Eugenie Brazier muss eine wirklich beeindruckende Person gewesen sein. Vor 80 Jahren (1933) erhielt sie drei Michelin-Sterne, die sie bis 1968 halten konnte. Die drei Michelin-Sterne konnte sie sich nicht nur für das Stammhaus in der heutigen Rue Eugenie Brazier an der Ecke zur Rue Royale im 1. Arrondissement, sondern auch für ihr zweites Restaurant in Pollionnay sichern. Zwei Mal drei Sterne haben außer ihr nur Marc Veyrat, Alain Ducasse und Thomas Keller geschafft. 1946 ging Paul Bocuse bei Eugenie Brazier in die Lehre, in den 60er Jahren Bernard Pacaud. Nach der Übergabe des Restaurants an ihren Sohn gab es einige Aufs und Abs, Öffnungen und Schließungen des Restaurants in Lyon. Seit 2008 scheint es aber wieder in ruhigeren Fahrwassern zu fahren.
Ein bisschen hatte ich natürlich vor dem Besuch des La Mère Brazier über das Restaurant gelesen, deshalb war die Ehrfurcht und Vorfreude sehr groß, als wir uns dem Restaurant näherten. Die Räume sind fantastisch mit wunderschönen Jugendstilfenstern und -lampen, teils gekachelten Wänden und einer tollen Stimmung als Mischung von geschäftiger Bistro-Atmosphäre und Festlichkeit. Allein die Toiletten mit ihren Kacheln, Türen, Waschbecken, etc. sind einen Besuch wert. Würde bei La Mère Brazier mittelmäßig gekocht, ich hätte es wahrscheinlich trotzdem gut gefunden. Der Guide Michelin ist begeistert (**), der Gault Millau weniger (zwei Kochmützen, das ist - wenn überhaupt - unteres Einsterneniveau). Seit 2008 kocht hier Mathieu Viannay, der das Restaurant auch betreibt und einen freundlich begrüßt.
Frau rocco entschied sich recht flott für das mit 67 Euro für einen Zweisterner recht günstige Menu de Saison, ich musste länger grübeln. A la carte (und die berühmte Poularde de Bresse demi-deuil zu zweit teilen), das verführerisch klingende Degustations-Menu nehmen oder die Klassiker nach Original-Rezepten von Eugenie Brazier aus der Anfangszeit ihres Restaurants? Ich entschied mich am Ende für die Klassiker. Zur Begrüßung gab es erst einmal einen kleinen, frittierten Chorizo-Kubus mit einer Paprika-Crème, nicht weiter erwähnenswert. Danach gab es noch ein Amuse Gueule, das mir aber entfallen ist.
Die Klassiker starteten mit Artichaut et Foie Gras , ursprünglich konzpiert als eine Scheibe Foie Gras auf einem Artischockenboden mit Salat. Das Rezept war leicht verändert worden und sah jetzt ein paar Artischockenblätter als Boden einer Terrine vor, auf der getrüffelte Foie Gras geschichtet war. Dazu gab es eine kalte Artischocken-Velouté und ein paar prominente Tupfer sehr sauren Zitrusgels. Ich fand das Gericht sehr angenehm zu essen, da die Foie Gras die Bitternoten der Artischocken schön auffingen, die Artischocken hingegen der Foie Gras eine gemüsig-herzhafte Note gaben. Das Zitrusgel spielte aus meiner Sicht eine wichtige Rolle als Auffrischer zwischendurch. Ein sehr gutes Gericht, wenn auch kein unvergessliches. Frau rocco hatte derweil Pâté en Croûte de Volaille de Bresse et Foie Gras, Confiture de Cerises Noires, von der ich kurz kosten durfte und die mich sehr überzeugt hat, insbesondere da der Teig nicht pappig war, das Huhn sehr zart, die Paté wohl temperiert (nicht zu kalt) und die Foie Gras prominent genug schmeckte.
Das Klassiker-Menu nahm dann so langsam Fahrt auf mit einer Variation eines meiner Lieblingsgerichte, nämlich den Hechtklösschen in Krustentiersauce, hier als Mousseline de Brochet, Homard et Petits Légumes, Jus de Carapaces à l’Absinthe. In der Mitte thronte ein Halbkreis Hechtmousseline, darüber diverse lauwarem Hummerteile. In dem orangefarbenen und recht sahnigen Krustentier- und Absinthjus schwammen einige Gemüse. Man mag mich für einen Banausen halten, aber gerade die Gemüse konnten mich bei diesem Gericht besonders überzeugen. Zwei kleine Schluppen, etwas rote Bete, Blumenkohl, Brokkoli, gelbe Rüben, Romanseco, jedes Gemüse schmeckte genauso, wie es für mich schmecken muss. Zwischendurch überkam mich das Verlangen, den Kellner zu fragen, ob ich als Extragang eine Portion Schluppen mit einer Trüffelvinaigrette bekommen könnte, aber ich konnte mich beherrschen. Der Rest des Tellers soll natürlich nicht unerwähnt bleiben. Die Mousseline war wunderbar zart und luftig, vielleicht etwas eilastig, der Hummer zart und wohlschmeckend, der Jus sehr sahnig, aber gut passend. Für mich war diese eine sehr gute, aber vielleicht nicht geniale Variation der Hechtklösschen, gleichwohl ein Gericht, das mir lange im Sinn bleiben wird.
Unvergesslich war dann Pomme de Ris de Veau à la Grenobloise, Champignons des Bois, ein riesiges Stück Kalbsbries, außen knusprig, innen butterzart, belegt mit dünnen Crouton-Scheiben, fein geschnittenen Kapernäpfeln, Zitronenstückchen und confierten Zesten, dazu etwas Kartoffelpü (oder sollte ich Butter mit Kartoffelinfusion sagen?), gemischte Waldpilze und ein Zitronenjus. Asche über mein Haupt. Ich kannte die Zubereitung à la Grenobloise noch gar nicht. Die Kombination der Kapern mit den Zitronen, den Croutons und dem Kalbsbries fand ich absolut genial. Der Teller geht in meine persönliche Hitliste mit ein. Frau rocco hatte derweil einen sehr schön angerichteten Teller Médaillon de Cabillaud à la Vapeur en Cressonnette, Coquillages au Beurre d’Herbes Gratiné, den ich aber wegen der großen Ablenkung nicht probiert habe.
Der Käsewagen ist standesgemäß. Insbesondere standen ein paar sehr stark laufende Weichkäse (Mont d'Or, Livarot) zur Auswahl und mussten natürlich probiert werden. Beim Dessert konnten wir beide aus der gesamten Karte wählen, Frau rocco blieb aber in der für ihr Menu vorgesehenen Auswahl mit dem Cube au Chocolat Jiavara et Coeur Passion, einem sehr schönen Dessert, changierend zwischen schokoladig und süß-sauer (die Passionsfrucht). Die Präsentation des Desserts war entzückend. Ich blieb äußerst klassisch mit einem Soufflé au Grand Marnier und brauchte sicherlich fünf Minuten, bis ich mich traute, reinzustechen. Dieser zarte Duft und diese Schönheit aus luftigem Soufflé, die waren fast zu schade, um sie zu vertilgen. Irgendwann wagte ich es dann doch und war begeistert. In einem Soufflé gibt es so viel zu entdecken, die puderzuckrigen, angerösteten Stellen oben, die nur angerösteten Stellen am Rand der Form, der Grand-Marnier-schwangere fast schon ins Flüssige gehende Kern, die fluffigen Stellen dazwischen. Das war einfach herrlich.
Mit der Weinberatung waren wir auch sehr zufrieden. Die Weinkarte ist recht umfangreich mit Schwerpunkten auf Rhône und Burgund, nicht ganz günstig, aber mit einigen schönen Flaschen im Angebot, wenn auch nur wenigen gereiften. Wir ließen uns eine Flasche 2008 Marsannay Blanc der Domaine Charlopin-Parizot empfehlen, der nicht nur ein hervorragender Chardonnay war, sondern auch durchgängig bestens zum Essen passte. Insgesamt war es ein großartiger Abend mit schöner Stimmung. Und nachdem ich ein paar Tische weiter die Poularde demi deuil gesehen habe, ist der Wunsch, ja geradezu das Verlangen vorhanden, bald schon wieder hinzufahren.
Ein bisschen hatte ich natürlich vor dem Besuch des La Mère Brazier über das Restaurant gelesen, deshalb war die Ehrfurcht und Vorfreude sehr groß, als wir uns dem Restaurant näherten. Die Räume sind fantastisch mit wunderschönen Jugendstilfenstern und -lampen, teils gekachelten Wänden und einer tollen Stimmung als Mischung von geschäftiger Bistro-Atmosphäre und Festlichkeit. Allein die Toiletten mit ihren Kacheln, Türen, Waschbecken, etc. sind einen Besuch wert. Würde bei La Mère Brazier mittelmäßig gekocht, ich hätte es wahrscheinlich trotzdem gut gefunden. Der Guide Michelin ist begeistert (**), der Gault Millau weniger (zwei Kochmützen, das ist - wenn überhaupt - unteres Einsterneniveau). Seit 2008 kocht hier Mathieu Viannay, der das Restaurant auch betreibt und einen freundlich begrüßt.
Frau rocco entschied sich recht flott für das mit 67 Euro für einen Zweisterner recht günstige Menu de Saison, ich musste länger grübeln. A la carte (und die berühmte Poularde de Bresse demi-deuil zu zweit teilen), das verführerisch klingende Degustations-Menu nehmen oder die Klassiker nach Original-Rezepten von Eugenie Brazier aus der Anfangszeit ihres Restaurants? Ich entschied mich am Ende für die Klassiker. Zur Begrüßung gab es erst einmal einen kleinen, frittierten Chorizo-Kubus mit einer Paprika-Crème, nicht weiter erwähnenswert. Danach gab es noch ein Amuse Gueule, das mir aber entfallen ist.
Die Klassiker starteten mit Artichaut et Foie Gras , ursprünglich konzpiert als eine Scheibe Foie Gras auf einem Artischockenboden mit Salat. Das Rezept war leicht verändert worden und sah jetzt ein paar Artischockenblätter als Boden einer Terrine vor, auf der getrüffelte Foie Gras geschichtet war. Dazu gab es eine kalte Artischocken-Velouté und ein paar prominente Tupfer sehr sauren Zitrusgels. Ich fand das Gericht sehr angenehm zu essen, da die Foie Gras die Bitternoten der Artischocken schön auffingen, die Artischocken hingegen der Foie Gras eine gemüsig-herzhafte Note gaben. Das Zitrusgel spielte aus meiner Sicht eine wichtige Rolle als Auffrischer zwischendurch. Ein sehr gutes Gericht, wenn auch kein unvergessliches. Frau rocco hatte derweil Pâté en Croûte de Volaille de Bresse et Foie Gras, Confiture de Cerises Noires, von der ich kurz kosten durfte und die mich sehr überzeugt hat, insbesondere da der Teig nicht pappig war, das Huhn sehr zart, die Paté wohl temperiert (nicht zu kalt) und die Foie Gras prominent genug schmeckte.
Das Klassiker-Menu nahm dann so langsam Fahrt auf mit einer Variation eines meiner Lieblingsgerichte, nämlich den Hechtklösschen in Krustentiersauce, hier als Mousseline de Brochet, Homard et Petits Légumes, Jus de Carapaces à l’Absinthe. In der Mitte thronte ein Halbkreis Hechtmousseline, darüber diverse lauwarem Hummerteile. In dem orangefarbenen und recht sahnigen Krustentier- und Absinthjus schwammen einige Gemüse. Man mag mich für einen Banausen halten, aber gerade die Gemüse konnten mich bei diesem Gericht besonders überzeugen. Zwei kleine Schluppen, etwas rote Bete, Blumenkohl, Brokkoli, gelbe Rüben, Romanseco, jedes Gemüse schmeckte genauso, wie es für mich schmecken muss. Zwischendurch überkam mich das Verlangen, den Kellner zu fragen, ob ich als Extragang eine Portion Schluppen mit einer Trüffelvinaigrette bekommen könnte, aber ich konnte mich beherrschen. Der Rest des Tellers soll natürlich nicht unerwähnt bleiben. Die Mousseline war wunderbar zart und luftig, vielleicht etwas eilastig, der Hummer zart und wohlschmeckend, der Jus sehr sahnig, aber gut passend. Für mich war diese eine sehr gute, aber vielleicht nicht geniale Variation der Hechtklösschen, gleichwohl ein Gericht, das mir lange im Sinn bleiben wird.
Unvergesslich war dann Pomme de Ris de Veau à la Grenobloise, Champignons des Bois, ein riesiges Stück Kalbsbries, außen knusprig, innen butterzart, belegt mit dünnen Crouton-Scheiben, fein geschnittenen Kapernäpfeln, Zitronenstückchen und confierten Zesten, dazu etwas Kartoffelpü (oder sollte ich Butter mit Kartoffelinfusion sagen?), gemischte Waldpilze und ein Zitronenjus. Asche über mein Haupt. Ich kannte die Zubereitung à la Grenobloise noch gar nicht. Die Kombination der Kapern mit den Zitronen, den Croutons und dem Kalbsbries fand ich absolut genial. Der Teller geht in meine persönliche Hitliste mit ein. Frau rocco hatte derweil einen sehr schön angerichteten Teller Médaillon de Cabillaud à la Vapeur en Cressonnette, Coquillages au Beurre d’Herbes Gratiné, den ich aber wegen der großen Ablenkung nicht probiert habe.
Der Käsewagen ist standesgemäß. Insbesondere standen ein paar sehr stark laufende Weichkäse (Mont d'Or, Livarot) zur Auswahl und mussten natürlich probiert werden. Beim Dessert konnten wir beide aus der gesamten Karte wählen, Frau rocco blieb aber in der für ihr Menu vorgesehenen Auswahl mit dem Cube au Chocolat Jiavara et Coeur Passion, einem sehr schönen Dessert, changierend zwischen schokoladig und süß-sauer (die Passionsfrucht). Die Präsentation des Desserts war entzückend. Ich blieb äußerst klassisch mit einem Soufflé au Grand Marnier und brauchte sicherlich fünf Minuten, bis ich mich traute, reinzustechen. Dieser zarte Duft und diese Schönheit aus luftigem Soufflé, die waren fast zu schade, um sie zu vertilgen. Irgendwann wagte ich es dann doch und war begeistert. In einem Soufflé gibt es so viel zu entdecken, die puderzuckrigen, angerösteten Stellen oben, die nur angerösteten Stellen am Rand der Form, der Grand-Marnier-schwangere fast schon ins Flüssige gehende Kern, die fluffigen Stellen dazwischen. Das war einfach herrlich.
Mit der Weinberatung waren wir auch sehr zufrieden. Die Weinkarte ist recht umfangreich mit Schwerpunkten auf Rhône und Burgund, nicht ganz günstig, aber mit einigen schönen Flaschen im Angebot, wenn auch nur wenigen gereiften. Wir ließen uns eine Flasche 2008 Marsannay Blanc der Domaine Charlopin-Parizot empfehlen, der nicht nur ein hervorragender Chardonnay war, sondern auch durchgängig bestens zum Essen passte. Insgesamt war es ein großartiger Abend mit schöner Stimmung. Und nachdem ich ein paar Tische weiter die Poularde demi deuil gesehen habe, ist der Wunsch, ja geradezu das Verlangen vorhanden, bald schon wieder hinzufahren.
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