So, endlich ist der erste Bericht unseres Paris-Trips fertig...
Ich stelle den Text fast komplett hier ein, Fotos zu den Gerichten gibt es wie immer unter sternefresser.de
Viele Vergnügen und beste Grüße
b.
Das Le Bristol liegt in der mondänen Rue du Faubourg-Saint-Honoré, unweit des Champs Elysées und des Louvre. Ähnlich wie im Baden-Badener-"Mutterschiff" (dem Brenners) pflegt man auch hier ein elegantes Understatement. Das Gebäude wirkt vergleichsweise unscheinbar, der Empfangsbereich überschaubar. Dennoch ist die Noblesse des Hauses, dessen Historie bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, sofort zu spüren. Mit Blick auf andere, weitaus protziger sich gebende Pariser Luxushotels und deren Klientel fällt uns der schöne Vergleich zwischen Rolls Royce und Bentley ein: den Einen fährt man um zu zeigen, dass man Geld hat, den Anderen fährt man, wenn man kein Geld mehr braucht.
Auch das Restaurant mit dem neuen Namen Epicure strahlt eine angenehm unaufgeregte Eleganz aus. Seit November 2011 präsentiert sich der Speisesaal in überarbeiteter Gestaltung: helle Töne, beige und weiß, dominieren die Farbskala, dezent akzentuiert durch grüne und rote Farbtupfer. Stilistisch greift der Raum den Louis-XVI-Stil des gesamten Hauses auf, der wiederum durch die Geschichte des Gebäudes geprägt ist. Eine Besonderheit stellt sicherlich der offene Kamin dar, der die intime Atmosphäre unterstreicht. Ein wenig fühlt man sich hier, als sei man bei einem sehr vermögenden, privaten Gastgeber zum Dinner eingeladen.
Eric Fréchon, Jahrgang 1963, führt nach Stationen unter anderem im 'Taillevent' und dem 'Les Ambassadeurs' seit 1999 die Küche des Restaurants. Nur zwei Jahre später erhielt er den 2. Stern, 2009 folgte der dritte "Maccaron". Damit ist das Epicure das aktuell "jüngste" der französischen 3-Sterne-Restaurants.
Fréchons Kreationen zeichnen sich durch eine bemerkenswert puristische Stilistik aus: Alles ist auf das Hauptprodukt abgestimmt, nie finden sich mehr als drei Komponenten auf dem Teller. Anders gesagt: Im Epicure wird klassische französische Hochküche zelebriert.
Unser Menü startet mit sehr filigran gearbeiteten, aromatisch kraftvollen Kleinigkeiten: Austerntatar in Gurkengelee, eine Royale von geräucherter Entenmastleber mit Sauerampferemulsion, ein fluffig-krosses Zucchini-Tempura sowie ein Crisp von Parmesan und Mornay.
Als Amuse kommt ein Schaum von Sellerie und Meerettich auf geliertem Pot-auf-Feu auf den Tisch, auch dies von bemerkenswerter Intensität, texturell aufgepeppt durch winzige krosse Elemente (Zwiebeln und Salzbutter-Croutons). Ein sehr schöner, leichter Start.
Die erste Vorspeise des Menüs besteht aus einer sahnigen Créme von Seeigel, die auf ganzen Seeigelzungen und einem herrlich fluffigen Rührei thront, welches eher an eine Mousse erinnert. Die Konsistenzen der Elemente sind ähnlich, aber dank einer exzellenten Feinjustierung doch unterschiedlich genug, um dem Ganzen ein komplexes Mundgefühl zu geben. Aromatisch rundet das Ei die Intensität des Seeigels ab. Am besten schmeckt es jedoch, wenn man dem Hinweis des Service folgt und den dazu gereichten, hauchdünnen und krossen Toast mit Algenbutter bestreicht und wie bei einem Frühstücksei die Seeigel-Ei-Mischung damit "löffelt".
Mit den Maccaroni, gefüllt mit Entenleber, Trüffel und Artischocke, gratiniert mit altem Parmesan, folgt ein Klassiker des Hauses: Ein hervorragendes Gericht, bei dem sich die Cremigkeit der Foie Gras mit der Erdigkeit des Trüffels, den knackigen Artischocken-Stückchen und dem bissfesten, leicht kross gratinierten Pastateig zu einem vollmundigen Wohlgeschmack verbindet. Die Zweierlei Saucen – Trüffel- und Hühnerjus – tragen zur enormen Süffigkeit dieser Speise bei. Überaus gelungen.
Ebenfalls sehr gut dann das Hühnerei mit Trüffel. Das schaumig gestockte Weiß, verborgen unter einer trüffeligen Hülle, bietet nur einen zarten Widerstand. Einmal gebrochen, gibt es das samtige Gelb frei, das die Trüffelaromen köstlich unterstützt. Wir kennen dieses Gericht in ähnlicher Form aus anderen Restaurants. Der bemerkenswerte Unterschied bei Fréchon: Ein Fundament aus Pilzen und einem knusprigem Sablé sorgt zusätzlich für Umami und Textur, der Zwiebel-Kräuterjus für einen sanft-würzigen Kontrast.
Während dieser beiden Gänge, die zwei von uns aus dem À-la-Carte-Angebot einschoben, kommt es zu einer Irritation in Sachen Service: vor den beiden anderen Gästen bleiben während der gesamten Zeit die "abgegessenen" Seeigel-Teller stehen und werden erst zusammen mit den Extragängen abgeräumt. Möglicherweise handelt es sich hier um eine französische Regel des Servierens bzw. Abräumens, wir finden dies in jedem Fall etwas befremdend.
Nach dem sehr gelungenen Vorspeisen-Triumvirat erweist sich das vierte Gericht des Abends als Ausreißer: Foie Gras "en papillote" mit geräuchertem Austerntatar, Rosenkohl und Entenjus mit Infusion von grünem Tee. Dieser Ausflug ins kulinarisch Modische (Räuchern und grüner Tee sind seit geraumer Zeit très chic) geht für unseren Geschmack voll daneben. Das Räucheraroma ist intensiv bis an die Schmerzgrenze, dominiert sämtliche Komponenten und lässt keinerlei Aromenspiel zu. Obwohl wir als echte Foie-Gras-Junkies bekannt sind, müssen wir bei diesem Gang nach wenigen Gabeln passen.
Ein Beruhigung für die Papillen danach der Fischgang: Seezunge, gefüllt mit Pfifferlings-Duxelles und einer Sauce Vin Jaune (ein dem Sherry ähnlicher Wein aus dem Jura). Das angenehm feste Fleisch der Seezunge und die üppige, ganz dezent säurehaltige Sauce sind ideal aufeinander abgestimmt. Allein die Pilze hätten wir lieber im Ganzen gehabt, da sie in gehackter Form ihre knackigeTextur verlieren. Dieses Gericht ist ganz klar auf pure Harmonie angelegt, aber für uns fehlte dann doch der gewisse "Pfiff".
Das fleischige Hauptgericht besteht aus Rehrücken mit Sauce Grand Veneur. Bei diesem Klassiker der französischen Festtagsküche trifft die Bezeichnung "reduced to the max" zu. Und hier macht auch die Konzentration auf das Hauptprodukt Sinn, denn der gebratene Rehrücken ist von einer Aromenstärke, wie wir sie bei Wild viel zu selten erleben. Die Beigaben, in Portwein konfierte Rote Bete und Selleriepüree, bilden einen schönen Zweiklang aus süßlich-erdigen Aromen. Der heimliche Superstar des Gerichts (wenn nicht des Abends!) ist gleichwohl die Sauce: selten haben wir eine solche Köstlichkeit erlebt. Intensive Aromen zwischen Wildessenz, Johannisbeere und Wacholder sowie eine wundervolle Viskosität lassen uns immer wieder zu den separat gereichten Mini-Saucieren greifen, auch nachdem die Teller längst leer gegessen sind. Göttlich fürwahr.
Zur Erfrischung danach ein hervorragendes "orientalisches" Sorbet auf Mangogelee.
Die erste Nachspeise vom Pariser "Pâtissier des Jahres 2011" Laurent Jeannin: Schneeball von Lychees: geeistes Meringue, parfümiert mit Birne und Zitrone, kandierte Rosenblätter. Eine ausgesprochen "feminin" wirkende Kreation, deren zarte, ätherische Anmutung man kaum zerstören mag. Die Gier siegt dann doch und so kommen wir in den Genuss eines sehr feinen, zwischen der Süße der Lychees, Zitrusnoten und der floralen Süße der Rosenblätter changierenden Desserts.
Das süße Finale bildet dann Nyangbo-Schokolade, Kakao flüssig und als Croustillante, in Gold verpacktes Schokoladensorbet. Für Schokoladenjunkies mag dieses Dessert ein Traum sein, für uns ist es leider beaucoup trop. So gut die verwendete Schokolade auch schmeckt, so sehr hätten wir uns ein komplementäres Element gewünscht, etwa in Form von Frucht oder auch nur einer dezenten Vanillesauce. So fiel uns diese Schokobombe etwas zu mächtig und, ja, auch etwas zu langweilig aus.
Ganz nach unserem Geschmack dann wieder die exzellenten Macarons und die fluffigen Mini-Madeleines zum Kaffee.
Der Abend im Epicure war insgesamt ein kulinarisch durchaus eindrucksvolles Erlebnis – und auch erhellend: nachdem man vor allem in Deutschland und Benelux oftmals mit heillos überladenen Tellern konfrontiert wird, führte man uns hier bei einigen Gängen vor, wie befriedigend es sein kann, lediglich drei Komponenten vor sich zu haben. Mit selbstbewusster Souveränität unterstützt Fréchon ein Stück Fisch oder Fleisch lediglich mit wenig Gemüse und einer exzellenten Sauce – keine zahllosen Variationen oder Texturen, sondern ein altmodischer Purismus, der in den besten Momenten fast schon wieder modern wirkt.
Weniger souverän leider der Service an diesem Abend. Neben dem weiter oben beschriebenen Teller-Mysterium wirkte die – durchweg sehr freundliche – Brigade im voll besetzten Lokal mitunter unkoordiniert und wuselig uniformiert. Dass wir von zwei verschiedenen Sommeliers in kurzer Folge nach unseren Wünschen gefragt wurden, war noch charmant und amüsant. Weniger hingegen, dass wir im Lauf des Abends mehrfach vor leeren Gläsern (Wasser inklusive) saßen.
Auch dass scheinbar grundsätzlich keine Weinbegleitung angeboten wird und dem Wunsch nach einem offenen Süßwein (!) zum Dessert kurzfristig nicht entsprochen werden konnte, passt nicht zu einem Haus dieser Güteklasse. Dem Hinweis, dass ein Mitglied unserer Tischgesellschaft gerne ausschließlich Weißwein trinken möchte, wurde Rechnung getragen, indem er zum Fleisch überhaupt keinen Wein angeboten bekam.
Nichtsdestotrotz möchten wir nicht unerwähnt lassen, dass die von Sommelier Marco Pelletier ausgesuchten Flaschen durchweg grandioser Stoff waren.
Fazit: Eric Fréchon kocht mit einer konsequenten Reduzierung auf das Wesentliche – das führt mal zu hochkonzentrierten Geschmackserlebnissen, mal aber auch zu einer gewissen Monotonie. Verbesserungsfähig: der Service.
Ich stelle den Text fast komplett hier ein, Fotos zu den Gerichten gibt es wie immer unter sternefresser.de
Viele Vergnügen und beste Grüße
b.
Das Le Bristol liegt in der mondänen Rue du Faubourg-Saint-Honoré, unweit des Champs Elysées und des Louvre. Ähnlich wie im Baden-Badener-"Mutterschiff" (dem Brenners) pflegt man auch hier ein elegantes Understatement. Das Gebäude wirkt vergleichsweise unscheinbar, der Empfangsbereich überschaubar. Dennoch ist die Noblesse des Hauses, dessen Historie bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, sofort zu spüren. Mit Blick auf andere, weitaus protziger sich gebende Pariser Luxushotels und deren Klientel fällt uns der schöne Vergleich zwischen Rolls Royce und Bentley ein: den Einen fährt man um zu zeigen, dass man Geld hat, den Anderen fährt man, wenn man kein Geld mehr braucht.
Auch das Restaurant mit dem neuen Namen Epicure strahlt eine angenehm unaufgeregte Eleganz aus. Seit November 2011 präsentiert sich der Speisesaal in überarbeiteter Gestaltung: helle Töne, beige und weiß, dominieren die Farbskala, dezent akzentuiert durch grüne und rote Farbtupfer. Stilistisch greift der Raum den Louis-XVI-Stil des gesamten Hauses auf, der wiederum durch die Geschichte des Gebäudes geprägt ist. Eine Besonderheit stellt sicherlich der offene Kamin dar, der die intime Atmosphäre unterstreicht. Ein wenig fühlt man sich hier, als sei man bei einem sehr vermögenden, privaten Gastgeber zum Dinner eingeladen.
Eric Fréchon, Jahrgang 1963, führt nach Stationen unter anderem im 'Taillevent' und dem 'Les Ambassadeurs' seit 1999 die Küche des Restaurants. Nur zwei Jahre später erhielt er den 2. Stern, 2009 folgte der dritte "Maccaron". Damit ist das Epicure das aktuell "jüngste" der französischen 3-Sterne-Restaurants.
Fréchons Kreationen zeichnen sich durch eine bemerkenswert puristische Stilistik aus: Alles ist auf das Hauptprodukt abgestimmt, nie finden sich mehr als drei Komponenten auf dem Teller. Anders gesagt: Im Epicure wird klassische französische Hochküche zelebriert.
Unser Menü startet mit sehr filigran gearbeiteten, aromatisch kraftvollen Kleinigkeiten: Austerntatar in Gurkengelee, eine Royale von geräucherter Entenmastleber mit Sauerampferemulsion, ein fluffig-krosses Zucchini-Tempura sowie ein Crisp von Parmesan und Mornay.
Als Amuse kommt ein Schaum von Sellerie und Meerettich auf geliertem Pot-auf-Feu auf den Tisch, auch dies von bemerkenswerter Intensität, texturell aufgepeppt durch winzige krosse Elemente (Zwiebeln und Salzbutter-Croutons). Ein sehr schöner, leichter Start.
Die erste Vorspeise des Menüs besteht aus einer sahnigen Créme von Seeigel, die auf ganzen Seeigelzungen und einem herrlich fluffigen Rührei thront, welches eher an eine Mousse erinnert. Die Konsistenzen der Elemente sind ähnlich, aber dank einer exzellenten Feinjustierung doch unterschiedlich genug, um dem Ganzen ein komplexes Mundgefühl zu geben. Aromatisch rundet das Ei die Intensität des Seeigels ab. Am besten schmeckt es jedoch, wenn man dem Hinweis des Service folgt und den dazu gereichten, hauchdünnen und krossen Toast mit Algenbutter bestreicht und wie bei einem Frühstücksei die Seeigel-Ei-Mischung damit "löffelt".
Mit den Maccaroni, gefüllt mit Entenleber, Trüffel und Artischocke, gratiniert mit altem Parmesan, folgt ein Klassiker des Hauses: Ein hervorragendes Gericht, bei dem sich die Cremigkeit der Foie Gras mit der Erdigkeit des Trüffels, den knackigen Artischocken-Stückchen und dem bissfesten, leicht kross gratinierten Pastateig zu einem vollmundigen Wohlgeschmack verbindet. Die Zweierlei Saucen – Trüffel- und Hühnerjus – tragen zur enormen Süffigkeit dieser Speise bei. Überaus gelungen.
Ebenfalls sehr gut dann das Hühnerei mit Trüffel. Das schaumig gestockte Weiß, verborgen unter einer trüffeligen Hülle, bietet nur einen zarten Widerstand. Einmal gebrochen, gibt es das samtige Gelb frei, das die Trüffelaromen köstlich unterstützt. Wir kennen dieses Gericht in ähnlicher Form aus anderen Restaurants. Der bemerkenswerte Unterschied bei Fréchon: Ein Fundament aus Pilzen und einem knusprigem Sablé sorgt zusätzlich für Umami und Textur, der Zwiebel-Kräuterjus für einen sanft-würzigen Kontrast.
Während dieser beiden Gänge, die zwei von uns aus dem À-la-Carte-Angebot einschoben, kommt es zu einer Irritation in Sachen Service: vor den beiden anderen Gästen bleiben während der gesamten Zeit die "abgegessenen" Seeigel-Teller stehen und werden erst zusammen mit den Extragängen abgeräumt. Möglicherweise handelt es sich hier um eine französische Regel des Servierens bzw. Abräumens, wir finden dies in jedem Fall etwas befremdend.
Nach dem sehr gelungenen Vorspeisen-Triumvirat erweist sich das vierte Gericht des Abends als Ausreißer: Foie Gras "en papillote" mit geräuchertem Austerntatar, Rosenkohl und Entenjus mit Infusion von grünem Tee. Dieser Ausflug ins kulinarisch Modische (Räuchern und grüner Tee sind seit geraumer Zeit très chic) geht für unseren Geschmack voll daneben. Das Räucheraroma ist intensiv bis an die Schmerzgrenze, dominiert sämtliche Komponenten und lässt keinerlei Aromenspiel zu. Obwohl wir als echte Foie-Gras-Junkies bekannt sind, müssen wir bei diesem Gang nach wenigen Gabeln passen.
Ein Beruhigung für die Papillen danach der Fischgang: Seezunge, gefüllt mit Pfifferlings-Duxelles und einer Sauce Vin Jaune (ein dem Sherry ähnlicher Wein aus dem Jura). Das angenehm feste Fleisch der Seezunge und die üppige, ganz dezent säurehaltige Sauce sind ideal aufeinander abgestimmt. Allein die Pilze hätten wir lieber im Ganzen gehabt, da sie in gehackter Form ihre knackigeTextur verlieren. Dieses Gericht ist ganz klar auf pure Harmonie angelegt, aber für uns fehlte dann doch der gewisse "Pfiff".
Das fleischige Hauptgericht besteht aus Rehrücken mit Sauce Grand Veneur. Bei diesem Klassiker der französischen Festtagsküche trifft die Bezeichnung "reduced to the max" zu. Und hier macht auch die Konzentration auf das Hauptprodukt Sinn, denn der gebratene Rehrücken ist von einer Aromenstärke, wie wir sie bei Wild viel zu selten erleben. Die Beigaben, in Portwein konfierte Rote Bete und Selleriepüree, bilden einen schönen Zweiklang aus süßlich-erdigen Aromen. Der heimliche Superstar des Gerichts (wenn nicht des Abends!) ist gleichwohl die Sauce: selten haben wir eine solche Köstlichkeit erlebt. Intensive Aromen zwischen Wildessenz, Johannisbeere und Wacholder sowie eine wundervolle Viskosität lassen uns immer wieder zu den separat gereichten Mini-Saucieren greifen, auch nachdem die Teller längst leer gegessen sind. Göttlich fürwahr.
Zur Erfrischung danach ein hervorragendes "orientalisches" Sorbet auf Mangogelee.
Die erste Nachspeise vom Pariser "Pâtissier des Jahres 2011" Laurent Jeannin: Schneeball von Lychees: geeistes Meringue, parfümiert mit Birne und Zitrone, kandierte Rosenblätter. Eine ausgesprochen "feminin" wirkende Kreation, deren zarte, ätherische Anmutung man kaum zerstören mag. Die Gier siegt dann doch und so kommen wir in den Genuss eines sehr feinen, zwischen der Süße der Lychees, Zitrusnoten und der floralen Süße der Rosenblätter changierenden Desserts.
Das süße Finale bildet dann Nyangbo-Schokolade, Kakao flüssig und als Croustillante, in Gold verpacktes Schokoladensorbet. Für Schokoladenjunkies mag dieses Dessert ein Traum sein, für uns ist es leider beaucoup trop. So gut die verwendete Schokolade auch schmeckt, so sehr hätten wir uns ein komplementäres Element gewünscht, etwa in Form von Frucht oder auch nur einer dezenten Vanillesauce. So fiel uns diese Schokobombe etwas zu mächtig und, ja, auch etwas zu langweilig aus.
Ganz nach unserem Geschmack dann wieder die exzellenten Macarons und die fluffigen Mini-Madeleines zum Kaffee.
Der Abend im Epicure war insgesamt ein kulinarisch durchaus eindrucksvolles Erlebnis – und auch erhellend: nachdem man vor allem in Deutschland und Benelux oftmals mit heillos überladenen Tellern konfrontiert wird, führte man uns hier bei einigen Gängen vor, wie befriedigend es sein kann, lediglich drei Komponenten vor sich zu haben. Mit selbstbewusster Souveränität unterstützt Fréchon ein Stück Fisch oder Fleisch lediglich mit wenig Gemüse und einer exzellenten Sauce – keine zahllosen Variationen oder Texturen, sondern ein altmodischer Purismus, der in den besten Momenten fast schon wieder modern wirkt.
Weniger souverän leider der Service an diesem Abend. Neben dem weiter oben beschriebenen Teller-Mysterium wirkte die – durchweg sehr freundliche – Brigade im voll besetzten Lokal mitunter unkoordiniert und wuselig uniformiert. Dass wir von zwei verschiedenen Sommeliers in kurzer Folge nach unseren Wünschen gefragt wurden, war noch charmant und amüsant. Weniger hingegen, dass wir im Lauf des Abends mehrfach vor leeren Gläsern (Wasser inklusive) saßen.
Auch dass scheinbar grundsätzlich keine Weinbegleitung angeboten wird und dem Wunsch nach einem offenen Süßwein (!) zum Dessert kurzfristig nicht entsprochen werden konnte, passt nicht zu einem Haus dieser Güteklasse. Dem Hinweis, dass ein Mitglied unserer Tischgesellschaft gerne ausschließlich Weißwein trinken möchte, wurde Rechnung getragen, indem er zum Fleisch überhaupt keinen Wein angeboten bekam.
Nichtsdestotrotz möchten wir nicht unerwähnt lassen, dass die von Sommelier Marco Pelletier ausgesuchten Flaschen durchweg grandioser Stoff waren.
Fazit: Eric Fréchon kocht mit einer konsequenten Reduzierung auf das Wesentliche – das führt mal zu hochkonzentrierten Geschmackserlebnissen, mal aber auch zu einer gewissen Monotonie. Verbesserungsfähig: der Service.
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