Endlich einmal kann ich mich bei dem Besuch des L.A. Jordan ganz auf das Kulinarische konzentrieren – kein neuer Name, kein neues Innendesign, keine Veränderungen bei den führenden Köpfen – Daniel Schimkowitisch, den ich nun schon zum dritten Mal im LA Jordan erleben kann und Sascha Schömel scheinen die lange vermisste Stabilität in den Laden zu bringen. Nur das Menü ist natürlich neu und es ist tatsächlich stilistisch etwas anders, als vor einem Jahr. Neben dem 5 und 7-Gang-Menü gibt es übrigens noch unter der Woche ein 4-Gang-Überraschungsmenü, das 35 Euro günstiger angeboten wird, als der 5-Gänger, aber auch ohne das größere Amuse und das Predessert auskommt, ansonsten aber weitgehend aus den Gängen des regulären Menüs zusammengestellt wird. Meine Eltern, die mit dabei waren, wählten dieses Menü, ein in der Nähe wohnender Gourmet-Club-Freund und ich verkürzten das 7-Gang-Menü auf 6 Gänge. Zu Trinken wählten wir zwei Flaschen reiferen örtlichen Riesling, wobei wir Herrn Schömel nur grob die Richtung vorgaben und auf seine Vorschläge gespannt waren.
Zum Start gab es eine leicht säuerlich-scharfe Rolle, hauptsächlich aus Apfel bestand. Die wahrnehmbare, asiatische Schärfe sollte sich zum roten Faden des Menüs entwickeln. Die roten Punkte sind übrigens im Glas und keine aufgetupfte Sauce...
Danach folgte ein kleiner Blini...
Und dann das Thunfisch-Amuse. Die beiden Cremes, Blutwurst, wenn ich mich recht entsinne, und etwas Neutralisierendes, waren zwar geschmacklich gut aufeinander eingestimmt. Der Thunfisch war leider sehr blass im Aroma – vielleicht war er noch etwas kalt oder einfach zu mager vom Fleisch her.
Inzwischen hatte Sascha Schönel einen 2004er Deidesheimer Hohenmorgen von Bassermann-Jordan für uns geöffnet. Der Wein zeigte sich für sein Alter frisch und mit einer deutlichen Frucht, Opulenz und einer sehr guten Länge – die Nase deutete die Reife nur leicht an.
Das Menü startete mit LANGOUSTINE Gedämpft, gelbe Tomate und Nam Prik. Mit zunehmenden Genuss des Ganges war die Schärfe der Sauce das bestimmende Element. Sie war aber so gelungen dosiert, dass sie die Langoustine nicht übertrumpfte. Die Tomate war leicht fruchtig, so dass ein asiatisch anmutendes Geschmacksbild etabliert wurde. Dazu gab es ein klassisches, cremiges und sehr leckeres Krustentiersüppchen.
Vielleicht war es aufgrund des Menüaufbaus von uns nicht ganz so geschickt, den hier eigentlich vorgesehenen Gänseleber-Gang auszulassen. Denn dann wäre es wahrscheinlich gar nicht so aufgefallen, aber der folgende Gang war aromatisch relativ ähnlich zu dem ersten konstruiert, nämlich ein klassisches Hauptprodukt mit asiatischen Aromen und einer hohen Geschmacksintensität zu kombinieren.
Konkret lautete der zweite Gang: ST. PIERRE Jahrgangsspeck, Petersilie und Linsenfumet. Hier war es die Salzigkeit des Specks, der mit Petersilie und Linse immer kräftiger wurde und durch den Fisch neutralisiert wurde. Auch hier war die Intensität aller Bestandteile des Gerichts optimal untereinander abgestimmt.
SEEFORELLE Umeboshi, Lauch und Beurre Blanc setzte diese Linie fort, nur, dass es hier aufgrund der sehr schönen Beurre Blanc etwas mundfüllender wurde. Dadurch war die Forelle weniger präsent war, als die Hauptprodukte in den vorherigen Gängen. So haben die Frische und die Cremigkeit der Beurre Blanc dem Gang den Stempel aufgedrückt. Bei mir ergab es sich beim Essen so, dass ich erst zum Schluss größere Mengen des Lauchs auf der Gabel hatte. Dadurch bekam ich nochmal einen intensiveren, deutlich gemüsigeren und harmonischeren Geschmackseindruck.
Nun war es Zeit für den Weinwechsel. Den zweiten Riesling hatte Sascha Schömel nach dem Probeschluck in die Karaffe gegeben. Der Probeschluck zeigte einen nach Honig riechenden, wachsigen Weißwein mit Gerbstoffen, der auch ein gekühlter Rotwein hätte sein können. Nur wenige Minuten später, mit etwas Luft und einer minimal höheren Temperatur, präsentierte sich ein 2009er Dr. Bürklin-Wolf Pechstein, mit der typischen Bürklin-Wolf-eigenen Reife und der der markanten Pechstein-Mineralik.
KAGOSHINA BEEF A4 Nussbutter, Totentrompeten und Brühe erinnerte mich an Shabu Shabu, denn die heiße Brühe wurde auf die ziemlich dünn geschnittenen Fleischscheiben und die Pilze aufgegossen. Was dadurch aber nicht seinen vollen Effekt entfaltete, war das Anschmelzen des Fetts im Fleisch, das so den Fleischgeschmack nochmal intensiviert wird. Vielleicht wäre es hierfür besser weniger, dafür aber etwas dicker geschnittenen Scheiben zu verwenden. Grundsätzlich passte aromatisch alles ganz genau und die Intensitäten waren exzellent aufeinander abgestimmt.
IMPERIAL TAUBE Rote Bete, Macadamia und Ziegenquark war der Hauptgang. Die Taube war – wie Peking-Ente – frittiert. Dadurch erhielt sie eine sehr gute Konsistenz – deutlich fester und aromatischer als bei der Sous Vide-Zubereitung. Die aufgetragenen Nusssplitter waren leicht angeröstet, was auch schmeckbar war. Der Quark war recht dezent, er verstärkte für mich vor allem den nussigen Geschmack. Sehr lecker war die Sauce, sie war hochreduziert und erinnerte mich an eine BBQ-Sauce, da sie leicht süßlich-fruchtig war. Die rote Farbe und dieser Geschmack werde durch die Verwendung von Saft der Roten Bete und der Kirsche erreicht, so erklärte man uns. Auf jeden Fall war das mal sehr gelungen!
Das Predessert war zitronig-frisch und Cremig.
Diesen Eindruck erweiterte der Hauptgang: LUST (auf) KUGELN 2/16 Yuzu, Joghurt und Matcha. Dieser Gang hatte genau die richtige Balance aus erfrischender Fruchtsäure, Süße und der Cremigkeit des Yoghurt – sehr rund und gelungen.
Zum Schluss gab es für jeden noch drei Pralinen. Vor allem die dunkle mit Holzkohle-Aroma überzeugte mich.
Das Menü war rundherum gelungen. Das Niveau würde ich durchweg auf zwei Sternen sehen. Nachdem zwar andere Guides im vergangenen Jahr dem LA Jordan eine höhere Note gegeben haben, der Michelin sich aber noch zierte, wäre für mich eine Aufwertung auf zwei Sterne keine Überraschung, sondern leistungsgerecht.
Die Aromen, auch die durchaus kräftigen und scharfen waren in allen Gerichten genau abgestimmt. In diesem Menü hat Daniel Schimkowitsch in jedem Gang mit asiatischen Zutaten oder Zubereitungen gespielt und dazu klar wahrnehmbare europäische Produkte gestellt. Das heißt: das Spiel mit der Kraft und Schärfe erinnert an Tim Raue, ist aber vielleicht nicht ganz so forciert und etwas „europäischer“. Der Einsatz klarer Grundprodukte, die – sehr gut zubereitet – mit asiatischen Zutaten kombiniert werden, erinnert aber auch an Christian Bau, nur das Daniel Schimkowitschs Kreationen schon deutlich kräftiger und auch reduzierter sind. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Küche jedenfalls asiatischer geworden, präziser in der Abstimmung und das Menü erscheint mir konstanter in der Qualität.
Es ist einfach schön zu sehen, wie sich dieses sehr schöne Restaurant mit dem wunderbaren Weinkeller, nach den vielen Personalwechseln der Vergangenheit, über die vergangenen zwei Jahre gefangen hat, dabei nicht stehen geblieben ist und sich weiter entwickelt hat. Zumindest bis zur Eröffnung von Benjamin Peifers neuem Restaurant dürfte die Stellung um Bereich der modernen Küche an der Weinstraße unangefochten sein, danach wird es sicher spannend zu sehen, was passiert.
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