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Villa René Lalique **, Wingen-sur-Moder

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  • Villa René Lalique **, Wingen-sur-Moder

    Das zweite Leben des Monsieur Klein


    In seinem ersten Leben war Georges Klein Chef im L'Arnsbourg *** in Baerenthal (alte Forenberichte hier). Nach wie man sagt einem Familientwist hat er sich dort verabschiedet und kocht nun im 20 km entfernten Winingen-sur-Moder in der von einem Schweizer Unternehmer (Import Pafümerie) gekauften und renovierten Villa René Lalique.

    Die Erwartungen sind hoch, und der Guide Michelin hat schon kurz nach der Eröffnung zwei Sterne für das Restaurant vergeben. Ich wählte das Menü Signature und war sehr gespannt auf die Eindrücke dieses Abends.

    Und diese waren gemischt - von einigen grossartig / drei Sterne bis zu manchen so-la-la Gängen.

    Exemplarisch - die Gemüsevariation 'Rundum Knollensellerie und Sommertrüffel' (deutsche Bezeichnung lt. der deutschen Speisekarte, auf französisch hat es eleganter geklungen) mag tivial klingen doch war unglaublich beeindruckend. Knollensellerie als kühles Eis, als vollmundige Panna Cotta, roh dünn aufgeschnitten etc., mit rohen und gekochten Aromen, butterzarte Gnocci, eine verblüffend Aromatische Sommertrüffel - alles ein ganz grosses Wow-Erlebnis auf der Zunge.



    Oder der Seebarsch mit Zitronenkraut Öl kandiert, Palmherzen und Holunderblüten Jus, perfekte Produktqualität des Fisches und die Beilagen "simpel", doch wunderbar fokussiert auf allerhöchstem Niveau.



    Doch dann ist da Langoustinen Carpaccio und "Carabineros" - geschmacklich gefällig, doch auch nicht mehr, und eines der Meeresgetiere ist nicht entdarmt.



    Oder Meli-Melo von Tomaten, Burratta aus Tofu, inspiriert bei Andy Warhol - ein schönes Tomatengericht, welches jeder Ein-Sterne Küche gut anstehen würde und künstlerisch inszeniert ist, doch mit den zuvor genannten Höhenflügen kann es nicht mithalten.



    Die Küche hat Potential, sie kann es, doch sie scheint dies noch nicht konsistent auf den Teller zu bringen. Der Service - auch alle sehr nett und bemüht, auch Englisch bzw. Deutsch zu sprechen, viele 'Juniors' und noch ein ordentliches Stück von der Souveränität mancher Restaurants entfernt. Das Ambiente - stilistisch eigenständig und sehenswert! Resümee 4- sehr gerne wieder, und vielleicht kommt da ja noch Schritt für Schritt mehr!

    Der Bericht mit allen Bildern am Blog: http://kuechenreise.com/2017/04/18/d...n-sur-moder-f/
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  • #2
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-28.jpg Ansichten: 0 Größe: 125,7 KB ID: 63796Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique Weinkeller_04_19-2.jpg Ansichten: 0 Größe: 55,7 KB ID: 63797

    Die Fahrt von Baiersbronn nach unserem April-Menü des Gourmet-Clubs zur Villa Lalique führt schon recht bald weg von großen Straßen. Eine gute halbe Stunde geht es durch die Elsässer Dörfer, die am Samstagmittag wie ausgestorben wirken. Wir erreichen dann das Hotel Chateaux Hohenberg, das direkt neben dem Museum Lalique liegt. Dort kann man sich intensiver mit der Glasgestaltungskunst René Laliques auseinandersetzen. Das Hotel ist schön und klar gestaltet. Kein Schwulst und keine Hypermodernität. Alles wirkt ziemlich neu. Mir scheinen, die Um- oder Ausbauarbeiten sind noch nicht abgeschlossen. So wird der Raum, in dem das Frühstück serviert wird, noch eher provisorisch. Das Hotel ist die einigermaßen bezahlbare Alternative zur Villa Lalique, in der alles, soweit wir es dann am Gourmet-Club-Abend sehen können, sehr, sehr hochwertig gestaltet ist. Zuerst schauen wir uns im „Weinkeller“ um. Hinter Glasscheiben befinden sich Holzkisten vornehmlich der bekanntesten Bordeaux-Weingüter. In dahinter liegenden Regalen mit neutralen Holzkisten sind dann wahrscheinlich auch andere Weine einsortiert.

    Auch hier ist alles noch ziemlich neu. Der Stil changiert irgendwie zwischen protzig, elegant, klassisch und modern. So sind in die thronartigen Stühle sind an den vorderen Ecken der Sitzflächen Tierköpfe aus Glas eingearbeitet. Diese sind eher wuchtig, an anderer Stelle sind sehr feine und filigrane Glasarbeiten zu finden. Ob Gläser, Figuren, Karaffen, Flacons, es gibt viel zu sehen in der Villa Lalique. Keine Frage: hier ist richtig Geld investiert worden, um ein sehr hochwertiges Umfeld für die Küche von Jean-Georges Klein und Paul Stradner zu installieren. Das eigentliche Restaurant ist in einem modernen, flachen Bau aus rotem Gestein untergebracht. Der Gastraum ist außen umlaufend verglast und erlaubt einen Blick in den schönen Garten und auch etwas darüber hinaus in das Tal. Auch hier gibt es zahlreiche Deko-Elemente aus Glas.

    Am Tisch sind Porzellanringe eingedeckt, auf denen ein gläserner Hai sitzt. In diese wird dann eine runde Porzellanplatte eingesetzt, die den Teller dann komplettiert. Darauf die drei Amuses, die bei mir allerdings einen weniger nachhaltigen Eindruck hinterlassen, vielleicht auch, weil ich nicht ganz mitbekomme, was es im Einzelnen ist.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-3.jpg Ansichten: 0 Größe: 66,6 KB ID: 63798

    Das goldene Ei „Tozasu“ ist eine kleine krosse Schnitte, von der neben dem Brot vor allem die Kräuter und etwas Säure in Erscheinung treten. In dem Ei ist neben dem süffigen Schaum flüssiges Eigelb. Im Schaum und/oder als Beize für das Eigelb dürfte das Tozasu Verwendung gefunden haben, denn das Gericht durchzieht eine feine, dezente Säure. Immer wieder schmecken die Kräuteraromen durch und es gibt so leicht „grünliche“ Aromen, die das Geschmacksbild weiter auffächern. Ein süffiger Gang, der dennoch leicht wirkt.

    Hiernach wird der Wein gewechselt. Die nächsten Gänge begleitet ein mal besser, mal schlechter passender 2014er Dirler-Cade, Kitterle Grand Cru die Gerichte. Durch vulkanische Gesteinsanteile hat der Wein eine leicht rauchige Note. Noch ist er allerdings kaum gereift, sodass er vornehmlich frisch und jugendlich schmeckt.

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-6.jpg Ansichten: 0 Größe: 49,7 KB ID: 63799

    Variation „Rund um die Rote Bete“ zeigt in der Hauptsache die erdigen Aromen der Bete, kombiniert mit etwas Meerrettich, Säure und cremigen Elementen. Von den Grundzutaten und der Textur fühle mich an den Gang im Le Corange aus unserem November-Menü erinnert. Hier jedoch gelingt es, die Kombination wesentlich eleganter und feiner zu gestaltet. Vor allem prägen erdige Aromen und eine feine Säure das Gericht, verbunden mit einem Hauch Schärfe. Die Aromen werden so sehr gut aufgefächert und das Gericht wirkt komplex und differenziert. Vor allem das Hörnchen am Rande zeigt mit etwas frischeren Noten ein komplexes Geschmacksspektrum.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-7.jpg Ansichten: 0 Größe: 40,7 KB ID: 63800Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_Rote Bete_04_19.jpg Ansichten: 0 Größe: 31,5 KB ID: 63801

    Golden Kaviar, Makrelen Tatar mit Creme von Sellerie, soufflierte Buchweizen-Blinis verbindet das fetthaltige, kühle, leicht säuerlich aromatisierte Tatar von der Makrele mit der dem typischen Selleriearomen. Dazu kommt dann die gut bemessene Menge Kaviar. Er ist für sich präsent, fügt sich aber auch gut in die Gesamtharmonie. Ein Genussgericht, harmonisch und interessant. Wie schon im ersten und auch in den folgenden Gängen gibt es immer ein kleines Extra für den Tellerrand. Hier ist der Buchweizenblini, der mir allerdings einen Tick zu dunkel und röstig schmeckt für die feine Harmonie des Gerichts.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-10.jpg Ansichten: 0 Größe: 43,9 KB ID: 63802

    Langoustinen Carpaccio mit Roten Früchten ist eine Dreier-Deklination aus dünn aufgeschnittenen Langoustinenfleisch mit Texturen von Himbeere, Cranberry und Johannisbeere. Diese erinnert mich erneut an ein Gericht, das wir im November-Club-Menü hatten, dieses Mal im OPUS V. Auch hier zeigen sich drei Varianten von Fruchtigkeit und Säure in Verbindung mit dem Seafood. Aber dies ist nicht so überdidaktisch, wie die Säure-Deklination im OPUS V, haut mich aber auch nicht richtig vom Hocker. Auf meinem Teller fehlen allerdings drei Kleckse saure Sahne. Einen darf ich bei meinem Nachbarn stibitzen. Dieser harmonisiert zwar etwas die Langoustine mit den fruchtigen Aromen, aber bis hier hin bleibt das Gericht doch etwas überkonstruiert in der Idee und zu simpel im Geschmack. Das ändert sich dann aber: Ein wirkliches Highlight ist dann das sehr feine Tatar, das dazu gereicht wird. Es ist mit Sonnenblumenkernen kombiniert. In der Verbindung kommt der Eigengeschmack der Langoustine sehr gut zur Geltung, die leicht röstigen Noten der Sonnenblumenkerne intensiveren ihn sehr schön und so ergibt sich auch ein interessanter Kontrast zu der Kombination mit den roten Früchten.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-11.jpg Ansichten: 0 Größe: 45,4 KB ID: 63803Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_side Dish_04_19.jpg Ansichten: 0 Größe: 27,1 KB ID: 63804

    Gebratene Rotbarbe, Vinaigrette mit Verveneöl und Ananas steht, auf der ins Deutsche übersetzen Karte, der Service sagt uns aber, der Fisch sei confiert. Dies kann ich mir auch besser vorstellen, denn das Fleisch ist extrem gut gegart und sehr sanft gegart. Ganz zart wird es von dem Geschmack von Verbene und Ananas umspielt, wohl durch entsprechend aromatisiertes Öl. Die Haut ist schön kross – mit anderen Worten: die Rotbarbe ist perfekt zubereitet und von selten erlebter Qualität. Dies kombiniert sich exotisch, leicht kreolisch, mit der säuerlich-fruchtigen Ananas-Creme. In der Gesamtheit ist mir etwas zu viel Öl auf dem Teller, was aber an der aromatischen Qualität des Gerichts keinen Abbruch tut.

    An dieser Stelle kommt der zweite Weißwein zum Zuge, ein 2015er Puilly-Fuissé Cuvée Prestige von Vincent Girard, der für mich besser zu den Gängen passt, als der einen Tick zu stromlinienförmige Riesling zuvor.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-14.jpg Ansichten: 0 Größe: 47,1 KB ID: 63805

    Gegrillte Gänsestopfleber mit Baerawecka ist eine ordentlich gebrantene Gänseleber mit eher festem Fleisch. Dieses liegt auf einer elsässischen Früchtebrot, das dunkle Aromen einbringt, die ein wenig an Schwarzbrot und Dörrobst erinnern. Ein gute, aber nicht übermäßig spannende Kombination, wäre da nicht der dazu im Glas gereichte heiße, klare Fond, der der Geschmackskombination mehr Struktur gibt und das Gericht deutlich aufwertet. In Anbetracht der Öligkeit des vorherigen Gangs ist für mich zudem ein so sehr auf Fett basierender Gang auch in der Menüfolge nicht ganz optimal.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-15.jpg Ansichten: 0 Größe: 68,6 KB ID: 63806

    Gebratene Taubenbrust von Thierry Laurent, „Bollenhut“ Schwarzwälder Kirschtorte, Kaffeesauce ist der Hauptgang. Die Sauce schmeckt merklich nach Kaffee, hat also prägnante Bitterstoffe. Die Kirschen bringen etwas süßliche Noten hinein. Der Boden der Schwarzwälder Kirschtorte scheint mir mit dunkler Schokolade aromatisiert. So changiert das Aromenbild zwischen Süße und dezenten Bitterstoffen. Das ist sehr gelungen und aromatisch interessant. Dazu gibt es etwas Selleriecreme, die allerdings nicht besonders gewürzt ist und so weiter ins süßliche geht. Ich lasse die Creme weiten teils auf dem Teller, weil sie in homöopathischen Dosen passt, in größerer Menge mir aber die Gesamtkomposition zu sehr ins süßlich schiebt. Dennoch gefällt mir, dass der Hauptgang ungewöhnlich und aromatisch interessant ist. Süßliche Gerichte werden ja oft kritisiert, aber dieser ist zwar markant süßlich, ist aber dennoch sehr gut ausdifferenziert und zeigt, dass auch süßliche Gänge komplex sein können.

    Dazu gibt es einen Rotwein, vermutlich ein Bordeaux. Er wurde uns nicht näher vorgestellt, gefällt aber zu der süßlichen Kombination aufgrund seiner Tannine.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-18.jpg Ansichten: 0 Größe: 51,3 KB ID: 63807Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-17.jpg Ansichten: 0 Größe: 22,3 KB ID: 63808

    Cappuccino von Kartoffeln und schwarzen Trüffeln ist ein Signature Dish von Jean-Georges Klein. Kartoffelpüree und obenauf Kartoffelschaum bedeckt von klein geschnittenen Trüffel. Cremig-üppig und einfach gut.
    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-20.jpg Ansichten: 0 Größe: 44,5 KB ID: 63809

    Süße Momente: zunächst wird eine eine feine kleine sehr frische Zitrusfrucht-Eis Komposition serviert.

    Das große Dessert finde ich etwas wirr: Es soll sowas wie ein dekonstruierter Crêpe Suzette sein. Dazu sind drei kleine Crêpes Röllchen auf dem Teller. Hinzu kommen verschiedene Zitrusfruchttexturen. Dies geht noch einigermaßen auf. Hinzu kommt aber eine extrem ins Saure gehende Manderinensauce. Mir ist das too much Säure und die Crêpe-Rollen saugen sich auch noch unangenehm voll damit und wirken ledrig auf der Zunge, zumal sie auch noch kalt sind. Die Idee, diesen Klassiker neu zu zeigen finde ich gut, aber diese Umsetzung ist es nicht.


    Dafür sind dann die Petit Fours sehr gelungen…

    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-21.jpg Ansichten: 0 Größe: 44,1 KB ID: 63810
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    Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-25.jpg Ansichten: 0 Größe: 54,9 KB ID: 63813Klicke auf die Grafik für eine vergrößerte Ansicht  Name: Villa Lalique_04_19-26.jpg Ansichten: 0 Größe: 27,9 KB ID: 63814

    Die Gerichte haben alle ein spannendes Element. Oft sind es die extra gereichten Kleinigkeiten, die geschmacklich reizvoll und „ungewohnter“ im Geschmacksbild sind. Dies gibt den Gerichten einen individuellen Touch. Vor allem die Taube und die Rotbarbe überzeugten mich mit kreativen Aromenverbindungen und durchaus mutigem Einsatz der Aromen. Manches wirkt doch arg artifiziell und forciert, so dass im Detail für nicht alles wirklich schlüssig ist.
    Dazu kommt das beeindruckende Ambiente des Restaurants, das die perfekte Bühne für Speisen auf allerhöchstem Niveau bietet und meines Erachtens haben die Speisen dies auch eingelöst.
    Der Service agiert hier weniger persönlich, eher professionell-neutral, erfüllt aber jeden Wunsch mit großer Selbstverständlichkeit. Dass hier ein dritter Stern angestrebt wird, ist spürbar. Aber dazu fehlt aus meiner Sicht doch etwas.


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    Zuletzt geändert von QWERTZ; 17.08.2019, 16:28.

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