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Brasserie NL, Leidschendam

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  • Brasserie NL, Leidschendam

    Zum Ende des Abends spielen sich an unserem Tisch ungefähr folgende Dialoge ab. "Also, ich würde an Deiner Stelle nicht darüber schreiben." "Doch, unbedingt. Warum sollte ich nicht?" "Weil Du doch nie Verrisse schreibst." "Aber das würde ja auch kein richtiger Verriss werden. Es war halt nur, na ja, eben nicht so besonders." "Das war höchstens 11 Punkte." "Quatsch, die Küche war schon 13 wert. Aber der Service... " "Nein, mehr als 11 Punkte kriegen die nicht von mir." "Na ja, vielleicht schreibe ich ja wirklich nichts. Es ist sowieso so dunkel, dass die Bilder eh nicht vernünftig sind." "Ach, Du schreibst doch sowieso." "Stimmt. Das ist Jeunes Restaurateurs. Die haben Anspruch. Da müssen sie jetzt durch."

    Aber der Reihe nach. Die Begrüßung fällt noch in Ordnung aus, etwas geschäftsmäßig zwar, aber der Abend fängt ja erst an. Die Frage nach dem Apéritif kommt zügig, beim Einschenken des Champagners wird aber der Eichstrich großzügig verfehlt. Ich will nicht gleich von Beginn an mäkeln und so halte ich den Mund. Aber dennoch: blöder Fehler. Ganz blöder Fehler.

    Und dann ist erst mal warten angesagt. 20 lange Minuten kommt keine Speisekarte, dafür die nächste Bedienung, die wissen will, ob wir Brot möchten. Was ist das denn für eine Frage? An dieser Stelle sind wir zumindest schon mal leicht irritiert.
    Es folgt ein kleiner Gruß in Form eines Rote Bete-Espumas mit einigen Sesamkörnern. Das wird wortreich angekündigt, bleibt aber, was es ist: belanglos. Und so richtig hübsch anzuschauen ist es eigentlich auch nicht.

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    Amuse Bouche: Rote Bete-Espuma

    Wir haben das Jeunes Restaurateurs Menü geordert, was ein 5 Gang-Überraschungsmenü ist. Dazu eine Flasche Rully von Maisons Olivier-Sanders, der uns ganz ausgezeichnet gefällt. Und weiter geht es mit der Warterei. Irgendwann kommt die Chefin, der das nicht entgangen ist, entschuldigt sich und bietet mehr Brot an. Mit ihrer zupackend kommunikativen Art kann sie zumindest Pluspunkte auf der Serviceseite sammeln.

    Nach einer Stunde ist die erste Flasche halb leer und die Vorspeise kommt. Ich hatte im Vorfeld Innereien ausgeschlossen und die Küche bereitet tatsächlich zwei verschiedene Vorspeisen zu, wofür ihr Lob gebührt. Auf der gegenüberliegenden Seite findet sich eine Entenlebercreme mit Blutwurst, Apfelkompott und ein paar Croutons. Ist in Ordnung, aber ein wenig grob komponiert und strukturiert.
    Ich bekomme statt dessen einen offenen Ravioli mit Garnelen und einem Hummerschaum. Letzterer ist ziemlich dezent, aber der Teig und die Garnelen sind lecker. Noch besser gefällt mir indes der sehr schmackhafte Wildkräutersalat.

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    Offener Ravioli mit Garnelen, Hummersauce, Wildkräutersalat

    Beide Gerichte sind also passabel, aber noch nicht angetan, den bis dahin sehr eingetrübten ersten Eindruck aufzuhellen.
    Es folgen relativ kleine, aber ordentlich gebratene Jakobsmuscheln mit etwas Brokkolipüree, dicken Stücken von Kohlrabi, Heringskaviar und einer Balsamicovinaigrette. Das macht alles einen etwas unzusammenhängenden und bemüht kreativ wirkenden Eindruck. Es schmeckt nicht schlecht, ist aber auch nichts Erinnerungswürdiges und lässt mich erneut eher fragend zurück.

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    Jakobsmuscheln, Brokkolipüree, Kohlrabi, Balsamico-Vinaigrette

    Als Fischgang ist gerade überall Skrei-Saison, so auch hier. Das gut gegarte Stück ist bedeckt von einigen knusprigen Nordseekrabben, die offenbar im Ganzen frittiert wurden. Das Ensemble wird ergänzt durch eine Scheibe Karotte und ein Blatt Pakchoi. Die trostlose Komposition hinterlässt zumindest die Wissenserkenntnis, dass man Krabben auch im Ganzen verspeisen kann. Wenn auch nicht mit großem kulinarischen Mehrwert.

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    Skrei, Krabben, Pakchoi

    Die zweite Flasche Wein muss her und mit dem Crozes Hermitage sind wir erneut deutlich zufriedener als mit allem, was wir bisher auf dem Teller hatten. Und wenn nur nicht alles so lange dauern würde.

    Im Hauptgang annonciert der Service lust- und leidenschaftslos - und damit leider auch ziemlich unverständlich - ein Stück Rindfleisch als irgendeine Art von Steak. Schiebt man die aufgeschäumte, undefinierbare Sauce, den Brokkoli und die geschmacksarmen Enokipilze beiseite, kommt etwas zum Vorschein, das wie eine Art Roastbeef aussieht und auch so schmeckt. Bei der Scheibe, die nur unwesentlich dicker als etwas Aufschnitt ist, kommt aber nur mit sehr viel Fantasie so etwas wie eine Steak-Assoziation zustande.

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    Steak, Brokkoli, Enoki

    Den Abschluss des Menüs bildet ein Riegel aus luftiger Schokoladenganache, darauf eine Hippe mit Himbeersorbet. Die Deko-Haselnuss hätte man jetzt nicht extra ansagen müssen, aber da sie schon mal auf dem Teller liegt, bin ich auch für diesen Hinweis dankbar. Hätte ich sonst mutmaßlich glatt übersehen. Dieser Gang ist indes noch einer der solideren, wenn auch erneut reichlich überraschungsarm. Beim sportiven Pinselstrich auf dem Teller sollte die Küche aber noch mal üben. Das sieht eher wie eine etwas unappetitliche Bremsspur aus.

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    Schokoladenganache, Himbeersorbet, Haselnuss

    Wie selten zuvor hat man uns an diesem Abend reichlich kopfschüttelnd am Tisch gesehen. Dies ist ein Jeunes Restaurateurs Haus mit einem Bib Gourmand. Einen gewissen Anspruch darf man also voraussetzen. Aber nicht nur, dass der Service, abgesehen von der sehr freundlichen Chefin, extrem unmotiviert und unaufmerksam agiert, auch die Küche vermag es nicht, wenigstens mit einem überzeugenden Menü das Ruder umzureißen. Die Gerichte waren größtenteils uninspiriert und wollten mehr, als sie letztlich konnten.

    So sitzen wir am Tisch und streiten, ob dies nun 11 oder 12 oder 13 Punkte waren. An dem Abend selbst bin ich nachsichtiger als mein Gemahl, der mir nicht zutraut, dass ich in einer Besprechung den Satz "Meine Olle ist halt mäkeliger als ich" unterbringen würde. Aber in der Nachbetrachtung hat er de facto Recht. Es waren höchstens 12 Punkte.

  • #2
    Lieber Thomashaj,

    schade, dass der Abend nicht so gan gut ablief. Ich finde auch es gibt kaum etwas schlimmeres als ewige Wartezeiten, vor allem dann, wenn die Leistung auf dem Teller auch noch dürftig ist. Diese Diskussion, ob jetzt 11, 12, oder 13 Punkte ist ein bischen künstlich. Am Ende war der Abend nicht gut und sollte die Leistung immer so sein ist ein Restaurant eben keine Erwähnung in einem der großen Guides wert. Gerade im Bereich zwischen 14 Punkten und einem Stern habe ich die Erfahrung gemacht, dass die klare, produktfokussierte Küche befriedigender ist, als irgend ein experimenteller Kram, der dann aussieht wie Hello Kitty's Mageninhalt und sich Rote-Beete-Espuma nennt.

    M

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    • #3
      Zitat von Muck
      ... als irgend ein experimenteller Kram, der dann aussieht wie Hello Kitty's Mageninhalt...
      Danke - you made my day!

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      • #4
        Wobei ich sagen muss, dass ich die holländische Küche bei meinem Zeeland Roadtrip letztes Jahr als großartig empfunden habe. Sie hatten wohl einfach kein Glück...

        M

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        • #5
          Ich bin ein großer Bewunderer der Küchenentwicklung in Benelux und vor allem in Holland. Einige meiner Alltime Favorite Restaurants könnte ich dort festmachen (De Librije, Pure C). Auch auf unserem Trip jetzt hatten wir mit dem ONE in Roermond und dem HanTing in Den Haag (Bericht folgt noch) erneut tolle Erlebnisse. Das war definitiv der erste Reinfall. Aber irgendwann ist ja immer das erste Mal...

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