdlichen Farbe.
Auch beim Pre-Dessert variiert Benjamin Pfeifer ein altbekanntes Thema: Caprese.
Hier kommt es mit gegarten Kirschtomaten, Ziegenfrischkäse und Wassermelone daher, separat begleitet von einen Orangengranité und Fetaeis. Sehr fein.
Zum Dessert Strawberry Fields, eine Deklination von der Mara des Bois Erdbeere auf Schokoladenerde und Joghurt. Alle Aggregatzustände der Erdbeere, die Frucht, das Eis, das Parfait. Schokoladenerde und Joghurt erinnern ein wenig an "Milch-Schnitte", nur viel, viel besser, dafür wieder sehr üppig.
Zum Abschluss noch ein Zitrussorbet, aufgegossen mit Grey Goose Wodka, erfrischend, fruchtig, leicht – und die einzige Delle im Menu, der Fleischgang, ist vergessen.
Der freundliche Service unter der Leitung von Herrn Idil trägt zum Wohlfühlen bei.
Fazit:
Benjamin Pfeifer ist weiterhin einer derjenigen, den der französische GoMi „Les Grands de demain“ nennt.
Unbedingt im Auge behalten.
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