Abend 1 des Gourmettrips nach Kopenhagen begann im Restaurant AOC. Aufgrund der Größe der Gruppe von 17 Personen fanden wir Platz im Private Dining Room, einem relativ schmucklosen Zimmer, in dem wir aber alle um eine ovalen Tisch sitzen konnten. Zwar bekamen wir so wenig von der Atmosphäre im Restaurant mit, konnten dafür alle miteinander und quer über den Tisch Gespräche führen, was sonst sicherlich nicht möglich gewesen wäre. Denn so viel bekam man mit, aufgrund dessen dass das Restaurant in einem Kellergewölbe untergebracht ist, ist der Geräuschpegel dort relativ hoch.
Zum Wein kann ich dieses mal nichts schreiben, da ich aufgrund der Preise in Dänemark mich auf den Genuss von Wasser beschränkt habe.
Das Menü begann mit vier APPETISERS. Das erste war eine extrem jung geerntete Gurke. Geschmacklich muss man sich eine Gurkenschale vorstellen, nur halt in der Konsistenz angenehmer und mit etwas Fruchtfleisch.
Als zweites gab es eine Stange von recht salzigem Beef Jerky mit einer Creme und Nussöl. Dadurch wurde die Salzigkeit des Fleisch-Sticks gemildert und es ergab sich ein eher vom Nussöl bestimmtes Geschmacksbild.
Wieder recht salzig, aber etwas aromatisch mehrdimensionaler war das dünne, getrocknete Scheibchen von der Pastinake mit Entenlebercreme (minimale Menge) und Sauerklee. Durch die Entenlebercreme war hier trotz ihrer wirklich kleinen Menge, die Intensitätsbalance sehr gut gewahrt.
In der Schale war ein kleiner Bund Thymian. Dieser wurde mit einem Tee, der hauptsächlich nach grünem Apfel und Kamille schmeckte, aber noch weitere Zutaten enthielt, übergossen. Eine flüssige, runde und aromatisch klare Einsstimmung auf das Menü. Der Thymian war für mich eher optischer Gag, er schmeckte nicht wirklich durch.
Die Butter, aufgeschlagen und ziemlich sahnig und die mit einem Seeprodukt bestreute Creme begleiteten das schmackhafte Brot. Wie sich noch während der weiteren Abende in Kopenhagen zeigen sollte, kann man dort ungehindert reichlich beim Brot zugreifen, Gefahr sich daran zu überfuttern und keinen Platz mehr für die weiteren Gänge zu haben, besteht eigentlich nicht. Mit anderen Worten, das Brot hat einen ziemlich hohen Stellenwert.
Der erste Gang, DANISH OYSTER, smoked buttermilk & spring cabbage, präsentierte die Limfjord-Auster – obwohl in kleine Stücke geschnitten – mit ihrem vollen wirklich muscheligen, aber gleichzeitig austernfeinen Aroma. Seitdem ich diese Austernsorte bei Kevin Fehling in der Kombination mit Eisbein und Sauerkraut kennenlernen durfte, ist sie die von mir präferierte Auster. Die Sauce aus geräucherter Buttermilch unterstrich die aromatische Intensität der Auster und gab ihr nicht nur eine leicht rauchige Note, sondern gleichzeitig mehr Kraft. Der Kohlgeschmack war dazu das frische Gegenstück, der diesen Gang sehr fein und gut austariert in Szene setzte.
Dazu wurde 2014er Grüner Veltliner Federspiel "Hinder der Burg" vom Weingut Prager aus der Wachau serviert.
Noch puristischer wurde es mit LUMBFISH ROE, raw shrimps & beetroot. Interessant waren hier die Proportionen: die schiere Menge des Seehasen-Rogen, der an sich nicht besonders aromenstark war, sonder mehr den Knack ins Gericht brachte, führte dazu, dass die knackigen winzigen Kugeln stets die texturelle Wahrnehmung beeinflussten. In der Rolle aus Roter Bete war wunderbar cremige, leicht süßliche und geschmacklich präsente Stücke von rohen Shrimps. Dazu kam noch eine weiße Creme, die dem Ganzen eine gewisse Üpprigkeit gab. Ich kann mir schwer vorstellen, dass mit weniger mehr erreicht werden kann.
Der Wein, der dazu serviert wurde, war ein 2013er Große Lage Deidesheimer Kalkofen, Bassermann-Jordan.
BAKED ONION, elderflower & caviar war ein aromatisch komplexerer Gang, der zudem durch die Üppigkeit der Sauce und dem Purismus der Zutaten, eine gelungene Kombination der Stärke der skandinavischen Küche (Aromatische Klarheit) und der klassischen Küche war. Die mit kräftigen Röstaromen versehene Zwiebel war – wegen des nicht servierten Messers – nur schwer zu essen, denn sie war noch recht fest. Aber die Zwiebel offenbarte dann – in mehr oder minder großen Stücken gegessen – eine leichte Süße und etwas Frische, die zu den beiden hervorragenden Saucen aber schlicht nicht portionierbar war. Ein Messer wäre hier nicht nur sinnvoll, sondern ein Muss für den optimalen Genuss gewesen. Die cremige Sauce und vor allem die auf Basis eines vergorenen Holunderblütensekts hergestellte, an Verjus erinnernde Sauce war großartig, fast klassische Saucenqualität in modernem Gewand.
Die Weintrinker in der Runde genossen dazu einen 2011er Meursault "En la Barre" von der Domaine Antoine Jobard.
Nun folgte eine besondere Inszenierung: TURBOT, lard & turbot roe. In dem Bündel Wacholder, das mit einer Schere geöffnet werden musste (was bei meiner stumpfen Schere gar nicht so einfach war), befand sich ein saftiges Stück Steinbutt. Dieses wurde mit Lardo zusammengehalten. Nun konnte man es wie einen Stift halten und zwei wirklich intensive Pulver eintauchen. Das eine war eine kräutriges Pulver, das andere war aus dem Innereien des Steinbutt gefertigt. Vor allem überzeugte hier aber die Saftigkeit des Fisches. Die „Dips“ waren auch überzeugend, mussten aber zurückhaltend eingesetzt werden, um das feine Aroma des Fisches nicht zu übertünchen.
Im Gals der Weintrinker war dazu ein Æblefino „Wine from Apples“ Lot 14-03, Frederiksdal, Harpelunde, Lolland.
Bei den NEW DANISH POTATPES, morels, leeks & dried egg yolk überzeuge mich die Kombination aus Morchel und der Sauce, bei der auch nochmal Kartoffelschalen verarbeitet worden waren und die somit wesentlich kartoffeliger schmeckte. Dadurch wurde die Kartoffel zum aromatischen Hauptdarsteller, auf Augenhöhe mit der Morchel und der Schärfe des Lauchs.
Dazu tranken die Weingenießer einen 2011er Bourgogne Rouge, Domaine Benjamin Leroux.
Nun folgte der “Hauptgang”, DANISH LAMB, rack with rams & sauce with fermented parship. Das Lammfleisch war von sehr feiner aromatischer und gleichzeitig zarter Struktur. Die Aromen dazu wirkten alle sehr grün und frisch. Die Sauce kann ich nicht im Einzelnen beschreiben. Im Grunde mochte ich nach dem Gericht sagen MEHR DAVON – nicht nur, weil es sehr gut geschmeckt hat, sondern auch, weil die Portion für einen Hauptgang eher winzig war.
Dazu gab es einen 2008er Pintia, Bodegas Pintia par Vega Sicilia aus Spanien.
Beim ersten Dessert, CAMOMILE, honey & almond war die Mandelmilch bemerkenswert fein in ihrer Intensität abgestimmt auf den Schnee und das Kamile-Eis.
Im Glas war 2011er Carmes de Rieussec, Château de Rieussec, Sauternes.
Das zweite Dessert, ARONIA BERRIES, sheep yoghurt und thyme war sehr gekennzeichnet durch den säuerlich-beerigen Geschmack der Aronia. Das Joghurteis hatte eine leicht wahrnehmbare Schafsnote, die hier etwas herbes hinein brachte. Dieses Dessert war für mich etwas gröber aromatisch gestaltet, als das zuvor, aber keineswegs weniger lecker. Unpassend wegen der Süße und der Üppigkeit wirkte dazu das Küchlein, geschmeckt hat es allein betrachtet trotzdem.
Dazu gab es Frederiksdals Kirsebærvin, Harpelunde.
Unter der Haut präsentierte sich BURNED JERUSALEM ARTICHOKE, waltnuts & sugar beet syrup. Die Topinambur zeigte ihr typisches Aroma in der süßen Kombination etwas charmanter, als ich es meist in würzigen Gerichten empfinde. Vor allem zur Nuss passte es gut. Die Süße war recht angenehm. Allerdings fand ich den Effekt des gebrannten teilweise etwas zu intensiv im Mund.
Der Finale Wein war der 2007er Tokaji Aszu3 Puttonyos, Oremos.
Mit einem wunderbaren Karamellbonbon, das mit Salmiak bestäubt war, ergab sich eine wunderbare Abschiedskreation. Großartig.
Das Menü bot einen ansprechenden Genuss. Kritikpunkte waren für mich die Portionierung des Hauptgangs und an mehreren Stellen die Auswahl des gereichten Besteck. Mal wäre ein Löffel angebracht gewesen, um die Sauce besser aufnehmen zu können, mal ein Messer, um die Zwiebel zu teilen.
Insgesamt war dies für mich eine gelungene Einführung in die skandinavische Gourmetküche, die – wie der weitere Verlauf der Reise zeigen wollte – sich markant von der deutschen unterscheidet. Ins Schwelgen kommt man hier nicht, aber pure, kristallklare und natürliche Aromen gab es zu erleben, sowie relativ einfach konstruierte, aber dennoch effektvolle Gerichte. So klar, wie das dänische Design.
Ich hoffe, auf viele Ergänzungen der übrigen Reiseteilnehmer...
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