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Epicure*** im Hotel Le Bristol

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  • #16
    Danke für die schönen Bericht. Das macht wirklich Lust auf eine baldige erneute Paris-Reise.

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    • #17
      Werter thomashaj, Sie haben mich überzeugt. Ich habe mich jetzt in der Vorweihnachtszeit wieder in das Epicure einreserviert und hoffe jetzt, dass meiner Begleitung und mir auf der Schlussgeraden keine Krankheiten mehr den Weg durchkreuzen. Bemerkenswert fand ich die Freude der Hoteldame am Telefon, als Sie mich im System als "wiederkehrenden Gast" entdeckt hatte. Diesen persönlichen und herzlichen aber nicht aufgesetzten Ton in der Pariser Spitzengastronomie und -Hotellerie finde ich immer wieder wohltuend. Ich kehre für das Lunch wieder, das ist hier schon so gut, dass ich die Angst hätte beim großen 8-Gang-Signature-Menü an Reizüberflutung unterzugehen.

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      • #18
        Lieber Frab! Viel Spaß im Epicure! Vielleicht habe ich beim nächsten Besuch auch das Vergnügen, am Telefon freudig als "wiederkehrender Gast" begrüßt zu werden. Meine Reservierungsbestätigung verlief eher nüchtern, um es höflich auszudrücken. Aber vielleicht war das ja auch der Tatsache geschuldet, dass ich Neu-Gast war. Alles danach war aber tatsächlich sehr herzlich. Ich hätte zwar auch für den Lunch keine Angst vorm 8 Gang-Menü, verstehe aber, dass man es anders handhaben kann...:-)

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        • #19
          Hier ist er nun, mein Bericht aus meinem Besuch im Epicure. Schöne Photos gibt es noch dazu, wenn ich diese wieder hochladen darf. Aktuell darf ich es noch nicht. Aber der Bericht ist zu lang geworden, als dass ich diesen Ihnen vorenthalten möchte :-)

          Abermals hatte ich zu einem ausgedehnten Mittagessen im, aus meiner Sicht bis hierhin besten Restaurant der Welt, reserviert und vorher am Telefon etwaige Anlässe kundgetan. Später dazu mehr. Ich habe bei den Sternefressern einmal den Spruch gelesen, dass ein Zweitbesuch in einem Spitzenrestaurant sich so gut wie nie mit dem Erstbesuch messen kann und war daher besonders gespannt auf diesen Besuch. Schon Wochen vorher habe ich mich an den Menükarten online kaum sattsehen können. Etwas enttäuschend (und dieses Thema wird später generell auch mein größter Kritikpunkt werden): Eine Weinkarte wird vorher, trotz Nachfrage, nicht zugeschickt. Meinen Besuch vor 2 Jahren hatte ich aufgrund einer langweiligen Thalys-Zugfahrt und der parallelen Lektüre begeisterter Berichte über das Epicure spontan gebucht und war von dieser Küche und dem Gesamterlebnis an sich dann ebenfalls begeistert. Für mich war dies bis dato der beste Restaurantbesuch meiner jungen „Gourmet-Karriere“.

          Ein Thema macht mir in Paris dann selbst allerdings bereits den Tag vorher große Sorgen und zwar hatte ich mir dank einer etwas zu niedrigen Klimaanlage im Hotel eine leichte Erkältung eingefangen, die mit jeder Stunde mehr und mehr meine Nase blockierte. Damit zu schmecken ist stellenweise nur noch möglich, wenn ich durch die Nase ausatme Anstregend! Gallonenweiser Wasserkonsum und mein Versuch vorher 20 Minuten lang an einer frisch aufgeschnittenen Zwiebel zu riechen und mir derer Öle in meinen Atemwegen zu Nutzen zu machen, schaffen etwas Abhilfe aber mein Geschmack bleibt auf 80% begrenzt. Aber gut, was tun? Absagen? Auf ein anderes Mal in Paris, d.h. 2018, verschieben? Oder probieren und hoffen, dass die Nase einigermaßen frei bleibt? Ich entscheide mich für letzteres.

          Nundenn, mit großzügiger Verspätung von 25 Minuten treffen wir mittags ein (Grüße an den Pariser Verkehr!) und werden direkt an den Platz geführt. Das Restaurant ist proppenvoll und sehr wuselig, fast schon gehetzt. Das Epicure hat ein altes, traditionelles, französisch geprägtes Serviceverständnis – sich selber hinzusetzen ohne dass einem jemand den Stuhl hinschiebt ist hier undenkbar. Direkt die Frage ob wir glasweise einen Aperitif haben möchten. Da wir dazu tendieren eine Champagner-Flasche durch den Besuch durch zu trinken möchte ich dann lieber die Karte sehen. Diese ist ein ledergebundenes Schatzbuch über 70 Seiten aber leider mit befremdlichen Preisen – der günstigste Champagner geht bei ca. €150 los (Pol Roger, Deutz, Bollinger, usw.) und das sind dann die Einstiegsversionen für Champagner die stellenweise für €25-35 im Einkauf zu bekommen sind. Zum Vergleich: Im Chef’s Table at Brooklyn Fare gab es damals für $170 „bereits“ den hervorragenden André Clouet 1911. Spaß macht das so nicht so richtig, ich hätte mir gerne etwas „besonderes“ herausgesucht aber dann fangen wir bei €300 an und das will dann wohl überlegt sein – der Sommelier bietet mir seine Hilfe bei der Auswahl aber bevor es so weit kommt werden uns die erste Amuse-Trilogie vorgesetzt und der Maître d’hôtel schiebt mir obendrauf freundlich aber bestimmt die Menükarten und die Mittagsmenükarte noch in das Weinbuch hinein. Herrje, das wird mir nun alles viel zu viel. Ich lege erst einmal alles beiseite und beschließe für mich die Amuses-Trilogie ohne Aperitif zu genießen und dem Sommelier die Auswahl in die Hand zu legen, entscheide mich danach aber dann doch für den Deutz Brut Classic (ohne Jahrgang) für €150. Da ich letztes Mal immer glasweise getrunken hatte was der Sommelier empfahl war mir dieses Thema nicht so aufgefallen (außer den merkwürdigen Hinweis „wir machen keine Weinbegleitungen aber empfehlen gerne zu jedem Gang ein Glas des passenden Weines“). Insgesamt empfand ich dies als sehr bevormundend und für den minimal fortgeschrittenen Einsteiger wie mich stark überfordernd. Vorbereiten kann man sich ja nicht so richtig, da das Restaurant die Weinkarte nicht veröffentlicht und das schmälert für mich zumindest ein bisschen mein Erlebnis, da ich schlicht etwas Vorbereitung brauche um mich auf hochpreisige Tropfen einzulassen. Meine Begleitung merkt beim Maître taktvoll an, dass es heute alles sehr gestresst wirkt und wir beobachten wie dieser hiernach seine Mannschaft nach und nach zu sich beruft und ein paar Punkte mitgibt.

          Der erste Gruß wird im Epicure traditionell in einer Trilogie serviert – von rechts nach links eine Mousse aus Ziegenkäse und Kirsche (toll, ***) in einer nicht essbaren Walnuss (der Hinweis aus dem Service fällt sehr explizit aus, es muss also definitiv jemand schon mit probiert haben), in der Mitte ein Foie Gras-Lolli mit roter Beete überzogen (erinnert an deutsche Gehversuche im 1-2-Sterner – zwar gut gemacht aber haut mich nicht um, **) und eine doppelte Creme aus Paprika und einem Gemüse – ich meine Topinambur (**). Parallel dazu wird der auch fast schon berühmte Gugelhupf serviert – genauer gesagt zwei für uns beide am Tisch damit wir nicht in Verlegenheit kommen teilen zu müssen – der mit Olive, Butter und Tomate sehr schön knusprig, leicht aber dennoch positiv fettig daherkommt (**). Beim Brot kann man hier aus einem großen Korb auswählen – ich wähle, wieder, das Baguette mit Speck und meine Begleitung ein Baguette mit Seetang. Beides ist auf seine Weise außergewöhnlich und schmeckt so wie man sich die Brotauswahl immer gewünscht hat.

          Nun ist es Zeit für die Bestellung. Ins Auge gefasst haben wir beide das Mittagsmenü (€145 p.P.) aber mich machen die Vorspeisen hier nicht so an und auch beim Dessert hätte ich lieber eine Schokoladenalternative gesucht. Kein Problem für unseren Maître Olivier Legros, der mit einem Zwinkern „alles möglich“ macht. So erhalte ich die berühmten „Stuffed Macaroni“ als Vorspeise, gefolgt von wilder Ente. Für das Dessert legt uns Herr Legros nur die Alternativen aus dem großen Signature Menü ans Herz (merkwürdig: die Desserts erhält man als separate Karte nur, wenn man à la Carte bestellt) ist aber dann erstaunt, dass ich statt „Caribbean Chocolate“ jetzt doch nach „diesem Thymian-Honig-Dessert“ nachfrage. Aber auch das notiert er sich erfreut auf seinem Block. „Werde ich möglich machen“. Champagner ist jetzt auch bestellt.

          Nochmal etwas blöd (ich bin heute kein einfacher Gast): Um meine Atemwege frei zu halten verschlinge ich nahezu jedes Wasserglas, dass der Service mir einschenkt. Leider steht die Wasserflasche woanders, selbst einschenken geht also nicht. Also schiebe ich das Glas so weit wie möglich an den Tischrand um auf mich aufmerksam zu machen aber anstatt mein Wasserglas wieder vollzumachen schiebt der Service es zurück in den Tisch rein. Diese (gar nicht mal so plumpe) Anspielung ist wohl nicht angekommen. Nächstes Mal sollte ich einfach direkt danach fragen die Wasserflasche auf den Tisch selbst zu stellen.

          Als zweites Mousse wird im Epicure traditionell eine Mousse serviert – hier meine ich aus Topinambur oder Sellerie der auf einem geschmacklich sehr tiefen Gelee thront. Ich müsste mir wirklich mal Notizen beim Essen zu den Amuses machen aber das hier schmeckt toll, vielschichtig (Crunch durch obenauf liegende kleine Speckwürfel) und genauso wie man sich so einen Start in den Mittag wünscht (***).

          Nach angenehmer Wartezeit werden mir (als kleine Portion) die „Stuffed Macaroni with black truffle, artichoke and duck foie gras, gratinated with mature Parmesan cheese“ serviert. Vermutlich das berühmteste Gericht des Koches Eric Frechon. Dieses Gericht ist sensationell: Die Macaroni sind tatsächlich bissfest gekochte Nudeln (hier war ich etwas verblüfft, ich hatte es mir irgendwie verkrustet vorgestellt), gefüllt mit einer erdigen Creme. Rings herum befindet sich eine getrüffelte Sauce (dunkler) und eine Sauce Supreme (heller). Obenauf der gratinierte Käse, der erst ganz frisch geschmolzen zu sein scheint. Wow! Selbst den letzten Tropfen wische ich mit meinem Speckbrot noch auf (***).

          Aus dem Lunchmenü wählt meine Freundin „OYSTERS FROM MARENNES with seaweed tartare and capers, steamed with sea water, broth of “pot-au-feu” with bone marrow” – welches beeindruckend in einer Dampfglocke daherkommt. Hierin schwimmt in einer Suppe ein Mix aus Austern und Sellerie (unschwer zu erkennen). Das schmeckt ohne Frage alles süffig und tief, ist aber irgendwo auch monoton (**). Und obendrein meiner Freundin zu salzig, sodass sie die Brühe selbst stehen lässt. Der Service kommt kurz darauf und reißt ihr den Teller mit einem „Everything was good!“ mehr oder weniger weg. Sie ärgert sich und merkt es beim Maître später an, der Verständnis zeigt. Hiernach geht es aber nur noch bergauf.

          Mit “WILD DUCK roasted with smoked pepper, lacquered with ginger honey, confit duck leg and aniseed poached pear” nehmen wir beide den Hauptgang aus dem Lunchmenü. Und klassische Ente kann das Epicure hervorragend, das wissen wir aus unserem Erstbesuch. Hier kommt ein hervorragendes Filetstück („der Koch empfiehlt blutig“) und ein Keulenstück, welches sich einfach mit den Zähnen vom Knochen abziehen lässt. Obenauf geröstete Schalotten. Daneben pochierte Birne, die genau die süße Cremigkeit beisteuert die man für die Abwechslung sucht. Was für ein Genuss! Und dann erst die Sauce! Eine Mischung aus Bratensauce, Honig, Ingwer legt sich hierüber – geschmacklich vielschichtig und tief, dass mir fast schwarz vor Augen wird. Einzelne Tropfen austretenden Bluts aus dem Filetstück vermengen sich mit der Sauce und steuern noch einen leichten Eisengeschmack hinzu. Diesen Saucier leeren wir natürlich wieder bis auf den letzten Tropfen aus und streiten uns sogar noch darüber wer diesen Tropfen haben darf. Hier ist jede einzelne Komponente genau richtig und perfekt dosiert und brennt sich tief in meine Referenz für Wildgerichte ein (***) – Wildente zähle ich jetzt einmal großzügig dazu. Belustigend ist hierzu unser Maître, der gedankenverloren und bedächtig an unserem Tisch eine Rose zerpflückt und bereitlegt (im Hintergrund zu sehen).

          Im Gegensatz zum letzten Mal bin ich dieses Mal angenehm gesättigt aber da ist noch Platz. Der Christofle-Käsewagen rollt an und der Service schneidet uns ein paar Stücke ab. Meine Freundin ist Käseliebhaberin und kann sich nicht entscheiden, sodass der Service ihr diese Aufgabe mit einer üppigen Auswahl abnimmt. Nicht minder als perfekt. Ich habe eine Abneigung gegen Käse, die ich allerdings in den Pariser Top-Adressen gerne hin und wieder vergesse.

          Das Pre-Dessert ist ein Kokosnuss-Sorbet auf Ananasstücken und einem Pina Colada-Sorbet. Diesen Drink habe ich nie gemocht aber bei diesem Pre-Dessert stelle ich mir die Frage ob ich nicht doch einen Flug in die Karibik buchen müsste. Und dieses Sorbet! Diesen Teller putze ich wieder bis auf den Grund durch und wische im unbeobachteten Moment verbotenerweise sogar noch einmal mit dem Finger durch. Kühl und cremig, süß und leicht sauer aber gleichzeitig nicht überbordend süß. Himmlisch! (***)

          Das Dessert ist bei mir dann eine der letzten berühmten Kreationen des leider viel zu früh verstorbenen Patissiers (durch ihn habe ich u.a. meine Liebe zur Bitterschokolade entdeckt), nämlich “THYME-LEMON” HONEY iced, crispy, and runny honeycomb, refreshed pears with lime“. Wie Sie sehen können waren wir zu einem Anlass da und das Restaurant lässt es sich nicht nehmen dies angemessen aber zurückhaltend zu zelebrieren. Auch über dieses Dessert ist schon viel geschrieben worden, sodass ich nur meine Eindrücke wiedergeben will: Obenauf gießt der Service eine klebrig-goldene Zitronen-Honig-Sauce. Jedes dieser „Waben“-Gitter lässt sich im Mund zu klebrigem Honig zerdrücken und dieses Dessert vereint vieles – Kälte, Süße, ganz behutsame Gewürzakzente vom Thymian (in ambitionierteren Restaurants wird man von solchen "Akzenten" ja gerne mal umgehauen) und Knusprigkeit durch enthaltenes Shortbread. Besser kann Patisserie für mich nicht mehr sein, nur noch anders (***). Dazu wird parallel noch ein Löffel mit einer Orange-Campari-Sphäre serviert, die wie ein wahr gewordener Traum aus flüssiger Orange schmeckt. Meine Freundin ist von ihrem Dessert, "Bergamot", ebenfalls begeistert.

          Zu unserer Überraschung tischt uns der Service gleichzeitig aber noch ein drittes Dessert auf und zwar „PERU CHOCOLATE in a cocoa pod, iced, foamy and crunchy, chocolate sorbet infused with lemongrass“. Ich hatte ja zu Beginn meine Vorliebe für Schokolade angesprochen, erzählt mir Herr Legros. Dieser „Pod“ besteht aus zwei Schalen feinster Bitterschokolade von denen eine mit einem Creme aus kühlem Sorbet gefüllt ist die an die besten Mousses au Chocolat meines Lebens erinnert (*** wenn man etwas liegenlässt). Nun geht aber wirklich nichts mehr, die zwei Hüllen Bitterschokolade (ich lasse keinen Krümel liegen) sind sehr mächtig. So glücklich ich über diese Zugabe bin: Die Schokoladendesserts im Epicure scheinen wirklich nur etwas für die ganz großen Fans zu sein, die auch gerne mal ein halbes Kilo davon verdrücken könnten. Hervorragend hierzu ein Glas Tokaji Aszú 3 Puttonyos, Disznokö, aus 2008. Gold im Glas und Honig auf der Zunge. Sagenhaft.

          Der Petit Fours-Wagen bringt uns endgültig weit über unsere Kapazitätsgrenzen – wir lassen uns Macarons für den nächsten Tag zum Mitnehmen einpacken. Es sind ohne Zweifel die besten Macarons die ich probieren durfte. Dazu abschließend ein Café aus der eigenen Café-Karte sowie noch, frisch vom Backblech, 1-2 Madeleines.

          Zum Abschied – wir kamen übrigens um ca. 12h50 und gingen um 16h30 (und da waren noch mehrere Tische besetzt und gerade beim Dessert angelangt) grüßt uns vor der Tür noch die Hauskatze des Hotels.

          Fazit: Auch dieser Besuch im Epicure war wieder positiv aufwühlend. Spannend war auch für mich meine eigene Entwicklung zu beobachten – Spitzenrestaurants zu frequentieren, das habe ich erst nach meinem ersten Epicure-Besuch vor 2 Jahren so richtig angefangen und dann auch irgendwann das Forum hier gefunden. Ich bin selber routinierter geworden und könnte mir auf dieser Basis jetzt auch das große Signature-Menü zutrauen bzw. könnte mich daran wirklich erfreuen. Noch klarer sind mir die Unterschiede zu einem sehr „glatten“ Restaurant wie dem Chef’s Table at Brooklyn Fare klar geworden was auf das Drumherum verzichtet – im Epicure wird Frankreich mit allem drum und dran zelebriert: Brotkorb, Amuses, Pre-Dessert, Macarons. An diesem Drumherum muss man sich erfreuen können, um es hier völlig zu genießen. Aber auch mit dem Essen alleine schafft man das, daran habe ich keine Zweifel.

          Für uns war dieser Besuch unter dem Strich sogar besser als der erste Besuch. Schlicht mit mehr Höhen und Tiefen verbunden. Den einzigen wirklichen Kritikpunkt den ich anmerken kann ist die unflexible Weinphilosophie in diesem Haus. Alles andere war verzeihlich. Der Besuch schlägt mit €528 vor Trinkgeld zu Buche – es wurden hierbei lediglich die beiden Lunchmenüs abgerechnet sowie Champagner und 2 Gläser Tokaji sowie 3 Flaschen Wasser. Eine weitere Flasche Wasser sowie unsere Cafés sowie das Extra-Dessert wurden nicht aufgeführt – in Summe immerhin €75. Ob vergessen oder bewusst als Kompensation auf die 2 Kommentare meiner Freundin hin nicht aufgeführt, kann ich nicht sagen. Aber ich würde sagen, dass dies für das gezeigte 3-Sterne-Niveau und für Paris ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gewesen ist.

          Und mit meinem Schnupfen: Ich habe nicht jede Feinheit bis zum Ende hin erschmecken können – mein Kompromiss mit mir selbst: Ich muss noch einmal in 2018 wiederkehren …

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          • #20
            Epicure und Jin, das wäre auch meine Kombination gewesen. DIe Serviceschwächen im Epicure hätte ich so nicht erwartet, aber die Küchenleistung stimmt und das ist das zentrale. Danke für den Bericht!
            M

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            • #21
              Das wirklich ein wunderbarer Bericht - das hat richtig Spaß gemacht zu lesen. Kleiner Tipp am Rande: ich reise nie ohne Nasendusche...

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              • #22
                Zu meinem Geburtstag im September letzten Jahres musste wieder ein Besuch im Restaurant Epicure her wo ich schon zwei Mal gewesen bin und jedes Mal sehr beeindruckt rausgelaufen bin. Mir gefällt die Idee eines à la Carte-Essens mit klassischer französischer Küche und es gibt wenige Orte auf der Welt wo ich das bis heute besser kennengelernt habe als hier. Noch dazu habe ich an einem Dienstagabend Geburtstag und bin für die Arbeit die Vorwoche in Paris! Meinen Paris-Aufenthalt verlängere ich kurzum und freue mich schon.

                Es ist hier alles sehr festlich und das Haus ist an diesem Dienstagabend bis auf den letzten Tisch ausgebucht. Unter der Woche scheint das aber auch für Pariser 3-Sterne-Restaurants nur zu funktionieren wenn man eine internationale Klientel hat – von uns abgesehen sind von den grob 12 Tischen in etwa 10 Tische mit asiatischen Gästen besetzt (die starr ihre Hände und Blicke auf ihr Handy richten und die ankommenden Gänge nur mit einem abwesenden Kopfnicken annehmen), ein Tisch mit US-Amerikanern (alle kulinarischen Klischees werden erfüllt: Es wird lauter und ausgiebiger Smalltalk mit dem Service geführt „great to see you – how you doin“ und nach 90 Minuten sind die Gäste schon wieder weg) und vielleicht ein Tisch mit Französischsprachigen. Dazu sind auch 2-3 Nachbartische in den Flitterwochen oder im Hochzeitstag – aber nun gut, ich bin ja auch zum Geburtstag hier. Fast alle Tische außer uns, die Franzosen und die US-Amerikaner nehmen das Tasting Menu für €420 pro Person, welches aus 7 Signature-Gerichten vom Koch des Hauses Eric Frechon plus Käse bestehen. Irgendwie war es bizarr, wie um einen herum alle Tische kleine Versionen der bekannten Gerichte des Hauses erhalten – „bloß nichts verpassen und für Instagram“ festhalten.



                Wie dem auch sei, man sitzt bequem, ein Glas Champagner zum Aperitif wird auch direkt abgefragt. In Paris beobachte ich diese Woche in mehreren Restaurants, dass einem die Wahl gestellt wird zwischen dem Basis-Champagner oder „etwas besserem“ – in diesem Fall ein Philipponat Clos des Goisses Extra-Brut 2012 (zu €65 das Glas).



                Vorab serviert wird die klassische Trilogie der Amuses, alles fein gearbeitet und tief wohlschmeckend (** bis ***).



                Dazu gibt es einen Gugelhupf im Steingefäß und frisch aus dem Ofen, mit Oliven und Speck. Für die Franzosen natürlich mittlerweile ganz selbstverständlich eine französische Speise aus dem Elsass namens „Kouglof“. Das ist fettig, warm, frisch und sehr gut (** bis ***).



                Früher gab es eine Brot-Selektion aus einem Brotkorb aber die ist wohl Corona zum Opfer gefallen. Nun wird an jedem Tisch ein aufgeschnittener ganzer Leib Roggenbrot und gesalzene Butter serviert. Das Brot ist gut aber mehr nicht, das kann man in Deutschland auch bei einem Bäcker bekommen. Die obszöne Menge an Brot essen wir nicht und wie wir sehen können schafft auch kein Nachbartisch mehr als 1-2 Scheiben. Früher war das Restaurant Epicure für mich ja so eine Art kulinarisches Paradies wo alles ging und möglich war und alles schon antizipiert wurde. Im Vergleich zu früher war das der erste leichte Dämpfer.



                Serviert wird dann auch die Weinkarte, stilecht unterteilt in etwas über 75 Seiten Weine aus Frankreich und weiter hinten ein einzelnes Kapitel „Weine aus dem Rest der Welt“ – zumindest das passt wieder ganz zum französischen Selbstverständnis.



                Die gute Nachricht: Das hatte ich alles hier als teurer im Kopf von meinen letzten Besuchen in 2015 und 2017. Die glasweisen Weine sind immer noch etwas höher angesetzt, unter €22 ist hier nichts zu bekommen aber bei den Flaschen kann man hier schnell fündig werden.

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                Ein Bourgogne 2014 von der Domaine Coche-Dury kostet hier €175, auf Vivino werden im Schnitt €480 aufgerufen. Ich interessiere mich für die Domaine Leflaive aber der Sommelier weist mich darauf hin, dass zu meinen gewählten Gerichten auch sehr gut ein 2007 Pouilly-Fuissé „Clos de Monsieur Noly“ von der Domaine Valette passen würde (€290, Vivino sagt €268 Marktpreis).



                Ich schlage ein und die Entscheidung macht mir später viel Freude, mit allen Vorzügen eines gereiften Weines. Generell macht der Austausch mit dem Sommelier hier Spaß – ein feinfühliger Mensch der Tendenzen schnell erkennt, errät und weiter ausbaut. Der Großteil des restlichen Service-Teams ist deutlich jünger und es wirkt ein bisschen als würden hier Armadas von Azubis durch die Gänge geschickt werden, wobei es aber immer professionell auf hohem Niveau bleibt.



                Als letzte Einstimmung vor dem Essen wird eine Räucheraal-Creme serviert in einem Gurken-Gelee. Das ist frisch, rauchig, schmelzig, sehr gut – den Geschmack habe ich auch 9 Monate später noch im Kopf (***).



                Zum Start sind es bei mir dann wieder die berühmten „Candele“ Macaroni (€115). Lange Macaroni-Nudeln die gefüllt werden mit Artischoke, Foie Gras und klein gehacktem schwarzen Trüffel – in einer Bechamel-Sauce bedeckt und obenauf gratiniert mit altem Parmesan. In eine Art Schachbrettmuster befindet sich ein mit Trüffeln verfeinerter klebriger Geflügeljus und einer weitere schaumigen, ich meine, Geflügeljus. Die Macaroni sind durch einen langwierigen Garprozess weich aber bissfest gegart und man muss sich das ganze einfach als hervorragend gefüllte Nudeln vorstellen in einem klebrigen Umami-lastigen Jus. Von der Sauce bleibt auf meinem Teller nichts übrig. Auf Instagram gibt es übrigens von Eric Frechon ein Video wie man diese Macaroni machen kann – der Grund warum dies öffentlich ist: Das Gericht besteht aus unzähligen Arbeitsschritten und erfordert hochpräzises Handwerk (im Video besteht Frechon darauf, dass man die Macaroni in einer warmen Geflügelbrühe präzise 3:15 Minuten garen muss bevor sie 2 Stunden ruhen – die Macaroni werden von einem spezialisierten Nudelmacher aus Italien geliefert und haben einen präzisen Durchmesser von 1cm und 52cm Länge). Mit den unzähligen Arbeitsschritten und den sehr guten Produkten wird auch der dreistellige Preis immer nachvollziehbarer. Gut gefallen mir auch die Teller, die immer die Tellersprache unterstützen, in diesem Fall ein Teller im Schachbrettmuster. In seiner Form ein Klassiker aller Nudelgerichte (***).



                Auch am Tisch probieren darf ich Large Langoustines lightly cooked lemon-thyme, „onion-mango“ condiment, broth of the claws with citrus fruit and coriander (€135). Auf unseren Teller haben es gleich große Exemplare geschafft, die obenauf nochmal mit dem süßen, leicht sauren frischen Gel bedeckt sind. Die Sauce wird separat noch zusätzlich in einem kleinen Topf zum Nachnehmen auf einer Kerze serviert (und bleibt damit übrigens sehr heiß! Ich habe mir am Löffel direkt den Mund angebrannt). Das ist eine erstklassige Produktschau von Kaisergranat der in Butter gebraten wird und in einem Krustentierschaum angerichtet wird. Bei uns hatten wir geschmacklich das Gefühl, dass vielleicht Orangenabrieb es in die Sauce geschafft hätte, da wir einen leichten Orangengeschmack hatten und die Sauce war vielleicht einen minimalen Tick zu süß. Auf seine Art ist der Teller schlicht aber in der Qualität dann doch nur sehr schwer zu verbessern und zu schlagen (***).



                Zu meinem Geburtstag wollte ich alle Register ziehen und da musste es hier erstmalig die berühmte Bresse Farm Hen Poached in a Bladder – hen breast cooked with yellow wine, crayfishes, giblet candies. Roasted legs, mesclun salad and herbs (€340 für 2 Personen) sein. Das Gericht hat online übrigens einen ziemlichen „Shitstorm“ von Tierschützern erfahren, die es anprangern das ein Huhn in der Blase eines anderen Tieres gegart wird und das ganze auf silbernen Entenfüßen steht. Das habe ich allerdings erst später gesehen und kann die Kritik nicht unbedingt nachvollziehen – das Tier ist ja nicht für die Blase getötet worden sondern hier wird weiterverwendet, was andere nicht mehr verwenden können.

                Das Anrichten wird „tableside“ mit einem Tranchierwagen gemacht und dies lässt sich auch der Maitre selbst nicht nehmen um mit ein paar beherzten Griffen die Blase aufzuschneiden und das Huhn heraus zu nehmen.



                Der Service serviert dieses Gericht mehrfach täglich aber scheint trotzdem nicht seinen Spaß hieran verloren zu haben …



                Auf dem Teller kommt dann in Gang 1 das Brustfilet, in einer Vine Jaune-Sauce. Was man nicht sieht: Unter dem Filet liegt eine dünne Scheibe Foie Gras, die mit der Sauce zusammen langsam wegschmilzt. Drumherum befinden sich die gebratenen Flusskrebse und Pfifferlinge, die für Abwechslung sorgen aber die ich ehrlich gesagt gar nicht gebraucht hätte und der Star sind grüne Bonbons aus Wirsing-Blättern, die mit Foie Gras gefüllt sind und die man für den ultimativen Kick zu dem Gericht dazu in den Mund nehmen kann. Aus einer großen Pfeffermühle kommt obenauf noch etwas Pfeffer wie beim Nachbarschaftsitaliener. Das Gericht ist hervorragend aber durch den vielen Einsatz von Foie Gras und der Vin Jaune-Sauce mit der Zeit auch recht mächtig. Wann immer es eintönig wurde habe ich eins der Bonbons mit auf die Gabel genommen. Sauce an der Seite gab es natürlich auch wieder. (***) Je nach Saison wird das Gericht auch mit Perigord-Trüffel serviert, da waren wir leider etwas zu früh dran.





                Der zweite Gang zu dem Huhn variiert wohl manchmal etwas (manchmal gibt es eine Suppe), bei uns gab es aber nochmal die Keule, in einer Art asiatischem Barbecue-Lack überglänzt und serviert mit einer Variation an wirklich überfrischem Salat und Kräutern, der grün leuchtet und noch nass beträufelt ist. Dazu gibt es auch wieder die Pfifferlinge und einzelne warme Macadamia-Nüsse (?) die eine Knackigkeit beisteuern. Die Keule hat eine appetitlich feste, knackige Kruste. Ich war als Kind viel in Paris und dort auch hin und wieder in einem dieser Asiatischen (oft vietnamesischen) „Traiteure“ – dieses Gericht hat mit seinem frischen Salat, den Nüssen, der appetitlichen Säure und der Barbecue-Sauce alle Erinnerungen wieder hochgebracht. Einfach hervorragend – gerade deswegen, weil dieser Gang im Vergleich zur zuvor so klassisch französischen Küche so verschieden war. Eine einzigartige Produktschau (***).



                Im Epicure wird traditionell ein Pre-Dessert serviert – bei uns eine Kugel Zitroneneis auf einem Cassis-Gelee mit einer Cassis-Stange. Cassis ist auch so eine Zutat und Geschmack, mit dem man in Frankreich als Kind regelmäßig in Berührung kommt, hier wurde es wieder aufgegriffen. Die süß-saure Kombination ist nur schwer zu verbessern (***).



                Der Käsewagen darf es heute auch noch sein – zu diesem ist nicht viel zu sagen, einfach alles tadellos gereift und vorbereitet. Meine Freundin fragt nach Brot und es wird ernsthaft noch einmal einer dieser Roggenbrot-Laibe von eben aufgefahren. Dazu lasse ich mich auch noch auf eine Empfehlung des Sommeliers ein, ein Glas süßer Vouvray-Dessertwein „Réserve“ 2016 von der Domaine P. Foreau ist offen und wird eingeschenkt. Das ist ein guter Dessertwein aber mit seinen €54 war er an der Stelle einfach maßlos überteuert – viel mehr als flüssigen Honig schmecke ich nicht und es überlagert das Dessert ein bisschen. Da hätte es wahrscheinlich auch ein Regal tiefer getan.





                Beim Dessert habe ich zu einem Klassiker gegriffen, der Lemon from Menthon (ich glaube €45). Diese ist eine täuschend echte Zitrone, bestehend aus einem Meringue-Teig, der von einer Schicht Zitronen-Limoncello-Gelee umgeben ist, die innen mit kühlen Stücken von kandierter Birne gefüllt ist. Das ist hervorragend und sehr frisch (wobei ich mir später doch noch etwas mit Schokolade gewünscht habe) (***).



                Traditionell wird hier zum Dessert auch eine Löffeldegustation gereicht, in dem Fall mit Verbene.



                Genauso traditionell wird einem noch einmal eine eigene Café-Karte gereicht aus dem man sich einen Espresso aussuchen kann. Bei €16 bis €20 für einen Espresso nicht von schlechten Eltern …



                … aber es werden aus einem Blech frisch gemachte, warme Madeleines gereicht …



                … und danach darf man sich aus mehreren Schachteln Macarons und Dunkelschokolade-Pralinen auswählen, die allesamt einfach köstlich sind. Im Restaurant Epicure habe ich meine Liebe zur Dunkelschokolade entdeckt und auch die Pralinen hier überzeugen durch allerhöchste Produktqualitäten. Ich muss dazu sagen, dass es früher einen fahrbaren, beleuchteten Pralinenschrank gab, der einem ein bisschen das Gefühl gegeben hat, das sich die Tür zum Schlaraffenland öffnet – dagegen ist die jetzige Präsentation etwas schlichter geworden.





                Es werden einem übrigens noch eine Auswahl an Macarons und Pralinen mitgegeben, die ich über die nächsten Tage noch genossen haben (sie haben sich im Kühlschrank gut gehalten) und die einfach nochmal fabelhaft waren.



                Das Dinner war vom Essen her abermals sehr stark, 3 Sterne bei uns voll gerechtfertigt, aber wenn man es aus der Vergangenheit „besser kennt“ mit uns mit leichten Abstrichen in der Atmosphäre. Rein vom Essen her empfanden wir das Ambroisie zudem (auf sehr hohem Niveau) nochmal als einen minimalen Ticken stärker. Ich würde hier wiederkommen aber demnächst vielleicht auch mal einem der anderen Restaurants in Paris eine Chance geben. Die Rechnung samt Trinkgeld hat sich bei uns mit €1.200 zu Buche geschlagen – allerdings auch mit nicht wenig Wein. Das Essen für sich lag bei vielleicht €700.

                Beim Herausgehen fragen wir den Service, der uns verabschiedet, noch nach der Hotelkatze (ja, das Hotel Bristol hat eine Hauskatze, die hier manchmal durch die Gänge wandert) und der Service bittet uns zu einem Raum hinter der Hotelrezeption um dort reinzuschauen wo dann tatsächlich die Katze des Hauses oben im Regal geschlafen hat. Warum auch immer war das nochmal eine sehr private und schöne Verabschiedung aus dem Haus nachdem uns dann ein Taxi raus in die Pariser Nacht befördert.


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