Das Restaurant Mielcke & Hurtigkarl hatte ich überhaupt nicht auf dem Zettel vor unserer Kopenhagen-Reise und auch beim Stöbern in den Ranglisten für die dänische Hauptstadt ist es mir nicht aufgefallen, aber zum Glück unser Kopenhagen-erfahrener Gourmetfreund das Restaurant in die Diskussion geworfen, als wir die Komplettierung des Reiseprogramms geplant haben.
In der Rangliste „fehlt“ das Restaurant in der Kopenhagen-Rangliste, da es formal nicht in Kopenhagen, sondern in der Gemeinde Frederiksberg liegt, die von Kopenhagen umschlossen wird – von der Innenstadt ist es aber zu Fuß in gut 20 bis 30 Minuten erreichbar. Außerdem ist das Restaurant vom Guide Michelin bislang nicht beachtet worden – unverständlicherweise, wie ich heut sagen kann.
Das Restaurant ist Teil des Parks Frederiksberg Have Park. Von den Beeten und Gewächshäusern stammen auch Kräuter und Blüten, die für die Küche dieses Restaurants essentiell sind. Zudem fühle ich mich gleich ein wenig wie im Grünen, als wir das Restaurant erreichen. Die ersten Snacks und eine Flasche Champagner genießen wir auf der kleinen Terrasse bei untergehender Sonne -ein wunderbares Erlebnis. Der Gastraum im Inneren ist hell gehalten, mit einem großen Baum in der Mitte und aufgemalte Baumkronen an den Wänden. Bei der Gestaltung der Toiletten durften sich dänische Künstler austoben. In der Selbstdarstellung auf der Website wird Küchenchef Jakob Mielcke als Autodidakt beschrieben, der dann aber doch im Reich von Pierre Gagnaire Erfahrungen gesammelt hat.
herbs & jalanpenos – FLATBREAD. Das Brot hat eine sehr luftige Konsistenz und eine leicht hefige Frische, die den straffen Kräuternoten etwas mehr Fülle verleiht. Die Schärfe der Jalapenos ist sehr dezent.
fennel & shellfisch – TART Das Tartelette ist sehr dünn. Hauptgeschmack ist salzig abgeschmeckter Rhabarber. Die Schellfischcreme bleibt dezent und wirkt im Abgang eher wie ein Gewürz.
habanero & shiso – CHICKEN Eine kleine, äußerst saftige Frikadelle. Das Shisoblatt ist sehr dezent, so dass die Kombination fleischig-saftig grundiert ist, aber dennoch der „grünlich“-vegetabilen Linie treu bleibt.
seaweed & soba – SQUID wirkt auf in der Rückbetrachtung der weiteren Gänge etwas außerhalb des Rahmens des Restaurants, denn hier mir wird mit Sesam und Soja klar in asiatische Geschmackswelt aufgegriffen. Die Tintenfische sind in kleine Streifen geschnitten, das Soja-Eis ist kalt und recht salzig. Allerdings lese ich in anderen Berichten, dass die Küche durchaus asiatische Akzente haben soll, was ich aber im weiteren Verlauf in solch prägnanter Form nicht habe feststellen können (zumindest was die Geschmackbilder angeht). Aber die Kombination ist total lecker.
bergamotte & white currants – HAMACHI Toller Fisch, gepaart mit klarer Kräuterpräzenz. Die Bergamotte ist klar wahrnehmbar und verstärkt die „Tanninstruktur“ des Gerichts, ebenso wie die weißen Johannisbeeren, sodass ein säuerlich-frisch-herbales Geschmacksbild entsteht und die Kombination sehr leicht ist.
daikon & yuzu – DUMPLING wird auf Eis serviert. Der Dumpling ist sehr fein, die Schärfe und Säure wirken ganz denzent. Der Fisch im inneren ist durch die Kühlung auch recht zurückhaltend, eine runde Sache, der zudem eine feine Fülle in das ansonsten sehr leichte Menü bringt.
peas & oysters – KOHLRABI Der Kohlrabi ist eigentlich fast gar nicht zu schmecken, sondern eher nur der Träger dieses Feuerwerks an frischen Kräuteraromen. Diese ergänzen sich wunderbar mit der Auster. Ein extrem leichter, frischer und erfrischender Gang.
strawberry & tomato – LOBSTER verlässt erstmals die grünlich frische Geschmackswelt und geht in eine rotfruchtig, frische Richtung. Dies steht dem Hummer natürlich gut an, der so perfekt zur Geltung kommt, auch weil das Fleisch erster Güte ist. Säure und Fruchtigkeit kombinieren sich hier mit einer etwas generöseren Aromenstruktur als bei den strafferen Gängen zuvor. Noch eine positive Überraschung!
black garlic & butternuth squash – PORK BELLY. Der Schweinebauch hat exakt die Grenze zwischen Fettigkeit, Saftigkeit und Fleischgeschmack getroffen. Die vielen Kräuter obenauf nehmen zudem dem Fett etwas Wirkung und Mächtigkeit. Der Kürbis ist ganz dezent im Eigengeschmack, dafür wirkt der schwarze Knoblauch extrem intensiv, vielleicht vergleichbar mit einer kräftigen BBQ-Sauce.
pointed cabbage & morels – LAMB Das Gericht spielt deutlich mit dem Lammfett, denn in der leichten Sauce ist es mit eingearbeitet. Außerdem sind neben jungem Spitzkohl Kürbiskerne und etwas Grapefruit verarbeitet, was zu einem merklichen Spiel aus einer gewissen Säure und dem Lammfett führt.
cucumber & green strawberries – MASCARPONE wirkt bringt relativ viele kräutrig-säuerliche Aromen in Verbindung mit der Cremigkeit der Mascarponeeis, da den grünen Erdbeeren außerdem noch frische und getrocknete Stachelbeeren verarbeitet sind. Dies lässt das Dessert herbal-frisch wirken – mit einer Spur Süße.
pistacio – DANISH Die Eiscreme ist aus weißer Schokolade und Pistazie. Dazu kommen frische Himbeeren sowie eine leichte Himbeersauce. Dies ist dann als ein klassischeres Dessert anzusehen, da die Creme durchaus üppig ist.
matcha -SANDWICH nennen sich die beiden Petit Fours, die das Menü beenden.
Ich würde dieses Menü ohne Probleme auf Zwei-Sterne-Niveau einstufen– im White Guide wird das Restaurant auch auf dem Global Masters Level gesehen, wo es zweifellos hingehört. Die Gerichte sind gradlinig und direkt. Klarer Geschmack, dichter Geschmack immer mit einem Kick Säure oder Frische. Damit ist die Küche nicht ganz so fein und filigran, dass es hier auf jeden Kräuterhalm ankommt. So macht das Essen sehr viel Spaß!
Hervorzuheben ist noch Sommelier Jose Santos, der eine umfassende, interessante und für Kopenhagener Verhältnisse bezahlbare Weinkarte zusammengestellt hat und auch glasweise die Weine mit einer ganz speziellen, gelassen-kompetenten Art präsentiert.
Ein ganz besonderes Menü in einem wunderbaren Setting, dessen kulinarischer Erlebniswert vergleichbar ist mit den besten Adressen in Kopenhagen – zumal wenn man den Preisunterschied berücksichtigt.
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