Auf dem Weg zu einer Hochzeit hatte ich eine Nacht in der Nähe des Flughafens Mailand-Malpensa zu verbringen und entschied mich anstelle einer Fahrt nach Mailand zu einem Besuch des wirklich malerischen Lago di Orta, der natürlich mit einem Besuch in der Villa Crespi kombiniert werden musste (gewohnt habe ich dort nicht, um das Portemonnaie nicht überzustrapazieren).
Die Villa selbst ist ein an der Rändern der Parodie kratzendes Prunkbauwerk im maurischen Stil, das ich aber extrem beeindruckend und schön fand. Es wurde mit viel Detail gearbeitet.
Mein Problem war, dass ich selbst für italienische Verhältnisse ziemlich spät kam, nämlich erst knapp vor 22 Uhr. Ich bin zwar nicht als letzter rausgegangen. Es war aber offensichtlich, dass man auch keine Lust hatte, mich bis 2 Uhr nachts zu bedienen. Deswegen ging alles in meiner subjektiven Wahrnehmung ziemlich schnell. 2,5 Stunden saß ich trotzdem beim Essen.
Neben der alc Auswahl gibt es drei Menus. Ich entschied mich für das Menu in der Mitte ("Itinerario dal Sud al Nord Italia"). Der Chef, Antonino Cannavacciuolo, ist aus dem Süden und kocht im Norden von Italien, insofern war mir der Name (und auch der Inhalt) dieses Menus am sympathischsten. Dazu wird eine Weinbegleitung angeboten, die mir zum Durchprobieren am geeignetsten erschien (lernen, lernen, lernen).
Los ging es mit einem Pinot Nero Blanc de Noir Franciacorta Spumante, von einem Erzeuger dessen Name mir entfallen ist. Dazu wurden einige kleine Snacks auf Teigbasis gereicht, die alle gut waren, aber das Rad nicht neu erfanden. Das Amuse Bouche hob das Niveau dann gleich deutlich an. Es war ein rohes Eigelb mit Blüten und Kaisergranat. Dazu gab es einen gut passenden (ja, auch zum Eigelb) 2004 Chambave Muscat der Genossenschaft La Crotta di Vegneron aus dem Aostatal.
Das Amuse Bouche wurde vom ersten richtigen Gang noch einmal deutlich übertroffen. "Spiedino di capesante e scampi, cipollotti al limone, infuso di mela verde e sedano rapa" bestand aus einem Spieß mit zwei fetten gegrillten Scampi und einer gegrillten Jakobsmuschel, die über einem Sud aus Sellerie, grünem Apfel und Zitrone thronten. Begleitet wurde dieser Gang von einem sehr unauffälligen Soave.
Das Aromenfeuerwerk ging weiter mit einem sog. "Signature Dish" von Herrn Cannavacciuolo, nämlich "Linguine di Gragnano con calamaretti spillo, salsa al pane di Fobello". Bei diesem Gericht, was auf der Karte ziemlich merkwürdig und nicht besonders attraktiv klang, handelte es sich um Pasta aus Gragnano, der Hauptstadt der Pasta, mit einer Brotsauce und geschmorten Tintenfischen. Die Tintenfische waren butterzart mit einem schön buttrigen Tintenfischgeschmack, die Pasta perfekt zubereitet und die Brotsauce sehr aromatisch mit Kräutern versetzt. Dazu gab es einen 2006 Friuli Isonzo Tocai Friulano der Azienda Agricola Borgo San Daniele, der wiederum etwas neutral im Geschmack war.
Von nun an ging es leider erst einmal etwas bergab, vor allem mit meiner Kondition. Die als nächster Fischgang gereichte Gelbflossenmakrele mit Burratta-Käse (ein Mozzarella ähnlicher Käse) und Meerspargel ("Ricciola, crema di baccalà, burrata e asparagi di mare") war einfach zu üppig dimensioniert, zu eindimensional im Geschmack, und es fehlte dem Gang an Frische. Dazu gab es aber einen schön gereiften 2000 Cortona Chardonnay Fontarca von Tenimenti D’Alessandro aus der Toskana.
Der Hauptgang war geschmacklich wieder auf der Höhe, leider waren meine Geschmacksnerven und mein Magen mittlerweile deutlich überfordert. So reichte es leider nur noch zum Probieren der ganzen weiteren Gänge und Weine. Das war jammerschade bei der Taubenbrust und -keule mit Foie Gras und fritierten Buchweizenbällchen ("Piccione in “Cásoeûla”, scaloppa di fegato grasso, polpettine di grano saraceno"). Denn die Foie Gras war äußerst aromatisch und zart, von ebensolcher Qualität war die Taube. Auch bei diesem Gang fehlte vielleicht etwas die Frische. Statt Buchweizenbällchen könnte man z.B. etwas Gemüse reichen. Eine Sensation war der noch blutjunge 2006er Barolo dazu, dessen Erzeuger mir entfallen ist.
Die Pause, die man mir bis zum Käse gönnt, war leider zu kurz, um mein Essvermögen wieder herzustellen. Ich lehne deshalb dankend ab, was den extrem zuvorkommenden Kellner sehr traurig machte. Er habe so viele Käse auf dem Wagen, die ich unbedingt mal probieren müsse, vor allem den Gorgonzola aus der Gegend. Ein paar kleine Stückchen fanden daher noch den Weg auf meinen Teller. Der Gorgonzola war tatsächlich exzellent und ohne Frage der Beste, den ich jemals essen durfte.
Das Dessert bestand dann aus drei Episoden, von denen ich die erste wieder komplett essen konnte. Es war eine Interpretation des berühmten Caprese, hier als weiße Schokoladenmousse mit Himbeercoulis und Basilikum-Granité. Hierbei gab es endlich die lang ersehnte Frische, die einem ein zweites Leben schenkt. Diese Kombination war göttlich und dürfte auch leicht nachzukochen sein. Hierzu gab es einen Vin Santo, an dem ich allenfalls noch nippen konnte. Das zweite Dessert war wieder mächtiger, aber geschmacklich noch besser als das erste. Es handelte sich um eine Interpretation eines Cortado Cafés. Eine leicht gesüßte Panna Cotta mit göttlich purem Vanille-Aroma stand auf einem Espresso-Gelee, welches gar nicht gezuckert war. Diese Kombination aus leicht süß und bitter war wirklich beeindruckend, leider reichte es nur noch zu zwei oder drei Bissen.
Während ich aß, sah ich ständig die Kellner-Brigade mit gigantischen Petit-Fours Tabletten (ca. 20 verschiedene) an die Tische gehen. Insofern wusste ich, was mich erwarten würde. Ich bat den Kellner deshalb, mir doch nur ein einziges Petit Four zu bringen, und zwar das beste, was sie haben. Leider bekam ich trotzdem das ganze Tablett. Es schien mir, als sei es unter der Würde des Restaurants, nur ein Petit Four zu bringen. Das zeigt, wie zu recht stolz die Küche auf ihr Werk ist. Meinem ernsthaft betrübten Kellner zuliebe einigten wir uns darauf, dass ich noch zwei Petit Fours probiere. Diese waren beide gut, aber eher auf dem soliden Niveau der ersten Snacks.
Auf dem Weg raus konnte ich noch kurz mit dem Chef plaudern, soweit das mit meinem begrenzten Italienisch ging. Auch er schien etwas enttäuscht, dass ich ca. ab der zweiten Hälfte des Menus nicht mehr konnte. Ich sagte aber zu, das nächste Mal um 19 Uhr zu kommen und das Menu auf fünf Stunden auszudehnen.
Fasst man den Besuch zusammen, ist die Villa Crespi auf jeden Fall einen Besuch wert, alleine wegen der Lage am wunderschönen Lago di Orta. Das Städtchen Orta San Giulio versprüht übrigens auch einen tollen Charme, als sei seit den 60er die Zeit stehen geblieben (im positiven Sinne). Das Essen in der Villa Crespi könnte etwas leichter sein, mit Aromen weiß der Chef aber definitiv umzugehen. Die Michelin-Bewertung erscheint mir gerechtfertigt mit ausreichend Luft nach oben und unten.
Die Villa selbst ist ein an der Rändern der Parodie kratzendes Prunkbauwerk im maurischen Stil, das ich aber extrem beeindruckend und schön fand. Es wurde mit viel Detail gearbeitet.
Mein Problem war, dass ich selbst für italienische Verhältnisse ziemlich spät kam, nämlich erst knapp vor 22 Uhr. Ich bin zwar nicht als letzter rausgegangen. Es war aber offensichtlich, dass man auch keine Lust hatte, mich bis 2 Uhr nachts zu bedienen. Deswegen ging alles in meiner subjektiven Wahrnehmung ziemlich schnell. 2,5 Stunden saß ich trotzdem beim Essen.
Neben der alc Auswahl gibt es drei Menus. Ich entschied mich für das Menu in der Mitte ("Itinerario dal Sud al Nord Italia"). Der Chef, Antonino Cannavacciuolo, ist aus dem Süden und kocht im Norden von Italien, insofern war mir der Name (und auch der Inhalt) dieses Menus am sympathischsten. Dazu wird eine Weinbegleitung angeboten, die mir zum Durchprobieren am geeignetsten erschien (lernen, lernen, lernen).
Los ging es mit einem Pinot Nero Blanc de Noir Franciacorta Spumante, von einem Erzeuger dessen Name mir entfallen ist. Dazu wurden einige kleine Snacks auf Teigbasis gereicht, die alle gut waren, aber das Rad nicht neu erfanden. Das Amuse Bouche hob das Niveau dann gleich deutlich an. Es war ein rohes Eigelb mit Blüten und Kaisergranat. Dazu gab es einen gut passenden (ja, auch zum Eigelb) 2004 Chambave Muscat der Genossenschaft La Crotta di Vegneron aus dem Aostatal.
Das Amuse Bouche wurde vom ersten richtigen Gang noch einmal deutlich übertroffen. "Spiedino di capesante e scampi, cipollotti al limone, infuso di mela verde e sedano rapa" bestand aus einem Spieß mit zwei fetten gegrillten Scampi und einer gegrillten Jakobsmuschel, die über einem Sud aus Sellerie, grünem Apfel und Zitrone thronten. Begleitet wurde dieser Gang von einem sehr unauffälligen Soave.
Das Aromenfeuerwerk ging weiter mit einem sog. "Signature Dish" von Herrn Cannavacciuolo, nämlich "Linguine di Gragnano con calamaretti spillo, salsa al pane di Fobello". Bei diesem Gericht, was auf der Karte ziemlich merkwürdig und nicht besonders attraktiv klang, handelte es sich um Pasta aus Gragnano, der Hauptstadt der Pasta, mit einer Brotsauce und geschmorten Tintenfischen. Die Tintenfische waren butterzart mit einem schön buttrigen Tintenfischgeschmack, die Pasta perfekt zubereitet und die Brotsauce sehr aromatisch mit Kräutern versetzt. Dazu gab es einen 2006 Friuli Isonzo Tocai Friulano der Azienda Agricola Borgo San Daniele, der wiederum etwas neutral im Geschmack war.
Von nun an ging es leider erst einmal etwas bergab, vor allem mit meiner Kondition. Die als nächster Fischgang gereichte Gelbflossenmakrele mit Burratta-Käse (ein Mozzarella ähnlicher Käse) und Meerspargel ("Ricciola, crema di baccalà, burrata e asparagi di mare") war einfach zu üppig dimensioniert, zu eindimensional im Geschmack, und es fehlte dem Gang an Frische. Dazu gab es aber einen schön gereiften 2000 Cortona Chardonnay Fontarca von Tenimenti D’Alessandro aus der Toskana.
Der Hauptgang war geschmacklich wieder auf der Höhe, leider waren meine Geschmacksnerven und mein Magen mittlerweile deutlich überfordert. So reichte es leider nur noch zum Probieren der ganzen weiteren Gänge und Weine. Das war jammerschade bei der Taubenbrust und -keule mit Foie Gras und fritierten Buchweizenbällchen ("Piccione in “Cásoeûla”, scaloppa di fegato grasso, polpettine di grano saraceno"). Denn die Foie Gras war äußerst aromatisch und zart, von ebensolcher Qualität war die Taube. Auch bei diesem Gang fehlte vielleicht etwas die Frische. Statt Buchweizenbällchen könnte man z.B. etwas Gemüse reichen. Eine Sensation war der noch blutjunge 2006er Barolo dazu, dessen Erzeuger mir entfallen ist.
Die Pause, die man mir bis zum Käse gönnt, war leider zu kurz, um mein Essvermögen wieder herzustellen. Ich lehne deshalb dankend ab, was den extrem zuvorkommenden Kellner sehr traurig machte. Er habe so viele Käse auf dem Wagen, die ich unbedingt mal probieren müsse, vor allem den Gorgonzola aus der Gegend. Ein paar kleine Stückchen fanden daher noch den Weg auf meinen Teller. Der Gorgonzola war tatsächlich exzellent und ohne Frage der Beste, den ich jemals essen durfte.
Das Dessert bestand dann aus drei Episoden, von denen ich die erste wieder komplett essen konnte. Es war eine Interpretation des berühmten Caprese, hier als weiße Schokoladenmousse mit Himbeercoulis und Basilikum-Granité. Hierbei gab es endlich die lang ersehnte Frische, die einem ein zweites Leben schenkt. Diese Kombination war göttlich und dürfte auch leicht nachzukochen sein. Hierzu gab es einen Vin Santo, an dem ich allenfalls noch nippen konnte. Das zweite Dessert war wieder mächtiger, aber geschmacklich noch besser als das erste. Es handelte sich um eine Interpretation eines Cortado Cafés. Eine leicht gesüßte Panna Cotta mit göttlich purem Vanille-Aroma stand auf einem Espresso-Gelee, welches gar nicht gezuckert war. Diese Kombination aus leicht süß und bitter war wirklich beeindruckend, leider reichte es nur noch zu zwei oder drei Bissen.
Während ich aß, sah ich ständig die Kellner-Brigade mit gigantischen Petit-Fours Tabletten (ca. 20 verschiedene) an die Tische gehen. Insofern wusste ich, was mich erwarten würde. Ich bat den Kellner deshalb, mir doch nur ein einziges Petit Four zu bringen, und zwar das beste, was sie haben. Leider bekam ich trotzdem das ganze Tablett. Es schien mir, als sei es unter der Würde des Restaurants, nur ein Petit Four zu bringen. Das zeigt, wie zu recht stolz die Küche auf ihr Werk ist. Meinem ernsthaft betrübten Kellner zuliebe einigten wir uns darauf, dass ich noch zwei Petit Fours probiere. Diese waren beide gut, aber eher auf dem soliden Niveau der ersten Snacks.
Auf dem Weg raus konnte ich noch kurz mit dem Chef plaudern, soweit das mit meinem begrenzten Italienisch ging. Auch er schien etwas enttäuscht, dass ich ca. ab der zweiten Hälfte des Menus nicht mehr konnte. Ich sagte aber zu, das nächste Mal um 19 Uhr zu kommen und das Menu auf fünf Stunden auszudehnen.
Fasst man den Besuch zusammen, ist die Villa Crespi auf jeden Fall einen Besuch wert, alleine wegen der Lage am wunderschönen Lago di Orta. Das Städtchen Orta San Giulio versprüht übrigens auch einen tollen Charme, als sei seit den 60er die Zeit stehen geblieben (im positiven Sinne). Das Essen in der Villa Crespi könnte etwas leichter sein, mit Aromen weiß der Chef aber definitiv umzugehen. Die Michelin-Bewertung erscheint mir gerechtfertigt mit ausreichend Luft nach oben und unten.
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