Anfang Oktober ging es für mich mit zwei Kolleginnen und einem Kollegen sowie unseren vier Leistungskursen auf Kursfahrt an die Küste der Versilia, genauer gesagt ins (einst) mondäne Seebad Viareggio, dessen Strandpromenade, die legendäre „Passeggiata“, in einigen Abschnitten durchaus noch die prächtig herausgeputzte Grandezza der alten Zeit atmet (was man von vielen anderen Arealen in der Stadt, die noch ihrer Restaurierung harren, leider nicht behaupten konnte…).
Unsere Unterkunft mit dem hochtrabenden Namen „Bella Riviera“ lag zwar in erster Reihe und bot auch von einigen Zimmern direkten Meerblick, verströmte aber ansonsten einen doch schon sehr abgeblätterten bzw. morbiden Charme. All dies wäre noch für eine Kursfahrt im normalen (preislichen) Rahmen und zu verschmerzen gewesen, hätte die Küche (wir hatten fatalerweise Halbpension gebucht…) sich nicht zu denkwürdigen gastronomischen Minusleistungen hinreißen lassen (man dachte wohl, Halbwüchsige aus der westfälischen Provinz und deren pädagogisches Aufsichtspersonal würden den Unterschied zwischen authentischer Mamma-Küche und einer Resteverwertung allerübelster Sorte nicht direkt herausschmecken…). Am vierten Abend platzte einer meiner weiblichen Kolleginnen und mir der kulinarische Kragen, nachdem ihr als vegetarisches Hauptgericht im Rahmen der Halbpension „zwei angedünstete Analogkäsescheiben an Kartoffelpüree aus der Tüte“ (!) und mir „zwei Scheiben kalter, mit flüssigem Brühwürfel überzogener, Truthahnaufschnitt an acht abgezählten öligen Pommes Frites“ (!) serviert worden waren. Wir flüchteten 500 Meter stadteinwärts zur schon seit 50 Jahren bestehenden und seit langem besternten Gourmet-Institution „Romano“ und hofften auf eine Aussöhnung mit dem kulinarischen Viareggio (die leider nur teilweise gelang, aber dazu später mehr…).
Um das gastronomische Großdesaster schnell hinter uns zu lassen, wählten wir jeweils drei Gänge a la Carte, wobei meine Wahl auf folgende Kreationen fiel:
Risotto mit Krustentieren – Tintenfischtinte – rotes Garnelenpulver – Seetang – Langustinenbisque
Seebrasse – frittierte Kartoffeln – wilde Steinpilze
Schwammkuchen – Eierliköreis – Whisky – geeiste Schokolade
Der Eindruck, den die Gesamtleistung der Küche hinterließ, war ein wenig zwiespältig: Während ich sowohl beim perfekt zubereiteten Risotto, welches mit einem gekonnten Spiel von maritimen Aromen überzeugte, als auch in Bezug auf das Dessert, welches eine feine Balance zwischen den eher rauchigen (Whisky) sowie den süßen Elementen (der Rest des Ensembles) herstellte, die Sternewertung durchaus nachvollziehen konnte, fiel mir dies beim Hauptgang relativ schwer: Der Teller bestand, wenn man von einem kleinen Olivenölspiegel absieht, auf dem der Fisch thronte, in der Tat nur aus den drei Komponenten, welche ich oben angegeben habe. Ich habe nichts gegen Purismus, wenn ein hervorragendes Hauptprodukt in den Mittelpunkt gestellt wird und für sich selbst spricht, aber hier war die Brasse nur von ordentlicher Qualität und dazu noch leicht übergart, während die frittierten Kartoffeln so schmeckten, wie frittierte Kartoffeln halt schmecken (also vor allem nach Frittierfett…); ebenso die vier das Gericht komplettierenden Steinpilze konnten aus ihm kein denkwürdiges Esserlebnis mehr machen… Auch wenn man es kaum für möglich hält, dieser Purismus wurde vom Hauptgang meiner Kollegin noch überboten: Auf ihrem Teller fanden sich mit Semmelbröseln frittierte (und dadurch schon leicht ausgetrocknete) Garnelen und Calamari, ebenfalls von nur leicht überdurchschnittlicher Frische und Qualität, und sonst nichts… Nicht einmal eine kleine Zitrone zum Beträufeln oder eine Aioli zum Dippen hatte man ihr gegönnt!
Leider fehlen mir die Quervergleiche in der italienischen Sternegastronomie, um dieses Essen objektiv einordnen zu können, aber dafür, dass dieses Ristorante den immerhin 50. Platz in der hiesigen Rangliste für Italien einnimmt, hätte ich (gerade bezüglich der Fisch- und Meeresfrüchtehauptgänge) ein wenig mehr erwartet. Vielleicht noch nicht einmal hinsichtlich der Kreativität (wie man hört und liest, scheinen ja durchaus noch recht viele italienische Topadressen eher einer recht puristischen Klassik verhaftet zu sein), sondern vor allem was den Garzustand und die Qualität (gerade in einem Restaurant, welches sich für seine topfrischen Fische und Meeresfrüchte rühmt…) der Produkte angeht. Aber eins muss man dem Lokal (was ja trotz dessen gerade in Bezug auf Vorspeise und Dessert keine schlechte Gesamtperformance abgeliefert hat) durchaus attestieren: Die „Cuisine des Grauens“ im „Bella Riviera“ konnte man klar hinter sich lassen…
P.S.: Noch eine kleine amüsante Anmerkung zum Service: Während des gesamten Essens trat dieser relativ distanziert und distinguiert auf, aber nachdem meine Kollegin ein (für italienische Verhältnisse anscheinend recht üppiges) Trinkgeld gegeben hatte, wurde sie plötzlich mit galantestem "Casanova-Charme" und einem „Bussi“ hier sowie einem „ciao bella“ dort in klischeehaftester Manier zur Tür geleitet, wo man uns mit einem überschwänglichen „arrivederci“ in die laue toskanische Nacht entließ…
Unsere Unterkunft mit dem hochtrabenden Namen „Bella Riviera“ lag zwar in erster Reihe und bot auch von einigen Zimmern direkten Meerblick, verströmte aber ansonsten einen doch schon sehr abgeblätterten bzw. morbiden Charme. All dies wäre noch für eine Kursfahrt im normalen (preislichen) Rahmen und zu verschmerzen gewesen, hätte die Küche (wir hatten fatalerweise Halbpension gebucht…) sich nicht zu denkwürdigen gastronomischen Minusleistungen hinreißen lassen (man dachte wohl, Halbwüchsige aus der westfälischen Provinz und deren pädagogisches Aufsichtspersonal würden den Unterschied zwischen authentischer Mamma-Küche und einer Resteverwertung allerübelster Sorte nicht direkt herausschmecken…). Am vierten Abend platzte einer meiner weiblichen Kolleginnen und mir der kulinarische Kragen, nachdem ihr als vegetarisches Hauptgericht im Rahmen der Halbpension „zwei angedünstete Analogkäsescheiben an Kartoffelpüree aus der Tüte“ (!) und mir „zwei Scheiben kalter, mit flüssigem Brühwürfel überzogener, Truthahnaufschnitt an acht abgezählten öligen Pommes Frites“ (!) serviert worden waren. Wir flüchteten 500 Meter stadteinwärts zur schon seit 50 Jahren bestehenden und seit langem besternten Gourmet-Institution „Romano“ und hofften auf eine Aussöhnung mit dem kulinarischen Viareggio (die leider nur teilweise gelang, aber dazu später mehr…).
Um das gastronomische Großdesaster schnell hinter uns zu lassen, wählten wir jeweils drei Gänge a la Carte, wobei meine Wahl auf folgende Kreationen fiel:
Risotto mit Krustentieren – Tintenfischtinte – rotes Garnelenpulver – Seetang – Langustinenbisque
Seebrasse – frittierte Kartoffeln – wilde Steinpilze
Schwammkuchen – Eierliköreis – Whisky – geeiste Schokolade
Der Eindruck, den die Gesamtleistung der Küche hinterließ, war ein wenig zwiespältig: Während ich sowohl beim perfekt zubereiteten Risotto, welches mit einem gekonnten Spiel von maritimen Aromen überzeugte, als auch in Bezug auf das Dessert, welches eine feine Balance zwischen den eher rauchigen (Whisky) sowie den süßen Elementen (der Rest des Ensembles) herstellte, die Sternewertung durchaus nachvollziehen konnte, fiel mir dies beim Hauptgang relativ schwer: Der Teller bestand, wenn man von einem kleinen Olivenölspiegel absieht, auf dem der Fisch thronte, in der Tat nur aus den drei Komponenten, welche ich oben angegeben habe. Ich habe nichts gegen Purismus, wenn ein hervorragendes Hauptprodukt in den Mittelpunkt gestellt wird und für sich selbst spricht, aber hier war die Brasse nur von ordentlicher Qualität und dazu noch leicht übergart, während die frittierten Kartoffeln so schmeckten, wie frittierte Kartoffeln halt schmecken (also vor allem nach Frittierfett…); ebenso die vier das Gericht komplettierenden Steinpilze konnten aus ihm kein denkwürdiges Esserlebnis mehr machen… Auch wenn man es kaum für möglich hält, dieser Purismus wurde vom Hauptgang meiner Kollegin noch überboten: Auf ihrem Teller fanden sich mit Semmelbröseln frittierte (und dadurch schon leicht ausgetrocknete) Garnelen und Calamari, ebenfalls von nur leicht überdurchschnittlicher Frische und Qualität, und sonst nichts… Nicht einmal eine kleine Zitrone zum Beträufeln oder eine Aioli zum Dippen hatte man ihr gegönnt!
Leider fehlen mir die Quervergleiche in der italienischen Sternegastronomie, um dieses Essen objektiv einordnen zu können, aber dafür, dass dieses Ristorante den immerhin 50. Platz in der hiesigen Rangliste für Italien einnimmt, hätte ich (gerade bezüglich der Fisch- und Meeresfrüchtehauptgänge) ein wenig mehr erwartet. Vielleicht noch nicht einmal hinsichtlich der Kreativität (wie man hört und liest, scheinen ja durchaus noch recht viele italienische Topadressen eher einer recht puristischen Klassik verhaftet zu sein), sondern vor allem was den Garzustand und die Qualität (gerade in einem Restaurant, welches sich für seine topfrischen Fische und Meeresfrüchte rühmt…) der Produkte angeht. Aber eins muss man dem Lokal (was ja trotz dessen gerade in Bezug auf Vorspeise und Dessert keine schlechte Gesamtperformance abgeliefert hat) durchaus attestieren: Die „Cuisine des Grauens“ im „Bella Riviera“ konnte man klar hinter sich lassen…
P.S.: Noch eine kleine amüsante Anmerkung zum Service: Während des gesamten Essens trat dieser relativ distanziert und distinguiert auf, aber nachdem meine Kollegin ein (für italienische Verhältnisse anscheinend recht üppiges) Trinkgeld gegeben hatte, wurde sie plötzlich mit galantestem "Casanova-Charme" und einem „Bussi“ hier sowie einem „ciao bella“ dort in klischeehaftester Manier zur Tür geleitet, wo man uns mit einem überschwänglichen „arrivederci“ in die laue toskanische Nacht entließ…
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