Nachdem es bei unserem ersten Urlaub in Deia vor zwei Jahren nur für einen flüchtigen Blick auf die Speisekarte gereicht hatte, stand diesmal einem Besuch meiner werten Gattin und mir bei Herrn Sauerschell nichts im Wege, hatten wir doch in diesem Urlaub aus strategischen Gründen meine Schwiegereltern mit im Gepäck, welche das Babysitting unseres Kleinen während unseres Dinners übernehmen durften
.
So erklommen wir in großer Vorfreude den ca. 500 Meter langen Anstieg, der zwischen unserem Hotel „Es Moli“ und dem „Es Raco d´es Teix“ lag, und hatten uns daraufhin das dortige Essen bei den unglaublichen Kalorienmengen, welche wir auf diesem zehnminütigen „Gewaltmarsch“ verbraucht hatten, auch mehr als redlich verdient
.
Wir nahmen wie alle anderen Gäste auf der Terrasse Platz, und da es Mitte Oktober abends in den mallorquinischen Bergen durchaus schon einmal ein wenig frischer sein kann, wurde meiner Frau von der Hausherrin, Frau Payeras, sofort eine Decke gereicht, welche sie sich dankbar über ihr doch nicht allzu wärmendes Sommerkleid warf. Nach Brot und Butter sowie kleinen Küchengrüßen ging es los mit dem fünfgängigen Degustationsmenü:
Hummerravioli mit Estragon in Safransoße: Ein durchaus gelungener Menüauftakt: Die Ravioli waren vom Teig her nicht zu dick und zu massig, die Füllung bestand aus Hummerstücken, die durch Frische und Qualität überzeugen konnten, und die aufgeschäumte Safransoße umspielte mit ihrer dezenten Estragonwürze die Ravioli gekonnt, ohne das feine Hummeraroma zu überlagern (*); Wein: Som Blanc Giro´ Ros 2014
Filet vom Seehecht mit Zitronenkruste und Kräuterrisotto: Es ging auf einem ähnlich guten Niveau wie zuvor beim ersten Gang weiter: Der Seehecht war im Kern noch glasig, die Zitronenkruste war mild und begleitete somit den Fisch perfekt. Das Risotto, welches geschickt mit den Noten von verschiedenen grünen Kräutern spielte, hatte genau die richtige Mischung aus körnig und schlotzig und war somit eine gelungene Entourage für den Hecht. Mediterrane Fischküche, wie man sie sich wünscht (aber leider nicht allzu oft bekommt) (*); Wein: Tomas Postigo Verdejo 2011
Medaillons vom Hirsch in Quittensoße mit Bandnudeln, Rotkohl und Maronen: Jetzt machte die Mittelmeerküche erst einmal Pause und es wurde ziemlich deutsch (was nicht verwundert, Herr Sauerschell, der Chefkoch und Inhaber des Restaurants, ist schließlich ein waschechter Franke): Dieser Fleischhauptgang konnte im Gegensatz zu den vorhergegangenen Meeresfrüchte- bzw. Fischofferten aber leider überhaupt nicht überzeugen. Wenn man in einem Sternelokal solch einen mehr als klassischen Akkord der deutschen Herbst- und Winterküche anbietet, der recht puristisch und ohne großen Aha-Effekt daherkommt, dann sollte vor allem die Fleischqualität überragend sein, denn davon lebt dieses Gericht zuvorderst. Dieses war aber eben leider nicht der Fall: Die Hirschmedaillons waren sehr faserig, dazu war das Fleisch noch blutrot (wahrscheinlich sous-vide gegart); eine Kombination, die dazu führte, dass man ohne großes Genussempfinden sehr lange auf dem Wild herumkauen musste, was einer im doppelten Sinne sehr „zähen“ Prozedur gleichkam. Die dazu gereichten Beilagen (siehe oben) waren alle handwerklich sauber gearbeitet, konnten aber den negativen Eindruck des qualitativ nicht befriedigenden Hauptprodukts nicht mehr ausgleichen. Insgesamt ein Gericht, welches einen von seiner Anmutung her in einem ordentlichen deutschen Gasthof bzw. bei einem Caterer nicht verwundert hätte, das in einem Lokal mit diesem Anspruch aber doch für eine gewisse Irritation sorgte (-); Wein: Tianna 2 Negre Manto Negro
Roquefort mit drei Chutneys und Schwarzbrot: Der folgende Käsegang war in seinem Purismus ebenfalls kaum zu überbieten: Drei Scheiben (von allerdings gut gereiftem) Roquefort wurden eingerahmt von drei roten Chutneyklecksen; komplettiert wurde das „Ensemble“ durch (hier kam wieder der Franke in Herrn Sauerschell durch
) zwei kleine dreieckige Schwarzbrotecken. Insgesamt benötige ich gerade in Bezug auf einen Käsegang keine großen Knalleffekte, was Optik und Zusammenstellung der einzelnen Komponenten angeht, aber in diesem Fall hätte mich ein kleines bisschen Mehr an Kreativität, gerade was mögliche Beigaben wie Brot, Früchte etc. angeht, durchaus nicht verstört bzw. überfordert (-); Wermut: Vermut Muntaner Negre
Terrine von Schokolade und Birne mit Whiskeyeis und Tonkabohne: Das abschließende Dessert versöhnte wieder ein wenig mit den beiden vorangegangenen schwächeren Kreationen: Der klassisch-süße Akkord aus Schokolade und Frucht wurde durch die leicht herbe Note des Whiskeyeises geschickt eingefangen, sodass man im Falle dieses Menüfinales von einer durchaus ausgewogenen und gelungenen Zusammen- bzw. Gegenüberstellung der einzelnen Komponenten sprechen kann (*); Wein: Ximenez Spinola Muy Viejo Pedro Ximenez
Zieht man insgesamt ein abschließendes Fazit über den Besuch, so muss man konstatieren, dass der Dreiklang aus Ambiente, Service und Küche teilweise leider von gewissen „Misstönen“ begleitet wurde:
Das Ambiente selbst kann man nur als traumhaft bezeichnen. Wenn man in der Abenddämmerung den Blick von der Terrasse auf das Bilderbuchdorf Deia und die Berge der Tramuntana schweifen lässt, dann wähnt man sich ohne Übertreibung an einem der schönsten Plätze im gesamten Mittelmeerraum.
Was den Service betrifft, so zogen die ersten (kleinen) Wolken im Paradies auf: Die junge Frau, welche uns größtenteils bediente, schien nicht vom Fach (oder noch in der Ausbildung) zu sein, was sich darin äußerte, dass sie relativ unsicher agierte und so Einiges durcheinander brachte. Zwei kleine Beispiele (von so einigen, die ich hier hätte aufzählen können): Unser Cava zum Aperitif wurde erst serviert, als der Weißwein zum ersten Gang schon längst auf dem Tisch stand, zum Fischgang wurde kein Fischbesteck aufgelegt usw. Ausgeglichen wurde dies aber durch die sehr umsichtig agierende Servicechefin Frau Payeras sowie den mit Charme und Witz beratenden Sommelier, der sogar so freundlich war, mir die einzelnen „Tropfen“ der Weinbegleitung, welche ich nämlich meist spätestens nach den ersten Gläsern weinselig verdränge, fein säuberlich auf einem Zettel zu notieren, damit ich sie hier im Forum endlich einmal detailliert (vor allem für ausgemachte Weinfexe wie z.B. den werten Schlaraffe) mit gebührender Chronistenpflicht benennen kann (was ich oben in Bezug auf die einzelnen Gänge auch getan habe).
Was schlussendlich die Küchenleistung angeht, so muss ich auch hier, wie sich oben bei der Beschreibung der einzelnen Gerichte dem Leser wohl schon angedeutet hat, ebenfalls ein wenig differenzieren: Die insgesamt sehr konservativ ausgerichtete Küchenlinie, die, was Optik und Komposition betrifft, teilweise in den 80er- bzw. in den 90er-Jahren hängen geblieben ist (was ja nicht unbedingt immer von Nachteil sein muss), besaß bei unserem Besuch ihre Stärken eindeutig bei den mediterranen Fisch- und Meeresfrüchtekreationen, während vor allem der (eher deutsch-gutbürgerlich angelegte) Fleischhauptgang aufgrund der minderen Güte des Wildbrets schwächelte. Wenn schon große Innovationen nicht Teil des gastronomischen Programms sind, dann sollten aber gerade die Produktqualitäten über jeden Zweifel erhaben sein. Ich war das erste Mal in diesem Restaurant zu Gast und kann daher nicht beurteilen, inwiefern sich die Küche hier in den letzten Jahren weiterentwickelt hat oder nicht, aber in meinen Augen sollte sich Herr Sauerschell nicht auf seinen (als derzeitiger Inselkoch, der am längsten einen Stern hält, mit Sicherheit verdienten) Lorbeeren ausruhen, denn ansonsten wird es in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht ganz einfach, diese Auszeichnung zu halten, da ich derzeit, alle von mir verkosteten Speisen zusammengenommen, die Qualität der Küchenleistung etwas unterhalb der Sternekategorie ansiedeln würde.
Insgesamt also ein Restaurant in einer traumhaften Lage in einem traumhaften Dorf mit einem traumhaften Blick, dessen Küche aber teilweise ein wenig Auffrischung bzw. neuen Schöpfungsdrang vertragen könnte!

So erklommen wir in großer Vorfreude den ca. 500 Meter langen Anstieg, der zwischen unserem Hotel „Es Moli“ und dem „Es Raco d´es Teix“ lag, und hatten uns daraufhin das dortige Essen bei den unglaublichen Kalorienmengen, welche wir auf diesem zehnminütigen „Gewaltmarsch“ verbraucht hatten, auch mehr als redlich verdient

Wir nahmen wie alle anderen Gäste auf der Terrasse Platz, und da es Mitte Oktober abends in den mallorquinischen Bergen durchaus schon einmal ein wenig frischer sein kann, wurde meiner Frau von der Hausherrin, Frau Payeras, sofort eine Decke gereicht, welche sie sich dankbar über ihr doch nicht allzu wärmendes Sommerkleid warf. Nach Brot und Butter sowie kleinen Küchengrüßen ging es los mit dem fünfgängigen Degustationsmenü:
Hummerravioli mit Estragon in Safransoße: Ein durchaus gelungener Menüauftakt: Die Ravioli waren vom Teig her nicht zu dick und zu massig, die Füllung bestand aus Hummerstücken, die durch Frische und Qualität überzeugen konnten, und die aufgeschäumte Safransoße umspielte mit ihrer dezenten Estragonwürze die Ravioli gekonnt, ohne das feine Hummeraroma zu überlagern (*); Wein: Som Blanc Giro´ Ros 2014
Filet vom Seehecht mit Zitronenkruste und Kräuterrisotto: Es ging auf einem ähnlich guten Niveau wie zuvor beim ersten Gang weiter: Der Seehecht war im Kern noch glasig, die Zitronenkruste war mild und begleitete somit den Fisch perfekt. Das Risotto, welches geschickt mit den Noten von verschiedenen grünen Kräutern spielte, hatte genau die richtige Mischung aus körnig und schlotzig und war somit eine gelungene Entourage für den Hecht. Mediterrane Fischküche, wie man sie sich wünscht (aber leider nicht allzu oft bekommt) (*); Wein: Tomas Postigo Verdejo 2011
Medaillons vom Hirsch in Quittensoße mit Bandnudeln, Rotkohl und Maronen: Jetzt machte die Mittelmeerküche erst einmal Pause und es wurde ziemlich deutsch (was nicht verwundert, Herr Sauerschell, der Chefkoch und Inhaber des Restaurants, ist schließlich ein waschechter Franke): Dieser Fleischhauptgang konnte im Gegensatz zu den vorhergegangenen Meeresfrüchte- bzw. Fischofferten aber leider überhaupt nicht überzeugen. Wenn man in einem Sternelokal solch einen mehr als klassischen Akkord der deutschen Herbst- und Winterküche anbietet, der recht puristisch und ohne großen Aha-Effekt daherkommt, dann sollte vor allem die Fleischqualität überragend sein, denn davon lebt dieses Gericht zuvorderst. Dieses war aber eben leider nicht der Fall: Die Hirschmedaillons waren sehr faserig, dazu war das Fleisch noch blutrot (wahrscheinlich sous-vide gegart); eine Kombination, die dazu führte, dass man ohne großes Genussempfinden sehr lange auf dem Wild herumkauen musste, was einer im doppelten Sinne sehr „zähen“ Prozedur gleichkam. Die dazu gereichten Beilagen (siehe oben) waren alle handwerklich sauber gearbeitet, konnten aber den negativen Eindruck des qualitativ nicht befriedigenden Hauptprodukts nicht mehr ausgleichen. Insgesamt ein Gericht, welches einen von seiner Anmutung her in einem ordentlichen deutschen Gasthof bzw. bei einem Caterer nicht verwundert hätte, das in einem Lokal mit diesem Anspruch aber doch für eine gewisse Irritation sorgte (-); Wein: Tianna 2 Negre Manto Negro
Roquefort mit drei Chutneys und Schwarzbrot: Der folgende Käsegang war in seinem Purismus ebenfalls kaum zu überbieten: Drei Scheiben (von allerdings gut gereiftem) Roquefort wurden eingerahmt von drei roten Chutneyklecksen; komplettiert wurde das „Ensemble“ durch (hier kam wieder der Franke in Herrn Sauerschell durch

Terrine von Schokolade und Birne mit Whiskeyeis und Tonkabohne: Das abschließende Dessert versöhnte wieder ein wenig mit den beiden vorangegangenen schwächeren Kreationen: Der klassisch-süße Akkord aus Schokolade und Frucht wurde durch die leicht herbe Note des Whiskeyeises geschickt eingefangen, sodass man im Falle dieses Menüfinales von einer durchaus ausgewogenen und gelungenen Zusammen- bzw. Gegenüberstellung der einzelnen Komponenten sprechen kann (*); Wein: Ximenez Spinola Muy Viejo Pedro Ximenez
Zieht man insgesamt ein abschließendes Fazit über den Besuch, so muss man konstatieren, dass der Dreiklang aus Ambiente, Service und Küche teilweise leider von gewissen „Misstönen“ begleitet wurde:
Das Ambiente selbst kann man nur als traumhaft bezeichnen. Wenn man in der Abenddämmerung den Blick von der Terrasse auf das Bilderbuchdorf Deia und die Berge der Tramuntana schweifen lässt, dann wähnt man sich ohne Übertreibung an einem der schönsten Plätze im gesamten Mittelmeerraum.
Was den Service betrifft, so zogen die ersten (kleinen) Wolken im Paradies auf: Die junge Frau, welche uns größtenteils bediente, schien nicht vom Fach (oder noch in der Ausbildung) zu sein, was sich darin äußerte, dass sie relativ unsicher agierte und so Einiges durcheinander brachte. Zwei kleine Beispiele (von so einigen, die ich hier hätte aufzählen können): Unser Cava zum Aperitif wurde erst serviert, als der Weißwein zum ersten Gang schon längst auf dem Tisch stand, zum Fischgang wurde kein Fischbesteck aufgelegt usw. Ausgeglichen wurde dies aber durch die sehr umsichtig agierende Servicechefin Frau Payeras sowie den mit Charme und Witz beratenden Sommelier, der sogar so freundlich war, mir die einzelnen „Tropfen“ der Weinbegleitung, welche ich nämlich meist spätestens nach den ersten Gläsern weinselig verdränge, fein säuberlich auf einem Zettel zu notieren, damit ich sie hier im Forum endlich einmal detailliert (vor allem für ausgemachte Weinfexe wie z.B. den werten Schlaraffe) mit gebührender Chronistenpflicht benennen kann (was ich oben in Bezug auf die einzelnen Gänge auch getan habe).
Was schlussendlich die Küchenleistung angeht, so muss ich auch hier, wie sich oben bei der Beschreibung der einzelnen Gerichte dem Leser wohl schon angedeutet hat, ebenfalls ein wenig differenzieren: Die insgesamt sehr konservativ ausgerichtete Küchenlinie, die, was Optik und Komposition betrifft, teilweise in den 80er- bzw. in den 90er-Jahren hängen geblieben ist (was ja nicht unbedingt immer von Nachteil sein muss), besaß bei unserem Besuch ihre Stärken eindeutig bei den mediterranen Fisch- und Meeresfrüchtekreationen, während vor allem der (eher deutsch-gutbürgerlich angelegte) Fleischhauptgang aufgrund der minderen Güte des Wildbrets schwächelte. Wenn schon große Innovationen nicht Teil des gastronomischen Programms sind, dann sollten aber gerade die Produktqualitäten über jeden Zweifel erhaben sein. Ich war das erste Mal in diesem Restaurant zu Gast und kann daher nicht beurteilen, inwiefern sich die Küche hier in den letzten Jahren weiterentwickelt hat oder nicht, aber in meinen Augen sollte sich Herr Sauerschell nicht auf seinen (als derzeitiger Inselkoch, der am längsten einen Stern hält, mit Sicherheit verdienten) Lorbeeren ausruhen, denn ansonsten wird es in den nächsten Jahren wahrscheinlich nicht ganz einfach, diese Auszeichnung zu halten, da ich derzeit, alle von mir verkosteten Speisen zusammengenommen, die Qualität der Küchenleistung etwas unterhalb der Sternekategorie ansiedeln würde.
Insgesamt also ein Restaurant in einer traumhaften Lage in einem traumhaften Dorf mit einem traumhaften Blick, dessen Küche aber teilweise ein wenig Auffrischung bzw. neuen Schöpfungsdrang vertragen könnte!
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