Das Zwei-Sternerestaurant ‘t Zilte liegt in der neunten Etage des Museums aan de Strom. Der Ausblick des Gastraums geht hauptsächlich Richtung Schelde und wir sind mit dem Gourmet-Club zur kürzesten Nach des Jahres dort – bei gutem Sonnenwetter ergibt das eine sehr schöne warme Lichtstimmung. Das Restaurant selbst ist hingegen ziemlich sachlich eingerichtet. Bei schönem Wetter lohnt sich ein Gang auf das Oberdeck des Museums, dass auch ohne Museumsticket frei zugänglich ist.
Das Menü beginnt mit drei kleinen Appetizern. Die Creme, weitgehend auf Aalbasis hat einen sehr intensiven Fischgeschmack. Blass bleibt hingegen der „Riegel“, der weitgehend aus Muschel besteht, deren Geschmack ich aber kaum wahrnehme. Recht mollig ist die Blumenkohlcreme.
Zu den weiteren Einstimmungen habe ich mir leider keine Notizen gemacht. Aber die Kombinationen sind frischer und stimmiger.
Toro – nastrium – fennel – ponzu – green tomato ist der erste richtige Gang im Menü. Der Toro hat optimale Qualität und zergeht auf der Zunge. Seine Fettstruktur steht dem vegetabilen Eis aus Brunnenkresse, sowie dem mundfüllenderen Fenchelgeschmack und der frischen Säure aus Tomate und Ponzu entgegen. So wirkt der Gang trotz der Fettigkeit des Thunfischbauchs leicht und kühl. Dennoch hat der Schmelz es Thunfisches eine gute Präsenz. Ein beeindruckender erster Gang.
Der 2017er Riesling von Kai Schätzel ist sehr mineralisch und passt zu der Frische des Gangs. Ich finde ihn aber etwas zu jung.
Hazelnut – sorrel – ricotta – oyster ist recht spezieller Gang. Den Grundgeschmack bildet die Nuss, deren leichte Bitternoten gut zur Geltung kommen. Durch den Ricotta hat das Gericht eine merkliche Üppigkeit. Die Austern sind in einen dünnen Pfannkuchen eingeschlagen, auch der Teiggeschmack verstärkt die Nussaromatik und gibt ihr weitere Breite. Ossrietra-Kaviar und Auster kommen trotz der Fülle gut zur Geltung. Und da etwas Nussbutter, die angegossen wird, verstärkt sich die Röstaromatik und Fülle weiter. Leider wirkt für mich das Gericht insgesamt texturell etwas stumpf. Trotzdem ist es ein guter Kontrast zum vorherigen. Es ist füllig, aber auch hier sind alle Komponenten sehr gut aufeinander abgestimmt und proportioniert.
Der 2017er Kalk und Kiesel von Clau Preisinger ist ein naturtrüber Wein, der hier sehr angenehm wirkt. Die Anklänge von saurem Apfelsaft legt der Wein mit dem Gericht ab und gibt eine interessante Struktur frei.
Pertuis asparagus – lardo – North Sea crab – bears garlic ist ein interessanter Spargel-Gang. Das gezupfte Krabbenfleisch steht im Vordergrund. Beim Gesamtgenuss kommt ein feiner Räuchergeschmack auf die Zunge. Ob dies nur an dem Lardo liegt, oder auch der Spargel etwas geräuchert wurde, weiß ich nicht. Der Bärlauch mit dezenter Schärfe und Vegetabilität verbindet sich zu einem stimmigen, interessanten Geschmacksbild.
Der 2015er Chenin de Tourraine von Pascal Avril lässt seine Naturweinverarbeitung (Maischestandzeit, kein Schwefel) leicht zur Geltung kommen. Auch dieser Wein passt optimal zum Gericht.
Seabass – squid – scallion – lemon – sesame ist ein markant strukturiertes Gericht, denn die kleinen Würfel des Tintenfisches liegen gut geordnet neben dem Wolfsbarsch. Sie haben vor allem einen texutellen Effekt. Aromatisch wirkt alles leicht und frisch.
Dazu gibt es einen interessanten südafrikanischen Wein: 2017er Kortpad Kaaptpe Zuid Afrika, der gut zur Struktur des Gerichts passt.
Lobster – chawanmushi – morel – fava beans – sea urchin verbindet die Modezubereitung der Saison – Chawanmushi – sehr gut mit dem süßlichen Teil des Hummer-Aromas. Die Muschel kommt hingegen nicht so durch. Aber insgesamt ist ein stimmiges und bestens abgestimmtes Gericht.
Mir gefällt der 2016er Clos du murges von Albert Grivault sehr gut dazu. Das ist eine sehr schöne Burgund-Basisqualität, die einerseits frisch ist, andererseits aber die Üppigkeit des Gerichts gut begleiten kann.
Kamper Lamb – X.O. – eggplant – turnip stem – black garlic zeigt vor allem ein extrem zartes Stück Lamm mit reichlich Fett und somit auch einem merklichen Lammgeschmack. Die weiteren Aromen sind von Frische und Leichtigkeit geprägt und machen dies zu einem gelungenen Sommer-Hauptgang.
Der 2007er Symphonie vom Château Khoury ist gut angereift, könnte für das Gericht ruhig noch eine Spur reifer sein, passt aber gut ins Aromenbild.
Mango – popcorn – passion fruit – kalamansi ist ein recht frisches Dessert, dass die verschiedenen Säuren gut mit dem breiten Aroma des Popcorn verbindet. Ich finde es sehr gelungen.
Die Exotik des Gerichts nimmt die Beerenauslese Cuvee von Kracher gut auf.
Sea buckthron – yoghurt – hazelnut – bitter chocolate finde ich weniger gelungen als das erste Dessert. Die Säure und die Bitterstoffe der Schokolade finden für mich nur bedingt zueinander. Der Apostoles - Gonzales Byass verbindet dann doch alles irgendwie, überstrahlt mit seiner Intensität das Gericht allerdings auch.
Denen Petit Fours fehlt aus meiner Sicht auf etwas die Feinheit.
Trotz einiger Kleinigkeiten: Insgesamt war das ein Menü auf sehr zufriedenstellendem Niveau. Die Gänge hatten ein konstantes Qualitätsniveau, mal waren sie stärker auf Kontrast, mal auf Harmonie angelegt. Dies alles lief in eher feinen Bahnen, trotzdem rutscht keine Kombination ins Beliebige ab. Die Küche wirkt schlüssig und kann aufgrund ihrer Präzision in der Feinabstimmung auf Spielereien verzichten, um einen guten Gesamteindruck zu hinterlassen.
Etwas skeptisch war ich zu Beginn bzgl. der Weinbegleitung, die übrigens 90 Euro kostet. Aber die Kombinationen haben allesamt gut funktioniert und haben die Weine keineswegs wie Allerweltstropfen wirken lassen, auch wenn vielleicht der ein oder andere dabei war.
Der Ausblick auf dem Restaurant ist zwar sehr schön, aber insgesamt ist die Atmosphäre nicht nur von Raumarchitektur, sondern auch vom Service sachlich. Über etwas mehr Emotion – auf Teller und im Service hätte ich mich schon gefreut.
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